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Der Freundeskreis im Gespräch mit Nico Röger und Martin Polomka

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Der Freundeskreis im Gespräch mit Nico Röger und Martin Polomka


Nico Röger & Martin Polomka

In diesem Monat haben wir uns mit Nico Röger (NR), dem Geschäftsführer von Hannover Concerts, und mit Martin Polomka (MP), dem Geschäftsführer von Trend ID, getroffen und über die Entwicklung von Hannovers Eventszene sowie das Image der Stadt gesprochen.

Fangen wir damit an, dass ihr euch kurz vorstellt: Wer seid ihr und was macht ihr?
MP – Ich bin Martin Polomka, 41 Jahre jung. Ich mache seit über 20 Jahren Veranstaltungen, war zehn Jahre als DJ tätig und habe jetzt seit 14 Jahren die Firma Trend ID. Als DJ bin ich in vielen Diskotheken in Hannover gewesen, dann in Deutschland und auch europaweit. Irgendwann habe ich angefangen, selbst Partys zu organisieren – und habe dann mit meinem Booker zusammen Trend ID gegründet. Wir hatten von Musik über Grafikdesign bis Veranstaltungstechnik so alle wichtigen Bausteine, nur bezüglich Gastro hatten wir gar keine Ahnung. Das hat dann teilweise meine Mutter gemacht, mein Cousin oder mein Onkel. Wir haben also alles von der Pike auf aus der Praxis gelernt und sind dann langsam größer geworden. Angefangen haben wir mit Weihnachtsfeiern für Firmen, dann kam nach acht Jahren die Baggi hinzu, nach zehn Jahren das Palo, nach zwölf Jahren dann das RP5. Und heute machen wir 400 Events im Jahr und haben einen Pool von ungefähr 120 Mitarbeitern, davon 18 feste Mitarbeiter. Wir sind IHK zertifiziert und bilden aus – und nebenbei halte ich Vorträge an verschiedenen Schulen oder Einrichtungen.

NR – Ich bin Nico Röger, 37 Jahre jung, geschäftsführender Gesellschafter von Hannover Concerts. Ich erinnere mich, dass mich Konzerte und das Event Business schon als Kind fasziniert haben. So ist mir eine Anekdote aus der Grundschule im Gedächtnis – die Frage nach unserem Berufswunsch beantwortete ich damals mit „Manager, wie mein Onkel“. Zur Erläuterung: Mein Onkel war Manager von Pur, die damals den deutschen Popmarkt eroberten. Ich durfte dann oft bei den Konzerten dabei sein und habe es von Anfang an geliebt, zumal ich tatkräftig mithelfen durfte – vom Plakate kleben, über Dixi-Toiletten aufstellen bis hin zum Rasen abdecken. Für mich war im Grunde immer klar, dass ich in die Veranstaltungsbranche möchte. Nach der Schule schloss sich einer kaufmännischen Ausbildung im Einzelhandel in einem Mannheimer Sporthaus schließlich eine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann an. Die Kontakte nach Hannover kamen über meinen Onkel zu Wolfgang Besemer, dem Gründer von Hannover Concerts und meinem späteren Mentor und Ziehvater, zustande. Wolfgang Besemer und dessen Partner Michael Lohmann führten mich von der Pike auf in das Business ein. Da ich mich in Hannover zudem privat sehr schnell wohlfühlte, wurde ich hier sesshaft.
Seit dem plötzlichen Tod von Wolfgang Besemer gehöre ich der Geschäftsführung des Unternehmens an, das ich 2015 schließlich übernahm. Derzeit veranstalten wir mit einem festen Team von 35 Angestellten jährlich rund 500 Konzerte und Events. Darüber hinaus betreiben wir Veranstaltungsstätten wie die Gilde Parkbühne, die Swiss Life Hall, das Capitol und das Theater am Aegi.

Wenn über die Kultur einer Stadt gesprochen wird, liegt der Fokus oftmals erst einmal auf der Hochkultur, also beispielsweise bei der Opern, den Museen. Wie empfindet ihr eure Sichtbarkeit in der Kulturszene?
NR – Ich glaube, wir tun beide sehr viel für die Kultur in Hannover. Vor allem tragen wir zu einer großen Vielfalt bei. Als Wirtschaftsunternehmen, das einen maßgeblichen Anteil an der Pop Kultur der Stadt hat, müssen wir selbst für Sichtbarkeit sorgen. Das ist unser Job. Im Endeffet leben wir Kultur.
MP – Ich glaube, dass es gar nicht darum geht, Kultur einzunorden in irgendeine Nische, sondern darum, dass wir viele Menschen bewegen. Wir wollen etwas erzeugen, das die Menschen von ihrem Alltag abschalten lässt. Wir wollen eine Plattform schaffen, wo man sich trifft und einfach eine gute Zeit hat. Wir können als Hannover froh sein, dass wir so einen Konzertveranstalter haben. Das ist ein sehr großer Mehrwert gegenüber vielen anderen Städten, denn wir müssen nicht reisen, sondern haben es vor der Haustür. Das muss man zu schätzen wissen, sage ich ganz klar.

