Mit der stark autobiografisch geprägten Erzählung „Briefe an Ella“ räumt Renate Folkers literarisch ihr Leben auf. Es ist eine Geschichte über tragische Schicksalsschläge, Trauerbewältigung, Depressionen und die Aufarbeitung fehlgeleiteter Gefühle. Die Autorin erzählt wie es ihr gelang, alte Verhaltensweisen zu ändern, um ein gutes Selbstwertgefühl zu entwickeln und davon, in dem sehr belasteten Mutter-Tochter-Verhältnis eine Begegnung auf Augenhöhe hinzubekommen. Heute ist Renate Folkers‘ Devise die Buddhistische Weisheit: Tu was du willst, aber nicht, weil du musst!
„Briefe an Ella“ erzählt die Geschichte einer Frau, die als Kind ihre Schwester und als junge Frau ihre Eltern verliert. Verluste, welche viel zu lange nicht aufgearbeitet wurden und die die Erzählerin ihr ganzes Leben hindurch begleiteten. „Kein Mensch sprach damals von Trauerarbeit. Da war es ein guter Plan, in Briefen den Gefühlen von Verlust, Wut und auch der Trauer Raum zu geben. Insofern habe ich die Texte von damals überarbeitet und verwendet“, erzählt Renate Folkers. Von der Einsamkeit in der Kindheit bis hin zu immer wiederkehrenden Träumen von der längst verstorbenen und unerreichbar scheinenden Mutter Ella bringen die Autorin auf ihren Weg. „Das schreckliche Ereignis hatte sich tief in meine Seele eingebrannt, mich traumatisiert und lange anhaltenden psychischen Schaden angerichtet“, so heißt es im Buch. Es brauchte viel disziplinierte Arbeit, um aus den Fängen der Depressionen und der Angst einen Ausweg zu finden. Folkers beschreitet und beschreibt diesen Weg in ihrem Roman und schafft letztendlich „den Absprung von einem Zug (…), der in voller Fahrt auf ein Desaster zurollte.“
Das Schreiben der Erzählerin gestattete ihr eine andere Art von Nähe zu ihrer verstorbenen Mutter aufzubauen und sie dadurch am Leben nach deren Tod teilhaben zu lassen. „Ausschlaggebend, dieses Thema aufzugreifen, war ein Workshop mit dem Titel ‚Briefe an meine Mutter‘, den ich leiten durfte. Die Erkenntnisse und Schilderungen der Teilnehmenden (Frauen über 70) weckten in mir das Bedürfnis, mich mit dem Thema intensiver zu beschäftigen“, berichtet Folkers. Sie schafft sich ihre eigene Art, um mit der Konfrontation von Trauer und Tod umzugehen und mit Achtsamkeit den Überforderungen Einhalt zu gebieten sowie die eigenen Grenzen zu erkennen. Die Autorin erklärt: „Das Buch zu schreiben war in der Tat eine Befreiung. Die Trauer hat einen festen Platz bekommen und endlich ihre Macht verloren. Der Depression konnte ich erst nach und nach zu Leibe rücken. Es war ein steiniger Weg, der sich gelohnt hat und in jeder Hinsicht eine Bereicherung war. Über das Schreiben habe ich zu meiner Mutter einen ganz anderen Zugang bekommen. Ich bin mit ihr in einem einvernehmlichen Miteinander, keine Vorwürfe, keine Schuldgefühle. Alles ist gesagt und gut“, so Folkers. Dank diverser Reha-Maßnahmen und Therapie-Aufenthalte findet die Ich-Erzählerin Anlaufstellen, die ihr helfen, geistig zu genesen, der Depressionen den Rücken zu kehren. Es ist die berührende Geschichte einer erwachsenen Frau, die viel Schmerz aushalten musste und schlussendlich lernt zu hinterfragen und ihre eigene Meinung zu haben … und am Ende das Gefühl hat: „so wie ich bin, bin ich genug“.
Für die 1950 in Nordfriesland geborene Renate Folkers ist das kreative Schreiben zu einem intensiven und wichtigen Teil des Lebens geworden. Sie lebte über 50 Jahre in Husum, wo auch ein Großteil der Erzählung spielt. Seit ihrem Berufsausstieg 2009 schreibt sie Kriminalromane, Kurzgeschichten und Gedichte auf Hoch- und Plattdeutsch und lebt seit acht Jahren in Hannover.
152 Seiten
13 Euro
dco-Verlag
renatefolkers.de
