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Ein offener Brief an Heidi Klum

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Ein offener Brief an Heidi Klum


Liebe Heidi,
genial! Männer! Wie naheliegend. Da hätte man auch schon früher drauf kommen können. Aber klar, manchmal fällt der Groschen halt später. Passiert. Und alles braucht ja auch seine Zeit. So etwas muss sich entwickeln. So eine Show muss reifen und gleichzeitig mit der Zeit gehen, wenn sie groß bleiben will. Dann braucht es zwischendurch mehr Drama und mehr Diversity und Curvy Models und Best-Ager. Und jetzt kommen die Männer. Statt Curvy Models und Best-Agern, versteht sich. Man darf eine Show ja auch nicht überfrachten. Du weißt das. Du kennst dich aus. Du machst diese Show seit 2006. Du kennst alle Tricks. Und jetzt Männer! Kreisch! Genial! „Es sind heiße Boys dieses Jahr dabei.“

Wir baden geradezu in Vorfreude. Das wird die geilste Show ever. Weil ja jetzt noch Sex mit reinkommt. Irgendein Pärchen wird sich finden. Und irgendjemand wird eifersüchtig sein. Das kann man im Zweifel auch alles wunderbar skripten. Und vielleicht lässt du dich ja auch hinreißen, liebe Heidi, und kneifst im Vorbeigehen mal in den einen oder anderen Knackhintern. Warum nicht? Das wäre doch bestimmt ein quotenträchtiger Skandal. Und Tom würde es dir bestimmt nachsehen. Ihr müsst ja auch ein bisschen an die Kohle und an später denken. Aber vielleicht reicht es auch, wenn ein paar deiner Models übereinander herfallen.

Ob es wohl dazu kommen wird? In irgendeiner Besenkammer. Und dann: erwischt! Voll drauf die Kamera. So richtig Porno. Es wäre schon enttäuschend, wenn das nicht passiert. Klar, es wird auch ohne Sex wieder jede Menge Anlässe für ausgiebige Lästereien geben. All die schönen Gesichter werden sich zwischendurch verzerren zu hasserfüllten, eifersüchtigen, gierigen, neidischen Fratzen. Diese Show wird wieder all das Gute zeigen, was in uns Menschen steckt, aber eben auch all das Böse und Abgründige. Aber mit einer Prise Sex wäre das alles noch viel schöner, oder? Denk mal drüber nach, Heidi. Falls es nicht sowieso schon im Skript steht, dann los! Und vielleicht gelingt ja sogar der ganz große Coup. Sind eigentlich Kondome zugelassen? Böser Fehler. Wäre doch der Hammer, wenn nach der Staffel das erste GNTM-Baby geboren wird.

Hach, wir freuen uns! Diese Staffel wird bestimmt krass. Was man jetzt so alles anstellen könnte. Wie wäre es mit ein paar Anspielungen auf alte Vorwürfe. Die Models könnten sich beispielsweise gegenseitig die Füße mit Öl massieren. Das würde wahrscheinlich auch die Sex-Geschichte befördern. Und dann müssten sie alle danach auf den Laufsteg. Das wäre ein Spaß. Es braucht unbedingt ein paar vertrauensvolle Ansprechpersonen für die Models. Denen können sie dann verraten, wer wen heiß findet, und das können die vertrauensvollen Ansprechpersonen dann dem jeweils anderen stecken. Auf dass es richtig knacken möge. Und dann kommt das Nacktshooting. Wer braucht eigentlich Weihnachten, wenn demnächst so ein Fest vor der Tür steht. Die Mädels müssen dann die Jungs anmachen, sie müssen sich im Wasser räkeln und du wirst sie dabei anfeuern: „Mach ihn heiß mit deinem Blick!“ Ob da jemand eine Erektion bekommen wird? Das wäre im wahrsten Sinne des Wortes der Oberhammer!

