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Editorial 2022-06: Über Wohlstand

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Editorial 2022-06: Über Wohlstand


Liebe Leserinnen und Leser,

es lag natürlich nahe, nach dem Thema „Armut“ in der Ausgabe Mai, in dieser Juni-Ausgabe das Thema Wohlstand ein bisschen näher zu beleuchten.
Gesprochen habe ich darüber mit Dr. Athanasios Karathanassis, sein Hauptarbeitsfeld ist die Kritische Politische Ökonomie. Er beschäftigt sich also unter anderem mit den Hintergründen von Armut und Reichtum, mit den Krisen im Kapitalismus und mit der Rolle der Natur in einer auf maßloses Wachstum abzielenden Ökonomie. Und inzwischen stellt er zusätzlich auch die Frage nach grundsätzlichen gesellschaftlichen Alternativen.
Ich sage es besser gleich, der Kapitalismus kommt nicht besonders gut davon in unserem Gespräch. Im Gegenteil. Er scheint mehr Problem als Lösung zu sein. Man kommt tatsächlich sehr ins Grübeln, vor allem in diesen Zeiten.

Die Diskrepanz zwischen Wohlstand und Moral ist momentan sehr offensichtlich. Deutschland ist gespalten bei der Frage, ob man weiter russisches Gas und Öl importieren soll. Finanziert man so nicht sehr direkt den Krieg in der Ukraine? Aber wenn wir nun verzichten, fügen wir dann nicht unserer Wirtschaft auf der anderen Seite einen riesigen Schaden zu, der sich in den nächsten Jahren sicher nicht reparieren lässt?
Was ist dann mit unserem Wohlstand?
Aus der Wirtschaft und auch aus den Parteien hören wir Schreckensszenarien. Natürlich, ein vollständiges Embargo würde große Teile unserer Wirtschaft hart treffen. Aber wenn wir mit einem Embargo helfen können, den Krieg in der Ukraine schnell zu beenden, muss es uns das nicht Wert sein? Wie gesagt, Deutschland ist wie selten geteilter Meinung, übrigens auch bei der Frage zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine.
Ich würde es sehr spannend finden, die jeweiligen Hälften abzugleichen mit den jeweiligen Vermögensverhältnissen auf beiden Seiten. Und ich wage mal eine steile These: Ich glaube, all jene, die eher wenig haben, befürworten ein Embargo und die Lieferung schwerer Waffen. Und je besser die Vermögensverhältnisse sind, desto größer wird das Unbehagen angesichts solcher Schritte. Wer mehr hat, hat eben mehr zu verlieren. Und die Menschen in Deutschland haben viel zu verlieren. Zumindest vergleichsweise.

Wir leben in einem relativen Wohlstand, verglichen mit anderen Ländern. Aber haben wir auch ein gutes Leben, sind wir entspannt und zufrieden, sind wir glücklich? Was verteidigen wir da eigentlich für einen Wohlstand?
