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Verein für krebskranke Kinder Hannover e.V. Frederike Ludwig-Lück

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Verein für krebskranke Kinder Hannover e.V. Frederike Ludwig-Lück


Frederike Ludwig-Lück

Verein für krebskranke Kinder Hannover e.V.
Frederike Ludwig-Lück

Ein krebskrankes Kind in der Familie oder im Umfeld zuhaben oder selbst in jungen Jahren an Krebs zu erkranken, ist furchtbar. Die Diagnose ist ein Schlag für alle direkt oder indirekt Betroffenen. Der Verein für krebskranke Kinder Hannover e.V. hilft unermüdlich und mit viel Engagement, damit Familien die schwere Zeit in der Klinik gemeinsam durchstehen können.

Bereits 1984 hat Ulrike Baum den Verein aus einer Initiative von betroffenen Eltern gegründet, die etwas an der allgemeinen Unterbringung und an dem allgemeinen Angebot verbessern wollten. „Wir mussten uns Stühle von zu Hause mitbringen“, erinnert sich eine Mutter – denn damals gab es in den Patientenzimmern nicht einmal Sitzgelegenheiten für Besucher*innen.

Schon bei der Gründung legte der Verein drei Schwerpunkte als Aufgabenfelder seines Engagements fest. Zum einen die Unterstützung im seelischen und sozialen Bereich für krebskranke Kinder und ihre Familien. Zum anderen Hilfe beim Ausbau der technisch-diagnostischen Ausstattung der Kinderklinik der MHH und der Personalstruktur sowie beim Umbau der Kinderkrebsstation. Und als dritten Schwerpunkt hat es sich der Verein nicht zuletzt zur Aufgabe gemacht, die Forschung nach den Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten der kindlichen Krebserkrankungen zu unterstützen.

Seitdem hat sich, dank der Arbeit und dem Engagement des Vereins, viel verändert. „Ein ganz ganz wichtiger Punkt ist das zusätzliche Personal, das wir vom Verein finanzieren können. Das Land Niedersachsen muss die Grundversorgung gewährleisten – die ist aber nicht immer ausreichend“, erzählt Frederike Ludwig-Lück, Geschäftsführerin des Vereins.

Zwei Stationen der Kinderklinik der MHH betreffen den Verein – Station 64A und Station 62. „Viele Kinder kommen nach Hannover – viele aus Niedersachsen, aber auch aus ganz Deutschland. Im Jahr sind es knapp 100 Kinder, die hier stationär aufgenommen werden“, berichtet Ludwig-Lück.

Die Arbeit im Verein wird größtenteils von Ehrenamtlichen erledigt. Der Vorstand, mit seiner Vorsitzenden Bärbel Dütemeyer, bildet den Kern des Vereins – die meisten im Verein engagierten Vorstandsmitglieder waren in der Vergangenheit selbst Betroffene. „Als Elternteil mit einem Kind in so einer Lage kann man die Situation und die Probleme am besten nachvollziehen und man weiß, was wirklich getan werden muss.“

Gemeinsam konnten Projekte wie kostenfreie Elternwohnungen, ein künstlerisches Angebot mit Künstler Rainer Mörk, verschiedene Familienunterstützungen, , eine Sporttherapie, Freizeitscamps, und eine Trauergruppe organisiert werden. Die Mutperlen sind ebenfalls so ein Projekt. „Das ist wie ein Tagebuch ohne Worte. Jedes Kind bekommt für jeden Piks, für jede Behandlung, eine Mutperle. Daraus entsteht hoffentlich eine sehr kurze, aber leider doch oft eine recht lange, Mutperlenkette“, erklärt Ludwig-Lück. Eine sichtbare und fühlbare Hilfe, die Mut machen soll. „Mit zusätzlichen Aktionen auf den Stationen versuchen wir den Kindern den schmerzhaften Klinikalltag erträglicher zu machen und ihnen dabei am liebsten noch ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern.“

