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Editorial 2022-11

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Editorial 2022-11


Lieber Leserinnen und Leser,

ich habe in dieser Ausgabe mit Kaja (19 Jahre) über Zukunft gesprochen. Und natürlich haben wir uns dabei auch über die Gegenwart unterhalten. Was sie mir erzählt hat, war nicht besonders angenehm, es ist schwer, wenn so ein junger Mensch den Finger so konsequent in die Wunde legt. Ein Satz (neben vielen anderen für mich schweren, weil so wahren Sätzen) hat mich tatsächlich regelrecht umgehauen: „Es ist ein Privileg zu sagen, ich habe Angst vor der Zukunft, denn es gibt Menschen, die haben Angst vor der Gegenwart.“

Ich glaube, es ist höchste Zeit, dass dieser Generation weitaus mehr zugehört wird als bisher. Und dass wir nicht nur zuhören, sondern auch entsprechend umdenken. Ich sehe in den Talkshows ständig Männer und Frauen jenseits der 40, 50 und 60, die in Diskussionen beispielsweise mit Klimaaktivist*innen so eine leicht herablassende, freundlich nachsichtige Haltung annehmen, weil diese jungen Leute ja noch nichts wissen von der Welt, weil sie noch gar keine Erfahrung haben, weil sie noch träumen, während die Realität dann doch ein bisschen anders aussieht. Wohlstand muss man sich auch verdienen, wird dann gesagt, das Geld wächst nicht auf den Bäumen und wir leben nicht im Wolkenkuckucksheim.

Das ist angesichts des zunehmend drastisch sichtbareren Klimawandels ziemlich hässlich und auch dumm. Und ich kann verstehen, wenn bei den nachwachsenden Generationen allmählich die Geduld mit uns zur Neige geht. Wenn sie keine Lust mehr haben auf Lösungen von vorgestern für die Probleme von morgen. Was nützt uns all unser Wohlstand, wenn das Klima kippt, wenn tatsächlich viele Bereiche der Erde unbewohnbar werden? Dieser Frage müssen wir uns endlich ganz nüchtern stellen, denn das Szenario stammt nicht aus irgendeinem Science-Fiction-Film mit Weltuntergangsdramatik, das sagt die Wissenschaft in weltweit überwältigender Einigkeit. Oder anders gesagt, wer heute noch behauptet, dass es nicht in einer Katastrophe endet, wenn wir nicht augenblicklich sehr radikal auf die Bremse treten, ist ein Idiot.

Was für Schlussfolgerungen müssten wir eigentlich ziehen aus den Erkenntnissen der Wissenschaft? Zum Beispiel, dass jedes Prozent mehr Wachstum die Katastrophe für die Welt nur weiter verschärft. Der Earth Overshoot Day, der Welterschöpfungstag, war in diesem Jahr am 28. Juli. Seither verbrauchen wir jeden Tag mehr natürliche Ressourcen als nachwachsen können. Daran wird sich auch durch ein bisschen „grünes“ Wachstum in Deutschland kaum etwas ändern. Es ist, wie es ist, wir dürfen nicht mehr weiter wachsen, im Gegenteil, wir müssen bescheidener werden und Wohlstand ganz anders und neu definieren. Wir müssen wahrscheinlich unseren Kapitalismus ganz neu denken und dabei bitte nicht alten, teils verqueren Ideologien nachhängen. Es gibt viele, altbekannte Lösungen, die momentan gerne propagiert werden. Aber die haben auch in der Vergangenheit alle nicht funktioniert. Klar, man könnte die halbe Menschheit zur Umerziehung ins Arbeitslager sperren, aber ist das wirklich ein tragfähiges Zukunftsmodell? Und klar, man könnte einen ganz hohen Zaun um Deutschland ziehen, sich mit Ackerbau und Viehzucht autark ernähren und auf alle schießen, die über die Grenze kommen, um bei uns Kartoffeln zu klauen. Das ist es irgendwie auch nicht. Aber einfach so darauf zu hoffen, dass der Krieg in der Ukraine endet und sich dann alles wieder beruhigt, um dann wieder zurückzukehren zu unserem alten Geschäftsmodell und nebenbei mit vielen klugen Innovationen (die es alle noch nicht gibt) das Weltklima retten, das ist es leider auch nicht. Das ist nur heiße Luft.