Wir sind dir so dankbar, liebe Heidi. Man hat dich so sehr angefeindet in den vergangenen Jahren, du bist als herzloses, geldgeiles Monster diffamiert worden, aber du hast dich nicht beirren lassen. Du bist immer positiv geblieben und hast einfach weitergemacht. Um für uns die bestmögliche Unterhaltung zu kreieren. Und diese 19. Staffel schreit danach, in die Geschichte einzugehen. Männer! Genial!

Wir sind schon ganz gespannt, was du 2025 zur 20. Runde aus dem Hut zaubern wirst. Wie wäre es mit Menschen, die sechs Finger haben oder sechs Zehen? Oder warte, Menschen ganz ohne Haar. Die sehen dann alle aus wie Crashtest-Dummies. Oder vielleicht nur lesbische und schwule Models. Oder nur Models, die im Rollstuhl sitzen. Oder nur Schwarze Models. Oder Models, die einen Hund haben und dem möglichst ähnlich sehen. Oder warte, wie wäre es mit Schwarzen lesbischen oder schwulen Menschen, die sechs Finger oder sechs Zehen plus einen Hund haben und im Rollstuhl sitzen? Das wär’s doch. Vielleicht könnten das auch blinde Menschen sein. Und/oder taube Menschen. Oder du nimmst einfach wieder Männer. Vielleicht Männer, die in einem früheren Leben in Pornos mitgespielt haben. Und dazu werden dann endlich wieder 16-jährige Models zugelassen. Das war eh Altersdiskriminierung.

Ach egal, wir verlassen uns ganz auf dich. Du bist Miss Mastermind, dir wird schon was einfallen.

GAH

Foto: Melanie / Pixabay.com

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El Kurdis Kolumne im März: mein erstes Mal

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El Kurdis Kolumne im März: mein erstes Mal


Ich möchte nicht missverstanden werden: Poetry-Slam ist ein absolut begrüßenswertes Phänomen! Junge Menschen schreiben, lesen vor, hören zu – was will man mehr in Zeiten wie diesen, in denen 25 Prozent der deutschen Grundschüler*innen Probleme mit Buchstaben und Sätzen haben. Im Ranking der IGLU-Studie liegen wir damit nicht nur, wie zu erwarten war, hinter Hongkong, Norwegen, Dänemark und Singapur, sondern auch hinter Russland, Macau und Österreich!

Insofern: Gelobt sei die Jugend, die sich in der Kulturtechnik des Lesens und Schreibens übt, die Lyrik und Prosa produziert, die mit Worten spielt. Alles gut. Sicher, man fragt sich, warum alle Texte immer im gleichen künstlichen Slam-Singsang vorgetragen werden müssen, und wer diesen wann auf welcher Bühne erfunden hat – aber okay, genauso könnte man fragen, wieso circa 62,7 Prozent der Kulturwissenschaftsstudentinnen einen Micro-Pony kurz unterm Haaransatz tragen oder warum irgendwer glaubt, Süßkartoffel-Pommes wären ein guter Ersatz für Standard-Fritten. Oder gar ein kulinarischer Fortschritt.

Als ich anfing, auf Bühnen vorzulesen, war diese Form der Text-Darbietung noch nicht erfunden. Ich gehöre zur „Lost Generation“: Zu jung für „Social Beat“, zu alt für „Poetry Slam“. Ich bin quasi zwischen die Zeit-Sofapolster gerutscht. Wie schon zuvor, als ich zwischen die Fronten von Progrock und Punk geriet. Oder politisch in die Twilight-Zone zwischen K-Gruppen und Grüne. Nur für eine Sache befand ich mich zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort: Für die Ausstrahlung einer Sitcom über einen abgestürzten Außerirdischen mit Katzenappetit. Das ist die einzige Generationen-Community, in die ich mich ohne Bedenken einordnen würde: Die „Generation ALF“. Weswegen ich in meinem Kopf bis heute vieles im Tonfall und mit der Stimme von Tommy Piper kommentiere. Aber darüber rede ich nur mit meiner Therapeutin.