Wie sieht das in Zahlen aus? Während der Pandemie gab es ja erhebliche Einschränkungen. Habt ihr euch davon mittlerweile erholen können? Wie blickt ihr auf die Zeit zurück?
NR – Damals, als die Pandemie begann, hat mir kaum jemand geglaubt, als ich sagte, dass uns Covid bis 2026 beschäftigen wird. Jetzt, 2024, spüren wir immer noch die Auswirkungen der Pandemie. Sicher, die Kultur ist zurück, die Veranstaltungen finden statt, die Leute sind bereit, auf Konzerte zu gehen, und haben Spaß … aber es ist trotzdem ein großer Spagat für uns, denn die Kosten sind in allen Bereichen explodiert. Wir reden über stark gestiegene Personal- und Produktionskosten sowie höhere Künstlergagen. Auch das Kaufverhalten der Fans hat sich seit Cotona verändert. 2019 waren wir auf dem Peak. Nahezu jede Show, die wir ankündigten, lief gut. Das hat sich seit dem Restart geändert, das Publikum ist wählerischer geworden. Aber ich möchte mich keineswegs beschweren, der Markt ist dabei sich wieder zu normalisieren und ich blicke voller Freude und Zuversicht in die Zukunft. Ich bin dankbar dafür, dass wir unseren Job wieder ausüben dürfen und weiter an unserer Leidenschaft, an Musik, arbeiten können.
MP – Erstmal hatten wir ein riesengroßes Fragezeichen als die Pandemie losging, da war ja der Stecker gezogen. Du durftest keine Diskothek mehr machen, keine Veranstaltung. Und wir saßen da wirklich erst einmal und dachten: „Okay, das war’s.“ Nach Corona hatten die Diskotheken nochmals einen richtigen Schub: Da wollte man gefühlt alles nachholen. Das war super. Das ging aber nur drei bis vier Monate und dann hat sich das auch relativ schnell wieder normalisiert. Und seit einem Jahr haben die Diskotheken ein riesengroßes Problem in Deutschland. Also von den 1.500 Diskotheken, die in Deutschland organisiert sind, haben dieses Jahr 589 Diskotheken geschlossen – also mehr als ein Drittel aller Diskotheken haben zugemacht. Das ist eine Entwicklung, die natürlich sehr schwierig ist und die wir auch in Hannover merken. Der Gast positioniert sich im Vorfeld klar, was er abends macht: Diese Nachtschwärmer, die erst ins Kino gehen, essen gehen, in eine Bar gehen und dann noch einmal im Palo eine Stunde Party machen – die gibt es nicht mehr. Dadurch bauen wir unsere Läden gerade massiv um. Die Baggi als reine Diskothek gibt es ab September nicht mehr. Es wird mehr eine Eventlocation werden, da wird es auch mal Konzerte gben, da werden Tagungen stattfinden und da wird auch mal gar nichts los sein – weil wir klar sagen müssen, dass „Tür auf und Disco“ momenten zu schwierig ist. Der Altersdurchschnitt liegt bei 18 bis 25 Jahren. Da sind wir genau in dieser Corona-Generation, die gelernt hat, dass es zu Hause auch cool ist. Wir haben zum Beispiel einen Auszubildenden bei uns, der ist 20 und samstagabends mit ein paar Kumpels zu Hause, die kochen, gucken Tiktok und saufen. Das ist ganz anders als in meiner Jugend.

Warum ist denn das Feiern etwas Wichtiges, das auf keinen Fall verschwinden sollte?
MP – Ich sag mal so: Die Leute haben schon immer gefeiert. Das Schöne an dieser Entwicklung ist, dass man hier in Hannover gerade versucht, das Nachtleben ein bisschen neu zu strukturieren. In der Stadt gibt es jetzt auch einen ganz neuen Wettbewerb. Unheimlich viele Bars und Restaurants machen jetzt auch Partys und wir haben dadurch einen neuen Mitbewerber am Markt. Insgesamt kann man diese Situation sehr schwer deuten. Ich glaube, dass sich das Leben generell verändert hat. Nico hat schon gesagt, dass steigende Kosten natürlich auch ein Thema sind. Man schränkt sich ein, man sucht sich seine Highlights raus, die Menschen reduzieren ihren Spaßfaktor, weil das Wesentliche immer teurer wird. Es ist ein Mix aus allem: ein bisschen Corona, ein bisschen die aktuelle wirtschaftliche Situation und vielleicht auch der Markt an sich. Es gibt gerade eine ganz, ganz große Findungsphase in unserer Branche.