Aber was passiert, wenn sich jemand in die üblichen Talkshows setzt und propagiert, dass unsere Wirtschaft schrumpfen muss? Stellen wir uns dort eine Wissenschaftlerin oder einen Wissenschaftler vor, mit echter Expertise und lauter Fakten im Gepäck. Sie würde ihn grillen. Sie würden an seiner Forschung zweifeln, ihn diskreditieren, und irgendwo würde da auch noch eine Wissenschaftlerin oder ein Wissenschaftler sitzen und das Gegenteil behaupten, wegen der richtigen Balance. Auch wenn diese zweite Meinung in der Wissenschaft total isoliert ist. Man müsste beispielsweise bestimmt 10.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ins Studio bitten, für die der Klimawandel menschengemacht ist, wenn dort ein Klimaskeptiker auftreten soll und man eine „true balance“ zeigen will. Aber egal, was kümmert uns die richtige Balance. Die Hauptsache ist doch, das nicht sein kann, was nicht sein darf. Und kein Wachstum, das darf nicht sein. Dann empören wir uns prognostizieren den Untergang.

Was mich im Gespräch mit Kaja am meisten beeindruckt hat, das ist ihr Optimismus, ihre Zuversicht. Das ist auch ihr Mut. Was mich am meisten bedrückt hat, das ist die Hoffnungslosigkeit, die sich hin und wieder kurz zeigt. Denn ihr ist bei all ihren Forderungen völlig klar, dass kaum etwas davon passieren wird, dass wahrscheinlich erst noch alles viel schlimmer und apokalyptischer werden muss, bis sich in den (älteren) Köpfen wirklich etwas bewegt. Mehr ab Seite 54

Viel Spaß mit dieser Ausgabe
Lars Kompa

Herausgeber Stadtkind

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Die Zeit ist reif. @Stadtkind@norden.social

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Die Zeit ist reif. @Stadtkind@norden.social


„Nichts auf der Welt ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist.“

Victor Hugo

Nicht erst, seitdem Elon Musk das weltweite Netzwerk „Twitter“ aufgekauft hat, ist klar geworden, dass die Macht von einzelnen Personen und privaten Unternehmungen wie Musk, Zuckerberg, Facebook, Google & Co beängstigende und durchaus bedrohliche Ausmaße angenommen hat.
Die Zeit ist reif, dass wir etwas ändern. Und jede*r von uns kann dazu beitragen.
Mit dem dezentralen open-sourece-Netzwerk „Mastodon“, das seit dem  44Mrd.US$ schweren Verkauf von Twitter sagenhaften Zustrom erfährt, ist eine echte Chance am Horizont, die Medienmacht der „sozialen“ Medien auch wie Facebook und Instagram  nachhaltig zu verändern. Nun kommt es darauf an, dass möglichst viele mitmachen. Die ersten fünf Millionen sind geschafft.
Auf geht’s, weiter geht’s! Es könnte eine Revolution der anderen Art werden.
Wir sind dabei. Wir haben uns auf der regionalen, norddeutschen Instanz norden.social ein Plätzchen gesichert. Es gibt aber auch jede Menge andere Alternativen.

Habt Ihr auch Lust auf Neuland?
Es ist leichter, als man denkt.
Lasst uns Siedler spielen.
Wir sind jetzt ganz frisch in Mastodonien gelandet.
Je mehr mitmachen, um so schöner wird es.
Wir laden Euch ein:
https://norden.social/invite/AW4tYiyn
Probiert es einfach aus. Es gibt auch eine ganze Menge Apps für Eure Handys. Wir haben Fedilab, hiermit kann man auch mehrere Accounts auf unterschiedlichen Instanzen (Servern) verwalten.
Sehr angenehm und bedienfreundlich ist auch die Oberfläche direkt auf dem Browser (wir verwenden Firefox).
Mastodon ist frei von manipulierenden Algorithmen, frei von Werbung und frei von kommerziellen Interessen. Tatsächlich kann jede*r auch seinen eigenen Server damit aufbauen. Und es ist frei von Hass und Gewalt.
Weitere Informationen? Z.B.hier:

https://www.mastodonien.de/mastodon/

Uns findet Ihr via @Stadtkind@norden.social

 