Dennoch dachte ich vor einiger Zeit: Einmal muss ich das machen. Einmal in meinem Leben muss ich an einem Poetry-Slam teilnehmen. Also ging ich ins Kulturzentrum meines Vertrauens, ließ mich auf die Liste setzen und enterte den Backstagebereich. Als ich den Raum betrat, hörten alle auf zu reden und schauten mich an, als sei ich der Rektor, der unangekündigt im SV-Raum erscheint, um zu kontrollieren, ob da nicht vielleicht gekifft wird.

Ich sagte: „Hallo, ich bin Hartmut, ich lese heute auch.“ Die Gesichter entspannten sich. Die Gespräche wurden fortgesetzt. Um mich herum. Mit mir wurde nicht geredet. Vermutlich aus Respekt vor dem Alter. Vielleicht hatten sie auch Angst, ich würde Sütterlin oder Fraktur sprechen. Keine Ahnung. Irgendwann erbarmte sich eine junge Frau und sprach mich auf meine „Vintage-Freitag-Tasche“ an: „Die ist doch bestimmt 20 Jahre alt?“ In meinem Empfinden hatte ich sie mir erst vorgestern gekauft. Bei einem Basel-Besuch. Dann fiel mir ein, dass der Grund für den Besuch eine Lesung gewesen war, zu der mich mein Freund Mazze, damals Dramaturg am dortigen Stadttheater, eingeladen hatte. Es musste also 2002/2003 gewesen sein. „Ja, kommt ungefähr hin“, antworte ich. Sie nickte anerkennend. „Ey, wenn du die mal verkaufen willst …!“ – „Im Moment nicht, aber klar, dann sag ich Bescheid!“

Mein Auftritt rückte näher. Wahrscheinlich wirkte ich etwas nervös. Zumindest sprach mich ein anderer Teilnehmer – „Finn“, so Anfang zwanzig – freundlich und in vermutlich beruhigender Absicht an: „Bist Du aufgeregt? Ich hab Dich noch nie bei einem Slam gesehen“. – „Ist auch mein erster.“ – „Cool, neulich war ich bei einem Slam in Osnabrück, da war einer, der war siebzig oder so. Finde ich krass, wenn man das in dem Alter noch probiert.“ Ich nickte. Ich fands auch krass.

Ich zog meinen Text aus meiner „Vintage-Freitag-Tasche“. Finn zeigte auf die Blätter. „Ich mache meine Texte immer auswendig. Das würde ich dir auch empfehlen. Da ist man lockerer und viel freier.“ – „Nee klar“, sagte ich und beschloss meine Rolle als Senioren-Slammer noch auszubauen, „aber weißte, das Gedächtnis …“ – „Verstehe“, antwortete Finn „vorlesen geht natürlich auch“. Er gab mir dann noch ein paar Tipps für meine Performance, über den Umgang mit dem Publikum, den Sinn und Unsinn von Pausen und noch einiges mehr. Schließlich war er schon mindesten eineinhalb Jahre im Business. Ich bedankte mich höflich. Und dann ging ich auf die Bühne und las vor, wie ich eben so seit über 30 Jahren vorlese.

Ich wurde Vorletzter. Ich hätte mal lieber auf Finn – den souveränen Sieger des Abends – hören sollen.

 

Hartmut El Kurdi

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Neu in der Stadt: KeQ Eismanufaktur

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Neu in der Stadt: KeQ Eismanufaktur


Etwa jeder Zehnte in Deutschland ernährt sich vegetarisch oder vegan, Tendenz steigend.
Der Verzicht auf Fleisch ist beiden gemein, doch Veganer verzichten zusätzlich auf alle tierischen Produkte und damit auf viele Lebensmittel, von denen der Nichtveganer nicht bedenkt, dass sie auch tierische Produkte enthalten.
So zum Beispiel Eis: Auf Milchprodukten basierend, ist in vielen Eisläden das einzige vegane Angebot das Sorbet. Lecker, ohne Frage, aber für viele nicht zu vergleichen mit leckerem, cremigem Eis – so auch für das Team der KeQ Eismanufaktur.
Ihr handgemachtes Eis besteht aus Milchalternativen: Hafermilch ist ebenso eine Basis wie Lupinen Lughurt. Für Fruchteis verwendet das KeQ-Team regionales Obst, oft auch aus der „2. Wahl“. Überhaupt nutzen die KeQ-Eismacher regionale Produkte, wo es nur geht; überregionale Zutaten beziehen sie aus sozialen und nachhaltigen Projekten direkt vom Erzeuger und nur zur Saison.