Der Verein finanziert sich ausschließlich aus Spenden.. „Es ist die finanzielle Unterstützung, die den Verein ausmacht. Wir haben viele treue Mitglieder, die uns bei unserer Arbeit seit Jahren unterstützen, aber ein Großteil sind Spenden, die bei uns eingehen“, betont Ludwig-Lück. Eigene Spendenaktionen, Geburtstagsspenden oder Kondolenzspenden: „Es ist toll, was für einfallsreiche Ideen unsere Spender haben, um Spenden für unseren Verein zu sammeln. Noch bemerkenswerter ist es zu sehen, was wir als Verein dadurch an die betroffenen Kinder und Familien weitergeben können, um genau da zu helfen, wo die Hilfe am meisten gebraucht wird.“ Der Verein konnte so unter anderem 2014 den Umbau der Station 64A mittragen, sich an den Kosten beteiligen und der Station damit zu einer modernen Ausstattung verhelfen.

Vorstand des Vereins für krebskranke Kinder

Ehrenamtliche Arbeit direkt im Verein gestaltetet sich, abgesehen von der Arbeit im Vorstand, als schwierig. „Das ist total schade, wir haben viele Anfragen von Leuten, die helfen wollen – es darf aber nicht jede*r auf die Stationen. Daran hapert es dann. Das sind Intensivstationen – auch wir dürfen coronabedingt erst seit kurzer Zeit wieder vor Ort sein“, erklärt Ludwig-Lück. Helfen und unterstützen ist wichtig, in diesem Fall aber eher über Spenden. „Wir sind unseren Spendern für jede Spende, die uns unsere Arbeit, den an krebserkrankten Kindern zu helfen, ermöglicht, unendlich dankbar. Denn ohne Spenden wäre unsere Arbeit nicht möglich!“.
● Jule Merx
Unter der IBAN DE86 25050180 0000001560 kann man den Verein und die lebensbedrohlich an Krebs erkrankten Kindern direkt mit einer Spende unterstützen. Mehr Informationen unter

www.verein-fuer-krebskranke-kinder-hannover.de.

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Editorial 2022-07: Über Öffentlichkeit

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Editorial 2022-07: Über Öffentlichkeit


Liebe Leserinnen und Leser,

in dieser Ausgabe habe ich mit Bettina Wulff über „Öffentlichkeit“ gesprochen, und mir ist bei unserem Treffen sehr schnell (und mal wieder) klar geworden, dass die persönliche Begegnung der Schlüssel ist für ein gutes und faires Miteinander. Ich hatte sie natürlich vorher in eine Schublade gesteckt, ich war mir sicher, sie schon ganz gut zu kennen, weil ich so viel gehört hatte. Und dann sitzt da gar nicht die Frau, die ich erwartet hatte. Bettina Wulff hat mich beeindruckt, offen und geradeaus, sehr reflektiert, stellenweise auch ganz schön nachdenklich.

Wieder eine Schublade, die ich zum Sperrmüll packen muss. Und auf der Kippe liegen schon etliche. Natürlich. Man bildet sich sein Urteil in ein paar Sekunden. Mag man jemanden? Mag man jemanden nicht? Wenn man sich entschließt, jemanden zu mögen, und der entpuppt sich im Nachhinein als ganz unangenehmer Zeitgenosse, braucht es eine Weile, bis das durchdringt und man sein erstes Urteil revidiert. Wenn man andersherum jemanden spontan nicht mag, dann kann der noch so nett sein, wir werden sein Verhalten, seine Gesten, seine Worte so interpretieren, dass unser Urteil bestätigt wird. Das mit der Fairness ist also keine so einfache Angelegenheit. Man muss sich immer wieder Mühe geben. Es ist eine Aufgabe.