Ich habe nicht den Eindruck, dass wir besonders glücklich sind. Und ich habe ehrlich gesagt immer weniger diesen Eindruck. Mir kommt im Gegenteil unsere Gesellschaft angespannt und abgehetzt vor, müde, erschöpft. Alle rennen um die Wette, kaum jemand scheint anzukommen. Fast alle haben Angst um ihre Existenz, Corona hat deutliche Spuren hinterlassen.
Und nun noch dieser Krieg.
Und die Inflation. Die drohenden wirtschaftlichen Folgen. Ohne Frage, unser Wohlstand ist massiv bedroht. Wir bangen um unsere Ersparnisse. Wir haben Angst. Eben noch hat sich alles halbwegs sicher angefühlt, eben noch waren unsere kleinen Geldspeicher ganz gut gefüllt und nicht in Gefahr, nun merken wir, dass wir global gesehen schon eine ganze Weile an der Kante balancieren. Unsere Welt ist plötzlich fragil.
Und es sieht nicht so aus, dass eine Rückkehr in ruhigeres Fahrwasser möglich ist. Zumal wir auf die Krisen unserer Zeit aus meiner Sicht mit den Ideen aus dem vergangenen Jahrhundert reagieren. Wir bewaffnen uns wieder bis an die Zähne und Christian Lindner ist überzeugt, dass Wachstum und Innovation am Ende alles zum Guten wenden werden.
Zum Guten für wen?
„Im Jahr 2016 besaßen die 62 reichsten Menschen der Welt mehr als die ärmere Hälfte der Welt. Und auch in Deutschland ist diese Entwicklung nachweisbar: Nach Angaben der Europäischen Zentralbank von 2017 besaßen die reichsten zehn Prozent in Deutschland 60 Prozent des gesamten Vermögens. Die reichsten 45 Deutschen besaßen vermutlich mehr als 50 Prozent. Und das mit steigender Tendenz“, diese Zahlen höre ich von Dr. Karathanassis in unserem Gespräch.
Ja, irgendwas läuft hier schief und gewaltig aus dem Ruder. Ich denke, es ist höchste Zeit, dass wir uns endlich die richtigen Fragen stellen. Ich glaube, wir müssen den Begriff Wohlstand ganz neu definieren, ihn mit neuen Inhalten füllen, ich glaube, wir sind unterwegs auf diversen Holzwegen. Ich bin davon schon eine ganze Weile überzeugt, nach meinem Gespräch mit Dr. Karathanassis bin
ich (leider) noch überzeugter. Und noch skeptischer beim Thema Kapitalismus.
Dazu hier an dieser Stelle zuletzt noch ein paar Sätze von Dr. Karathanassis, über die es sich aus meiner Sicht nachzudenken lohnt:
„Es war nie Absicht dieser Form der Ökonomie, für Gerechtigkeit und eine Bedarfsdeckung der Bevölkerung zu sorgen. Für die Sieger einer sich universalisierenden Konkurrenz ist Kapitalismus ein privater Segen. Der Reichtum der Global Player, beziehungsweise multinationaler Konzerne hat astronomische Höhen erreicht. Für den überwiegenden Großteil der Menschheit sind die Folgen des Kapitalismus aber nicht Wohlstand und Emanzipation, sondern Härte, Überlebenskampf und Naturzerstörung.“
Das ganze Gespräch ab Seite 52.
Viel Spaß mit dieser Ausgabe!
Lars Kompa
Herausgeber Stadtkind

