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Editorial 2024-10

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Editorial 2024-10


Liebe Leserinnen und Leser,

mir drückt der vergangene Wahl-September leider noch immer sehr aufs Gemüt. Was da passiert ist, entsetzt mich und macht mich gleichermaßen traurig und ratlos. Und ich weiß, während ich das schreibe, dass schon wieder einige an hübschen Leserbriefen feilen (Frauen aus der rechten Ecke schreiben mir nur ganz selten, darum hier „Leserbriefe“), um mir mitzuteilen, dass es nun sicher nicht mehr lange dauern wird bis zur „Machtergreifung“, und dass ich mit meinem linksgrün-versifften Blättchen dann einpacken kann. Und danach Arbeitslager oder Schlimmeres, die ganze alte Geschichte. Ich bin traurig, ratlos und entsetzt über die Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, weil mir alle Reportagen aus diesen Ländern Menschen gezeigt haben, die mit einer krassen Dämlichkeit gesegnet sind und sich bei politischen Fragen durch infantilste Unkenntnis hervortun (so ähnlich wie die Leserbriefschreiber aus der rechten Ecke). Ich meine das gar nicht beleidigend. Es ist einfach eine Beschreibung dessen, was ich gesehen habe. Nur ab und an war mal jemand dazwischen, der nicht der Meinung war, dass man die Grünen aus dem Land jagen sollte, zusammen mit allen Menschen, die irgendwie „fremd“ aussehen.

Wisst ihr was? Schluss damit! Ich mag mich mit diesem (Entschuldigung) Scheiß nicht mehr beschäftigen. Für mich habt ihr sie nicht mehr alle. Wenn es euch gefällt, gemeinsam zu marschieren, gemeinsam andere Menschen zu hassen, wenn ihr euch nach Führung sehnt, dann ist es vielleicht einfach höchste Zeit, sich einen guten Therapeuten zu suchen. Aber an den Urnen habt ihr echt nichts verloren.

So, das musste ich kurz loswerden, bevor ich zum Titelinterview in dieser Ausgabe komme. Ich habe mit André Lawiszus gesprochen, dem neuen Geschäftsführer bei der Hannover Veranstaltungs GmbH, Nachfolger von Hans Nolte, der im vergangenen Monat den Staffelstab übergeben hat. André ist jetzt unter anderem hauptverantwortlich für das Maschseefest. Und mir ist während des Gesprächs mit ihm mal wieder eines sehr klar geworden, nämlich wie wichtig die Kultur in Gänze ist. Manche finden ja, so ein Maschseefest, das sei nicht wirklich Kultur. Dass sei einfach „nur“ Party. Ich sehe das anders. Wenn Menschen sich begegnen, wenn Menschen friedlich miteinander feiern, dann ist das Kultur. Eine sehr schöne Kultur. Hannover ist eine Stadt mit unglaublich vielen Veranstaltungen, großen und kleinen, wir haben sehr viele Orte der Begegnung. Wir haben die großen Leuchttürme und die vielen kleinen Laternen. Kulturell leuchtet Hannover in der Fläche angenehm hell.

Darüber dürfen wir uns ruhig freuen. Denn unsere Kultur macht uns ziemlich widerstandsfähig gegen rechte Tendenzen. Einen Erfolg der AfD wird es in Hannover jedenfalls nicht so schnell geben, da bin ich mir einigermaßen sicher. Und das verdanken wir auch den vielen großen und kleinen Festen, die wir fast jeden Tag in Hannover feiern. Das Interview mit André beginnt auf Seite 52.
Viel Spaß mit dieser Ausgabe!

● Lars Kompa
Herausgeber
Stadtkind

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Editorial 2024-09

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Editorial 2024-09


Liebe Leser*innen,

nachdem ich in der vergangenen Ausgabe hier an dieser Stelle die FDP „krass gebasht“ habe, wie ein Leser schrieb, möchte ich mich in dieser Ausgabe nun lieber angenehmeren Inhalten widmen (womit ich natürlich nichts, wirklich gar nichts von meiner Kritik an der FDP in ihrer aktuellen Ausrichtung zurücknehme, damit wir uns nicht falsch verstehen).