Leider habe ich den Eindruck, dass die Tendenz momentan allgemein eher zur Gegenrichtung neigt. Man findet kübelweise Hass im Netz – ganz ohne danach gesucht zu haben. Und dieser Hass trifft nicht nur öffentliche Menschen, nicht nur Promis und Stars, dieser Hass kann zunehmend einfach jede und jeden treffen. Ein falsches Wort, ein falsches Bild – und man erlebt den Shitstorm seines Lebens. Im Netz fallen einem all die Schmähungen und Beleidigungen, all die Verwünschungen und Drohungen, selbst Todesdrohungen, offenbar leichter, im Netz lässt man sich eher zum asozialen Verhalten hinreißen. Wenn man sein Opfer nicht direkt erlebt, es womöglich nur als Nickname oder Avatar kennt, wenn man seine Reaktion womöglich gar nicht mitbekommt, wenn all die Beleidigungen und Drohungen ohnehin nicht geahndet werden – was ja kürzlich erst ein Jan Böhmermann eindrucksvoll aufgezeigt hat, dann beleidigt es sich völlig ungeniert. Und im Netz macht sich zugleich jeder und jede etwas angreifbarer, gibt vor aller Welt viel, vielleicht zu viel, von sich Preis. Auch das hat sich ja mit dem Internet geändert, das vielleicht eben tatsächlich noch Neuland für uns alle ist, wie Angela Merkel einmal sagte und dafür sehr gescholten wurde.

Wobei die Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, schon immer mit harter Kritik und gemeinen Schmähungen leben mussten. Und in Zeiten des Internets meistens natürlich noch weitaus inflationärer dran sind. Das zu verstehen, fällt mir schwer. Es muss im Leben der Menschen, die andere derart beleidigen und diffamieren, sehr düster aussehen. Ich bin ein bisschen überfragt bei solchen Menschen. Ich sehe die Dokumentationen über diese Phänomene und rätsele trotzdem. Macht das diesen Leuten wirklich Spaß? Sind das im Netz nur all die Mr. Hydes der normalen Dr. Jekylls um uns herum? Oder sind das Gestalten, denen ihr Treiben auch in der Realität einen ganz großen Spaß beschert? Fehlt mir da vielleicht irgendein Gen? Ich kann es jedenfalls nicht nachvollziehen, ich kann den Antrieb dieser Leute nicht verstehen und finde solche Menschen im Grunde einfach bloß bedauernswert.

Bettina Wulff hat mir ab Seite 50 u.a. erzählt, dass sie sich lange sehr viel hat gefallen lassen. Aber dass es dann irgendwann einfach auch genug war. Sie hat sich sogar mit Google angelegt. Sie hat gekämpft und letztlich hat sie gewonnen. Für sich und für andere. Eine Art der Selbstermächtigung, an der man sich tatsächlich ein Beispiel nehmen kann. Es ist möglich, sich zu wehren. Vielleicht sollten wir uns alle viel mehr wehren. Es wäre unserer Gesellschaft sehr zu wünschen. Und es wäre auch unserer Demokratie zu wünschen. Immer weniger Menschen zieht es in die Politik – wenn man sieht, was die tagtäglich aushalten müssen, ist das gar kein Wunder. Aber was wird aus einer Demokratie ohne Politiker*innn?

Viel Spaß mit dieser Ausgabe!

Lars Kompa

Herausgeber Stadtkind

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Lob des Mainstreams

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Lob des Mainstreams


Ich habe diese Kolumne ja schon öfter für gnadenlose und peinliche Geständnisse benutzt. Irgendwo zwischen stalinistischer Selbstkritik und katholischem Beichtstuhlgespräch. Es nutzt ja nichts zu lügen und sich als klüger und witziger darzustellen als man ist. Auch wenn man das in der Pandemie, in Zeiten von Zoom und Social Media oft erfolgreich vermeiden konnte und kann: Irgendwann begegnet man doch mal echten Menschen auf Achselgeruchdistanz, unterhält sich, interagiert – und schwupps stellen sie fest, man ist viel döfer und langweiliger als man in seinen Texten und Insta-Storys behauptet hat. Und die ganze schöne So-tun-als-ob-erei war für‘n Arsch.