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Das November-Stadtkind ist da

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Das November-Stadtkind ist da


Natürlich ist mit dem 1.11. auch das 11. Stadtkind in diesem Jahr wieder da.
Wir schreiben über Zukunft.
Und natürlich wie jeden Monat über Essen und Neues in der Stadt und über Musik und Theater und Film und Randgruppen und Events und und und.
Auf 116 Seiten Hannover’s Kulturleben.
Am besten im Abo erleben. Für nur kultige 22 Euros im Jahr.http://www.stadtkind-hannover.de/abonnement/
Und natürlich im gut sortierten Kiosk und Zeitschriftenhandel.
Und z.B. auch hier:
UVR
Davenstedter Str. 8
Biologisch Baby & Kind
Lindener Marktplatz 12Salon
Lindener Markt 12Ey Linda Linden
Stephanusstr. 23

Anne Behne
Stephanusstr. 17

Fabian
Egestorffstr. 12

Kopierzentrum Linden
Limmerstr. 12

Burgernah
Offensteinstr. 14

Lindenblüte
Limmerstr. 83

Kaffeebar S. Rossi
Weidestr. 6

Wein und Bild
Quellengrund 2

Ohrwurm
Deisterstr. 32

Räderwerk
Hainhölzer Str. 13

Int. Buchladen
E-Damm 4

Zanzarelli
Hildesheimer Str. 72

Craft Beer Kontor
Schlägerstr 17

Monster Records
Oeltzenstr. 1

Naturkostladen Südstadt
Geibelstr. 13

Bio-Corner
Fiedlerstr. 23

Sofa Loft
Jordanstr. 26

Laibspeise
Borgentrickstr. 14

GEA
Kleine Düwelstr. 6

25 Music
Kronenstr. 12

Karla
Sedanstraße 35

Panamakaffee
Bödekerstr. 85

Siebenundsiebzig
Bödekerstr. 77

Bücherstube Leonie Konertz
Lister Meile 88

Wingert Weinhandel
Jakobistr. 23

Jolie Parisienne
Drostestr. 12

Fühl Dich Gut Store
Ferdinand Wallbrecht Str. 7

Porzellancafé List
Jakobistr. 20

Marie
Wedekindplatz 1

Glücksgefühl Fitness
Gabelsbergerstr. 16

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Ein offener Brief – an den Lieben Gott

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Ein offener Brief – an den Lieben Gott


Ein offener Brief
an den Lieben Gott

Kannst du jetzt bitte wieder damit aufhören?

Wir haben es doch verstanden. Okay, wir haben eine ganze Weile nicht mehr ernsthaft an dich gedacht, manche von uns waren zuletzt sogar ziemlich überzeugt, dass es dich gar nicht gibt. Viele haben bei der Kommunion oder Konfirmation eine Kirche zum letzten Mal von innen gesehen. Aber ist das wirklich ein Grund, es uns jetzt derart heimzuzahlen? Ein paar Naturkatastrophen ab und zu, in Ordnung. Aber in letzter Zeit hast du es echt übertrieben. Und jetzt auch noch dieser wildgewordene Zwerg in Russland. Bitte, kannst du den wieder zurückpfeifen. Das ist doch total übers Ziel hinaus. Und der Klimawandel ist auch drüber. Außerdem ist der nicht nur von uns gemacht, den hast du auch ein bisschen mit initiiert. Nicht?

Komm schon, wer hat die Konservativen erfunden? Die Republikaner in Amerika? Die CDU hier bei uns? Die Neoliberalen? Nicht ganz fair, das musst du zugeben. Du lachst? Das ist gar nicht lustig! Und jetzt hast du auch noch den Lindner draufgelegt.

Man könnte fast meinen, dass du es gar nicht so gut mit uns meinst.

