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Stadtkinder essen: Meteora

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Stadtkinder essen: Meteora


Meteora

Seit geraumer Zeit schon befindet sich an der Ecke Celle Straße und Hamburger Allee das griechische Restaurant Meteora. Eins der wenigen Restaurants, das nicht mit Schlagzeilen wie „der etwas andere Grieche“ wirbt, was uns das Lokal per se sympathisch macht. Auch sympathisch: Das Restaurant ist eigentlich voll. „Doch, doch, kommt rein, wir haben noch Platz für euch!“

Durch gemütlich beleuchtete und toll dekorierte Räumlichkeiten (zum Beispiel beleuchtete Ouzo-Flaschen und ein Patchwork aus leeren Olivenölkanistern) werden wir an den Platz geführt. Jede der Servicekräfte ist sehr freundlich und aufmerksam, man nimmt sich Zeit für uns, erklärt Weine und Gerichte. Wir bestellen uns als Vorspeise eine Portion Fava (Mus aus weißen Bohnen mit karamellisierten Zwiebeln, 5,40 €). Ob etwas Brot dazu gereicht wird? Aber ja, nickt der Kellner.
Oh, wir Unwissenden! Denn noch ehe das Fava uns an den Platz gebracht wird, kommt der Kellner wieder. Mit einem großzügig gefülltem Korb selbstgemachtem Brots, zwei Mitteltellern sowie einem Teller mit Olivenpaste. Auf letzteren träufelt er Olivenöl aus der auf dem Tisch stehenden Flasche und schneidet mit der Schere etwas frischen Oregano vom Strauch darauf. Dann serviert er uns zwei Aperitif (Ouzo mit Weißwein gemischt – schmeckt wie ein Wermut mit Anisnote, sehr lecker!) und überrascht uns mit folgendem: „Dort drüben steht unser Salatbüffet, daran bedient ihr euch bitte, wie ihr mögt!“
Dass es zu unseren Hauptgerichten eine Salatbeilage gibt, haben wir ja gelesen, aber dass wir sie selber zusammenstellen dürfen? Toll! Die Salatbar wartet mit zwei Dressings auf, dazu gibt es Croûtons, Gurke, Tomate, Blattsalate, marinierten Sellerie, rote Beete, geriebene Möhren, Oliven und Krautsalat – alles ist sehr frisch.
In der Zwischenzeit wird auch unser Fava serviert. Es ist warm, bohnig – sofern das ein Wort ist – und herrlich buttrig. Wir können uns die gelbe Farbe nicht erklären, tippen aber auf Muskatkürbis, was die feine Marcis-Note erklären würde. Die karamellisierten Zwiebeln sind etwas knapp bemessen, aber wirklich perfekt gemacht.
Kaum haben wir unsere Begeisterung darüber in den Griff bekommen, werden auch schon die Hauptgerichte serviert. Der Meteora-Teller (20,90€) bietet unterschiedliche Fleischsorten: Bifteki (ein mit Schafskäse gefülltes Hacksteak), Souvlaki (Schweinefleisch am Spieß), Pfannengyros, Lammkotelett und Hähnchenbrust.
Jedes Fleisch ist unterschiedlich gewürzt und auf den Punkt gegart. Das Lamm ist rosa, das Hähnchen saftig, das Gyros ist knusprig – nichts davon ist trocken oder fad. Dazu gibt es ein paar Pommes, etwas Tomatenreis, gegrilltes Gemüse und das wohl gehaltvollste Zaziki überhaupt (man schmeckt den griechischen Joghurt deutlich durch).
Außerdem gibt es eine Art Kichererbsencurry – nur ohne Curry (16,90€): perfekt gegarte Kichererbsen, kleine Falafelbällchen mit Minze und Blattspinat in einer hervorragenden Tomatensauce, gratiniert mit Feta und gerösteten Pinienkernen – großartig! Dazu schmecken uns je der rote und weiße Hauswein (je 4,90 € / 0,2l), der stilecht in Zinnbechern serviert und am Tisch ins Glas gefüllt wird. Wir fühlen uns sehr wohl und wollen eigentlich gar nicht mehr weg – hier sind wir nicht zum letzten Mal gewesen, das war eine 1 mit Sternchen!

Meteora
Hamburger Allee 37
30161 Hannover
0511-315237
www.meteora-hannover.de
Di.-So.: 17:30 – 22:00 Uhr

IH, Fotos: Gero Drnek

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Neu in der Stadt: Pearl’s Sunshine Daydream Wine

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Neu in der Stadt: Pearl’s Sunshine Daydream Wine


Das Weinmobil Pearl’s Sunshine Daydream Wine bringt nicht nur Musik, Wein und guten Vibes, sondern auch eine mobile Bühne, einen Foodtruck – und jede Menge Liebe.

Petra & Olaf vor ihrem Weinmobil Pearl’s Sunshine Daydream Wine

Wo immer die Inhaber*innen Petra und Olaf auftauchen, machen sie Menschen glücklich. Handgemachte Livemusik unter freiem Himmel, feine Bio-Weine und leckere Smoothies, in der Natur oder an guten Orten in der Stadt. Während auf dem Laster eine Band spielt, versorgt der Verkaufswagen das Publikum mit Getränken und kleinen Speisen.

Beide Fahrzeuge sind mit Liebe ausgestattet und gestaltet von der Event-Künstlerin Christine Dumbsky zu den Klängen von Grateful Dead.
Ausgeschenkt werden in erster Linie Weißweine und Secco aus Unterfranken und Rotweine aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.
Das Weinangebot stammt überwiegend aus biologischem Anbau und ist vegan.
Ebenfalls großen Wert legen die Beiden darauf, ihre Winzer persönlich zu kennen.

Ergänzt wird das Angebot durch frische Green Smoothies, Lassis und Shakes, Kaffee (auf Nachfrage), Tee, Softdrinks und ein hannoversches Bier aus der Maschsee Brauerei sowie derzeit passend zu den Temperaturen Bio-Glühwein.

Das Weinmobil bei Nacht

Das Weinmobil ist autark und für bestimmte Zeit unabhängig von einer Stromanbindung zu betreiben, dank der Solaranlage auf dem Dach.

Buchbar ist diese einzigartige Verschmelzung aus Wein und Kunst für private Veranstaltungen, Festivals, Stadtfeste oder Events für Firmen.

Ganz nach dem Motto „Kunst ist Kommunikation – Kommunikation ist Kunst“ haben Petra und Olaf damit eine ganz besondere Weinbar eröffnet.

Weitere Informationen:
http://www.pearlssunshinedaydreamwine.de.