Nun denn, hier mein heutiges Bekenntnis: Ich möchte Mainstream sein. Punkt. Kein Wenn, kein Aber. Ich will sein wie alle. Oder wenigstens wie viele. Aus die Maus.

Das einfach so zu stehen zu lassen und nicht zu relativieren, ist schwer. Schließlich gehöre ich verschiedenen Gesellschaftsgruppen an, die sich vor allem darüber definieren, dass sie eben das nicht sind: Wie die Anderen. Wie die Meisten.

So entstamme ich zwar eher dem Working-Class-Milieu, bin aber durch das Aufstiegsversprechen der 70er-Jahre und die damalige hessische Schulpolitik auf die schiefe Bahn geraten und irgendwie ins Bildungsbürgertum abgerutscht, genauer gesagt in eine besondere Teilmenge dieser Gesellschaftsgruppe: In die Kunst- und Kulturszene. Und dort ist man ja – obwohl man oft irgendwie links und sozial tut – vor allem damit beschäftigt, sich vom RTL2-Proletariat abzugrenzen. Oder als Fan des postdramatischen Diskurs-Theaters – quasi binnenbildungsarrogant – klar zu stellen, dass einen mit dem Spießer-Stadttheater-Abo-Publikum nichts, aber auch gar nichts verbindet. Auch die Pop-Variante dieser kulturellen Selbsterhebung amüsiert mich immer wieder in ihrer Paradoxie: Der Indie-Rock-Anhänger verachtet den Mainstream-Popisten, die Art-House-Cineastin den Actionfilm-Liebhaber etc. pp.

Politisch bewege ich mich in ähnlich vermintem Gelände. Viele Leute, die ich kenne belächeln insgeheim – manchmal auch ganz offen – Menschen, die Mitglieder einer politischen Partei sind. Nicht, dass ich das nicht verstehen könnte – angesichts von Fraktionszwang und Parteidisziplin, angesichts der gestammelten Satzsimulationen von Olaf Dingens, der Herrenreiter-Arroganz des Blackrock-Millionärs Friedrich Merz und Sahra Wagenknechts National-Bolschewismus. Von egozentrischen Krawallschachteln wie Boris Palmer oder gewissenlosen Hals-nicht-voll-Kriegern wie Gerhard Schröder, will ich gar nicht erst reden. Und dennoch …

Sagen wir, wie es ist: Neben vielem Abseitigen und Nerdigem mag ich Taylor Swift und Miley Cyrus, finde dass Phil Collins tatsächlich ein paar große Songs geschrieben hat und dass das Schauen alter „Gilmore Girls“-Folgen keine „guilty pleasure“ ist, sondern veritabler Kunstgenuss. Ich kann sogar – believe it or not – „Law and Order – Special Victims Unit“ vollkommen unironisch gucken. Und ja, jetzt isses auch egal, jetzt sage ich alles: Irgendwas in mir wäre gerne Mitglied der SPD und der evangelischen Kirche. Auch wenn ich nicht an Gott glaube, mir beim üblichen EKD-Kirchentags-Geschwafel übel wird und die Sozialdemokraten in den letzten 30 Jahren fast immer das Gegenteil von dem getan haben, was ich für richtig halte. Aber es bleibt diese vielleicht naive Sehnsucht, das Positive in den Menschen zu sehen und womöglich sogar zusammen mit ihnen an etwas zu werkeln, was zumindest nicht ganz schlecht ist.

Irgendwie schaffe ich es dann aber doch nicht. Das Einzige, was mir irgendwann gelungen ist, war, in den Schriftstellerverband, den VS, einzutreten. Der VS ist immerhin Teil von „ver.di“, und damit Teil des DGB. Ich bin also DGB-Mitglied. Ich bin Gewerkschaftler! Vermutlich dürfte ich sogar Yasmin Fahimi duzen. Immer wenn irgendwo gestreikt wird, denke ich: Das sind wir, Genossen und Genossinnen! Allein machen sie dich ein! Brot und Rosen! Immerhin.