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Michael Strickling und Robert Trusheim von der Hannöverschen Tafel e. V.

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Michael Strickling und Robert Trusheim von der Hannöverschen Tafel e. V.


Sie kennen sich schon ihr halbes Leben, waren als Lehrer an der gleichen Schule tätig und sitzen auch heute mindestens einmal in der Woche nebeneinander – während ihrer Tour für die Hannöversche Tafel. „25 Jahre lang haben wir Radtouren zusammen gemacht, jetzt machen wir Touren mit dem Lieferwagen“, lachen die beiden.
Der Verein Hannöversche Tafel wurde 1999 zur Unterstützung von Bedürftigen gegründet, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht in der Lage sind, aus eigener Kraft ausreichend für die Lebensmittel ihres täglichen Bedarfs zu sorgen. Im September 2005 hat die Tafel ein Projekt zur speziellen Hilfe für Kinder ins Leben gerufen. Seither ist die Kindertafel ein wesentlicher Teil ihrer Arbeit geworden.

Verlässlichkeit wird groß geschrieben bei der Hannöverschen Tafel, die mit den beiden Ruheständlern einen Glücksgriff getan hat. Michael Strickling ist schon seit 2016 dabei. „2015 bin ich nach 37 Jahren als Lehrer in Rente gegangen“, erklärt Strickling. „Meine Schwester, die im Kölner Raum lebt, engagiert sich für die dortige Tafel und hat mich auf die Idee gebracht. Ich war eigentlich offen für alles, nur mit Schule sollte es nichts zu tun haben. Ich habe dann angerufen und gefragt, ob man mich brauchen könnte und die Antwort war ‚Können sie morgen anfangen?‘“ Robert Trusheim, seit 2012 im Ruhestand, engagierte sich zunächst in seiner Kirchengemeinde. Seit Stricklings ursprünglicher Beifahrer 2018 schwer erkrankte und Trusheim spontan als Aushilfe einsprang, ist auch er mit dabei.
In ihrer wöchentlichen Tour für die Kindertafel laden die beiden Freunde zunächst Bestände aus dem Lager der Tafel ein und holen dann an sechs Supermärkten überschüssige Lebensmittel ab. Im Anschluss fahren sie Kindergärten und Schulen, die einen Mittagstisch für bedürftige Kinder anbieten, an. Dazu kommen Familien-Wohnheime in Seelze, Garbsen und Hannover-Stöcken. Sechs Stunden müssen die beiden einplanen für ihre Tour. Die Angestellten in den Supermärkten kennen Strickler und Trusheim schon und legen Ware für sie zurück. „Schimmeliges nehmen wir nicht mit, wir sind ja keine Entsorger“, so Strickler. „Und Abgelaufenes dürfen wir aus rechtlichen Gründen nicht mitnehmen, selbst wenn es noch gut ist. Wir haben ja auch eine Verantwortung dafür, dass die Lebensmittel einwandfrei sind. Wenn die Kühlkette zum Beispiel unterbrochen war, müssen wir die Sachen ablehnen. In der Regel bekommen wir das, was noch nicht verkauft ist, wenn eine neue Lieferung gekommen ist. Die Ware muss dann raus, weil die Supermärkte einfach keinen Platz dafür haben.“
„Einmal haben wir sogar Akquise gemacht und Mitarbeiter eines Aldi-Marktes angesprochen, der auf der Strecke lag“, erzählt Trusheim. „Die Tafel musste dann in der Filialdirektion um Erlaubnis fragen. Dort wurde grünes Licht gegeben und seitdem fahren wir diesen Markt auch an. Das ist super, weil er ja genau auf unserem Weg liegt.“
Für die Tätigkeit als Fahrer bei der Tafel muss man natürlich in erster Linie Autofahren können, ein guter Orientierungssinn kann auch nicht schaden. „Und man sollte schon zupacken können“, erklärt Strickling. „Wenn die Kisten voll sind, wiegen die schon mal 20 Kilo.“ In der Regel werden Ausgabestellen, oft in Räumen von Kirchengemeinden, angefahren, bei denen die Waren sortiert in Kisten präsentiert werden. Menschen, die sich hierfür zunächst registrieren und ihre Bedürftigkeit nachweisen müssen, können dann aus den Lebensmitteln gegen einen symbolischen Beitrag von ein oder zwei Euro auswählen, was sie brauchen. Wenn Strickler und Trusheim morgens losfahren, wissen sie nicht, was die Supermärkte ihnen zur Verfügung stellen werden. „Das ist manchmal nicht einfach“, so Trusheim, „denn die Leute sind ja wirklich darauf angewiesen.“ „Leider haben wir den Eindruck, dass die Menge der überschüssigen Lebensmittel kleiner wird“, ergänzt Strickler. „Vielleicht können die Märkte heute besser kalkulieren.“
„Es ist eine gute Sache, die wir hier machen“, freut sich Strickler. „Wir hatten beide Glück im Leben und geben nun etwas zurück, indem wir etwas für unsere Mitmenschen tun“, ergänztTrusheim. Beide haben sichtbar Spaß an ihrer Tätigkeit und der Begegnung mit den Menschen auf ihrer Tour. „Im Laufe der Jahre bauen sich da auch persönliche Beziehungen auf“, beschreibt Strickler, „und das ist eigentlich das Schönste daran.“            ● Annika Bachem

www.hannovertafel.de

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Flauschecke

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Flauschecke


Ende 2021 schloss mit der Wollkultur in der Sallstraße die Anlaufstelle für Handarbeitsfreund*innen in der Südstadt – doch nicht für lange, denn mittlerweile beherbergen die Räumlichkeiten wieder Strick- und Häkelutensilien jeder Art: Mit der Flauschecke hat Anika Friedrich ein Hobby zum Beruf gemacht. Seit November 2021 betreibt sie einen Onlineshop für Wolle, im März 2022 kam nun noch der Laden dazu. Der soll in Zukunft nicht nur alles bieten, was Wollsüchtige für ihre Projekte benötigen, sondern auch ein Ort für Strickkurse und Treffen in gemütlicher Runde werden.   