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Neu in der Stadt und altbewährt: Heinz & Heinz jetzt am Lister Platz

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Neu in der Stadt und altbewährt: Heinz & Heinz jetzt am Lister Platz


Heinz & Heinz

Der bereits seit 1994 in Hannover etablierte Laden Heinz & Heinz ist zum Jahresbeginn umgezogen. Von der Gretchenstraße auf der belebten Einkaufsstraße Lister Meile ging es 650 Meter weiter zur Ferdinand-Wallbrecht-Straße 3 am Lister Platz.

Heinz & Heinz ist auf Bilder, Postkarten, Rahmen und Geschenkartikel spezialisiert. Herausragend ist das große Sortiment und der individuelle und professionelle Beratungsservice.
Ebenfalls wird der Beratungsbesuch in den eigenen Geschäftsräumen oder auch zu Hause angeboten, um beispielsweise Bilder oder Galerieschienen fachgerecht zu montieren.
Damit ist Heinz & Heinz nicht nur ein Laden für besondere Geschenkartikel, es ist ein Fachbetrieb für Bilderrahmungen, Galerieschienen, Kunstdrucke und Bildveredelungen.
Der Laden bietet maßgefertigte Bilderrahmen und eine gewaltige Auswahl von mehreren tausend Bilderleisten. Die Rahmen können in der hauseigenen Werkstatt millimetergenau nach den eigenen Wünschen angefertigt werden.
Selbstverständlich finden sich auch kostengünstigere Wechselrahmen in Standardformaten in diversen Farben und mit unterschiedlichen Profilen im Angebot.
Zusätzlich gibt es Passepartouts im Sortiment, für Bilder, die im Format aus dem Rahmen fallen. Es kann aus rund 200 Farbtönen und drei Materialstärken gewählt werden.

Heinz und Heinz bietet auch Bildveredelungen an wie z.B. Plexilight, Aludibond oder Leinwandkaschierung.
Zusätzlich können Digitaldrucke aus eigenen Dateien auf Fotopapier oder Leinwand angefertigt werden.

Auch eine große Auswahl an Kunstdrucken aller Stilrichtungen gehört zum Sortiment:
Von alten Meistern der klassischer Kunst über Künstlern*innen der Gegenwart bis hin zu S/W und Farbfotografien ist eine umfangreiche Auswahl im Geschäft vorrätig. Außerdem stehen tausende von Motiven aus zahlreichen Katalogen zur Verfügung, die kurzfristig bestellt werden können.
Abgerundet wird das vielseitige Angebot durch eine riesige Auswahl an ausgefallenen Geschenkartikeln.
Regelmäßige Messebesuche sorgen auch hier für eine stetige Erweiterung des Sortiments.
Last but not least führt das Geschäft eine riesige Auswahl an Post- oder Grußkarten: egal ob S/W – oder Farbfotografien, Kunstkarten aus allen Epochen, Motive mit bösem und nicht so bösem Humor und natürlich ausgefallene Geburtstags-, Hochzeits- und andere Karten für jeden Anlass.

Alle festen Mitarbeiter*innen des Hauses sind ausgebildete Fachkräfte, auch ein Tischler, eine Glaserin, eine Buchbinderin und Grafikerin sind mit dabei.
Somit hat man als Kund*in bei Heinz & Heinz die Gewissheit, dass alle Fertigungsschritte, die in der hauseigenen Werkstatt ausgeführt werden, in höchster Qualität aus eigener Hand erfolgen.

Heinz & Heinz
Ferdinand-Wallbrecht-Straße 3,
30163 Hannover
Öffnungszeiten: Mo-Fr 11-19 Uhr, Sa 11-17 Uhr.
Tel.: 0511 313411
E-Mail:info@heinz-heinz.de.

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Der Freundeskreis im Gespräch im Januar

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Der Freundeskreis im Gespräch im Januar


Mansha Friedrich und Heiko Heybey

Diesen Monat sprechen wir mit Mansha Friedrich und Heiko Heybey über Engagement und Projekte in und für Hannover, insbesondere für Jugendliche und alle jene, die nicht am Schalthebel sitzen, sowie über Wünsche für die Zukunft.

Wer seid ihr, was macht ihr so – und wie kam es jeweils dazu?

Heiko Heybey

HH – Ich bin Heiko Heybey, gelernter Architekt, und betreibe mehrere Gastronomien in Hannover. Ich habe das Privileg, mir mit der Arbeit der letzten 20 Jahre Freiräume erschaffen zu haben, sodass ich mich jetzt um so schöne Dinge wie die Leinewelle oder das Gleis D kümmern kann. Die Zielsetzung war das aber nicht, das entwickelte sich alles. Ich bin ein projektorientierter Mensch. Im Architekturstudium musste man Ideen und Konzepte entwickeln – und sie im Idealfall so weit bringen, dass sie gebaut werden. Das ist das innere Prinzip, in all meinen Sachen – auch wenn wir da non-profit sind, wie bei diesem Festival, das wir gemacht haben. So lief das mit der Leinewelle auch. Da wurde eine Idee konkreter – und dadurch, dass ich ehrgeizig bin, auch mal penetrant, bin ich imstande, sowas auch zum Abschluss zu bringen.

Bleiben wir bei der Leinewelle: Gab es da sofort Unterstützung – oder eher Gegenwind?

HH – Bei der Leinewelle war es so, dass ich da schon viel Lebenserfahrung mitgebracht habe, ich hatte schon viele Kontakte und Netzwerke. Mir was klar, als ich die Idee vor 10 Jahren hatte, dass ich Unterstützung brauche — und die habe ich organisiert, bevor wir an die Öffentlichkeit gegangen sind. Je mehr Projekte man macht, je mehr Lebenserfahrung man hat, desto leichter fällt es einem, größere oder ungewöhnliche Projekte anzugehen. Und der Gegenwind: Dass der kommen würde, war auch klar. Wie sich das dann entwickelt, kann natürlich keiner vorhersehen. Damit muss man dann umgehen. Sicher ist: Wenn man Projekte macht, dann muss man sich entweder einen Unterstützerkreis erarbeiten oder ihn schon haben.

