Der Freundeskreis im Gespräch mit Barbara Sommer und Amanda Reich

Diesen Monat waren wir im Gespräch mit Barbara Sommer, der neuen Geschäftsführerin vom Freundeskreis Hannover, und Amanda Reich, Werkstudentin und Projektkoordinatorin. Gesprochen haben wir über den Umschwung beim Freundeskreis und auch über den kürzlich verliehenen Stadtkulturpreis.

Stellt euch doch zu Beginn einmal vor …

Amanda Reich: Ich bin Amanda Reich, gebürtige, stolze Hannoveranerin. Ich liebe Hannover! Ich studiere Kulturwissenschaften und schreibe gerade meine Bachelorarbeit. Ich bin über eine Anzeige zum Freundeskreis gekommen. Ich wollte unbedingt Erfahrungen im Projektmanagement sammeln. Ich hatte mich schon viele Jahre ehrenamtlich engagiert und u. a. die Black Lives Matter Demo 2020 organisiert. Bei meinem Vorstellungsgespräch stellte sich heraus, dass die damalige Geschäftsführerin Katharina Sterzer damals für den Sicherheitsplan zuständig war. Und so konnte ich meine Leidenschaft zum Job entwickeln. Vor zwei Monaten bin ich dann auch als Mitglied in den Freundeskreis eingetreten. Es lohnt sich auf jeden Fall, hier Mitglied zu sein, das weiß ich durch meinen Blick hinter die Kulissen

Barbara Sommer: Ich bin gebürtige Münchnerin, nach dem Jurastudium in Göttingen bin ich noch weiter in den Norden vorgerückt und der Liebe wegen in Hannover gelandet. Mein erster Arbeitgeber war die Deutsche Messe AG. Ich habe während des Studiums schon immer viel im Veranstaltungsbereich gearbeitet. Dafür habe ich gebrannt und auch ich habe die Leidenschaft zum Beruf gemacht. Über verschiedene Schritte bin ich 2009 zur Conti gekommen: Dort habe ich erst einmal in der Presseabteilung und später dann im internationalen Veranstaltungsmanagement gearbeitet. Von Lappland bis Süditalien, von Portugal bis Ungarn haben wir Veranstaltungen geplant und umgesetzt. Das war eine tolle, sehr lehrreiche Zeit, aber auch sehr anstrengend durch die Doppelbelastung mit zwei Kindern zu Hause. In der Corona-Zeit, bei 100% Kurzarbeit, ist mir nach 13 Jahren bewusst geworden, dass es Zeit für eine Veränderung wird. Ich habe mich auf mich besonnen und viele private Projekte angeschoben, die ich schon immer machen wollte, habe viel ehrenamtlich gearbeitet: in der Obdachlosenhilfe, im Impfzentrum und im Gemeindecafe. Dann habe ich mich entschieden, meine Arbeitszeit zu reduzieren, und später, auszusteigen und mich mehr im Sozialen zu engagieren. Ich habe 1½ Jahre beim Freiwilligenzentrum gearbeitet und darüber auch die Stadtkultur kennengelernt und die ersten Netzwerke geknüpft. Ich bin dann angesprochen worden, ob ich mir vorstellen könnte, hier im Freundeskreis das entstandene Vakuum zu füllen. Ich hielt das für eine spannende Herausforderung und bin ins kalte Wasser gesprungen – und habe es bis jetzt auch nicht bereut.Ich bin erst seit September 2024 hier und finde es ganz spannend, jetzt einmal kurz zu bilanzieren. Denn in den drei Monaten ist wahnsinnig viel passiert

Wie ist es denn nach diesem Wechsel so gelaufen? Ist es zu Veränderungen gekommen, strebt ihr solche gezielt an?

BS: Es gibt zwei Aspekte bei der ganzen Sache: Einmal die Menschen, die jetzt am Start sind, da gibt es sowieso einen Umschwung, weil andere Menschen andere Herangehensweisen, Bezugsrahmen und Erfahrungsschätze mitbringen. Das haben wir jetzt beim Stadtkulturpreis schon gesehen, dass der in vielerlei Hinsicht ganz anders war, ohne dass wir das geplant hätten. Und dann die Dinge, die wir gezielt angehen, wie zum Beispiel eine Zukunftswerkstatt, um herauszufinden, was sich unsere Mitglieder wünschen und was wir schon gut machen. Wir starten mit einer Online-Umfrage. Und im nächsten Schritt haben wir zwei feste Präsenz-Termine, zu denen wir einladen, um ganz konkret, begleitet mit externer Hilfe, herauszufinden, wo die Reise hingehen soll.

