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Ein offener Brief an Markus Söder

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Ein offener Brief an Markus Söder


Lieber Markus,

wir sind’s. Kurz vor der Wahl mit herzlichen Grüßen und ganz viel Hochachtung. Du bist echt ein Profi, du bist der Harry Kane der Politik, du netzt sie alle ein.

Klar, zuletzt haben die Umfragen nicht ganz so schön ausgesehen, da war die Geschichte mit diesem Nazi-Quälgeist, der in deiner Staatskanzlei rumspukt und nicht freiwillig verschwinden wollte und der dich jetzt wahrscheinlich auch noch einige Stimmen kosten wird, der Depp, der damische.
Aber sei’s drum, Schwamm drüber, man muss auch mal verzeihen können. Und du musstest dir bei der Geschichte ja auch selbst treu bleiben. Du brauchst den zum Regieren. Punkt. Prinzipientreue ist ja nichts, was man zwischendurch mal so leichtfertig über Bord wirft. Und du willst die Macht, dafür tust du wirklich alles, das ist dein Prinzip. Also Schwamm drüber. Der damische Depp hätte in Erding auch den rechten Arm ausstrecken und das Horst-Wessel-Lied anstimmen können, du hättest ihm im Zweifel auch dann noch eine zweite Chance gegeben. Oder nicht?

Naja, vielleicht auch nicht, je nachdem, was so die Mehrheit dazu gesagt hätte. Wenn die Mehrheit gesagt hätte, der Depp, der damische, hat doch nur eine Fliege vertreiben wollen und bei dem Lied hatte der Wind die falsche Seite im Liederbuch aufgeweht, dann hättest du bestimmt gesagt, okay, im Zweifel für den Angeklagten.
Aber ist ja jetzt auch einerlei, die Chose ist gelaufen, er wird dir erhalten bleiben. Die Frage ist nur, wie groß der Zwerg an deiner Seite demnächst wird. Und da ist jetzt kämpfen angesagt. Vielleicht kannst du ihm ja noch ein paar Stimmen abjagen bis zum 8. Oktober. Und der AfD eventuell auch. Versteht man irgendwie auch gar nicht, oder? Warum wählen die nicht das Original, also dich?

Aber du wirst es schon noch richten. Denn du weißt, was die Leute hören wollen. Man muss den Menschen einfach aufs Maul schauen und sie bedienen, sie bei ihren niederen Instinkten abholen. Als Politiker ist man halt auch Dienstleister. Also ist die erste Botschaft, dass Bayern einfach geil ist, das bessere Deutschland, zweitens dass die Ampel in Berlin mit dem Teufel höchstpersönlich im Bunde ist, drittens dass dieser Teufel die Grünen sind, diese Miesmacherpartei, die alles verbieten will, Fleisch, Verbrennungsmotoren, normale Familien, Gasheizungen, Werbung für Süßigkeiten, verständliches Deutsch, Böller, Atomkraftwerke, Fracking und sogar das Pony-Reiten auf der Wiesn, viertens dass die sich ihre Umerziehungspläne Richtung Wokeness und Gendern mal sonst wohin schieben können und fünftens dass in Bayern die Welt heile bleibt, solange du noch was zu sagen hast.
Solange du was zu sagen hast, wird sich in Bayern gar nichts ändern. Versprochen!
Und wenn die Idioten in Berlin zu viele Ausländer reinlassen, dann kontrolliert Bayern eben ganz allein seine Grenzen. Das wäre ja wohl gelacht.

Es ist immer wieder eine Freude, dir im Bierzelt zuzuhören. Wie du die ganze Klaviatur bedienst, wie du alle Hits anspielst. Wie du um die Macht kämpfst, um jeden Preis. Charakter? Ist was für Anfänger. Brauchst du nicht. Stört nur. Werte? Hast du jede Menge in der Hinterhand, je nachdem, was gerade so gefragt ist. Skrupel? Hast du Null. Du hast einfach das Spiel verstanden. Die Mehrheit der Menschen ist denkfaul, die wollen ihre Ruhe, die wollen ihre Wurst grillen und mit dem SUV samstags in den Baumarkt, die wollen nicht die Welt retten, die wollen aufs Oktoberfest und am Stammtisch ein bisschen, nur ein bisschen ausländerfeindlich reden dürfen. Und tja, das ist dann eben so. Wer Ministerpräsident bleiben will, der muss diese Realitäten einfach akzeptieren und auch verinnerlichen. So gewinnt man heute Wahlen. Wir drücken dir wirklich von Herzen alle Daumen.

VA

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