„Dass ich diese Räume hier bekommen habe, war ein totaler Zufall! Ein Kumpel, der hier um die Ecke wohnt, hat im letzten Jahr die Geschäftsaufgabe der Wollkultur mitgekriegt und mich darauf aufmerksam gemacht, weil er wusste, dass ich stricke, und mich da vielleicht noch fürs nächste Projekt eindecken könnte. Ich meinte dann zu ihm: ,Eigentlich könnte ich auch einen Laden gebrauchen‘“, erinnert sich Anika Friedrich. „Ich bin dann hingefahren und habe die vorherige Inhaberin Sophie gefragt. Die war gleich sehr angetan von der Idee, dass ihre Stammkundschaft am selben Ort wieder Wolle kaufen könnte. Und dann ging alles sehr schnell!“
Mit Handarbeiten hat Anika 2018 wieder angefangen. Damals suchte sie bei einem Aufenthalt in einer Psychosomatischen Klinik nach einer Beschäftigung. „Ich brauchte irgendwas, um mich ein bisschen runterzuregulieren, und da habe ich wieder mit dem Häkeln angefangen. Das hatte ich zuletzt als Kind gemacht, aber ich war ziemlich schnell wieder drin. Und dann hab ich gar nicht mehr aufhören können. Anfang 2020 habe ich mich auch noch ans Stricken herangetraut. Dann kam die Pandemie und ich hatte noch mehr Zeit, um mich dem zu widmen.“
Mittlerweile strickt sie sogar mehr, als dass sie häkelt, da es bei dieser Technik mehr Möglichkeiten gibt, vor allem für Kleidungsstücke. Dabei orientiert sie sich am liebsten an skandinavischen Designerinnen. „Ich bin viel auf Instagram unterwegs, und da sind die wichtigsten Strickdesignerinnen meistens aus Skandinavien und benutzen auch Wolle aus ihren Ländern. Dieser Ästhetik habe ich mich immer mehr zugehörig gefühlt. Ich habe auch das Gefühl, sie haben die schöneren Farben – wobei deutsche Hersteller mittlerweile gut nachziehen. Die Designs aus Dänemark, Schweden u. s. w. finde ich einfach besonders schön – und das Nachstricken gelingt eben besonders gut, wenn man auch die verwendete Wolle nutzt, deshalb biete ich die an.“ So gehören unter anderem die skandinavischen Marken Sandnes, Isager, Kaos Yarn und Sysleriget zu ihrem Sortiment, aber auch die Garne von Rosários 4 aus Portugal sowie die deutschen Firmen Pascuali, Seehawer und Lamana sind bei ihr zu finden.
Bei ihrer Auswahl verzichtet sie bewusst auf Garne aus Polyacryl, wobei sie einer generellen Verteufelung solcher künstlichen Fasern kritisch gegenübersteht: „Wolle kann schon recht teuer sein. Man kann das vielleicht mit Essen vergleichen: Die Sachen aus dem Biomarkt sind gut, aber auch mega teuer, und nicht jeder kann sich das leisten. Wenn jemand gerne häkelt oder strickt, dann sollte dieses Hobby nicht daran scheitern, dass er oder sie sich nicht die ökologischste Wolle aller Zeiten kaufen kann.“ Gerade für Anfänger*innen seien billige Garne sogar eher geeignet. „Wenn mich jemand fragt, der gerade mit dem Stricken anfängt, welche Wolle er oder sie kaufen soll, dann sage ich immer: ,Kaufe etwas Günstiges, du wirst nämlich immer wieder alles aufribbeln!‘“ Ähnlich steht sie zu dem Hype um vegane Wolle, die sie auch anbietet. „Das klingt erstmal so fancy, dabei stricken die Leute schon seit Ewigkeiten mit nicht-tierischen Fasern wie Baumwolle oder Leinen. Hinzukommen jetzt aber noch so Sachen wie Brennesselfasern oder Wolle aus Sojaproteinen – es gibt tatsächlich recht viel!“ Eine Lieblingswolle hat Anika eigentlich nicht, dafür aber ein Farbschema: lila und pink. Aktuell strickt sie übrigens an einem weiteren Ausstellungsstück fürs Schaufenster – einem Pullunder mit Zipper – und an einem Cardigan, den sie im Laden tragen möchte – „denn man soll ja gerade nicht so viel heizen!“
Für die Zukunft hat Anika einige Pläne: „Spätestens im Sommer oder Herbst möchte ich hier auch Treffen und Kurse veranstalten. Das war seit der Eröffnung tatsächlich die am häufigsten gestellte Frage – viele wünschen sich eben, dass das Stricken nun wieder ein bisschen sozialer wird. Außerdem möchte ich mit der Zeit auch eigene Anleitungen anbieten, da arbeite ich gerade an verschiedenen Ideen. Doch das sind so Dinge, in die muss man erstmal langsam reinwachsen!“              ● Anja Dolatta

Sallstraße 81, 30171 Hannover
Öffnungszeiten: Di u. Mi 14–18 Uhr,
Do 14–19 Uhr, Fr 11–18 Uhr, Sa 11–15 Uhr
www.flauschecke.com
instagram.com/flauschecke

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Restaurant Boca Chica

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Restaurant Boca Chica


Hispaniola ist die zweitgrößte Insel der großen Antillen, die sich Haiti und die Dominikanische Republik teilen müssen. Auf der Karibikseite der Insel befindet sich Boca Chica, ein touristischer Badeort mit etwa 22.000 Einwohnern. Viele, viele Kilometer entfernt liegt Hannover, weit weniger idyllisch. Aber schon seit einigen Jahren bringen die Inhaber des Restaurants Boca Chica in der Calenberger Neustadt karibisches Flair in die Stadt. Nach dem Ausbau des Außenbereichs im letzten Jahr finden wir, es ist an der Zeit für einen Kurzurlaub in der Karibik.  