AR: Ich würde noch ergänzen, dass man den Umschwung auf jeden Fall gemerkt hat, Ich bin ja jetzt fast zwei Jahre im Freundeskreis und habe das alles nochmals ganz anders wahrnehmen können. Ich war einfach überrascht, wie schnell ein Verein sich verändern kann, bzw. sich positiv entwickeln kann, mit den richtigen Menschen, die gemeinsam für eine Vision arbeiten. Barbara ist erst seit drei Monaten hier und ich sage ihr gefühlt jede Woche einmal, wie gut es tut, mit ihr zu arbeiten. Es macht unglaublich viel Spaß. Auch mit Hajo Rosenbrock und Konstanze Beckedorf, die im Vereinsvorstand sind.

Das ist ja nicht die einzige Resonanz, das einzige Feedback …?

BS: Da kommt natürlich viel Feedback, keine Frage. Und ich glaube, es ist tatsächlich durchweg positiv. Die Mitglieder haben darauf gewartet, dass etwas passiert, nach der Durststrecke, die es zu überbrücken galt. Und das hat Amanda ja auch ganz toll hingekriegt, mit den anderen Freiwilligen in der Geschäftsstelle. Die haben den Laden hier wirklich am Laufen gehalten, mit den Mitteln, die ihnen zur Verfügung standen. Aber es war keine Leitungsfunktion da. Niemand, der eine Idee von strategischer Ausrichtung hat.

AR: Es mangelte aber nicht nur an strategischer Ausrichtung, sondern auch an Teambuilding. Das hat hier total gefehlt.

Lastet dann auch Druck auf euch? Aufgrund einer Erwartungshaltung …?

BS: Nein. Ich bin mit einer großen Begeisterung für diese Aufgabe hier eingestiegen und die Voraussetzungen zu gestalten waren günstig. Wir haben die ersten drei Wochen damit zugebracht, auszumisten und uns eine Atmosphäre zu schaffen, in der die Arbeit Freude macht. Jeder hat seinen Teil dazu beigetragen und wir haben ein gutes Gespür füreinander bekommen. Wer kann was gut, wer übernimmt welche Aufgaben? Im nächsten Schritt haben wir dann analysiert, was es für Prozesse gibt, ob sie sinnvoll sind. Wir haben die Server aufgeräumt, die komplette Struktur umgestellt, Geld eingespart, Verträge überprüft … und geklärt, wie wir eigentlich finanziell dastehen. In den drei Monaten ist irrsinnig viel nach innen passiert; wir haben die Infrastruktur geschaffen, um nach außen wirken zu können. Das war jetzt erst einmal das Hauptaugenmerk: hier eine gute Basis zu haben

Wenn es durchweg positives Feedback gibt, heißt das, dass der Unmut, der zuvor in der Luft lag, nun komplett verschwunden ist …?

BS: Natürlich wird es immer Leute geben, die nicht ganz glücklich sind: Wenn du 1.000 Mitglieder hast, kannst du nicht alle glücklich machen. Aber ich bin in Kontakt gegangen mit den Menschen, die sich beschwert haben. Ich hatte den Vorteil, dass ich als unbeschriebenes Blatt eingestiegen bin, ohne Altlasten. Ich bin mit verschiedenen Menschen ins Gespräch gegangen, habe mich vorgestellt und war einfach ehrlich. Ich habe zugehört, unsere Idee von der Zukunft geschildert und sie gebeten, mitzugestalten und ihre Ideen einzubringen. Wir haben mit allen eine gute Gesprächsbasis gefunden. Ich freue mich über die Rückmeldungen von langjährigen Mitgliedern, wir können nur davon profitieren. Die Älteren sind sehr wichtig für uns. Zugleich gehen wir in eine digitale Zukunft: Wir wollen also auch jüngere Mitglieder animieren mitzumachen.

Ich arbeite hier im nächsten Jahr mit zwei jungen Frauen zusammen, die ihren Bundesfreiwilligendienst absolvieren und mit ihrer Sicht ungemein bereichern. Sie planen ein Instagram-Kampagne, gemeinsam mit Schüler*innen der Ricarda-Huch-Schule, mit der wir das junge Ehrenamt in den Vordergrund rücken wollen.