Kommen wir zu dir …

Mansha Friedrich

MF – Ich heiße Mansha Friedrich, war Rapperin, Graffitisprüherin und DJane – eine der ersten weiblichen hier in Deutschland – und habe dann lange als Künstlerin gearbeitet … tue das immer noch, etwas weniger durch Corona, und schreibe inzwischen auch Drehbücher. Ich habe Street Art gemacht und bin in Hannover relativ bekannt dafür, dass ich im öffentlichen Raum mit Strick oder Wolle gearbeitet habe. Ich habe 2017 auch internationale Wände kuratiert und internationale Künstler hergeholt. Derzeit mache ich eine Weiterbildung als psychoanalytische Kunsttherapeutin, um mir noch ein anderes Standbein zu schaffen. Zum HipHop kam ich noch als junge Jugendliche – fast so: aus dem Hobby zum Job. Ich habe mich hochgearbeitet, war auf allen wichtigen Konzerten gebucht, auch im Ausland. Dann war das Ziel erreicht – und die Szene wurde immer sexistischer, da war für mich der Raum geschlossen. Ich nenne es immer das Feld, das abgeerntet ist: Ich habe Erfolg gehabt und brauchte nicht noch größeren Erfolg. Das war auch mit dem Strick-Graffiti so: Als ich 2011 die Kröpcke-Uhr gemacht habe – und das war das erste, was ich in Hannover gemacht habe – kam unglaublich viel Kritik. Damit habe ich nicht gerechnet, denn als ich noch Graffiti gesprüht habe, haben wir Autolacke genommen. Und dann nehme ich sowas Harmloses wie Wolle und habe feststellen müssen, dass ich in der Kritik stand. Kam das, weil wir Frauen sind und uns trauten, hier in den öffentlichen Raum zu gehen? Da dachte ich mir, ich werde die Bürger alle so lange nerven und zeigen, dass wir Frauen das auch können, bis wir sichtbarer werden im öffentlichen Raum – und habe dann ja 10-11 Jahre permanent große Installationen gemacht. Nicht nur in Hannover, sondern europaweit. Als es dann 2019 eine Installation am Küchengarten gab und keine Kritik kam, sondern das nur noch abgefeiert wurde, war für mich auch wieder das Ziel erreicht: Ich habe ein Bewusstsein geschaffen und kann nun weiterziehen.

Das war dann eigentlich eher eine politische Motivation, keine ästhetische?

MF – Ja, das war eine politische. Aber danach wurde ich in Interviews nie gefragt. Es wurde immer gefragt, wie viel Wolle ich verarbeite und wie lange daran gestrickt wurde, aber es wurde eigentlich nie danach gefragt, was eigentlich meine Message ist. Einige haben mich das im Podcast, wo es mehr Raum gab, gefragt – und da habe ich das dann auch ganz klar geäußert, dass das von Vornherein eine politische Sache war, dass wir Frauen auch sichtbar sein sollten im öffentlichen Raum, wenn man bedenkt, dass die ganzen Stadtplaner seit Dekaden Männer sind … auch in der Street Art oder überhaupt in der Gestaltung. Da hab ich mich erkundigt: Bei Kunst am Bau war Hannover in den 70er- und 80er-Jahren weit vorne – und das waren zu 90% Männer. Wenn du guckst, was hier für Statuen und Objekte stehen: bis auf Ausnahmen wie Ulrike Enders sind das alles Männer. Das war schon eine politische Sache.

Wie ist das mit deiner Motivation?

HH – In einem gewissen Sinne ist es politisch, wobei ich bei Projekten wie der Leinewelle oder dem Gleis D ein persönliches Rangehen habe, weil ich diesen Sport gerne mache, gerne surfen und skate; und beides ist hier noch nicht vernünftig vertreten. Die Hauptprotagonisten der Szene sind ja eigentlich Jugendliche: so am Ende des Teenager-Alters, Anfang/Mitte 20, bis das Studium fertig ist. In dieser Zeit haben Jugendliche zu wenig Lobby, haben es viel schwerer, ihre Interessen zu vertreten, als jemand, der um die 50 ist und Lebenserfahrung und Netzwerke hat. Ich umgebe mich bei diesen Sportarten in diesen Gruppen hauptsächliche mit 20-Jährigen und habe gemerkt, dass die eigentlich alle unglücklich oder unzufrieden mit der Situation sind, die sie vorfinden. Da ist es gut, dass jemand, der älter ist und andere Möglichkeiten hat, deren Interesse vertritt. Das kann ich so ein bisschen kombinieren: mein Interesse, diese Sportarten vernünftig ausführen zu können, und die Möglichkeit, mit jungen Leuten zusammenzuarbeiten und ihnen mehr Möglichkeiten zu geben, ihre Interessen zu vertreten.

Ich habe kürzlich einen Clip gesehen, da äußerst du dich über Photovoltaik: Ist das auch eine Unzufriedenheit der Jugend, die du mitbekommst?

HH – Also beim Gleis D, dem Skateverein, sind alle Jugendlichen ökologisch engagiert und irgendwie bei Fridays for Future dabei. Da ist auch Gendern überhaupt kein Thema, sondern selbstverständlich. Die leben in einer anderen Realität, die in meiner Altersgruppe nicht vorhanden ist. Und klar, da gibt es viel Unzufriedenheit, dass es in der Umweltpolitik nicht vernünftig weitergeht. Wenn es nach ihnen ginge, dann wäre in Hannover schon weit mehr Photovoltaik installiert – und es gäbe auch ganz andere öffentliche Räume. Beim Gleis D haben wir jetzt etwa eine Graffitiwand geschaffen, wo man Sprühen üben kann. Diese Räume sind für junge Leute sehr schwer zu erschließen, aus unterschiedlichen Gründen. Der eine Grund ist eben, dass das Wissen fehlt. Viele jüngere Menschen sind auch noch in einer Findungsphase; wissen nicht, wie lange sie noch in Hannover sind. Die Motivation, sich dann in einen politischen Diskurs in Ratsversammlungen, in Gespräche mit der Bauverwaltung etc. zu begeben, ist da geringer. Das sieht man ja auch: Wenn man in so einen öffentlich zugänglichen Innenstadtdialog geht, sitzen da hauptsächlich Menschen ab 45 aufwärts, verhandeln aber Stadtplanungsthemen, die frühestens in 20 Jahren Realität werden. Das finde ich problematisch.

Lange Planungsphasen sind ja irgendwie immer problematisch.

HH – Natürlich, weil sie immer aus unserem direkten Zeitempfinden raus gehen. Genau das macht es ja so frustrierend für Jugendliche. Beispiel: BMX-Park in Bothfeld. Da gab es eine Gruppe von Jugendlichen vor über 10 Jahren, die darum kämpften, dass der schon verrottete Park saniert wird. Sie haben Gelder gesammelt, sich um Sponsoren gekümmert. Das waren alles 16-Jährige. Der Park ist jetzt erst fertig – nachdem auch Leute wie ich da nochmals rangegangen sind und andere Verwaltungen nochmals interveniert und Druck gemacht haben. Die Jugendlichen von damals sind längst mitten im Studium und fast weg aus Hannover. Das ist immer das Problem, warum Bürgerbeteiligung für Jugendliche nicht funktioniert: die sind über so einen langen Zeitraum ja gar nicht anwesend. Wenn man Jugendliche beteiligt, dann muss das innerhalb von 2 Jahren entschieden und realisiert oder abgelehnt sein. Ansonsten kann das nur als politische Enttäuschung enden: Das ist dann nur politischer Frust.