Wir nehmen auf der geschmackvoll umzäunten Terrasse aus Hartholz Platz – auch an einem weniger lauen Abend als diesem keine schlechte Idee: Über den Tischen sind einzelne Heizstrahler angebracht und das beleuchtete Faltdach hält bei Bedarf den Regen fern.
Wir starten mit einem perfekt gekühlten Martini (3,00 €), einem Glas Chardonnay (4,80 € / 0,2l) und einem Glas des weißen Hausweins (3,90 € / 0,2l), der ganz klar unser Favorit ist: Frisch und spritzig mit einer angenehmen Säure stimmt er uns ideal auf unser Essen ein. Hier darf man sich also durchaus auf die Empfehlung des Hauses verlassen.
Als kleinen Gruß aus der Küche erhalten wir von dem aufmerksamen, jedoch nicht aufdringlichen Personal geröstetes Knoblauchbrot mit zwei Saucen, die uns die Wartezeit verkürzen. Wir ordern „Plato Variado Mixto per dos“ – einen gemischten Vorspeisenteller für zwei Personen (13,90 €). Dieser bietet einen guten Querschnitt der Vorspeisenauswahl: Bei Boquerones fritos handelt es sich um frittierte Sardellen, die, genau wie die frittierten Hähnchenteile, noch wunderbar saftig und gut gewürzt sind. So auch die zarten Tintenfischärmchen in einer scharfen Sauce.
Während wir beim Auberginen-Tomaten-Töpfchen eher geteilter Meinung sind, herrscht völlige Einigkeit bei der frittierten Kochbanane (Tostones), der Tortilla Dominica (einer Reistortilla mit Ei und Manchego-Käse) sowie den drei unterschiedlich angemachten Salaten: Lecker! Auf die gerollte Weizentortilla mit Hähnchenfüllung hätten wir durchaus verzichten können, während uns sowohl die Yuca Fritas, die frittierte Maniokwurzel (5,90 €) als auch Tostones al horno (mit Käse gratinierte Kochbanane, 7,30 €) gut schmecken. Am meisten überzeugt uns dabei jedoch die Beigabe der gepickelten roten Zwiebeln und der Mojo rojo, einer leicht scharfen Sauce.
Der Grillteller, „Pariallada mixta“ (18,90 €), kommt mit gut gewürzten Kartoffelecken, drei Sorten Fleisch und einer kleinen Gemüsebeilage. Damit ist er für zwei Personen mehr als ausreichend. Sowohl das Lamm, als auch Rind und Huhn sind landestypisch gewürzt und gegart – wer hier „deutsche“ Garstufen erwartet, wird wohl eher enttäuscht werden.
Zum krönenden Abschluss gönnen wir uns einen Cocktail – ab 20 Uhr herrscht im Boca Chica nämlich Happy Hour. Jeder alkoholfreie Cocktail kostet dann vier Euro, jeder Cocktail mit Alkohol fünf. Wir entscheiden uns für einen „Zombie“ – der so stark ist, dass wir ganz schön über Kreuz gucken, und, wo wir schon mal hier sind, für einen herrlich fruchtig-sahnigen „Boca Chica Especial“ (absolute Empfehlung!). Satt und glücklich kehren wir von unserem Kurzurlaub zurück, kommen aber bestimmt bald wieder.                           ● IH

Restaurant Boca Chica
Oeltzenstraße 12, 30169 Hannover, Tel.: 0511-2285556
Öffnungszeiten: Dienstags bis Sonntags 17-23 Uhr

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Ein letztes Wort im Mai

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Ein letztes Wort im Mai


Wir müssen leider wieder und weiter über die Ukraine sprechen. Auch über das, was in Butscha passiert ist. Was ist ihr Eindruck, wie weit geht Putin noch?
Wir sprechen Mitte April und ich sehe derzeit leider nicht das geringste Anzeichen einer Deeskalation. Russland ist bislang mit dem ersten Kriegsziel, Kiew einzunehmen, gescheitert. Zwischenzeitlich schien es, als würde Putin sich darauf konzentrieren, die Ostukraine vollständig zu besetzen. Dann gab es jedoch auch auf Kiew und andere Städte im Westen des Landes wieder Raketenangriffe. Ich habe die große Befürchtung, dass dieser Krieg noch lange dauern und viele Menschenleben kosten wird. Es tut mir leid, ich würde lieber etwas mehr Optimismus verbreiten.

Optimismus ist angesichts der Bilder aus Butscha nicht wirklich denkbar. Was wird noch folgen, der Einsatz von Chemiewaffen, Vakuumbomben, Streubomben?
Ausschließen kann man leider nichts, vereinzelt gab es schon Hinweise auf den Einsatz dieser perfiden Waffen. Wenn so etwas tatsächlich geschehen sollte, muss eines klar sein: Verbrechen gegen die Menschlichkeit müssen mit allen verfügbaren Mitteln verfolgt und bestraft werden. Auch dafür gibt es inzwischen zum Glück Beispiele.