Oder kiffst du da oben? Und amüsierst dich darüber, wie wir hier allmählich vor die Hunde gehen? Was läuft da? Jetzt mal unter uns, hast du irgendwas ins Trinkwasser gemischt? Die Leute kommen immer schräger drauf, das muss doch einen Grund haben. Guck dir Schweden an, guck dir Italien an. Was kommt als nächstes? Noch einmal Trump in Amerika? Und die Le Pen putscht in Frankreich? Und der kommende Winter wird bitterkalt.

Echt jetzt mal, was hast du denn gegen uns?

Okay, du hast es übertrieben. Und ja, wir sind deswegen ein bisschen angefressen. So wie du offensichtlich angefressen bist, dass wir dich fast vergessen hatten. Aber wir haben eben alle so unsere Fehler und Schwächen. Deine Kirche ist jetzt auch nicht soooo der fehlerloseste Haufen. Also, wie bekommen wir die Kuh jetzt gemeinsam schnell wieder vom Eis? Vorschlag: Du kümmerst dich zuerst um den siebirischen Zwerg und dafür beten wir hundert Vaterunser. Danach erhellst du das Hirn irgendeines Forschers, der ein Verfahren entdeckt, CO₂ und Methan wieder umweltschonend und schnell der Atmosphäre zu entziehen. Dafür würden wir 200 Ave-Maria investieren. Und wenn du dann noch jemanden das Perpetuum mobile erfinden lässt als unerschöpfliche Energiequelle, legen wir noch einmal 200 Rosenkränze drauf. Deal? Du darfst uns dann auch gerne noch ein bisschen weiter mit Corona quälen, das sei dir gegönnt, aber mit diesem anderen Mist muss jetzt echt mal Schluss sein.

Falls du noch handeln willst, melde dich. Wir sind zu Gesprächen bereit. Wir zünden auch gerne noch ein paar Kerzen an.

GAH

(Oktober 22 – Ausgabe, Seite 12)

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Ein letztes Wort im Oktober

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Ein letztes Wort im Oktober


Ein letztes Wort

mit dem Ministerpräsidenten Stephan Weil

 

Herr Weil, los geht’s, keine Zeit für Sprüche, wir sprechen Mitte September, wie läuft der Wahlkampf?

Es ist natürlich eine ausgesprochene Stresszeit, aber ich bin ja sehr gerne unterwegs und unter Leuten. Allerdings habe ich noch nie so einen Wahlkampf erlebt wie jetzt. Die Besorgnis vieler Bürgerinnen und Bürger ist überall mit den Händen zu greifen und das prägt natürlich auch die Stimmung.

Sie sagen ja momentan sehr viel, was sich gut anhört: Entlasten, entlasten, entlasten. Aber wie wird das alles am Ende bezahlt?

Ich habe dazu eine ganz klare Haltung, der Staat muss in so einer Krise alles tun, was er kann, einschließlich Kreditaufnahmen. Das ist auch nichts Neues, das haben wir 2010 gemacht in der Bankenkrise und wir haben es während der Pandemie gemacht. Die Schuldenbremse ist in diesem Fall besser als ihr Ruf, denn sie sieht in Notlagen die Möglichkeit von Kreditaufnahmen vor. Und wann hatten wir je eine Notlage, wenn nicht jetzt? Und zur Frage, wie diese Kredite bezahlt werden sollen, stelle ich eine einfache Gegenfrage: Was kostet es, wenn wir das nicht machen? Wenn zum Beispiel Unternehmen aufgeben müssen, dann werden keine Gehälter, keine Sozialversicherungsbeiträge, keine Steuern mehr gezahlt, die Beschäftigten verlieren ihre Jobs, zahlen keine Steuern, keine Sozialversicherungsbeiträge mehr und die Kaufkraft verringert sich. Das ist gleichzeitig einschneidend für die Betroffenen, extrem schlecht für die öffentlichen Kassen und insgesamt Gift für die Volkswirtschaft. Das wäre die deutlich teurere Tasse Tee, davon bin ich überzeugt.

Julia Willie Hamburg findet Sie eher so mittelmäßig – freuen Sie sich auf die Koalition?

Die Grünen sind in der Opposition und es ist Wahlkampf, da wundere ich mich nicht über abfällige Bemerkungen. Wenn sich der Wahlkampf-Rauch verzogen hat, erwarte ich, dass wir mit den Grünen eine sehr vernünftige Zusammenarbeit hinbekommen können. Wir haben das ja schon einmal von 2013 bis 2017 gemacht und das hat gut funktioniert.

