Tag Archive | "2022-03"

Neu in der Stadt im März

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Neu in der Stadt im März


Foto: LUHKletterCAMPUS
Nach knapp zweijähriger pandemiebedingter Schließung ist die Kletterhalle der Leibniz Universität Hannover wieder geöffnet: Seit dem 31. Januar können sich hier Kletterbegeisterte wieder zu den regulären Öffnungszeiten auspowern. Die kleine Kletterhalle am Moritzwinkel wird vom Zentrum für Hochschulsport der LUH betrieben. Neben Studierenden und Beschäftigten, der Hauptzielgruppe des Hochschulsports, sind aber auch externe Besucher*innen willkommen, die über Kletterkenntnisse verfügen. Der KletterCAMPUS bietet für das Seilklettern an den zwölf Meter hohen Kletterwänden unterschiedliche Routen mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden. Hinzu kommen Kurse für Anfänger*innen und Fortgeschrittene sowie spezielle Events wie Firmenveranstaltungen. Auch für Kinder und Familien hat der KletterCAMPUS Angebote im Programm. So gibt es Kurse, in denen Eltern das Sichern erlernen können, um selbstständig mit ihren Kindern klettern zu können. Außerdem können Kindergeburtstage in der Kletterhalle gefeiert werden. Eine Sauna ist ebenfalls auf dem Gelände zu finden. Der Besuch des KletterCAMPUS ist aktuell unter Einhaltung der 2G-Plus-Regel möglich. Alle weiteren Informationen gibt es unter www.hochschulsport-hannover.de/de/klettercampus. Am Moritzwinkel 6, 30167 Hannover, Gebäude 1806. Die derzeitigen Öffnungszeiten: Mo, Di und Do 16–22 Uhr, Mi und Fr 10–22 Uhr, Sa und So 12–18 Uhr. Kontakt über Tel. (0511) 762 14288 oder E-Mail: klettercampus@zfh.uni-hannover.de.

Foto: LUH

 

Ginger Sound
Lockdown macht erfinderisch: Da bei Hannover Concerts in den vergangenen zwei Jahren an einen geregelten Eventbetrieb nicht zu denken war, hat der geschäftsführende Gesellschafter Nico Röger sich eine „Schnapsidee“ einfallen lassen – und einen Bio-Ingwerlikör mit dem schönen Namen „Ginger Sound“ entwickelt. „Still sitzen und nichts tun ist nicht so mein Ding, und an Ideen mangelt es mir auch nie. Die einen haben während der Pandemie Bananenbrot gebacken, ich habe einen Ingwer-Likör entwickelt“, scherzt Röger. Für das entsprechende Know-how holte er sich den Gastronomen Peter Dührkoop mit ins Boot. Zusammen wurde in der Hannover-Concerts-Büroküche intensiv und mit viel Liebe am Rezept gefeilt: Ungefilterte Schärfe und das Aroma der peruanischen Ingwerknolle treffen hier auf 15-prozentigen Ingwergeist. Der Likör ist vielseitig einsetzbar, als Shot, Longdrink oder sogar erhitzt an kalten Tagen zu genießen. Bei der Herstellung wird sehr genau auf die Nachhaltigkeit der Zutaten geachtet. So stammt der verwendete Ingwer zum Beispiel von peruanischen Kleinbauern der demeter-Kooperativen La Grama und La Campina und wird in Handarbeit geerntet. Zunächst nur als Geschenk für Künstler*innen und Partner*innen aus der Branche gedacht, entwickelte sich Ginger Sound schnell zu einem beliebten Sommerdrink bei den Open-air-Konzerten von Hannover Concerts. Mittlerweile findet man das Getränk auch im Webshop auf www.ginger-sound.de.

Foto: Philip Zintarra

 

 

Ach wie fein  
Feine Babykleidung, Kinderzimmerdekorationen und jede Menge tolle Geschenkideen für die Kleinen – das gab es bislang nur in Celle. In der dortigen Altstadt ist der Family-Concept-Store „Ach wie fein“, der auf 200 Quadratmetern alle möglichen schönen Dinge rund ums Kind und Lifestyle versammelt, längst etabliert und freut sich über eine treue Stammkundschaft. Nun gibt es den Laden noch ein zweites Mal, wieder in der Altstadt – diesmal aber in der hannoverschen. Am 5. Februar hat der neue Standort an der Karmarschstraße seine Türen geöffnet und lädt seither zum Stöbern und Entdecken ein. Neben einem umfangreichen Kids-Fashion-Segment, das passende Stücke in Baby- und Kleinkindmaßen umfasst, gibt es auch ein großes Angebot an verschiedenstem Spielzeug, zum Beispiel Mobiles, Kuscheltiere und Puppen, Bilderbücher, Rasseln und Beißringe, aber auch Tipis und Canopys sowie Outdoorspielzeug. Mit Trinkflaschen, Essgeschirr, Lätzchen und Lunchboxen ist auch alles rund ums Thema Essen und Trinken abgedeckt. Roller, Laufräder und dazu passende Helme machen Lust auf den nächsten Ausflug, für den Mama oder Papa hier auch den richtigen Rucksack findet. Karmarschstr. 44, 30159 Hannover. Öffnungszeiten: Mo–Fr 10–18, Sa 10–16 Uhr. Mehr Infos auf www.achwiefein.de.

