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Editorial 2023-12

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Editorial 2023-12


Liebe Leser*innen,

unsere Welt wird momentan nicht friedlicher, der Hunger wird nicht weniger, immer mehr Menschen sind auf der Flucht vor Elend, Krieg und Terror und gleichzeitig muss man wohl einfach konstatieren, dass der Kampf gegen den Klimawandel mehr und mehr verloren ist. Wir dürfen Angst haben. Wir dürfen überfordert sein. Und wir dürfen uns außerdem Sorgen machen um unsere eigene Zukunft, unseren Wohlstand, unsere Sicherheit.
Aber dürfen wir die Angst dominieren lassen?

Die Angst übernimmt in unserer Gesellschaft inzwischen eine zunehmend bestimmende Rolle, ihre Schatten reichen bis tief in die Grundfesten unserer Gesellschaft. Wie eine unsichtbare Last liegt sie uns allen auf der Seele. Sie kann sich in Gesellschaften ausbreiten wie ein gefährliches, weil zunächst spur- und geruchloses Gift. Sie frisst sich mehr und mehr in allen sozialen Strukturen, offline und online. Was passiert mit Gesellschaften, die von Angst durchdrungen sind?
Das liegt relativ klar auf der Hand: Angst spaltet. Wir werden misstrauisch, wir ziehen uns zurück, wir isolieren uns. Das Gefühl, zu einer Gemeinschaft zu gehören, schwindet. Und auch unsere Kommunikation leidet. Eigentlich soll sie Brücken bauen zwischen verschiedenen Meinungen und Kulturen, aber die Angst blockiert. Der Dialog verkommt mehr und mehr zum Schlachtfeld der Vorurteile. Das Irrationale gewinnt die Oberhand. Und in einem solchen Klima sind kluge und nachhaltige Lösungen nur noch sehr schwer hinzubekommen.

Darum braucht es aus meiner Sicht eine ganz andere Richtung in Deutschland, einen anderen politischen Grundsound. Momentan singen alle mehr oder minder das Lied der AfD. Ich würde mir stattdessen eine Kultur der Achtsamkeit und Solidarität wünschen. Wer es nötig hat, Stimmen mit Angstmacherei einzufangen, der disqualifiziert sich, der entfernt sich von seriöser Politik. Dieses „Geschäft“ sollte man jenen überlassen, die sonst nichts zu bieten haben.

Ich würde mir wünschen, dass man Strategien entwickelt, um die Angst in unserer Gesellschaft abzumildern. Das kann beispielsweise durch Bildung und Aufklärung gelingen, durch die Vermittlung von Bewältigungsstrategien, durch die Förderung von emotionaler Intelligenz. Wir werden uns auf den Klimawandel einstellen müssen, wir werden mit den drohenden Veränderungen leben müssen – genauso werden wir lernen müssen, mit unserer Angst zu leben. Um uns nicht in der Angst zu verlieren. Wir müssen Resilienz entwickeln, Widerstandsfähigkeit. Wir müssen uns der Angst stellen. Und vor allem dieser diffusen Angst, die wir nicht so recht greifen können. Und die uns trotzdem verunsichert. Wir merken deutlich, dass die Welt sich gerade wandelt, wir ahnen schon die Risse, wir erkennen in der Ferne riesige Probleme.
Eine fragwürdige Strategie, solchen diffusen Ängsten zu begegnen, ist aus meiner Sicht übrigens die Ablenkung mit anderen, konkreten und kontrollierbaren Ängsten, die wir uns selbst wählen. Wir schaffen uns giftige Schlangen an und springen an einem Gummiseil hängend 100 Meter in die Tiefe. Und wir haben dabei alles im Griff. Ein schönes Gefühl, derart mächtig zu sein. Das hilft aber nur sehr begrenzt. Und unserer Gesellschaft hilft es gar nicht. Wir müssen stattdessen versuchen, gemeinsam die Ängste einzudämmen. Und das schaffen wir nur mit mutigen, zuversichtlichen Stimmen. Mit Optimismus. Und vor allem mit mehr Zusammenhalt. Der hilft übrigens auch ganz konkret gegen Hass und Hetze. Es ist eine perfide Strategie, neben dem bewussten Schüren von Ängsten, Menschen auch ganz persönlich anzugehen, sie zu bedrohen und zu belästigen. Um sie möglichst mundtot zu machen. Gegen solche Versuche braucht es unbedingt einen breiten und entschiedenen gesellschaftlichen Schulterschluss. Es wäre wirklich schön, wenn sich demnächst mal eine politische Partei in Deutschland vor diesen Karren spannen würde.

Viel Spaß mit dieser Ausgabe, ein fröhliches und entspanntes Weihnachtsfest mit viel Besinnung (trotz allem und gerade deshalb) und schon mal alles erdenklich Gute für das kommende 2024.
Lars Kompa
Herausgeber Stadtkind 

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