Wie gefährlich ist es, wenn jemand wie Putin derart in die Enge getrieben wird?
Es ist gefährlich. Aber was wäre die Alternative? Haben wir in der momentanen Situation eine Wahl? Russland hat sich getäuscht, der Westen ist geeinter und die Ukraine weitaus stärker als Russland gedacht hat. Es mag mit Risiken verbunden sein, Russland so hart und entschlossen entgegenzutreten, aber alle anderen Wege sind auf längere Sicht noch viel gefährlicher. Gegenüber einer solchen Aggression braucht es ein klares Stopp-Signal.

Wenn man beispielsweise nach Syrien blickt, sich anschaut, was dort passiert ist und passiert, dann überrascht nicht, was wir nun in Butscha und anderen Orten in der Ukraine sehen. Putin verheert die Ukraine, er führt diesen Krieg ganz bewusst auch gegen die Zivilbevölkerung. Er will terrorisieren und traumatisieren, Angst und Schrecken verbreiten, das ist bekannt aus anderen Ländern …
Das ist jedenfalls das, was aus Syrien berichtet wurde und wird, und was wir davor aus Tschetschenien erfahren haben. Und Putin wird weiter eskalieren. Wobei ihm klar sein muss, dass auch der Westen noch weitere Mittel hat. Der Preis für Russland wird immer höher. Für die innere Entwicklung Russlands und die dort lebenden Menschen ist dieser Krieg schon jetzt auf viele, viele Jahre eine Katastrophe. Und diejenigen, die der Staatspropaganda nicht glauben und sich anderweitig informieren, verzweifeln an der Situation. Immer mehr aufgeklärte Russinnen und Russen verlassen ihr Land.

Putin handelt offensichtlich nicht rational. Was halten Sie denn von der Geschichte, dass er falsch informiert ist?
Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Vielleicht erfährt er nicht alles von seinen Generälen, aber viele westliche Staatsoberhäupter suchen bewusst nach wie vor das Gespräch mit ihm. Und in diesen Telefonaten berichten sie ihm sicher auch regelmäßig von dem wahren Fortgang des Krieges. Und wenn Putin von den eigenen Leuten nicht richtig informiert wird, muss man fragen, warum nicht? Weil er offenbar von Menschen umgeben ist, die Angst davor haben, ihm die Wahrheit zu sagen. Das fällt wiederum auf ihn zurück.

Jetzt wird gerade vehement weiter und immer dringlicher die große Frage diskutiert: Wir finanzieren Putins Krieg, müssen wir das nicht sofort stoppen? Darüber haben wir ebenfalls schon in der letzten Ausgabe gesprochen.

Ja, wir zahlen viel Geld für Gas aus Russland, das ist so, daran gibt es gar nichts zu deuteln. Damit wird sicher auch das russische Militär bezahlt und das ist derzeit ohne Frage beschämend. Darum müssen wir so schnell wie möglich raus aus der Abhängigkeit. Aber was heißt so schnell wie möglich? Sofort? Nächste Woche? Ich verstehe die Motivation Ihrer Frage und die so oft eingeforderte Konsequenz. Aber wir müssen uns umgekehrt auch die Folgen eines Energieimportstopps klarmachen. Und die wären, gerade für Deutschland, wirklich sehr hart und tiefgreifend. Das würde unsere Gesellschaft und unsere industriellen Strukturen nachhaltig verändern. Erhebliche Teile unserer Industrie sind bis zu 60 Prozent abhängig von Erdgas. Wenn die nicht mehr weitermachen könnten, hätte das nicht nur Konsequenzen für die jeweils betroffenen Unternehmen. Wir würden dann Domino-Effekte sehen, Lieferanten und Abnehmer in zweiter und dritter Ordnung wären betroffen. Wirtschaftlich wäre das ein Desaster, und zwar auf lange Zeit. Darum bin ich in dieser Frage wirklich extrem vorsichtig.

Diese Vorsicht kann ich einerseits verstehen. Und ich frage mich trotzdem, ob wir angesichts einer verheerten Ukraine noch an unsere Wirtschaft und unseren Wohlstand denken dürfen. Ein moralisches Dilemma. Oder, um es mal hart und mit Brecht zu sagen: „Erst kommt das Fressen, dann die Moral.“
Es gibt nicht die perfekte Antwort auf dieses Dilemma. Ein Energie-Embargo würde uns im Zweifel härter treffen als Russland. Wir müssen das sorgfältig durchdenken. Mir wäre es wesentlich lieber, wir könnten andere, klarere Antworten geben, und in diesem Dilemma kommen ja auch Versäumnisse in der deutschen Politik in den letzten Jahren zum Ausdruck. Aber aus dieser Vorgeschichte und den Fehlern können wir jetzt nicht einfach aussteigen.