Wie blickt ihr auf die nahe oder auch ferne Zukunft in Hannover? Gibt es da Projekte, die ihr gerne noch angehen würdet? Wo ihr sagt, das ist ein Thema, da müsste man einfach mal ran?

MF – Ich arbeite ja seit 2½ Jahren, bei der Step-Therapieschule. Step ist ein Träger für Menschen mit Suchterkrankungen und an der Therapieschule können Jugendliche und junge Erwachsene, die ohne Abschluss von der Schule abgegangen sind und eine Suchterkrankung durchgemacht haben, ihren Schulabschluss nachholen. Da unterrichte ich Kunst, Kultur und Allgemeinwissen. Und ich kann das, was Heiko gesagt hat, nur bestätigen. Auch durch meine jahrelange Arbeit in der Jugendkultur habe ich gemerkt, dass niemand über sie spricht und sie gar nicht sichtbar sind. Wenn ich die Step-Therapieschule erwähne, weiß niemand, dass es die gibt. Es gibt keine Lobby: Suchterkrankungen an sich sind schon ein stigmatisiertes Thema, schon bei Erwachsenen. Weil ich mich in Hannover so abgearbeitet habe, seit ca. 35 Jahren, möchte ich da aber nicht selber ran. Inzwischen haben wir auch Zeiten, die ich nicht sehr inspirierend finde. Für Jugendliche müsste es mehr Eroberungsmöglichkeiten des öffentlichen Raumes geben. Als Künstlerin muss ich da nicht noch unbedingt was machen. Da draußen ist alles schon so voll, ich würde eher einen Sauger nehmen und ein bisschen was wegsaugen … nicht für mich, sondern für junge Menschen, die diese Kreativität einfach nötiger haben in der heutigen Zeit. Seit einiger Zeit arbeite ich auch auch für die GiS, einen Träger für Menschen mit verschiedenen körperlichen und geistigen Einschränkungen. Und ich wünsche mir, dass für Menschen mit Einschränkungen mehr passiert. Teilhabe: das hört sich so toll an, aber passiert de facto nicht wirklich.

HH – Also ich werde die nächsten Jahre die Zeit, die ich ehrenamtlich aufbringen kann, wohl hauptsächlich damit beschäftigt sein, den Leinewelle e.V. und die Nutzung der Leinewelle so zu organisieren, dass das vernünftig funktioniert. Wir sind ja noch gar nicht in den offiziellen Betrieb gegangen. Das wird ein spannendes Jahr werden, aber die Erfahrungen und die Kontakte, die sich durch den Leinewelle-Bau ergeben haben, die würde ich schon auch gerne die nächsten Jahre noch effektiver nutzen, um den Bewusstseinswandel zu beschleunigen, der ja durchaus in der Verwaltung eingesetzt hat: Wir haben neue Menschen in der Bauverwaltung in leitenden Funktionen, wir haben neue Leute im Grünflächenamt in leitenden Funktionen, die auch eine andere Wahrnehmung für diese Problematik haben. Ich weiß, dass die Jugendplätze-Problematik auch intern ein Thema ist. Das ist natürlich immer finanziell schwierig in diesen Zeiten, aber das Bewusstsein, dass für Jugendliche mehr Räume entstehen müssen, ist nun vorhanden. Die Frage wird sein, wo Schwerpunkte entstehen und wie die finanziell ausgestattet sein werden. Es wird Leute geben müssen, die älter sind und Sponsoren-Kontakte haben, um Gelder zusätzlich zu akquirieren. Die Ansätze sind da, Hannover hat sich in den letzten 2 Jahren enorm entwickelt, zumindest im Bereich, den ich in der Jugendkultur überblicke. Was noch fehlt, ist, den Jugendlichen und ihren Ideen, noch mehr Raum zu verschaffen. Da gibt es schon einen Ansatz: eine Stelle bei der Stadt mit niederschwelligen Fördermöglichkeiten, an die sie sich wenden können, wenn sie Ideen für Veranstaltungen haben.

Wenn man nun an Berichte über die Zustände von Schulentoiletten denkt: Wie viel Verständnis findet man mit solchen Anliegen? Kommt das nicht oft als Argument, um den Wind da rauszunehmen?

HH – Das begegnet einem doch ständig. Egal, welche Ideen du in die Öffentlichkeit trägst, es wird dir immer jemand drunter posten „Macht doch erstmal die Schultoiletten“. Ich halte das für die schlimmste Debatte, die man führen kann. Wir müssen die Frage stellen, warum Menschen, die viel Geld haben, nicht mehr Steuern zahlen müssen und Jugendliche nicht mehr zur Verfügung gestellt bekommen können. Man muss nur nach Skandinavien gucken, die es ja schaffen, in jeder Kleinstadt vernünftige Schulen, Jugendplätze und Sportflächen hinzustellen, wo du umsonst Tennis spielen kannst … Es geht. Aber die haben auch 25% Mehrwertsteuer und nicht 19%. Zu sagen, weil die Schulen schlecht sind, haben wir nicht genug Geld, um für junge Menschen andere Sachen, Flächen und Räume zu schaffen, ist albern.

MF – Das war ja bei mir auch so, es hieß immer, was das soll, die Wolle für sowas zu verwenden, man sollte lieber Frühchenmützen und Obdachlosendecken stricken. Das ist mir auch bis auf die letzten Aktionen auch immer wieder begegnet.

HH – Die Debatte ist komplett fehlgeleitet, man müsste eigentlich eine Einnahmendebatte führen. Wir müssen natürlich dafür sorgen, dass die Schulen einen vernünftigen Zustand haben und wir müssen dafür sorgen, dass die Straßen in einem vernünftigen Zustand sind, die Fahrradwege, aber wir müssen eben auch dafür sorgen, dass kulturelle Teilhabe stattfinden kann – und zwar für alle. Und egal welche große DAX-notierte Firma man sich anguckt: das Sponsoring und die Budgets sind immer für öffentlichkeitswirksame Geschichten, die für eine Zielgruppe 40+ gestaltet werden. Das ist die Altersgruppe, die an den Schalthebeln sitzt. Ich glaube, dass sich alle Firmen, die diese Budgets haben, die sie für kulturelle Förderung vergeben, Gremien schaffen müssten mit jungen Menschen, die mitentscheiden, wofür das Geld ausgeben wird.