Wenn wir ein Bürgerverein sein wollen, dann müssen wir alle Zielgruppen in irgendeiner Form mitnehmen. Mit unseren Demokratiethemen klappt das schon gut: Mit den Demos, die wir anmelden, kriegen wir viel Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit.

Ihr erwähntet, dass der diesjährige Stadtkulturpreis anders verlaufen sei. Inwiefern …?

AR: Der vorletzte Stadtkulturpreis war ja auch mein erster Stadtkulturpreis. Aber Planung und die Organisation fielen sehr knapp und kurzfristig aus, es war also stressig. Es gab nicht so eine hohe Nachfrage wie 2024. Dieses Mal war es einfach besser, weil der Spirit im Team komplett anders war. Wir haben schon im August das „Save the Date“ rausgeschickt – und demnach konnten sich alle rechtzeitig anmelden. Wir waren sechs Wochen vorher schon ausgebucht. Es war diesmal schön anzusehen, wie glücklich die Menschen waren. Das Feedback war großartig. Man hat es auch auf den Fotos gesehen, dass die Leute Spaß hatten. Im Jahr davor gab es einfach viel Unzufriedenheit.

BS: Was uns sehr wichtig war – und das war auch die Vorgabe vom Vorstand –, ist der Umstand, dass es bei dieser Preisverleihung vor allem um die Preisträger*innen geht: diesmal Franziska Stünkel und Alina Zimmermann von wasmitherz e.V. Die Gewinner*innen: sollten im Mittelpunkt stehen. Und genauso war es. Wir haben uns auch als Team gut präsentiert. Die Gäste haben gemerkt, dass wir harmonieren. Wir gehen wertschätzend und auf Augenhöhe miteinander um. Das ist etwas, was wir positiv nach außen tragen. Mir war außerdem wichtig, dass der Freundeskreis mehr Sichtbarkeit bekommt. Wir als Freundeskreis verleihen den Stadtkulturpreis und unsere Sponsoren finanzieren ihn.Die Stadt hat damit gar nichts zu tun. Wir machen also im Prinzip Standortmarketing für die Stadt, ohne dass die sich daran beteiligt. Da dürfen wir schon auch präsenter sein.

Es geht dann bei der Preisverleihung nicht nur um die Preisträger*innen, sondern auch um Stadtmarketing?

BS: Wir verleihen den Preis an Hannoveraner*innen, die sich für die Stadtgesellschaft in kultureller Hinsicht und durch bürgerschaftliches Engagement besonders verdient gemacht haben. Das ist etwas, was den Standort Hannover unheimlich trägt. Dahin muss und darf man ganz viel Aufmerksamkeit lenken. Natürlich hat das mit Standortmarketing zu tun. Wenn wir so bemerkenswerte Menschen hervorbringen, wie eine Franziska Stünkel, die sich zu ihrer Heimatstadt bekennt, dann muss man das einfach hervorheben.

War eigentlich Stünkels „Nachschuss“ spielentscheidend bei der Entscheidung, ihr den Preis zu verleihen?

BS: Natürlich ist „Nahschuss“ das, was Franziska international noch einmal eine andere Popularität verschafft hat. Vor allem auch, weil der Film so gut besetzt war, was wiederum für die Qualität ihrer Arbeit spricht. Ich glaube, dass es das Gesamtpaket Franziska Stünkel war: Sie ist ja viel mehr als nur ihre Kunst: Auch „Coexist“, ihre fotografische Arbeit, ist ganz fantastisch, aber Franziska ist darüber hinaus auch noch ehrenamtlich engagiert und menschlich so spannend, dass sie den Preis verdient hat. Und auch das andere Team um Alina Zimmermann und wasmitherz e.V. ist ein sehr wertvolles Projekt. Das hat auch deshalb den Zuschlag bekommen, weil es ein junges Engagement ist, das für einen ganzen Stadtteil und damit für eine bunte, diverse Gruppe an Menschen einen Ort schafft, der seinesgleichen sucht …

AR: Ich hatte auch das Gefühl, dass wasmitherz viele Menschen erreicht hat. Es war schön zu sehen, wie viele Leute sich über den Preis gefreut haben. Selbst Menschen aus meiner Community, die eigentlich nichts mit diesem Thema zu tun haben, haben davon gehört und waren wirklich glücklich, dass sie diesen Preis gewonnen haben – weil sie so eine großartige Arbeit leisten. CK


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