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Pizza Punks

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Pizza Punks


Punks und ihre Enkel essen Pizza, erst recht in Linden: Ein riesiges Graffiti an der Hauswand der ehemaligen Lindener Apotheke an der Einfahrt zur Limmerstraße verkündet nach 145 Jahren die freundliche Übernahme der Räumlichkeiten durch punkige Pizzabäcker. Das Hausmotto „Don’t forget to eat your lunch and make some trouble“ und das „Anarchie-A“ leuchten punk-pink von unverputzten Ziegelsteinwänden herab, der schnoddrige Charme zieht sich von der Papier-Speisekarte bis zu stilecht besprühten Sanitäranlagen und der Riesenterrasse durch den ganzen Laden. Draußen kann man ab Ende März im Schein der drei warmen „Leuchttürme“ bei neapolitanischer Pizza aus dem 500-Grad-Backofen und bunten Punk-Drinks oder (Craft) Beer vom Hahn die Freiluft-Saison genießen – Pizza mit Attitüde gibt’s rund ums Jahr am Tisch, im Karton oder per App nach Hause.

Im freizügigen Eingangsbereich kann man als To-go-Kunde die kurze Wartezeit (der Steinbackofen braucht nur 60 Sekunden, um einen Pizzafladen mit saftigem Kern und brötchenknusprigem Rand zu backen) am langen Tisch mit Barhockern oder auf der sitzkissengepolsterten Fensterbank verbringen und durch die Scheibe Linden-Szenen beobachten. Der Blick auf den Steinbackofen, vor dem zwei Italienisch schnatternde Sympathieträger flink hantieren (Cesare Morrone aus Kalabrien mit Pizzaschieber, ein grinsender Geselle mit -roller und Parmesanhobel), macht Appetit. Der Ausflug ins Herz des Szeneviertels lässt sich mit einer Abhol-Pizza auf dem Küchengarten oder „der Limmer“ bestens an, für Couchpotato-Punks bietet das Lokal über eine eigene App den Lieferdienst und aktivere Sons and Daughters of Anarchy machen es sich vor Ort auf weichen Lederstühlen bei Punk-Hintergrundmusik gemütlich.
Die GmbH „Kitchen Warriors“ aus England hat mit der Idee, die Subkultur als Marketing-Gag auszuschlachten, in Linden natürlich einen Volltreffer gelandet. Hier, wo sich alternder Hipster-Hase und Pseudo-Antifa-Igel gute Partynacht sagen, hat man sich publicityträchtig ins Gentrifizierungsgerede gebracht – ob die Rechnung trotz Farbanschlägen und schriftlicher Kommerzialisierungsablehnung („Wir sind Punk, ihr seid peinlich“) aufgeht, wird Betriebsleiter Nima Amiri aus Limmer schon kalkulieren können.
Als Kunde kann man bei der Pizza-Bestellung mit Folgendem rechnen: Neapolitanische Pizza schmeckt geil. Die Margherita (7,90 Euro) weist klassisch die San-Marzano-Sauce mit besonders fruchtigen Tomaten aus dem fruchtbaren Vulkanboden rund um Neapel auf. Neben Punks Vegetarian wie „Verdura“ mit Antipasti-Grillgemüse (10,90 Euro) und veganen Pizzen wie „Crema Zucchini“ (für 12,90 Euro) mit Zucchini-Kürbis-Creme, Brokkoli, Spinat, Olivenöl und fetziger, frisch gemahlener Punks-Würzmischung wird auch Pizza Bianca geboten. Beide Interpretationsformen – die toskanische mit weißer Trüffelcreme auf dem Pizzaboden (für 12,90 Euro sind bei der „Bianca Tartufo“ jede Menge frische Pilze darauf verteilt) oder die „blanke Pizza“ lediglich mit Öl und Knoblauch, wie in Süditalien an jeder Straßenecke serviert – sind verfügbar. Die „Gigante Salsiccia“ (11,50 Euro), sofort unser Liebling, kombiniert üppige Späne des 24 Monate gereiften Parmigiano Reggiano mit Fior di Latte, der Hauptzutat der echten Pizza Napoletana, mundgerechten Hackbällchen-Häppchen aus fantastisch gewürzter Fenchel-Salsiccia, bissfest gebliebenen Kirschtomaten und frischem Basilikum.
Dazu schenkt das junge, handzahme Kellnervolk ebenso freundliche Weine wie den Miranda Organic Rosé mit jugendlich-duftigen Aromen von Pink Grapefruit, Pomelo, Pampelmuse und Orange aus oder empfiehlt den etwas wilderen Primitivo di Manduria (Flasche 17,50 Euro) als perfekten Begleiter zu fleischigen Pizzabelägen: einen dunklen, dichten Wein mit gewürzbetonter Fruchtigkeit, die kumpelhaft Hand in Hand mit der Fenchel-Note unserer „Gigante Salsiccia“ einhergeht.
Weitere Natur- und Bioweine, typische Aperol-, Limoncello- oder Ginger-Beer-Drinks sowie alternative Ginsorten und Bier-Cider-Mischungen haben die Pizza Punks als ergänzende Stimmungsmacher zur Hand. Na dann mal Prost, salute und Punk Appetito!.
● Anke Wittkopp
Limmerstraße 2d
30453 Hannover
Tel. (0511) 899 388 71
Öffnungszeiten:
Di–Do 16–23 Uhr
Fr 16 Uhr bis Open End
Sa 12 Uhr bis Open End
So 12–23 Uhr