Hat sich denn das Verhalten von Konzertgänger*innen ähnlich verändert wie das von Discobesucher*innen?
NR – Ich kann lediglich für den Konzertmarkt sprechen. Der verändert sich permanent. Wie bereits erwähnt, kaufen die Fans gezielter Tickets. Zudem ist das Publikum deutlich sensibler geworden, was sich in Zeiten von Social Media in der Beschwerdekultur widerspiegelt. Wir nehmen das sehr ernst, denn das Wohl, die Gesundheit und Sicherheit unserer Gäste genießen bei uns die höchste Priorität. Diese Veränderungen beim Publikumsverhalten werden zum Beispiel im Sommer immer klarer, weil die Wettersituationen immer unkalkulierbarer sind. Wir müssen Lösungen dafür haben. Gerade erst beim Konzert von Roland Kaiser mussten wir wegen einer Gewitterwarnung praktisch aus dem Nichts den Innenraum evakuieren. Ähnliche Situationen hatten wir seinerzeit bei Ed Sheeran und ganz speziell beim Jahrhundertkonzert von Guns N’ Roses auf dem Messegelände. Unter dem Strich gibt es eine Menge Faktoren, die sich im Laufe der Zeit verändert haben. Man muss sich jeden Tag neu erfinden, neue Ideen, neue Formate entwickeln. Fakt ist, dass ich mich seit Corona stärker mit Gleichgesinnten, Mitbewerbern, Partnern und Kollegen austausche.
MP – Es gibt zum Beispiel auch Künstler*innen, die bei uns Aftershowpartys machen. Das heißt, Sie spielen ein Konzert bei Hannover Concerts und dann gehen sie zum Feiern zu uns. Auch darüber kommen wir immer wieder in Kontakt. Und das ist ja auch gut so, dass man sich – wenn man zusammen in einer Stadt ist – einfach auch mal kurz austauschen kann und hier miteinander wirkt.

Jetzt, da das Stichwort Austausch gefallen ist, kommen wir noch einmal zum Freundeskreis: Mit welcher Intention seid ihr eingetreten und wie ist eure Erfahrung bislang?
MP – Ich wurde von Hajo angesprochen und seitdem bin ich dabei. Dann gibt es mal eine kleine Aktion hier, eine kleine Aktion da – und das unterstützen wir gern. Das, was ich mit Nico habe, benötigen wir ja in mehreren Bereichen der Stadt: ob jetzt Logistik, Infrastruktur, Gastronomie oder was auch immer. Da kann ein Netzwerk wie der Freundeskreis nicht schaden. Es kann nur von Vorteil sein.
NR – Absolut. Natürlich sind der Kontakt, der Austausch und das Miteinander gerade in einer Stadt wie Hannover wichtig. Und deswegen ist Hannover auch so besonders und so schön. Man hat kurze Wege, jeder kennt jeden und so kann man sich über verschiedene Themen austauschen. Das ist einfach super und hilft auch immer. Und am Ende arbeiten wir alle immer an einem Projekt: nämlich die Stadt wunderbar zu machen und etwas Tolles für den Ort, an dem wir leben, zu tun. Ich glaube, Hannover hat in dieser Hinsicht einen Vorbildcharakter. Der Zusammenhalt hier ist spürbar. Das kenne ich ganz anders aus anderen Bereichen und anderen Städten.
MP – Wir haben nur dieses „Hannover-Problem“. Wir machen uns immer kleiner als wir eigentlich sind, alle. Ich habe so viele Freunde und Bekannte, die nach Hannover kommen und eigentlich sagen: „Ey, eigentlich ’ne geile Stadt. Aber ich hatte immer so einen schlechten Eindruck.“
NR – Das habe ich früher schon in Heidelberg gespürt, als ich sagte, dass ich nach Hannover ziehe, wurde ich ungläubig gefragt, warum ich denn ausgerechnet dorthin gehen wolle? Wir müssen viel selbstbewusster auftreten, denn Hannover ist eine wunderbare Stadt. Eine Stadt wie keine andere, aus meiner Sicht. Es gibt unheimlich viel zu erleben.
MP – Bin ich voll dabei. Wenn man sich anguckt, was hier alles passiert: Konzerte, Sportveranstaltungen, Kulturveranstaltungen. Du hast ja eigentlich für die Region Hannover, um die es am Ende ja geht, viel zu viele Angebote. Das liegt aber daran, dass wir einfach ganz gut aufgestellt sind als Stadt. Das muss man mal so klar sehen. Das geht immer ein bisschen unter, weil das für uns irgendwie schon Normalität ist.
NR – Ich war wirklich erstaunt, als ich hierherkam. Ich bin in einem Nachbarort von Heidelberg aufgewachsen und da ist man mal nach Heidelberg gefahren oder nach Mannheim feiern gegangen … Und dann kam ich hier in Hannover an und habe damals in der Steintorfeldstraße direkt hinterm Hauptbahnhof gewohnt. Ich kannte das nicht, dass man jeden Abend unterwegs sein konnte. Ich war total baff. In dieser Stadt ist immer etwas los. Sie lebt und sie hat ein derart vielfältiges Angebot, das in Relation zur Größe und Einwohnerzahl ihresgleichen sucht.
● CK/LD

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