Würde ich jedes Wort im Wahlkampf auf die Goldwaage legen, kämen wir zu nichts.

Wie steht es um die alte Rivalität zwischen CDU und SPD? Wird es da noch ein bisschen mehr krachen?

Da haben die fünf Jahre Zusammenarbeit tatsächlich geholfen, dass wir uns jetzt nicht mehr nur mit der ‚Dachlatte‘ begegnen wie vorher. Aber in der Sache gibt es große Gegensätze.

Das ist ja beruhigend, dass die Dachlatten ausgedient haben. Aber die FDP teilt ganz gut aus, mit Birkner an der Spitze.

Ja, was sollen sie auch sonst machen?

Aber Birkner und Co. haben auch ein paar Punkte: Die Schulpolitik scheint mir tatsächlich ein ziemliches Desaster zu sein.

Kein Desaster, es gibt Probleme, genau wie in allen anderen Bundesländern. Aber man kann die Ursachen deutlich benennen. Wir haben so viele Lehrkräfte wie noch nie in Niedersachsen, aber die Lage ist differenziert. Der Mangel besteht vornehmlich in bestimmten Schulformen, Haupt, Real- und Oberschulen und damit auch in Gesamtschulen. Und weil wir dort Lücken zu füllen haben, müssen wir von anderen Schulformen Lehrkräfte abordnen. Wir wissen aber auch, was zu tun ist, um die Arbeit an diesen Schulen attraktiver zu machen. Insbesondere müssen wir die unterschiedliche Besoldung zwischen den Schulformen beenden. Alle Lehrkräfte sollen künftig zum Einstieg das gleiche Geld bekommen, nämlich im Beamtenbesoldungsrecht gesprochen A13. Ich hätte das gerne schon früher gemacht, aber leider hat die CDU auf der Bremse gestanden und in einer Koalition geht so etwas nun einmal nur gemeinsam.

Ich hoffe, dass wir nach der Wahl die einheitliche Bezahlung schnell umsetzen können und dann auch mehr junge Leute für die genannten Schulformen begeistern können. Es wurde aber bereits eine Menge auf den Weg gebracht: Wir haben etwa 3000 zusätzliche Lehrkräfte netto. Und wir entlasten die Lehrerinnen und Lehrer durch zusätzliches Personal, also zum Beispiel Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter.

In dieser Berufsgruppe haben wir deutliche Steigerungen. Eine Schwierigkeit ist in den vergangenen Jahren übrigens noch hinzugekommen. Ein immer größerer Teil von Schülerinnen und Schülern hat einen „erhöhten Förderbedarf“, auch das bindet Lehrerstunden. Deshalb kommt nicht alles, was wir an zusätzlichen Stunden haben, direkt im Unterricht an. Aber das Hauptproblem bleibt natürlich der Fachkräftemangel.

Was ist mit den Quereinsteiger*innen? Mehr davon? Gute Idee?

Ja, das ist eine Möglichkeit und wir setzen auch verstärkt darauf, aber das hat seine Grenzen. Nicht alle, die gerne Lehrerin oder Lehrer werden wollen, sind auch dafür geeignet.

Anderes Thema, das aber auch die Schulen betrifft: Wie geht es voran mit der Digitalisierung?

Da gibt es deutliche Fortschritte, aber natürlich sind wir noch nicht am Ende der Fahnenstange. Es gibt dabei vor allem ein Thema, das mich stört. Wir haben 2019 den sogenannten Digitalpakt zwischen Bund und Ländern geschlossen. Der sieht für Niedersachsen mehr als eine halbe Milliarde Euro für Investitionen zur Digitalisierung an den Schulen vor, insbesondere für WLAN, Whitboardanschlüsse etc. Und drei Jahre später ist davon nur die Hälfte abgerufen worden. Es gibt anscheinend Schulträger, die nicht das notwendige Tempo vorlegen und das muss sich ändern.  

Woran liegt das? Vielleicht an der Bürokratie?