Zu glauben – wie so manche aus den gebildeteren Schichten – ausgerechnet ich wüsste es besser, ausgerechnet ich hätte einen besseren Geschmack als alle anderen, erscheint mir kurz vor der Querdenkerei und QAnon zu sein. Zumindest formal. Und es wird dem Mainstream ja auch nicht gerecht. Der ist ja durchaus vielfältiger als man denkt. Egal ob im SPD-Ortsverein oder bei Netflix. Um es mit Rio Reiser zu sagen, jemandem, der viel Übung darin hatte, sich aus der Sekte der Wissenden herauszusehnen: „Ich bin anders, weil ich wie alle bin und weil alle anders sind.“
Hartmut El Kurdi

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Neu in der Stadt im Juni

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Neu in der Stadt im Juni


stadtmobil erhält Zuwachs:
Lastenräder fester Bestandteil der Sharing-Flotte
Zum Start in die Fahrradsaison haben stadtmobil und der ADFC einen Relaunch des Lastenrad-Verleihs präsentiert. Neue Lastenräder, ein digitales Schloss, das die 24 /7-Ausleihe möglich macht sowie ein neues Design mit neuem Namen machen den Fahrradausleih noch attraktiver.
Damit stehen jetzt insgesamt 50 „stadtradLa” zum Mieten in Hannover zur Verfügung.
Und so funktioniert der Verleih bei stadtmobil:
Interessierte registrieren sich bei stadtmobil Hannover über die Homepage und lassen sich einmalig am Schalter im GVH Kundenzentrum (Karmarschstraße 30/32 in Hannover-Mitte) freischalten.
Nach Erhalt der Zugangsdaten und einer Buchung kann sofort losgefahren werden. Die Anmeldegebühr für den Tarif LASTENRAD kostet 5 Euro, die als Fahrtgutschrift gutgeschrieben wird. Alternativ kann ein Tarif für alle Fahrzeugklassen abgeschlossen werden. Die stadtradLa stehen an festen Standorten, an denen sie ausgeliehen werden können. Vor jeder Fahrt muss ein stadtradLa über die App, die Homepage oder telefonisch gebucht werden.
Die Fahrt wird mit der App begonnen. Das Schloss kann während der Buchungszeit immer wieder über Bluetooth mit der App geöffnet werden. Am Ende der Fahrt wird das stadtradLa zurückgebracht und muss mit der Kette an einem festen Gegenstand angeschlossen werden. Ausnahme sind die E-stadtradLa, die an Ausleihstationen von den jeweiligen Mitarbeiter*
innen herausgegeben werden. Nach einer Buchung erfolgt die Legitimierung hier mit dem Personalausweis. Ein Lastenrad – egal welche Version – kostet einen Euro pro Stunde, maximal zehn Euro am Tag und 50 Euro pro Woche.
Mehr infos: www.hannover.stadtmobil.de

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ey Linda

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ey Linda


Machen wir uns nichts vor, der 25. Mai 2002 war ein schwarzer Tag. Was hatte es vorher für große Hoffnungen gegeben bei uns allen – man hatte sie ja als Favoritin gehandelt. Doch dann dieses Desaster. Corinna May landete beim 47. europäischen Schlager-Grand-Prix in Tallin nur auf dem 21. Platz von 24 Teilnehmerstaaten. Inzwischen sind wir solche Platzierungen ja gewohnt, aber damals war das noch eine echte Katastrophe.
So könnte man den 25. Mai 2002 eigentlich aus den Geschichtsbüchern streichen – wäre da nicht in Hannover Sarah Schröder gewesen, die an diesem 25. Mai 2002 einfach mal ein Ausrufezeichen hinter eine Idee und einen Traum gesetzt hat, indem sie ihren Laden ey Linda eröffnete. Ein schlimmer Tag in Tallin, ein großer Tag für Linden!