Damit leisten sie nicht nur einen Beitrag zur kulinarischen Vielfalt in Hannover, sondern auch zum Umweltschutz und zur bewussten, gesunden und nachhaltigen Ernährung.
Und wer auf seinem Event leckeres veganes Eis anbieten möchte, kann das Eisfahrrad der KeQ Eismanufaktur mieten.

Am 23. März eröffnet die KeQ Eismanufaktur im Lola Loseladen. Dies ist kein Zufall, steht der Loseladen doch für Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein – damit identifiziert sich auch das Team der KeQ Eismanufaktur.
Lola Südstadt, Stephansplatz 13, 30171 Hannover.
Mo-Do 10-19 Uhr, Fr 09-19 Uhr, Sa 10-16 Uhr.
https://eismanufaktur-keq.de
https://www.facebook.com/Eismanufaktur.keQ

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Neu in der Stadt: VAUND Watch Corner

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Neu in der Stadt: VAUND Watch Corner


Mehr stationäre Sichtbarkeit für innovative Uhrenmarken

Für unabhängige Uhrenmarken ist es oft eine Herausforderung, im klassischen Uhrenfachhandel gelistet zu werden. Doch der reine Direktvertrieb über das Internet ersetzt die stationäre Präsenz nur bedingt. Denn ge­rade Modelle im höherpreisigen oder Luxussegment wollen Uhrenliebhaber*innen erst am eigenen Handge­lenk testen, bevor sie eine Kaufentscheidung treffen. Um diesen Marken mehr Sichtbarkeit in der stationären Welt zu schaffen, startet der Erlebnis-Shopping-Spezialist VAUND in seinem Flagship-Store in Hannover unter dem Namen „VAUND Watch Corner” eine eigene Präsentationsfläche für Uhren. In 60 x 40 Zentimeter gro­ßen Vitrinen können die Hersteller ihre Modelle in Szene setzen. Sechs Brands konnte VAUND zur Eröff­nung bereits überzeugen: Bavarian Watch, Belchengruppe, Findeisen, FineWatchesBerlin, Heinrich und Sphaera. Alle sechs sind bislang im klassischen Uhrenfachhandel kaum oder gar nicht erhältlich. Zur „VAUND-Watch-Corner”-Eröffnung werden alle Firmeninhaber*innen persönlich vor Ort sein, um ihre Mar­ke zu repräsentieren und Uhrenliebhaber*innen persönlich zu beraten. Nach einem erfolgreichen Testlauf in Hannover will VAUND seine Präsentationsfläche für Uhren auch auf seine Shop-in-Shop-Flächen ausdeh­nen. Aktuell betreibt das Unternehmen neben dem eigenen Flagship-Store in Hannover Verkaufsflächen bei CJ Schmidt in Husum, Dodenhof in Posthausen, Engelhorn in Mannheim, Lodenfrey in München, L&T in Osnabrück, Mein Fischer in Leipzig oder Reischmann Mode in Kempten.

VAUND Watch Corner wurde am 2. März eröffnet.
https://vaund.de/store-hannover/
Georgstrasse 14
30159 Hannover
Tel: +49 (0) 511 228 790 – 01

Belchengruppe, BWG, Sphaera, Findeisen, Heinrich Watches und FWB (von li. nach re.): Sechs unabhängige Uhrenmarken bilden den Auftakt für den VAUND Watch Corner,

 

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Neu in der Stadt: Off to new Adventures!

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Neu in der Stadt: Off to new Adventures!