Dass der Strafende sich nicht selbst härter treffen darf als jenen, den er bestraft, das habe ich in den vergangenen Tagen oft gehört. Aber ist es nicht so, dass man Putin damit letztlich seine Machtbasis entziehen würde? Würden solche ganz harten Sanktionen für drei, vier, fünf Wochen den Druck auf Russland nicht so groß werden lassen, dass möglicherweise die Oligarchen eingreifen würden?
Darauf können wir leider nicht wetten. Russland sucht schon jetzt nach neuen Absatzmärkten in Asien. Und ein Diktator, der komplett in die Enge gedrückt wird, wird im Zweifel nicht kleinbeigeben, sondern im Gegenteil womöglich noch einen Gang höher schalten. Es ist alles sehr komplex, einfache Antworten gibt es nicht, darum tun sich im Moment alle Verantwortlichen ausgesprochen schwer mit der Embargofrage. Es ist gar kein Wunder, dass zum Beispiel der grüne Wirtschaftsminister an dieser Stelle etwa das gleiche sagt wie die Industrievertreter. Da schwingt immer ein Bedauern mit, bei mir auch, aber wir müssen trotzdem abwägen, was wir tun. Es geht um sehr viel.

Befürchtet wird eine weitere Eskalation. Worüber sprechen wir? Über kleine Atomraketen?

Ich bin kein Militärexperte, aber ich weiß, dass die Waffentechnologie irrsinnige Fortschritte gemacht hat. Es muss darum gar nicht der große nukleare Krieg sein, der droht. Auch sogenannte konventionellen Waffen können verheerendere Folgen haben. Und es gibt vieles, an das man gar nicht denken mag, chemische und biologische Waffen gehören dazu, Vakuumbomben, Phosphorbomben, wirklich hochentwickelte Perversionen. Und Russland verfügt über all diese Waffen.

Hoffnung gibt vor allem weiterhin die Stärke des ukrainischen Volkes, oder?
Ja, die Ukrainer zeigten eine bewundernswerte Stärke und Entschlossenheit. Und Hoffnung macht mir auch die Wirkung, die die Maßnahmen des Westens entfalten. Wir haben gezeigt, dass kein Land die Regeln des internationalen Zusammenlebens brechen kann, ohne wirklich harte Konsequenzen in Kauf zu nehmen. Ich bin sehr sicher, dass Russland diese harten Folgen für das eigene Land in seiner Abwägung über Krieg und Frieden nicht wirklich bedacht hat. Und das ist noch nicht das Ende, viele Sanktionen greifen ja erst mit der Zeit so richtig. Am Ende wird Russland diesen Krieg nicht gewinnen können, da bin ich sicher.

● Interview: Lars Kompa

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Neu in der Stadt im Mai

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Neu in der Stadt im Mai


Hannes Camper
Pünktlich zum Start der Campingsaison hat der Unternehmer Rouven Kirchner eine neue Reisemobil-Vermietung eröffnet. Ab sofort sind am Weidendamm 10 neben der Traditionsdruckerei C.V. Engelhard auch zehn vollausgestattete Vermiet-Camper vorzufinden. Die Idee zur eigenen Camper-Vermietung kam dem gebürtigen Hannoveraner, der hauptberuflich die Druckerei leitet, bereits vor zweieinhalb Jahren. Allerdings konnte er mit den gängigen Vermietplattformen wenig anfangen. Durch einen Zufall stieß er dann auf Hannes Camper und war von der Marke sofort begeistert. Bald darauf stieg er als Partner mit eigenem Standort bei dem bereits etablierten Anbieter aus Helmstedt mit ein. Übrigens kommt der Unternehmer selbst aus einer richtigen Camper-Familie. Dank seiner Reiseerfahrung steht er den Urlauber*innen neben einer individuellen Fahrzeugberatung und -einweisung so auch mit vielen Touren- und Camping-Tipps zur Seite. Vermietet werden kompakte Kastenwagen des Marktführers Pössl, die auch an Schlechtwettertagen genügend Platz und Komfort bieten, aber dennoch gut zu fahren und wendig in den Gassen südeuropäischer Städte sind. Gerade Camping-Neulinge können damit den Urlaub unter freiem Himmel wunderbar testen, aber auch Sportler*innen und Familien mit Kind fühlen sich in einem „Hannes Camper“ sicher gut aufgehoben. Für Vierbeiner und ihre Herrchen und Frauchen gibt es den extra ausgewiesenen „Hunde Hannes“. Alle Fahrzeuge sind vollausgestattete Reisemobile mit vier Sitzplätzen, Heizung, Kühlschrank, Küche, Nasszelle, Fahrradträger und Markise. Weidendamm 10, 30167 Hannover. Kontakt: Tel. (0511) 70 153 19. Mehr Infos auf www.hannes-camper.de.