Seht ihr auch gegenläufige Entwicklungen, die in die ganz falsche Richtung gehen?

MF – Ich fahre oft nach Italien, habe da gearbeitet und bin zu Kunstfestivals eingeladen worden. Und wenn ich zurückkomme, stelle ich fest, das hier alles dreckiger ist. Das würde mir nicht so auffallen, wenn ich nur in Hannover wäre. Auch der Respekt in der Stadt: gut miteinander umzugehen, respektvoll miteinander umzugehen … das hat sich verändert. Da wünschte ich mir, dass sich die Menschen wieder besinnen und respektvoll miteinander umgehen. Denn das hat sich leider verändert.

HH – Da kann ich wenig hinzufügen. Ich finde nicht, dass es hier Sachen gibt, die sich in eine falsche Richtung entwickeln. Ich finde eher, dass es in den letzten Jahren eine deutliche Verjüngung in den Verwaltungs- und Entscheidungsstrukturen gegeben hat. Respekt und soziales Miteinander sind wichtig, das sollten wir fokussieren – aber auch Bewusstsein dafür, dass man Dinge ausprobieren und ruhig Fehler machen kann. Das würde uns gut tun. Eine herausragende Qualität von Hannover ist ja immer gewesen, hervorragendes Mittelmaß zu präsentieren. Ich wünsche mir bei allen mehr Mut, dieses Mittelmaß zu verlassen und auch mal was zu wagen.

CK

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Über Kultur in stürmischen Zeiten – Ein Gespräch mit Friederike Ankele

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Über Kultur in stürmischen Zeiten – Ein Gespräch mit Friederike Ankele


Sie haben seit September 2022 die Leitung des Kulturbüros in Hannover übernommen. Können Sie zum Kennenlernen ihren Werdegang erzählen …
Ich bin in Bonn geboren, in Berlin aufgewachsen, habe dort Abi gemacht und bin dann ein Jahr als Au-pair nach Japan gegangen. Im Anschluss habe ich mich eine Weile orientiert, dieses und jenes angefangen. Letztlich habe ich eine Ausbildung zur Buchhändlerin abgeschlossen. Zurück in Berlin habe ich mich entschieden, Kulturwissenschaften in Frankfurt Oder zu studieren und landete im Nebenjob beim Festivalmanagement. Und darüber kam ich schließlich 2010 zum Morgenland Festival Osnabrück. Ich habe dort bei sechs Ausgaben mitgearbeitet, als organisatorische Leitung im Zusammenspiel mit der künstlerischen Leitung, Michael Dreyer. Ich war vor Ort, aber auch im Irak, in der Türkei, in den Niederlanden, wo wir Gastspiele realisiert haben.

Klingt nach einer intensiven Zeit.
Das war 24/7, immer präsent mit ganz viel Herz. Es war schön, aber irgendwann habe ich gemerkt, dass es an der Zeit für etwas Neues ist. So kam ich nach Weikersheim zur Jeunesses Musicales, einem Jugendorchesterverband mit langer Tradition und angeschlossener Musikakademie in barockem Ambiente. Ich arbeitete dort zum einen als stellvertretende Leitung der Musikakademie, zum anderen als Referentin eines Förderreferates für internationale Jugendbegegnungen, das ich aufbauen durfte. Bei der Beratungsarbeit war es mir besonders wichtig zu ermöglichen, nicht zu verhindern, da ich das selbst auch durchaus anders erlebt hatte.

Und wann kam dann der Wechsel zum Musikland Niedersachsen?
Der folgte 2018. Ich habe das Musikland Niedersachsen geleitet, das zu dieser Zeit mit der Landesmusikakademie in Wolfenbüttel in eine gGmbH zusammengeführt wurde. Das Musikland Niedersachsen ist 2008 entstanden, vergleichbares gibt es sonst nicht in Deutschland. Zielgruppe ist die professionelle Musikszene in ganz Niedersachsen, die Aufgaben reichen vom Vernetzen über das Qualifizieren und Impulsgeben insbesondere auch auf dem Gebiet der Musikvermittlung.

Und es ging vor allem wieder ums Ermöglichen.
Ganz zentral, ja. Mir macht es großen Spaß, Räume zu schaffen, Begegnungen zu initiieren. Im Grunde sehe ich mich in so einer Art Katalysatorfunktion.

Was gab es bei Ihnen für erste Berührungspunkte mit Kunst und Kultur? Was hat Sie geprägt?
Ich habe gefühlt als Kind alle Musikinstrumente durch, die man sich nur vorstellen kann. Geige ging nicht, Blockflöte schon gar nicht, Cello auch nicht … Ich bin irgendwann bei der Trompete gelandet und die habe ich dann auch 12 Jahre gespielt. Sie war auch mein Einfallstor in die Musikgemeinschaft. Ich spielte in einem Posaunenchor in Bonn und einem Jugendorchester in Berlin Pankow. Das war ein besonderes Orchester, alle haben ein Instrument gespielt, aber alle mussten auch singen. Das war 1994, 1995. Ich war in dem Orchester die einzige aus dem Westen. Und im Nachhinein betrachtet war das für mich vielleicht eine Initialzündung. Man kommt zusammen, ist sich in vielen Punkten sehr fremd, ist anders sozialisiert, hat vielleicht sogar eine andere Kultur, und findet trotzdem zusammen durch die Musik – die Kultur als Mittlerin für menschliche, gesellschaftliche Prozesse.

Die Musik als gemeinsame Sprache …
Ja. Oder man entwickelt dann miteinander eine gemeinsame Sprache. Das ist eine Form, in die Kommunikation zu gehen, die auch gerade im jungen Alter das Miteinander vereinfacht. Bei mir war es definitiv so.

2020 kam Corona und die Auswirkungen sind bis heute im Kulturbetrieb spürbar. Wie haben Sie das damals erlebt? Sie hatten ja zu der Zeit noch die Leitung beim Musikland Niedersachsen inne.
Das war heftig, zu sehen, was da plötzlich in der Szene los war, was das ausgelöst hat. Aber wir haben uns gewissermaßen über dieses Erschrecken retten können, indem wir gesagt haben, okay, wir legen sofort los, wir machen jetzt eine Website, sehen zu, dass wir an sämtliche Informationen kommen. Wir waren tatsächlich eine der ersten Institutionen, die eine Übersicht zu Hilfsprogrammen, aktuellen Entwicklungen und möglichen Alternativen zum Live-Auftritt bereitgestellt und laufend aufbereitet haben. Und wir haben dabei gemerkt, dass politisch viel zu schnell agiert und viel zu nachlässig kommuniziert wurde. Wir haben gesehen, dass wir in Deutschland überhaupt nicht vorbereitet waren auf so etwas und auch überfordert waren, im notwendigen Tempo Dinge umzusetzen und zu agieren. Es gab politisch ein sehr großes Engagement. Man wollte helfen. Aber es wurde in der ersten Zeit kommunikativ auch viel falsch gemacht oder unterlassen, mit der Folge, dass sehr schnell sehr viel Unmut entstand.