Aber Moment, vielleicht ist die FDP gar kein so schlechter Ausgangspunkt, um über „Was mit Herz“ zu schreiben. Die Liberalen wünschen sich, wenn ich das alles richtig verstanden habe, möglichst wenig Staat und eine möglichst freie Wirtschaft, die FDP setzt auf die Selbstregulierung des Marktes, auf Wettbewerb, darauf, dass man sich mit Fleiß, Ehrgeiz und Qualität durchsetzt, dass man selbst seines Glückes Schmied ist.
Und wenn das alles gut funktioniert, wenn es rund läuft, wozu auch gehört, dass die Bürokratie möglichst auf ein Mindestmaß zurückgefahren wird (worüber wir teilweise ja gerne sprechen können), dann sorgt der Markt für fortwährendes Wachstum. Und dieses Wachstum wiederum sorgt
hierzulande für Wohlstand. Wachstum ist also von ganz zentraler Bedeutung, kein Wachstum ist für die FDP das Worstcase-Szenario. Ich hoffe, ich habe das halbwegs richtig zusammengefasst.

Nun kann man bei dieser Idee vom fortwährenden Wachstum natürlich ein bisschen skeptisch sein.
Erstens, weil die Anzahl unserer Erden genau 1 ist und weil alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dieser Welt einhellig beklagen, dass wir schon längst drüber sind, dass noch mehr Wachstum unseren Planeten zuverlässig immer mehr zugrunde richtet.
Zweitens könnte man anmerken, dass der Wohlstand bei so einer entfesselten Wirtschaft leider nur in bestimmten Gebieten der Welt wächst, während in anderen Gebieten Not und Elend herrschen.
Drittens könnte man noch hinzufügen, dass Wohlstand an einem Ort leider auch ganz viel mit der Ausbeutung von Menschen und Ressourcen an anderen Orten zu tun hat. Und viertens könnte man auch noch darauf hinweisen, dass sich das Kapital immer mehr bei nur ganz wenigen Menschen ansammelt. Und wegen all dieser Einwände – es gibt noch einige mehr – wäre es vielleicht, nur vielleicht mal höchste Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, wie es Gesellschaften auch ohne fortwährendes Wachstum gutgehen könnte. Aber solche Fragen zu stellen, kommt in Deutschland
momentan noch der Ketzerei nahe. Wachstum ist nicht nur für die FDP eine heilige Kuh.
Über Null-Wachstum oder sogar ein gesundes Schrumpfen darf man nur sehr leise sprechen, zumindest winn man im politischen Geschäft weiter mitmischen will.

Und was hat das alles nun mit diesem Verein „Was mit Herz“ in der Nordstadt zu tun? Nichts, und genau das ist das Schöne. „Was mit Herz“ ist ein Gegenentwurf, es geht nicht um Wettbewerb, sondern um ein Miteinander, um Gemeinschaft, Freundschaft und Fairness, es geht nicht um Wohlstand, sondern um eine ausreichende Grundversorgung für möglichst alle, es geht nicht um Konsum und Luxus, sondern um Ressourcenrettung und ums Teilen, es geht nicht darum, besser zu sein als die anderen, sondern darum, es gemeinsam besser zu machen.

Von Michel Houellebecq ist 2005 ein sehr lesenswertes Buch mit dem deutschen Titel „Die Möglichkeit einer Insel“ erschienen. Keine Angst, ich steige jetzt nicht tiefer ein. Dieser Buchtitel ist mir in den Sinn gekommen, als ich mit Alina Zimmermann über „Was mit Herz“ gesprochen habe. Ich wünsche uns allen möglichst viele solcher Inseln.

Mehr über das bemerkenswerte Nachbarschaftszentrum in unserer Printausgabe im Gespräch mit Alina ab Seite 50.

Viel Spaß
mit dieser Ausgabe!