Der Laden war damals, vor 20 Jahren, eine ziemlich spontane Idee. Sarah war vielen im Stadtteil bereits bekannt als Floristinnen-Auszubildende im Indigo, sie hatte zuvor ein Französisch-Sport-Lehramt-Studium geschmissen.
Und was macht man nun als 25-Jährige mit einer Floristinnen-Ausbildung? Genau, man eröffnet seinen eigenen Klamotten-Laden, den ersten in Linden-Mitte. Aus den ziemlich maroden
Räumen einer ehemaligen Fahrschule wurde mit viel Liebe, Farbe und Fleiß ein wunderschönes, buntes Elfenparadies mit Wand-Kunst von Valeska und Möbeln von sam nok. Natürlich alles finanziert ohne Bankkredite, denn dass so ein, damals noch einzigartiges Geschäft, in einem Stadtteil wie Linden-Mitte funktionieren könnte, dafür fehlte der Bank dann doch die Fantasie.

Sarah hat diese Fantasie nicht gefehlt. Sie hat im Gegenteil gebrannt für ihre Idee. Und gekämpft. Ein großes Glück für den Stadtteil, denn heute hat sich Linden gemausert zu einer kleinen
Schatzkiste mit vielen inhabergeführten Geschäften und Cafés in den Straßen rund um den Lindener Marktplatz und weit darüber hinaus.
Und was verkauft man bestenfalls in seinem eigenen Klamotten-Laden? Ganz einfach, Kleider, in die man selbst verliebt ist. Sarah ist einfach ihrem Geschmack gefolgt. Noch heute trägt sie am liebsten das, was sie auch in ihrem Geschäft verkauft. Die Schwäne an den Ohren dürfen dabei nie fehlen, die farbenfrohen Clogs sind ebenfalls ein Muss.
Die ersten Kollektionen für ihren Laden besorgte sich Sarah in Paris in unterschiedlichsten Geschäften. Linda, die zierliche, rothaarige Schaufensterpuppe mit den zwei Zöpfen freute sich über hellgrüne, verschnörkelte Frühlingsmode und landete bald darauf mit zarten Flügeln ausgestattet als Libelle im Schaufenster. Ein Blickfang. So auch die Mode. Sarah musste nun alle zwei Wochen nach Paris, um für Nachschub zu sorgen. Das ging ein paar Monate so, bis sie Noa Noa entdeckte. Sie hat sich auf der Stelle in das skandinavische Label verliebt.
Lysgaard, Kaffe, Cream und Pilgrim kamen später hinzu. Und noch ein paar Jahre später folgten die Blutsgeschwister. Dann wurde zwischendurch alles ein bisschen größer, ein zweites Geschäft auf der Lister Meile öffnete die Türen, später der Noa Noa Shop. Heute ist Sarah aber glücklich zurück in Linden, back to the roots, wo auch der Ableger ey Linda Outlet entstand, die erste Adresse für umwerfende Schnäppchen mit Teilen aus der vergangenen Saison bis 50 Prozent reduziert. Schon fast so lange wie ey Linda existiert übrigens auch die Website www.eylinda.de.