Vieles, was ich an Einwänden höre, überzeugt mich nicht. Oft wird behauptet, das sei viel zu kompliziert. Aber andere – darunter auch kleine Kommunen mit kleiner Verwaltung – haben die Mittel längst abgerufen, wie haben die das geschafft? Es scheint also eine lösbare Aufgabe zu sein. Ich akzeptiere den Hinweis, dass Corona sehr viel Kraft und Energie gebunden hat. Und ja, wir haben auch noch Lieferkettenschwierigkeiten. Aber dass nach drei Jahren nur die Hälfte des Geldes abgerufen wurde, und gleichzeitig von manchen die mangelnde Hilfe des Landes beklagt wird, dafür fehlt mir das Verständnis.

Was sind Ihre wichtigsten Themen für Niedersachsen für die nächsten fünf Jahre, vorausgesetzt Sie bleiben in der Verantwortung?

Aktuell geht es vor allem darum, dass wir die durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelöste Energiekrise und Preiswelle in den Griff bekommen. Die derzeitige Koalition hat bereits einen 100 Millionen Euro Hilfsfonds zugesagt, vor allem zur Unterstützung kommunaler Härtefallfonds.
Die Zuschüsse für die Tafeln und Schuldnerberatungen wurden bereits erhöht. Wir müssen aber noch mehr machen.
Im Falle eines Wahlsieges plane ich ein Hilfsprogramm von rund einer Milliarde Euro – damit wir u.a. kleine und mittlere Betriebe unterstützen können, die Kultur- und Veranstaltungsbranche, Sportvereine, Krankenhäuser und soziale Einrichtungen.
Auch dabei wird es aber voraussichtlich nicht bleiben können, wir werden eine große gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Länder
n benötigen, einschließlich auch einer notwendigen Kreditaufnahme. Das sagt in Niedersachsen übrigens mittlerweile sogar die FDP.
Darüber hinaus kommt Niedersachsen bei der Energieversorgung eine Schlüsselrolle zu. Mit großem Tempo bauen wir LNG-Terminals für Flüssiggas als Alternative für russisches Erdgas. Über diese Häfen soll dann später grüner Wasserstoff importiert werden. Und auch wenn ich mir das früher und ohne diesen Anlass gewünscht hätte: durch die Krise nimmt der Ausbau von Windenergie endlich an Fahrt auf. Ich möchte, dass wir das Bundesland sind, das am meisten erneuerbare Energien produziert, insbesondere Solar- und Windstrom, vor allem im Offshore-Bereich.
Niedersachsen soll als Energieland Nr.
1 gestärkt aus der Krise hervorgehen. Denn es gilt der Leitsatz: Industrie folgt Energie. Wir wollen den Klimaschutz vorantreiben und gleichzeitig die Wirtschaftskraft in unserem Land stärken. 

Müssen wir uns in Deutschland nicht auch endlich von unseren vier großen Energiekonzernen unabhängiger machen? Stichwort: Dezentralisierung.

Da hat sich schon sehr viel geändert und es wird in Zukunft noch wesentlich dezentraler werden. Mit der Energiewende wird die Energiewirtschaft entschieden vielfältiger als vorher.

Ich hätte mir sehr gewünscht, dass die Politik schon viel eher die Warnungen aus der Wissenschaft ernst genommen und die Energiewende weitaus entschiedener angegangen wäre, dann hätten wir längst eine neue Energiewelt.

Wenn Ihre Kritik ist, dass die Klimaschutzpolitik zu lange viel zu zögerlich beschritten worden ist, dann ist diese Kritik absolut berechtigt. Es gab aber nicht wirklich ein Erkenntnisdefizit, sondern ein Handlungsdefizit.

Wie Sie aus vielen unserer Gespräche wissen, setze ich mich seit langem für den Ausbau der Erneuerbaren – insbesondere der Windkraft – ein. Es rächt sich, dass die CDU in dieser Frage so lange blockiert hat.