● Lars Kompa
Herausgeber
Stadtkind

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Editorial 2024-05

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Editorial 2024-05


Liebe Leser*innen,

Schon wieder eine Republik, nach der „ängstlichen“ im April folgt nun die „eiskalte“ zum Mai.
„Wenn alle zuerst an sich denken …“, so der Untertitel.
Und ich finde, das beschreibt ganz gut unsere Gesellschaft. Ich habe auf den Seiten 54 und 55 mal ein paar meiner Eindrücke zusammengetragen und die sind nicht unbedingt positiv.
Mir scheint, dass es in unserer Gesellschaft immer kälter zugeht, dass alle immer mehr zu Einzelkämpfer*innen werden, mit teils sehr spitzen Ellenbogen. Und ich bin überzeugt, dass das kein guter Trend ist. Wenn alle zuerst an sich denken, ist eben nicht an alle gedacht. Gesellschaften brauchen mehr als Konkurrenz und Konsum.
Wenn der Wettbewerb untereinander das Zusammenleben dominiert, dann freuen sich letztlich nur ein paar wenige, die gewinnen, der gesamte Rest bleibt über kurz oder lang frustriert und neidisch auf der Strecke.
Und Neid verengt leider die Herzen.

Wenn ich mir nun diesen Trend ansehe und vor diesem Hintergrund überlege, was unsere Parteien momentan veranstalten, dann läuft es mir tatsächlich noch eiskalter den Rücken herunter.
Statt für einen Gegentrend zu plädieren, statt sich einzusetzen für mehr Solidarität, für mehr Mitmenschlichkeit, wird lieber der Neid bedient.
Die CDU/CSU macht sich bereit, das Bürgergeld zu kassieren, man redet beinahe genüsslich von Sanktionen, mit denen man den „Faulen“ die Schmarotzerei demnächst austreiben will.
Und die Ampel beeilt sich im vorauseilenden Gehorsam zu versprechen, dass Faulheit natürlich weiter hart bestraft wird. Statt einfach mal festzustellen, dass das Problem der „Faulen“ in Deutschland lediglich ein Scheinriese ist.

Brauchen wir wirklich solche Debatten? Haben wir nicht ganz andere Probleme vor der Brust? Muss man jede Stimmung, die Mainstream scheint, als politische Partei mitgehen und aufnehmen? Kann man nicht einfach mal konstatieren, dass wir gelegentlich auch dazu neigen, die Sau ein bisschen zu aufgeregt durchs Dorf zu treiben?
Stattdessen kommt nun das FDP-Präsidium mit einem 12-Punkte-Plan für eine Wirtschaftswende um die Ecke, im dem es vor allem um Abstriche bei der Sozialpolitik geht. Deutschland soll also noch kälter werden, damit es allen wieder besser geht.
Eine ziemlich fragwürdige Logik. Und schon wieder droht damit der Bruch der Koalition. Während CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sich über inhaltliche Schnittmengen zwischen den Zielen der CDU und den FDP-Forderungen freut.

Aber gut, dann eben mehr vom Schlechten. Mehr ungehinderter Wettbewerb, mehr Egoismus, mehr freie Marktwirtschaft, mehr Konkurrenz, mehr spitze Ellenbogen.
Was ist denn eigentlich aus den ganz großen Ideen und Idealen geworden?
Gibt es noch irgendwelche Utopien jenseits von neoliberalen Phantasien einer Kleinstpartei in Deutschland?

Wie wäre es mit mehr Solidarität, mit mehr Fairness, mit mehr Gemeinschaft und mit mehr Gemeinwohl?
Ich würde mir wirklich wünschen, dass sich manche Parteien endlich besinnen in Deutschland.
Vielleicht auch die mit dem C im Namen. Die macht mir zunehmend Sorgen.
Letztlich geht es doch um die eine, die ganz große Frage: In was für einer Gesellschaft wollen wir leben? Wollen wir alle Team Christian Lindner sein und uns irgendwann ganz stolz über unseren Erfolg einen Porsche leisten?
Oder wollen wir uns lieber darauf konzentrieren, gemeinsam eine solidarische und warmherzige Gesellschaft zu bilden, in der niemand alleingelassen wird, in der Zusammenhalt für Sicherheit und Kontinuität sorgt?