Gerade in einem Alltag, in dem ständige Erreichbarkeit gefordert wird, war Off-sein nie wichtiger als jetzt. Unter diesem Motto eröffnet die Campervermietung „Off“ einen neuen Standort in Varen­heide und ermöglicht so Campingtrips und Vanlife nun erstmals auch ab Hannover. „Off“ vermietet Cam­pervans, Kastenwägen und Wohnmobile für Wochenenden in den Bergen oder Familienurlaube am Meer. Bei „Off“ geht es darum, Momente in der Natur zu genießen, Zeit mit Freund*innen zu ver­bringen und Erinnerungen zu schaffen, die bleiben. 2016 gegründet, entsprang „Off“ der Mission, Reisemomente des Vanlifes für mehr Menschen zugänglich zu machen. Unter dem Namen „Camper­Boys“ wuchs das Unternehmen schnell zu einem vielfältigen Team, was 2023 zu einem Rebranding in den Namen „Off“ führte. Inzwischen ist „Off“ ein Travel-Unternehmen, das über die Campervermietung hinaus individuelle Routenplanung durch den „Off Guide“ anbietet. Mit der Entwicklung des Camper Abos geht Vanlife jetzt auch mit Mieten im Monatsformat. Auch für das eigene Zuhause auf Rädern können Camper bei „Off“ gekauft werden. Die „Off“-Station in Hanno­ver wird der 10. Standort in Deutschland und ergänzt so die bisherigen Städte München, Hamburg, Berlin, Stuttgart, Düsseldorf, Frankfurt, Nürnberg, Halle und Weilheim an der Teck. Die Erweiterung um den neuen Standort ist dabei ein echter Gewinn: In 3-5 Stunden erreicht man von Hannover aus beinahe alle deutschen Nachbarländer.

„Off“ wird am 15. April eröffnet.
Mehr Infos auf www.off-campers.com.

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Editorial 2024-03

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Editorial 2024-03


Liebe Leser*innen,

der 8. März rückt näher, bald feiern wir den Internationalen Frauentag – wobei vielen Frauen nach feiern gar nicht so recht zumute sein dürfte. Wir werden die üblichen, kämpferischen Reden hören, darüber, dass alles dringend noch viel besser werden muss und dass sich nun aber wirklich alle demnächst die größte Mühe geben werden. Versprochen! Und am 9. März kehren wir dann alle gemeinsam zurück in die Realität.

Die sieht leider noch immer nicht wirklich gut aus. Im Gegenteil. Weltweit erleben wir derzeit in vielen Ländern eher ein Rollback. Von Gleichberechtigung weit und breit keine Spur, Frauen dürfen vielerorts gerne Mütter sein, gute Köchinnen und Putzfrauen, willige Dienerinnen, aber mehr auch nicht. Sie werden entrechtet, sie bekommen keinen Zugang zu Bildung und politischer Teilhabe, sie werden misshandelt, missbraucht und umgebracht. Keine guten Voraussetzungen für eine Party am 8. März.

Und wir müssen gar nicht über den Iran sprechen, über Afghanistan, über die vielen Länder, in denen Frauen Menschen zweiter Klasse sind. Wir können in Deutschland bleiben. Denn auch bei uns ist nach wie vor sehr viel im Argen. Frauen werden noch immer für die gleiche Leistung schlechter bezahlt, Frauen werden als Unternehmerinnen nicht ernst genommen, Frauen wird gerne mal der berufliche Aufstieg in höhere Positionen verwehrt, wenn Frauen Kinder bekommen, leidet meistens die Karriere und unterm Strich sind sie häufig sehr allein mit allen damit verbundenen Aufgaben. Frauen werden diskriminiert, ausgenutzt, unterschätzt, geschlagen, gequält und Schlimmeres. Da ist noch so viel krumm, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll. Echte Gleichberechtigung? Fehlanzeige! Jede Stunde werden bei uns 13 Frauen Opfer von häuslicher Gewalt. Jede dritte Frau hat schon mal körperliche und/oder sexualisierte Gewalt erlebt. Alle drei Tage wird eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Und es wird nicht besser. Nach meinem Eindruck verkehrt sich die Entwicklung stellenweise sogar ins Gegenteil, ich bemerke bei vielen jungen Menschen zunehmend wieder ein eher konservatives Rollenverständnis, das an die 1950er-Jahre erinnert.

