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Literarisches: Paul Schüler


Schon als Kind hat er gerne geschrieben. Dann war er aber – wie das nun einmal so ist – viele Jahre lang bloß Leser, nicht Autor. Nach der Schulzeit folgte erst einmal das Studium: anfangs Architektur, dann aber Mathematik und Physik. Sein Geld verdiente er sich zunächst mit diversen journalistischen Tätigkeiten – heute arbeitet Schüler längst als Lehrer. Und seine kreative Seite hatte er lange Zeit als Songschreiber, Sänger und Gitarrist der hannoverschen Rockband „Ich Kann Fliegen“ ausgelebt … um nun doch noch eine Karriere als Schriftsteller zu beginnen, in die er gleich auch noch sein Fachwissen einfließen lassen kann.

Sieht man davon ab, dass Paul Schüler „mit einer kleinen Runde von Freunden“ nebenbei Kurzgeschichten verfasst, als Journalist tätig war und eben auch schon im Kindesalter erste Gehversuche auf diesem Feld unternommen hat, ist sein im August im Aufbau-Verlag erscheinender Roman „1942 – Das Labor“ sein literarisches Debüt: Seine ganz persönliche Liebe zum Thriller verschmilzt der Mittdreißiger dabei mit seinem physikalischen Fachwissen, denn seine Hauptfigur ist passenderweise eine Physikerin. Wie der Titel es bereits erahnen lässt, lebt und forscht sie in schwierigen Zeiten: Margarete von Brühl arbeitet an der Entwicklung einer Uranmaschine, einem Vorläufer der moderneren Kernreaktoren – nichtsahnend, wie sehr sich die Gestapo für ihre Experimente interessiert. Probleme beschränken sich zunächst noch darauf, dass die Physikerin von ihren männlichen Kollegen nicht so recht ernst genommen wird. Doch dann geht es Schlag auf Schlag: Ihr Institutsleiter verschwindet, die Uranmaschine explodiert, bei der Katastrophe verliert ihr Assistent und heimlicher Geliebter Karl Leitner sein Leben, von Brühl selbst findet sich als Gejagte wieder, wird verhaftet und von einem alten Freund befreit, der sich als Mitglied einer Widerstandsgruppe präsentiert und angibt, dass ihre Forschung dem Bau einer Atombombe dient … und da ist auch noch Leitners Vater, der eine offene Rechnung mit der Forscherin zu haben glaubt, hält er sie doch für die Schuldige am Tod seines Sohnes, während von Brühl zu verhindern versucht, dass die Nationalsozialisten an die verheerende Waffe gelangen.

Seine physikalischen Kenntnisse kommen Schüler dabei gut zupasse, wobei sein Thriller über eine Verschwörung im Dritten Reich, der von einem tatsächlichen schweren Unfall in einem Atomlabor in Leipzig im Jahr 1942 beeinflusst ist, auch von guten historischen Kenntnissen lebt. Inspirationsquelle war dann, so Schüler, „vor allem ,Die Nacht der Physiker‘, ein Sachbuch von Richard von Schirach. Darin wird beschrieben, wie deutsche Wissenschaftler, unter anderem Werner Heisenberg und Otto Hahn, nach dem Krieg in britischer Gefangenschaft saßen und dabei abgehört wurden. Sie hatten zuvor die Spitze der deutschen Kernforschung gebildet und hörten nun aus der Gefangenschaft heraus von den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki.“ Gerade auch der „Zwiespalt zwischen Forschergeist und gesellschaftlicher Verantwortung“ hat ihn dabei interessiert.

Die Frage, ob ihn ursprünglich auch ein Geschichtsstudium gereizt habe, verneint Schüler jedoch. Interessiert hätte es ihn zwar durchaus, es „stand aber nie wirklich zur Debatte. Physik und Mathematik zu studieren und nun auch beruflich zu praktizieren, lässt Raum die anderen Interessen eher privat und selbstbestimmt zu verfolgen.“ Bezeichnenderweise habe ihm auch die Architektur wieder so richtig unbeschwert Spaß bereitet, als er das Studium verlassen habe. Und so hält Schüler auch nicht viel vom Klischee einer Kluft zwischen Kreativität hier und den hard science dort: „Kreativität und analytisches Denken schließen sich also ganz und gar nicht aus“, lautet sein diesbezügliches Fazit mit Verweis auf die hohe Anzahl von Naturwissenschaftler*innen unter schreibenden oder musizierenden Kolleg*innen.

Schüler selbst verschlägt es jetzt erst einmal für mehrere Jahre als Auslandslehrkraft nach Mexiko-Stadt. Und weil ja im angrenzenden US-Bundesstaat New Mexico einst die ersten Atombomben gebaut und getestet worden sind, ist das auch ideal für weitere Recherche-Arbeits zwecks weiterer Romane: „Ideen für einen Nachfolger gibt es also, die Geschichte ist ja noch nicht auserzählt.“

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