Die Angst war groß. …
Es gab in der gesamten Szene eine krasse Existenzangst. Und das berührt ja auch diese Urangst der Kulturschaffenden. Bin ich eigentlich etwas wert? Oder überhaupt relevant? Ich glaube, dass es da noch immer ein riesengroßes Trauma gibt bei den Kulturschaffenden. Aber es war ja so, dass schnell klar war, dass Versammlungen potenziell gefährlich waren, dass die Gefahr bestand, dass viele Menschen sterben können, und darum war es eine vernünftige und solidarische Reaktion der Kulturschaffenden, Vorsicht walten zu lassen. Wir können das alles ja erst jetzt so ganz allmählich verstehen. Aber dieser Verzicht auf Begegnung war natürlich für die Kulturschaffenden extrem. Das berührt letztlich den Kern ihrer Tätigkeit. Wir haben während der Pandemie sehr klar gesehen, dass Kultur nicht ohne Begegnung funktioniert. Und das ist ja eigentlich das, was sie auch systemisch über alles stellt. Es gibt diesen schönen Satz von Martin Buber, dass alles wirkliche Leben Begegnung ist. Diese Begegnung war eine ganze Weile nicht möglich. Das sitzt tief bei den Kulturschaffenden und hat viele Wunden hinterlassen. Und das war unter anderem auch ein Grund für meine Bewerbung hier. Ich sehe eine Aufgabe darin, mitzuhelfen, dieses Trauma zu überwinden. Ich würde gerne unterstützen, diesen Dialog wieder neu zu aktivieren. Aus meiner Sicht wäre es ein Fehler, wenn wir jetzt einfach an diese Zeit der Pandemie sozusagen einen Haken machen, ohne noch einmal zu reflektieren, was da eigentlich passiert ist. Wir neigen ja dazu. Business as usual, einfach wieder weiter wie bisher. Wir lassen solche Erfahrungen gerne einfach hinter uns. Aber das wäre in diesem Fall nicht gut, ich glaube, das funktioniert so nicht. Wir müssen schon überlegen, was wir eigentlich lernen können aus dieser Zeit.

Wo stehen wir denn momentan, wie geht es der Kultur bei uns? Nach Corona und in einer Zeit, in der bei vielen Menschen das Geld knapp ist.
Ich kann ganz bestimmt nicht für die Kulturschaffenden insgesamt sprechen, das wäre vermessen. Was ich aber ganz persönlich sagen kann: Ich ziehe meinen Hut! Mit wie viel Engagement und wie viel Flexibilität die Szene hier in Hannover unterwegs ist, das beeindruckt mich zutiefst. So viel „wir hören nicht auf“ und „wir werden nicht müde, wir machen weiter“, das ist schon bewundernswert. Ich sehe an vielen Stellen natürlich auch den Unmut, wenn es jetzt beispielsweise ums Sparen geht, klar. Das ist wieder mit Ängsten verbunden. Aber ich sehe auch ein unfassbar aktives und vielfältiges Szeneleben. Das ist nach wie vor gegeben in Hannover. Und wenn Veranstaltungen jetzt nicht gut besucht sind, dann wird nicht etwa resigniert, dann wird im Gegenteil gegrübelt, ob man eventuell etwas besser oder anders machen kann, ob es neue Konzepte braucht. Ich finde, dass sich viele bei der Kultur eine dicke Scheibe abschneiden können, was Flexibilität, Agilität und auch Kreativität angeht. Die lassen sich nicht unterkriegen, die lassen sich das nicht nehmen. Man kann das auch ablesen an der Zahl der Anträge, die uns erreichen. Es gibt ganz viele Ideen.

Aber stellenweise fehlt noch das Publikum.
Eine unglückliche Kombination vieler Faktoren. Zu Corona kommen jetzt noch finanzielle Ängste. Die nächste Gasrechnung schwebt als Damoklesschwert über allen Köpfen, die Menschen sparen. Hinzu kommt dann noch eine Flut von Veranstaltungen. Eine Folge von Corona, es gab und gibt unglaublich viele Projekte durch sehr viel Projektförderung. Was im Prinzip toll ist, aber darum haben wir nun natürlich sehr viele Umsetzungen, die im Kalender konkurrieren. Hinzu kommen noch nachgeholte Hochzeiten, Taufen, runde Geburtstage. Wir haben also auf der einen Seite ein riesengroßes Angebot und auf der anderen Seite die finanziellen Sorgen, die Inflation, die gestiegenen Kosten. Und dazu auch noch einen Krieg und den Klimawandel. Schlimmer, hat man das Gefühl, kann es eigentlich nicht werden. Wer denkt sich das alles bloß aus?

Wie war Ihr Start im Kulturbüro in diesen stürmischen Zeiten?
Es war, als hätte mir jemand ein 5000-Teile-Puzzle in den Kopf geschüttet. Und ich suche erstmal die Ecken. Und dann die Randstücke. Inzwischen nähere ich mich aber einem Motiv, das ich so langsam erkennen kann. So fühlt es sich gerade an. Trotzdem habe ich sehr oft noch den Eindruck, ich mache zwei Schritte nach vorne, aber dann schon wieder einen zurück. Ich taste mich mehr und mehr rein. Aber was das Ankommen im Sinne von Willkommen angeht, das war wahnsinnig schön. Die Kolleg*innen hier haben in den vergangenen eineinhalb Jahren wirklich sehr viel stemmen müssen ohne eine Leitung. Und es hätte jetzt auch heißen können, dann nimm mal das Ruder und mach mal. Stattdessen habe ich hier so eine extreme Wärme erfahren, ein ganz herzliches und offenes Willkommen. Ganz viel Unterstützung, ganz viel Angebot, Geduld und Verständnis. Und ich habe natürlich das Glück, dass hier so viele Menschen mit ganz viel Sachverstand sitzen, mit einer wirklich großen Expertise in ihren Bereichen und darüber hinaus. Ich bin ja nicht diejenige mit der Fachlichkeit, ich bin dazu da, den Kolleg*innen Bedingungen zu schaffen, dass sie hier gut und effektiv arbeiten können.