Diese letzten Sätze habe ich übrigens von mir selbst abgeschrieben, aus einem Grußwort im Frauenbranchenbuch, das im vergangenen Jahr erschienen ist. Und besagtes Grußwort habe ich wiederum teilweise von mir selbst abgeschrieben aus einem älteren Text zur Gleichberechtigung im Stadtkind. Und ich bin mir sicher, wenn ich in fünf oder zehn Jahren einen weiteren Text schreibe zum Stand der Gleichberechtigung in Deutschland, dann geht das wieder ganz einfach mit Copy-and-paste. Leider.

Mein Text im Frauenbranchenbuch ging noch ein bisschen weiter: Für mich geht es beim Thema Gleichberechtigung ganz grundsätzlich um Augenhöhe, um Wertschätzung, um Respekt. Respekt, den viele Männer offensichtlich nicht haben. Und den Frauen laut und deutlich einfordern sollten. Es geht aber auch um Respekt, den Frauen gegenüber sich selbst empfinden sollten. Es geht um Selbstermächtigung. Es geht darum, alte Muster aufzubrechen und Rollen zu hinterfragen …

Das Thema Gleichberechtigung ärgert mich seit Jahren maßlos. Wir leben im 21. Jahrhundert, dieses Thema dürfte längst keines mehr sein. Aber die Ungerechtigkeiten halten sich hartnäckig. Es geht mal ein paar Schritte in die richtige Richtung, aber dann auch wieder ein paar Schritte zurück. Und plötzlich sind sie wieder da, Geschlechterstereotype, die das Verhalten und die Chancen von Frauen und Männern nachhaltig beeinflussen. Was beispielsweise auf TikTok verbreitet wird, spottet jeder Beschreibung. Es hat mich in den Fingern gejuckt, in dieser Ausgabe zum Weltfrauentag einen Text beizusteuern, in dem ich unter anderem auch über Emanzipation und Feminismus diskutieren wollte. Ich gehe da vieles mit, sehe aber manches auch sehr skeptisch. Okay, vielleicht ist es beispielsweise gut, für Frauen Safe Spaces zu schaffen. Vielleicht ist es gut, wenn Männer hin und wieder draußen bleiben müssen. Aber die eigentliche Frage ist doch, was in den Köpfen passieren muss, damit solche Schutzräume gar nicht erst nötig werden. Schafft man mehr Gleichberechtigung, indem man gegen die Männer kämpft, oder gelingt das besser, wenn man sie mitnimmt? Und welche Rolle spielen eigentlich die Frauen bei der Weitergabe von Geschlechterstereotypen? Sie erziehen ja die Männer von morgen und haben die Männer von heute erzogen. Klar, auch das ist ein Problem, Frauen und Männer sollten eigentlich gleichberechtigt für ihre Kinder Sorgen. Aber die Realität ist halt noch eine andere. Was allerdings eventuell auch eine Chance ist. Denn damit haben die Frauen es aus meiner Sicht tatsächlich ein Stück weit selbst in der Hand. (Ich weiß schon jetzt, dass ich für diese steile These Ärger bekommen werde.)

Wie gesagt, es hat mich gejuckt. Aber dann hat mich Ayda Kırcı angerufen und gefragt, ob ich nicht in der März-Ausgabe ein paar Frauen zu Wort kommen lassen will. Und ich wollte (nach der Einsicht, dass es vielleicht gar nicht schlecht ist, als älterer weißer Mann stellenweise auch einfach mal die Fresse zu halten). Ab Seite 50 finden sich in dieser Ausgabe darum nun neun Beiträge von Frauen, neben Ayda haben Hanna Naber, Christina von Saß, Petra Bahr, Laura Berman, Gwendolin von der Osten, Sabine Busmann, Djenabou Diallo-Hartmann und Mona Manon Sandhas ihre Gedanken beigesteuert. Dafür ein großes Dankeschön!

Viel Spaß mit dieser Ausgabe!

Lars Kompa
Herausgeber Stadtkind

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