 

NY Italian
Wenn man mit vielen Personen zum Essen ausgehen möchte, kann das schon eine größere Herausforderung werden – vor allem, wenn der eine oder die andere irgendetwas nicht verträgt, vegetarisch oder vegan ist. Vor diesem Problem standen auch Manuel und Tamara Wunstorf mit ihrer Familie oft: „Wir haben alles dabei: Laktoseintoleranz, Glutenunverträglichkeit, einige ernähren sich vegan – na, und Bio sollte es sowieso sein“, erklärt Tamara. „Da war es fast unmöglich, ein Restaurant zu finden, in dem tatsächlich jeder ein passendes Gericht für sich findet.“ Die Lösung war am Ende ganz einfach: Der gelernte Koch und Hotelkaufmann Manuel Wunstorf und seine Frau machen nun selber ein Restaurant auf. Am 3. April hat das NY Italian in Hannover-Mitte seine Türen geöffnet und bietet nun immer mindestens zwölf vegane, zehn glutenfreie und acht laktosefreie Gerichte an. Obst und Gemüse sind aus der Region und alle Lebensmittel stammen zu 100 Prozent aus biologischem Anbau. Palmöl, Soja oder Portionsplastik sucht man dagegen vergeblich. „Wir wollen wieder kochen wie vor 200 Jahren. Ohne Zusatzstoffe, ohne künstliche Aromen, ohne industrielle Hilfsstoffe“, erklärt Tamara Wunstorf das Konzept. Nicht nur die Qualität, auch die Auswahl der Gerichte beruht auf den Vorlieben der Familie Wunstorf. Dazu zählen zum Beispiel New York Style Pizza, New York Pasta, exotische Bowls und für den Nachtisch Klassiker wie Tiramisu, Panna Cotta oder New York Style Cheesecake. Das NY Italian in Hannover ist erst der Anfang. Im Laufe des Jahres sollen weitere Filialen in Pinneberg und in Bremerhaven folgen. Striehlstraße 10, 30159 Hannover. Abendbuffet: Do–So 17.30–23.30 Uhr. Brunchbuffet: Sa und So 10.30–15.30 Uhr. Kontakt: Tel. 0162–78 80 67 3.

 

Niessing Hannover  
Nach zwölf Jahren ist der Schmuckhändler Niessing, der damals in der Rathenaustraße eine Filiale hatte, endlich wieder nach Hannover zurückgekehrt: Am ersten Adventswochenende Ende November 2021 wurde der neue Store in der Luisenstraße eröffnet und bietet dem hannoverschen Publikum seither ansprechende Schmuckstücke in modernen Designs. Das Alleinstellungsmerkmal des 1873 gegründeten Traditionsunternehmens ist die hohe Bandbreite an Goldtönen – zwischen insgesamt zwölf unterschiedlichen Farbtöne können die Kund*innen wählen. Dadurch ist es möglich, das Schmuckstück individuell nach den eigenen Wünschen zu gestalten, was besonders bei Trauringen wichtig ist. Auch in puncto Design gibt es viel Spielraum für eigene Vorstellungen. Die hauseigenen Kreationen orientieren sich dabei stark am Bauhaus-Stil. Gefertigt wird der Schmuck bis heute am Gründungsort des Unternehmens im nordrhein-westfälischen Vreden, wo in der Goldschmiede noch vieles in Handarbeit passiert. Dabei wird nachhaltig gearbeitet und nur Sekundärgold verwendet, das für die Schmuckstücke neu eingeschmolzen wird. Damit die individuelle Beratung im Store besonders gemütlich ausfällt, gibt es eine Bar, an der bei Pralinen und Espresso geplaudert werden kann – oder mit Champagner angestoßen, denn mit einem Schmuckstück besiegelt man ja oftmals ein besonderes Erlebnis, das gefeiert werden möchte. Im kommenden Jahr feiert Niessing übrigens sein 150. Jubiläum, zu dem es eine eigene Kollektion geben wird. Luisenstraße 7, 30159 Hannover. Öffnungszeiten: Mo– Fr 10–19 Uhr, Sa 10–18 Uhr. Kontakt: E-Mail hannover@niessing.com, Tel. (0511) 844 84 088.

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