Gab es einen Austausch mit Ihrem Vorgänger Benedikt Poensgen?
Klar, den gab und gibt es. Er hat mir das sofort angeboten, als er gehört hat, dass ich die Leitung übernehme.

Was hat Sie an der Aufgabe im Kulturbüro gereizt?
Zum einen natürlich die Möglichkeit, kulturelle Strukturen anzuschauen und zu überlegen, wie man sie noch verbessern und ausbauen kann. Wie man Netzwerke stärken kann. An welchen Stellen man unterstützend wirken kann. Da ist der Boden sehr gut bereitet in Hannover, es läuft schon unglaublich viel, aber es gab eben auch diese zwei Jahre Corona, und ich glaube, das war wirklich so eine Zäsur. Und gereizt hat mich auch, hier diese Übersetzungsfunktion wahrzunehmen. Also eine Schnittstelle zu sein zwischen Verwaltung und Szene, und wieder zurück. Einfach auch zuzuhören. Was ist problematisch, wie kann man die Strukturen stärken, wie kann man vielleicht auch Kollaborationen befördern. Wo gibt es Synergieeffekte. In stürmischen Zeiten geht es ja um ein Zusammenrücken, um sich nicht wegwehen zu lassen. Ich glaube, diese Metapher trifft die Herausforderung der kommenden Jahre ganz gut. Wir haben eine Zeitenwende, wir werden uns anstrengen müssen. Und ich sehe, dass meine Position hier im Kulturbüro jetzt mit einer sehr großen Verantwortung verbunden ist, die Kultur in Hannover weiter zu fördern und zu erhalten. Es geht darum, Möglichkeitsräume zu schaffen – für alle Kultursparten gleichermaßen.

Haben Sie sich schon an die Verwaltungsabläufe gewöhnt?
Nein, ich habe sie noch nicht mal verstanden (lacht). Zumindest nicht in Gänze. Da öffnet sich einem wirklich eine ganz neue und fremde Welt. Man muss sich das auch mal klarmachen, in Hannover arbeiten über 11.000 Menschen für die Stadt, das muss alles organisiert werden, das ist ein riesengroßer Tanker. Und dann sitzt man da und lernt erstmal die Kürzel für verschiedene Organisationseinheiten. Man lernt jeden Tag dazu. So funktioniert also ein Fachbereich, so ein Dezernat. Wie muss ich Informationen weitergeben und wen muss ich dabei berücksichtigen? Ich glaube, es wird noch eine Weile dauern, bis ich das wirklich alles verstehe. Hinzu kommen ja auch noch die Zusammenarbeit und der Austausch mit der Politik, insbesondere mit dem Kulturausschuss. Das ist alles sehr spannend!

Haben Sie eigentlich bestimmte Schwerpunkte, ein Art Agenda, mit der Sie angetreten sind?
Ich habe keinen Spartenschwerpunkt. Meine Agenda – das klingt jetzt wahrscheinlich ein bisschen abstrakt und ist darum auch schwer zu fassen – ist es, den gesamten Kulturraum Hannover in den Fokus zu nehmen. Die Strukturen noch einmal zu verbessern, die Drähte noch einmal enger miteinander zu verknüpfen. Und auch die Förderstrukturen noch einmal anzuschauen, die Prozessförderung in den Blick zu nehmen, wie es auch im Kulturentwicklungsplan steht. Die reine Projektförderung, das hat Corona gezeigt, ist schwierig. Wir müssen darum sehen, wie wir Strukturen und Prozesse fördern können. Und noch etwas liegt mir am Herzen. Ich möchte, dass noch viel mehr sichtbar wird, was Kultur für ein Stadtleben eigentlich bedeutet. Beziehungsweise was es bedeuten würde, keine Kultur zu haben.

Gibt es Herzensprojekte? Oder Initiativen, die Sie besonders schätzen?
Da gibt es so viel … Ein Beispiel ist vielleicht die Rampe, eine jüngere Initiative, die ich toll finde, weil sie diesen kollektiven Gedanken aufgreift. Auch das Netzwerk „women* in music hannover“ ist immens wertvoll. Hier zeigt sich, wie Kultur gesellschaftliche Transformations-Prozesse aufgreift und wirksam vorantreibt. Was bedeutet Gender equality? Wie befördern wir das in den bestehenden Strukturen? Auch das ist eine Aufgabe von Kultur.

Viele Initiativen klagen ja über zu wenig Publikum. Oft fehlt das jüngere Publikum …
Eine ganz wichtige Herausforderung. Wir müssen uns neuen Formaten stellen und wir müssen herausfinden, wie wir ein neues und jüngeres Publikum gewinnen können, wie wir die jungen Menschen neugierig machen können, wie wir sie ansprechen und erreichen können. Und das berührt ein Thema, das mich insgesamt umtreibt: Nähe. Wir müssen uns ja die Frage stellen, wie sich die Kultur in den nächsten Jahren entwickeln, wie sie es durch die Zeit schaffen wird. Ein wichtiger Punkt wird die Kollaboration sein, das zeitweilige Zusammenrücken und Zusammenarbeiten auch unterschiedlicher Sparten. Das ist ein Trend bei den jüngeren Kulturschaffenden, das interdisziplinäre Denken, das über die Sparten hinwegdenken, gerne auch digital. Ich glaube, dass das noch zunehmen wird, dass das noch fluider wird. Raus aus dem Althergebrachten, raus aus der Sparte, raus aus dem Gewohnten, neue Räume erschließen, anders mit dem Publikum umgehen, anders mit Kunst umgehen, nahbar sein. So ein bisschen diese Heiligkeit von Kunst ablegen. Und darüber Innovationen kreieren, die dann durchaus auch wirtschaftliche Innovationen sein können.