Mir fällt die Antwort ziemlich leicht. Aber ich stehe auch nicht so auf Sportwagen.

Viel Freude mit dieser Ausgabe wünscht

● Lars Kompa
Herausgeber
Stadtkind

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Editorial 2024-01

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Editorial 2024-01


Liebe Leser*innen,

bekommt man das noch hin in dieser immer unübersichtlicheren Welt, die Unterscheidung zwischen Gut und Böse? Was ist richtig und was ist grundfalsch? Wie schärft man zwischendurch den eigenen Kompass? Wir haben uns dazu in dieser ersten Ausgabe des Jahres 2024 ab Seite 54 ein paar Gedanken gemacht. Für mich ist dieses Thema vielleicht eines der wichtigsten Themen der Zukunft. Denn die Frage nach Gut und Böse mündet aus meiner Sicht ganz automatisch in der Frage, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen?

In Deutschland, so zeigen momentan immer neue Umfragen, wünschen sich leider zunehmend mehr Menschen, dass es jedenfalls keine Demokratie mehr sein sollte. Man wünscht sich einen starken Führer. Eine Autokratie. Mindestens. Und ich lasse hier mal die weibliche Form für den Führer weg, denn ich glaube nicht, dass diese Leute sich eine Frau an der Spitze wünschen. Wenn ich mir ansehe, was bei den anstehenden Landtagswahlen in ein paar Monaten droht, bekomme ich tatsächlich Beklemmungen. Können Menschen denn wirklich so irre sein? Es scheint so? Was ist denn da falsch gelaufen?

Ich rätsele genauso wie viele andere. Klar, man kann vielleicht ein paar Gründe finden, die Überforderung durch all die Krisen und Konflikte, diese diffuse Bedrohung, auch durch den Klimawandel, die Angst macht, die Ebbe im Portemonnaie, dieses Gefühl, abgehängt zu sein und nicht das zu bekommen, was einem zusteht („während die Flüchtlinge alles hinterhergeschmissen bekommen“). Aber wählt man deswegen eine Partei, die für noch viel mehr Abgehängte sorgen würde? Man kann im Parteiprogramm der AfD nachlesen, was sie für die weniger gut ausgestatteten Menschen in Deutschland im Köcher hat: Gar nichts. Eher im Gegenteil.

Ich verstehe nicht, warum es den anderen Parteien nicht gelingt, die AfD zu stellen und zu entzaubern. Beziehungsweise verstehe ich schon, warum das nicht gelingt. Weil man sich fleißig vor den Karren der AfD spannen lässt. Aber warum? Warum kommt die CDU jetzt sogar noch mit der guten alten Leitkultur um die Ecke? Stacheldraht ums Hirn? Brauchen wir das? Ernsthaft, CDU? Nichts gelernt? Ich verzweifle allmählich an unseren Parteien in Deutschland.

Ich bin sehr gespannt auf dieses Jahr. Wird es noch schlimmer? Oder schaffen wir es, zumindest hier in Deutschland, das Rad wieder ein bisschen mehr in die andere Richtung zu drehen. Ich würde es mir für uns alle sehr wünschen.
In diesem Sinne ein „gutes“ neues Jahr!

Lars Kompa
Herausgeber Stadtkind

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Editorial 2023-10

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Editorial 2023-10


Liebe Leserinnen und Leser,

um Freiheit geht es in dieser Ausgabe in unserem Titelthema. Ein großes Wort. Und auch eine Verabredung, im Idealfall mit klaren Grenzen. „Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt“, hat Immanuel Kant gesagt.
Das ist schon beinahe so etwas wie ein Gesellschaftsvertrag.