Zuerst hat Sarah für die Präsentationen auf der Seite noch Puppen dekoriert, dann aber kam sie auf die Idee, die feinen Lieblingsstücke Freundinnen und Mitarbeiterinnen anzuziehen. Auch Sarah selbst war und ist bis heute gerne Model in eigener Sache. Und der Spaß, den alle bei den Shootings haben, ist auf den vielen Fotos ganz offensichtlich. Überhaupt ist die Stimmung im Geschäft entspannt und locker. Sarah schwärmt von ihrem Team.
Und natürlich von ihrem Angebot. Es sprudelt dann regelrecht aus ihr heraus. In dieser Saison hat sie auch ein paar knallige kleine Kollektionen für Mädels. Von Cissi och Selma aus Schweden und von blutsgeschwister gibt es Kleider, Jumpsuits, Leggings und Shirts. Und Shirts mit Bienchen, bee nice, mit denen beim Kauf für die Bienen gespendet wird. Für die Damenwelt reicht das farbenfrohe, blumige Sortiment von Kopf bis Fuß: Haarbänder, Mützen, Tücher, Schals, durchgeknallte Ohrringe (die Schwäne), Shirts, Basics und Cardigans en masse in allen  Farben, die das Herz begehrt, mit oder ohne Lochmuster, ⁄ oder Langarm, V- oder Rundausschnitt, kurz oder lang, Hemden, Blusen, Tops, Tuniken, viele, viele wunderschöne Kleider und Röcke, bequeme Leggings mit oder ohne Print, Hosen z.B. Culottes, Schlaghosen, Jeans, Strumpfhosen, herrliche Jumpsuits, Wäsche, Bikinis, Gürtel, Strümpfe ohne Ende, alles in XS bis XL, manches auch größer. Und natürlich Clogs von Grünbein, von denen Sarah behauptet, dass man mit ihnen läufst wie auf Wolke 7.
Ob das stimmt? Wer es ausprobieren möchte, ist herzlich willkommen! 
ey Linda
Stephanusstraße 23, 30449 Linden
Mo – Fr 11 – 14 und 15 – 18.30 Uhr, Sa. 11 – 14 Uhr
Tel. 0511 – 54 35 35 32, kontakt@eylinda.de
www.eylinda.de

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Editorial 2022-06: Über Wohlstand

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Editorial 2022-06: Über Wohlstand


Liebe Leserinnen und Leser,

es lag natürlich nahe, nach dem Thema „Armut“ in der Ausgabe Mai, in dieser Juni-Ausgabe das Thema Wohlstand ein bisschen näher zu beleuchten.
Gesprochen habe ich darüber mit Dr. Athanasios Karathanassis, sein Hauptarbeitsfeld ist die Kritische Politische Ökonomie. Er beschäftigt sich also unter anderem mit den Hintergründen von Armut und Reichtum, mit den Krisen im Kapitalismus und mit der Rolle der Natur in einer auf maßloses Wachstum abzielenden Ökonomie. Und inzwischen stellt er zusätzlich auch die Frage nach grundsätzlichen gesellschaftlichen Alternativen.
Ich sage es besser gleich, der Kapitalismus kommt nicht besonders gut davon in unserem Gespräch. Im Gegenteil. Er scheint mehr Problem als Lösung zu sein. Man kommt tatsächlich sehr ins Grübeln, vor allem in diesen Zeiten.

Die Diskrepanz zwischen Wohlstand und Moral ist momentan sehr offensichtlich. Deutschland ist gespalten bei der Frage, ob man weiter russisches Gas und Öl importieren soll. Finanziert man so nicht sehr direkt den Krieg in der Ukraine? Aber wenn wir nun verzichten, fügen wir dann nicht unserer Wirtschaft auf der anderen Seite einen riesigen Schaden zu, der sich in den nächsten Jahren sicher nicht reparieren lässt?
Was ist dann mit unserem Wohlstand?
Aus der Wirtschaft und auch aus den Parteien hören wir Schreckensszenarien. Natürlich, ein vollständiges Embargo würde große Teile unserer Wirtschaft hart treffen. Aber wenn wir mit einem Embargo helfen können, den Krieg in der Ukraine schnell zu beenden, muss es uns das nicht Wert sein? Wie gesagt, Deutschland ist wie selten geteilter Meinung, übrigens auch bei der Frage zur Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine.
Ich würde es sehr spannend finden, die jeweiligen Hälften abzugleichen mit den jeweiligen Vermögensverhältnissen auf beiden Seiten. Und ich wage mal eine steile These: Ich glaube, all jene, die eher wenig haben, befürworten ein Embargo und die Lieferung schwerer Waffen. Und je besser die Vermögensverhältnisse sind, desto größer wird das Unbehagen angesichts solcher Schritte. Wer mehr hat, hat eben mehr zu verlieren. Und die Menschen in Deutschland haben viel zu verlieren. Zumindest vergleichsweise.