Interview: Lars Kompa

 

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Der besondere Laden: Atelier Fräulein MaMe

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Der besondere Laden: Atelier Fräulein MaMe


Melanie Klinkenberg

Bereits seit zwölf Jahren schmückt sich Hannovers Kanalstraße mit einem kleinen, aber feinen Goldschatz – dem Goldschmiedeatelier Fräulein MaMe. Inhaberin und Goldschmiedin Melanie Klinkenberg zeichnet sich nicht nur durch ihr handwerkliches Talent, sondern auch durch ihre detailverliebte und sorgfältige Arbeit aus, mit der sie ihre Kund*innen regelmäßig zum Strahlen bringt.

Ich habe immer gerne was repariert, auch zu Hause. Kleine VHS-Kassetten auseinandergenommen, die Bänder neu reingemacht, mit Tesafilm verklebt und neu aufgerollt. Meine Mutter hat mir alles Mögliche gegeben. Irgendwann habe ich mir kleine Schraubenzieher gekauft und an Sachen getüftelt. Dann kam die Nachbarschaft – kann die Melanie das mal reparieren? Das hat mir einfach Spaß gemacht.“ Durch die Freude daran, Sachen zu reparieren und aus Alt Neu zu machen, kam sie schließlich zum Beruf der Goldschmiedin. Als ein junger Goldschmiedemeister eine Goldschmiede in ihrem Heimatort aufmachte, begann sie ihre Lehre. Ihre zweijährige Ausbildung absolvierte sie im Ruhrpott und kam dann der Liebe wegen nach Hannover, wo sie gemeinsam mit ihrer ehemaligen Geschäftspartnerin Marlene Neuschulz den kleinen Laden am Steintor kaufte. Der Ateliername Fräulein MaMe setzt sich zusammen aus den Vornamen der beiden und steht seit mittlerweile zwölf Jahren für individuelle Handwerkskunst.

Die Werkstatt befindet sich direkt über dem liebevoll eingerichteten Laden, in dem viele kleine Vitrinen, Schmuckständer und auch die beliebten Yankee Candles aus den USA ihren Platz finden. Neben einem großen Werktisch und unzähligen kleinen Werkzeugen ist die Werkstatt mit einer Walze, einem Schmelzofen, einem Polierraum und einer Graviermaschine ausgestattet. Je nachdem, worum es sich handelt und wie detailliert ein Schmuckstück am Ende sein soll, dauert die Herstellung eine Stunde bis zu einem ganzen Tag.

Es kommt natürlich immer auf das Schmuckstück an und auf die Wünsche“, erklärt Melanie Klinkenberg. Die Werkstatt öffnet sie übrigens auch für Goldschmiede-Kurse. Neben Ketten, Armreifen, Ringen und Ohrringen aus dem Atelier kann man sich bei Fräulein MaMe unter Anleitung sein eigenes Schmuckstück anfertigen und gemeinsam mit der Goldschmiedin einen kompletten Samstag in der Werkstatt verbringen. Melanie Klinkenberg arbeitet sehr gerne eng mit ihren Kund*innen zusammen und geht genau auf die persönlichen Vorstellungen ein. Man erfahre recht viel über die unterschiedlichen Stile der verschiedenen Kund*innen und es kämen bei einer Tasse Kaffee auch mal persönlichere Gespräche zustande, berichtet sie. „Aber ich finde es natürlich auch cool, wenn Kund*innen mir sagen, ich soll mein eigenes Ding machen.“

Mit 20 Jahren Erfahrung im Goldschmiedegeschäft lernt man, wie Kund*innen auf Schmuckstücke blicken und wie der eigene Blick ausfällt. Das geschulte und selbstkritische Auge von Melanie Klinkenberg macht ihre Schmuckstücke zu etwas ganz Besonderem. „Das Schöne an meinem Beruf ist auch, dass man am Ende des Tages, wenn man das Licht ausmacht, immer etwas in der Hand hält und sieht, was man geschafft hat“, sagt sie. Und wenn dann Kund*innen mit ihren Kreationen glücklich von dannen ziehen, mit ganz neuen und einzigartigen Schmuckstücken, vielleicht um jemand anderen zu überraschen, dann geht immer auch ein kleines Stück von ihr selbst hinaus in die Welt. „Und das ist ein gutes Gefühl!“

Jule Merx und Laura Druselmann

Atelier Fräulein MaMe

Kanalstraße 12, 30159 Hannover

Instagram: @fraeulein_mame

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