Freiheit ist ein Begriff, der in unserer Gesellschaft fast inflationär verwendet wird, aber nur selten thematisieren wir die Bedeutung von Freiheit für unser tägliches Leben. Wir sind sie gewohnt, während sie in anderen Ländern längst gestorben ist. Freiheit ist kein abstraktes Konzept; sie ist im Grunde die Luft, die wir atmen, die Grundlage unserer Demokratie und die Triebkraft für Fortschritt und Wachstum. Sie bietet die Möglichkeit, unsere eigenen Entscheidungen zu treffen, unsere Überzeugungen zu vertreten und uns in einer Welt der Vielfalt und Differenzierung zu entfalten.
Die Geschichte hat gezeigt, dass Gesellschaften, in denen Freiheit gefördert wird, florieren und blühen. Freiheit inspiriert Kreativität, Unternehmertum und den Wunsch nach ständiger Verbesserung.
Wenn wir die Freiheit einschränken, ersticken wir nicht nur individuelle Ambitionen, sondern behindern auch den gesellschaftlichen Fortschritt. Freiheit ist kein Privileg, sondern ein grundlegendes Menschenrecht. Sie ist das Fundament unserer Gesellschaften und unserer individuellen Würde.

Und ich möchte das alles nicht missen. Ich fühle mich in Deutschland frei, nicht eingeschränkt, nicht zensiert, nicht beobachtet. Ich kann hier an dieser Stelle schreiben, was immer ich will. Ich kann Olaf Scholz für einen schlechten Kanzler halten und Christian Lindner für einen noch schlechteren Finanzminister, sie werden mich nicht morgen mit einer schwarzen Limousine abholen und ich werde auch nicht aus irgendeinem Fenster fallen.
Das droht nur, wenn ich den Antidemokraten meine Meinung sage, was ich an dieser Stelle hin und wieder tue. Dann bekomme ich unschöne Anrufe, manchmal auch handfeste Drohungen.

Ich habe mich entschieden, das nicht weiter zu beachten. Da rufen Idioten an – warum sollte ich mich auch nur eine Sekunde mehr mit diesen Leuten beschäftigen als ich muss. Diese Menschen sind mir ein Rätsel, und ich weiß, dass mit ihnen zu diskutieren mir nicht helfen wird, sie zu verstehen.
Gerade erst gab es wieder eine Rechtsextremismus-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung mit einer klaren Tendenz. Die Zahl der Idioten wächst. Es gibt tatsächlich Leute in Deutschland, die wünschen sich eine Diktatur und einen Führer.
Warum?
Das will irgendwie nicht in meinen Kopf. Wie erbärmlich und lebensunfähig muss jemand sein, um sich Unfreiheit zu wünschen?

Da ist echt drüber. Ich habe schon vor dieser Studie des Öfteren überlegt, wie hirnverbrannt man sein muss, um die AfD zu wählen. Wie schafft man es, Alice Weidel gut zu finden? Oder Bernd Höcke? Verstehe ich nicht. Aber sich eine Diktatur zu wünschen ist noch einmal ein Schritt mehr. Womöglich noch mit der Diktator-Doppelspitze Weidel/Höcke. Hoffentlich bekommt jetzt niemand Albträume. Was braut sich da bloß zusammen in Deutschland? Ist das wieder die alte braune Suppe?

Wenn ich solche Studien lese oder mir die aktuellen Umfragen ansehe, dann wird mir inzwischen wirklich übel. Ich weiß, viele winken ab. Die Zustimmungswerte für die AfD werden demnächst wieder sinken, alles nur ein Zwischenspiel, das höre ich ständig. Und Olaf Scholz spricht von einer Schlechte-Laune-Partei. Ich finde das grundfalsch. Und ich finde es genauso grundfalsch als Reaktion auf die guten Zahlen der AfD nun ebenfalls rechts zu blinken. Ich wünsche mehr Rückgrat in Deutschland. Es geht jetzt nicht darum, den Rechten alles nachzuplappern und rechte Light-Versionen anzubieten, es geht darum, den Rechten laut und deutlich zu widersprechen!

Viel Spaß mit dieser Ausgabe!

