„Die Erfindung der Langsamkeit. Oder: Ruhe, bitte!“ lautet der Titel von Maura Eccos Bild aus dem Jahr 2021, das zu seinem Zyklus „Friedhof – Ein Ort, der mich erdet“ zählt. Entstanden ist es im japanischen Sapporo, wo Ecco die Vorzüge der naturalistischen Pleinairfotografie für sich entdeckte.
Ecco fotografierte die gemächlich auf den Strand zurollenden Wellen kopfüber. Durch diesen turnerischen Kunstgriff bekommen sie die Anmut(ung) eines Vorhangs, der sich auf den Bühnenboden senkt, um zu signalisieren, dass nun Ruhe herrschen möge. Wie nappiert ergießen sich die Wellen von oben nach unten. Eine reduzierte Farbpalette, die sich auf Blau-, Grau- und Weißtöne konzentriert, überlässt dem eleganten Schwung des Wasserspiels den Vortritt im Buhlen um die Aufmerksamkeit des Betrachters.
In seiner Einfachheit erinnert das Foto an Höhlenmalerei, was nicht zuletzt dem Umstand zu verdanken ist, dass Ecco ein zartes Gespür für die Vorhangform entwickelt. Sublim codiert er die archaische Kraft des Meeres, als ließe sich diese vom Fallen eines Bühnenvorhangs zähmen, und schafft damit ein gleichermaßen bukolisch wie transzendent wirkendes Amalgam. Das Verknüpfen der Motive Vorhang und Meer mag überdies als Reminiszenz an Maurice Risch, den Mitbegründer der französischen Maritim-Soziologie, gelten.
Die Aufnahme wurde zuerst als großformatiger Fotodruck auf Holz veröffentlicht, damit ein kontemplatives Eintauchen in das Bildmotiv das Nachspüren des zentralen Bildthemas, nämlich Ruhe, erleichtert. Der Künstler verbildlicht hier Ruhe, jedoch nicht notwendigerweise Friedhofsruhe.
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