Wir leben in einem relativen Wohlstand, verglichen mit anderen Ländern. Aber haben wir auch ein gutes Leben, sind wir entspannt und zufrieden, sind wir glücklich? Was verteidigen wir da eigentlich für einen Wohlstand?
Ich habe nicht den Eindruck, dass wir besonders glücklich sind. Und ich habe ehrlich gesagt immer weniger diesen Eindruck. Mir kommt im Gegenteil unsere Gesellschaft angespannt und abgehetzt vor, müde, erschöpft. Alle rennen um die Wette, kaum jemand scheint anzukommen. Fast alle haben Angst um ihre Existenz, Corona hat deutliche Spuren hinterlassen.
Und nun noch dieser Krieg.
Und die Inflation. Die drohenden wirtschaftlichen Folgen. Ohne Frage, unser Wohlstand ist massiv bedroht. Wir bangen um unsere Ersparnisse. Wir haben Angst. Eben noch hat sich alles halbwegs sicher angefühlt, eben noch waren unsere kleinen Geldspeicher ganz gut gefüllt und nicht in Gefahr, nun merken wir, dass wir global gesehen schon eine ganze Weile an der Kante balancieren. Unsere Welt ist plötzlich fragil.
Und es sieht nicht so aus, dass eine Rückkehr in ruhigeres Fahrwasser möglich ist. Zumal wir auf die Krisen unserer Zeit aus meiner Sicht mit den Ideen aus dem vergangenen Jahrhundert reagieren. Wir bewaffnen uns wieder bis an die Zähne und Christian Lindner ist überzeugt, dass Wachstum und Innovation am Ende alles zum Guten wenden werden.
Zum Guten für wen?
„Im Jahr 2016 besaßen die 62 reichsten Menschen der Welt mehr als die ärmere Hälfte der Welt. Und auch in Deutschland ist diese Entwicklung nachweisbar: Nach Angaben der Europäischen Zentralbank von 2017 besaßen die reichsten zehn Prozent in Deutschland 60 Prozent des gesamten Vermögens. Die reichsten 45 Deutschen besaßen vermutlich mehr als 50 Prozent. Und das mit steigender Tendenz“, diese Zahlen höre ich von Dr. Karathanassis in unserem Gespräch.
Ja, irgendwas läuft hier schief und gewaltig aus dem Ruder. Ich denke, es ist höchste Zeit, dass wir uns endlich die richtigen Fragen stellen. Ich glaube, wir müssen den Begriff Wohlstand ganz neu definieren, ihn mit neuen Inhalten füllen, ich glaube, wir sind unterwegs auf diversen Holzwegen. Ich bin davon schon eine ganze Weile überzeugt, nach meinem Gespräch mit Dr. Karathanassis bin
ich (leider) noch überzeugter. Und noch skeptischer beim Thema Kapitalismus.
Dazu hier an dieser Stelle zuletzt noch ein paar Sätze von Dr. Karathanassis, über die es sich aus meiner Sicht nachzudenken lohnt:
„Es war nie Absicht dieser Form der Ökonomie, für Gerechtigkeit und eine Bedarfsdeckung der Bevölkerung zu sorgen. Für die Sieger einer sich universalisierenden Konkurrenz ist Kapitalismus ein privater Segen. Der Reichtum der Global Player, beziehungsweise multinationaler Konzerne hat astronomische Höhen erreicht. Für den überwiegenden Großteil der Menschheit sind die Folgen des Kapitalismus aber nicht Wohlstand und Emanzipation, sondern Härte, Überlebenskampf und Naturzerstörung.“
Das ganze Gespräch ab Seite 52.
Viel Spaß mit dieser Ausgabe!
Lars Kompa
Herausgeber Stadtkind

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