Braucht die Kultur eigentlich unbedingt die großen Leuchttürme?
Die alte Diskussion …

Ich habe immer die Angst, dass diese Konzentration auf die großen Leuchttürme dazu führen kann, dass die vielen kleinen Laternen vergessen werden. Und dann erlischt so ein großer Leuchtturm und in der Fläche ist auch nicht mehr viel Licht übrig. Wie sehen Sie das?
Ich finde tatsächlich, dass eine Stadt auch dadurch bestechen kann, dass sie ganz viele kleinere Lichter hat. Natürlich, man braucht die Leuchttürme, weil sie als Zugpferde fungieren. Das ist auch ein Faktor beim Marketing von Städten. Und man muss ja auch feststellen, Events, die so einen „Wow-Effekt“ haben, die lassen uns alle nicht kalt. Aber ich bin auch einverstanden, wenn gesagt wird, dass wir uns nicht allein auf diese Leuchttürme konzentrieren sollten. Denn ich glaube, die notwendige Flexibilität, die ich eben beschrieben habe, die finden wir tatsächlich bei den kleinen Lichtern. Unsere Vielfältigkeit in der Fläche in Hannover ist ein großes Pfund. Wir haben hier so viele unterschiedliche, wunderschöne Projekte nebeneinander. Wir haben einen Knabenchor und einen Mädchenchor, und dann haben wir ein PLATZprojekt, wir haben ein Graffiti-Festival – wie abgefahren ist das eigentlich? Oder nehmen wir das up-and-coming Film Festival, ein totaler Schatz. Vieles in Hannover ist toll und auch wirklich besonders, wir sind nicht umsonst UNESCO City of Music. Ich denke, wir müssen noch weiter raus aus der Bescheidenheitsnische. Wir können uns ruhig ein bisschen selbstbewusster präsentieren. Das habe ich erst neulich wieder bei der letzten KUBUS-Ausstellung gedacht. Man kann hier zwar nicht mehr Kunst studieren, aber es gibt in Hannover junge Leute, die tolle Kunst machen und präsentieren.

Ich mag ja das Prinzip der Gießkanne. Kleine Mittel können klug eingesetzt große Effekte erzielen. Ich finde zum Beispiel, dass sich unsere Kunstszene nach Einführung der Projektraumförderung sehr positiv entwickelt hat.
Man muss genau hinsehen, ob die Tropfen zur Blüte führen oder auf dem heißen Stein verdunsten. Auch die Gießkanne sollte kein willkürliches, sondern wirksames Prinzip sein. Bei der Atelier- und Projektraumförderung ist das voll aufgegangen. Aber das lässt sich nicht einfach 1 zu 1 auf andere Bereiche übertragen. Das Thema Förderinstrumente ist wie schon gesagt ein zentrales. Und es ist auch ein Wunsch von mir, das mit den Kolleg*innen zusammen stetig anzusehen. Um zu diskutieren und zu evaluieren, was gut läuft und wo wir uns vielleicht neu und zukunftsfähiger aufstellen müssen, wo wir noch einmal besser beraten können, wo wir vielleicht mit Drittmitteln arbeiten können, usw. Und wer fördert eigentlich was in Hannover? Können wir uns vielleicht stellenweise mit anderen Förderern vernetzen? Es gibt ja so einige in Hannover, Niedersachsen und auf Bundesebene. Ich würde gerne den Wissenstransfer noch weiter verbessern, weil das auch die Qualität unserer Beratung steigert. Und die Qualität wird wichtiger werden, gerade weil absehbar die Mittel nicht mehr werden.

Ich habe bei der Frage zu Kürzungen eine sehr klare Haltung, ich lehne das vollständig ab und wünsche mir sogar mehr Geld für die Kultur, gerade auch in Krisenzeiten. Man sollte nicht dort sparen, wo ohnehin schon sehr viel prekär und nur mit größter Selbstausbeutung funktioniert, oder?
Ich würde mir tatsächlich wünschen, dass Kultur eine Pflichtaufgabe wird und keine freiwillige Aufgabe ist. Und dass sich das von der Schule an verankert im Bewusstsein der Menschen, dass Kultur etwas ist, was wir Menschen brauchen, um Menschen zu sein.

Es gibt bei der Diskussion um Kürzungen ja immer die Fraktion, die dann generell den Wert von Kunst und Kultur bezweifelt. Gerne wird zum Beispiel gesagt, dass die Sanierung von Schultoiletten doch viel wichtiger sei. Was halten Sie von solchen Diskussionen und Vergleichen?
Das ist eine totale Falle, solche Dinge ins Verhältnis zu setzen. Ich würde mir generell wünschen, dass man mehr Vertrauen in die Kultur hat. Weil sie als gesellschaftlicher Kitt wirksam sein kann, als Ort für Glück und Unglück, als Raum, über sich selbst hinauszuwachsen. Und erwiesenermaßen hat Kultur natürlich auch eine Wirtschaftskraft. Übrigens auch in dem Sinne, dass eine frühe kulturelle Förderung in den Kindergärten und Schulen ganz sicher eine Zukunftsinvestition ist. Machen wir mal ein Gedankenexperiment. Wir stellen gerade der Bundeswehr 100 Milliarden zur Verfügung. Was würde wohl passieren, wenn wir der Kultur 100 Milliarden zur Verfügung stellen? Ich wäre gespannt, was die Kultur daraus machen würde. Ich staune schon immer, was manche aus 100 Euro machen. Daraus wird im kreativen Prozess oft etwas ganz Fantastisches. Das lässt mich immer wieder staunen, wenn ich Kultur erlebe. Dass das möglich ist, diese unfassbare Wertschöpfung. Darum würde ich mir von den Kulturakteur*innen auch deutlich mehr Selbstbewusstsein wünschen. Ich weiß, dass das schwierig ist, wenn man schon im Studium gesagt bekommt, dass man lieber parallel einen Taxischein machen sollte. Das ist nach Corona auch noch schwieriger geworden. Aber trotzdem dürfen sie alle den Rücken durchdrücken. Sie leisten tolle und wichtige Arbeit.

Was kann Kultur aus Ihrer Sicht bewirken in einer Gesellschaft?
Resilienz und Zusammenhalt. Und die Kultur kann alternative Lebensmodelle aufzeigen. Man kann dann das Eigene daran reflektieren, auch überdenken. Und die Kultur hat natürlich auch diese kathartische Funktion. Der Exzess ist – gerade wenn wir über Jugendkultur reden – total wichtig in unserer Gesellschaft. Auch der stille Exzess. Ich gehe durch mich hindurch, wenn ich Kultur erlebe. In diesem Sinne. Und ich erlebe mich selbst in Reaktion auf die Kultur. Das ordnet mich irgendwie. Das ist oft so ein Moment der Selbsterkenntnis. Man gelangt über die Kunst und Kultur in eine andere Sphäre. Wenn man abschweift, in einem Konzert, in einer Ausstellung. Als würde plötzlich etwas nach einem greifen. Und dieses „ergriffen sein“ führt einen dann wieder zu sich selbst zurück. In dem Sinne, dass sich vielleicht auch die Absurdität des Lebens spiegelt, wenn man so an das eigene Hamsterrad denkt. Das ist dieser Moment im kulturellen Erleben, wenn man innehält und sich darüber klar wird, wer man ist. Oder wie kurz man da ist. Kultur ist, was wir voneinander erben und hinterlassen. In Geschichten, Bildern, Klängen… Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.

Interview:
Lars Kompa

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