Lars Kompa
Herausgeber Stadtkind 

 

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Editorial 2023-09

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Editorial 2023-09


Liebe Leserinnen und Leser,

in den kommenden Stadtkind-Ausgaben werden wir uns ein paar Gedanken machen zu verschiedenen, ganz zentralen Begriffen wie Freiheit, Erkenntnis, Moral, Ideologie, Macht und Glück. In dieser Ausgabe interessiert uns die Würde. „Wie haben viel zu verlieren und noch mehr zu gewinnen“, so haben wir unseren Text überschrieben. Und das gilt wahrscheinlich für alles, was wir mit den hier genannten Begriffen verbinden. Was Freiheit bedeutet, fällt uns erst auf, wenn sie uns abhandenkommt, was Macht bedeutet, fällt uns erst auf, wenn sie missbraucht wird, um Menschen zu unterdrücken. Bei der Würde ist es genauso. Wir erkennen besonders klar, was Würde bedeutet, angesichts würdeloser Zustände. Dann erst leuchtet uns ein, dass wir verdammt viel zu verlieren haben.

Warum diese neue Titelserie? Ich finde, wenn die Welt mehr und mehr in Unordnung gerät, und wenn es darum auch in den Diskussionen immer unübersichtlicher wird, wenn unsere Gesellschaft stellenweise hysterisch überdreht, dann ist es höchste Zeit für ein bisschen Besinnung und Orientierung. Wo stehen wir, was ist eigentlich unsere Basis? Was ist wirklich wichtig? Um was müssen wir uns dringend kümmern? Um die Zentralheizung im Keller? Oder doch lieber um unsere Demokratie? Um unseren Zusammenhalt? Wenn ich mich momentan umsehe, bin ich mehr als besorgt. Aber nicht allein wegen des inzwischen sehr sichtbaren Klimawandels, wegen der vielen Kriege auf der Welt, wegen der Inflation, wegen unseres gefährdeten Wohlstands, ich bin besorgt, weil uns die richtigen Antworten zu fehlen scheinen, und weil sich immer mehr Menschen jenen zuwenden, die verkürzte Antworten bieten. Ich bin besorgt, weil der Kompass sich verstellt, weil wir in eine falsche Richtung driften. Ich bin besorgt, weil selbst jene, die es besser wissen müssten, inzwischen eher mal nach rechts blinken, weil man die Sorgen der Menschen ja ernst nehmen muss. Muss man das? Muss es nicht eher darum gehen, sich endlich darum zu kümmern, die Probleme zu lösen? Dann würden sich „die Menschen“ auch nicht mehr so viele Sorgen machen. Und sich auch nicht mehr umsehen nach vermeintlich Schuldigen für die Misere.

Die Probleme lösen, das können wir nur, wenn wir bei unseren Grundlagen einig sind. Wenn unsere Ziele übereinstimmen. Wenn wir klar haben, in was für einer Welt wir gemeinsam leben wollen. Wenn ich aber höre, was zum Bespiel Christian Lindner beim Thema Kindergrundsicherung in den vergangenen Tagen so verlauten lässt, dann habe ich arge Zweifel, ob sich das mit meinen Grundlagen deckt. Wenn ich den Argumenten unseres Finanzministers folge, dann scheint es so zu sein, dass die Eltern sich mehr Geld mutmaßlich nur in die eigene Tasche stecken würden. Was für ein absurdes Menschenbild. Welche Klischees, welche Vorurteile haben sich da in Linders Hirn festgesetzt. Kann er sich bitte mal mit ein paar alleinerziehenden Müttern zusammensetzen und das besprechen. Ob er so eine Runde wohl gesund überstehen würde?

Es ist gut und richtig, die unterschiedlichen Diskussionen in unserer Gesellschaft an genau solchen Punkten aufzunehmen. Was ist das grundsätzliche Problem? Was muss sich schnell ändern? Was kann man besser machen. Jedes fünfte Kind ist in Deutschland armutsgefährdet. Das ist eine Schande. Und ich möchte angesichts solcher Zustände nicht mit Christian Lindner darüber diskutieren, ob es Eltern gibt, die sich lieber Zigaretten kaufen als den Kindern Nachhilfeunterricht zu bezahlen. Eltern, denen die FDP auf der anderen Seite zugesteht, dass sie so verantwortungsvoll sind, dass sie niemals im Auto in Anwesenheit ihrer Kinder rauchen würden. Merkste selber, oder?

Viel Spaß mit dieser Ausgabe!

 

Lars Kompa
Herausgeber Stadtkind 

 

 

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