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GLORIOSUS – edel & süß

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GLORIOSUS – edel & süß


Glamouröse Wohnaccessoires, augenschmeichlerische Schalen und Vasen, duftende Blumensträuße und eine Auswahl köstlicher Schokoladen und Gins: GLORIOSUS – edel & süß versammelt viele bezaubernde Objekte. Im Juni 2020 erfüllte sich Thomas Papenberg einen langgehegten Traum und eröffnete in Hannovers Altstadt einen Laden, der sich ganz und gar dem Außergewöhnlichen widmet. Selbst eine verspielte Kuckucksuhr ist vorhanden – sie läutet den Anfang unseres Gesprächs mit einem munteren Vogelruf ein. 

Gut 20 Jahre lang spielte Thomas Papenberg mit dem Gedanken, sich mit einem eigenen Laden selbstständig zu machen. In dieser Zeit sammelte der gebürtige Hannoveraner Erfahrungen als Gärtner und Florist, studierte eine Zeitlang Innenarchitektur und war anschließend viele Jahre im Einzelhandel als Handelskaufmann tätig. Anfang 2020 sollte der Wunsch endlich in Erfüllung gehen, passende Räume hatte er am Marstall entdeckt – dann kam die Pandemie. „Ende Februar waren wir noch auf der Ambiente-Messe in Frankfurt, wo schon Gerüchte zum Virus kursierten“, erinnert sich Thomas. „Zu dem Zeitpunkt waren bereits die Handwerker in dem Laden zugange, und ich dachte mir: Solange wird das schon nicht dauern mit Corona … Es kam ja bekanntlich anders. Dennoch war es schön, sich in diesen aufreibenden Zeiten – gerade im ersten Lockdown – mit diesem Herzensprojekt beschäftigen zu können.“
In einer frühen Phase der Ideenfindung hatte Thomas noch ein völlig anderes Konzept für seinen Laden vorgeschwebt: Ein Café mit Künstlern hatte es ursprünglich werden sollen, für das er in Düsseldorf sogar schon eine gute Location gefunden hatte. Aus beruflichen Gründen ist „Artefactum“, wie das Café heißen sollte, aber nicht zustande gekommen. Und auch die Kernidee verschob sich mehr in Richtung Einrichtungsgegenstände. „Ich wollte nun eine Kombination aus Frischblumen und Vasen mit Wohnaccessoires anbieten. Ich brauchte dafür aber einen anderen Namen – mein Gatte hatte mich überzeugt, dass ‚Artefactum‘ zu sehr nach ‚Manufactum‘ klingt … Also haben wir weiter überlegt. Dann waren wir in Erfurt, und dort gibt es im Dom die Gloriosa-Glocke. Die wird nur zu besonderen Anlässen an wenigen Tagen im Jahr geläutet, ein beeindruckendes Stück! Von dieser Glocke haben wir den Namen ‚Gloriosus‘ abgeleitet, was so viel bedeutet wie ‚das Herrliche‘, ‚Ruhmreiche‘.“ Entsprechend exklusiv und glamourös ist das Sortiment: ein Mix aus Unikaten und limitierten Auflagen sowie bekannten Markennamen. „In Sachen Geschirr und Porzellan haben wir zum einen Stücke von Künstlerinnen wie Anna Sykora oder auch Silke Decker, die für ihr leichtes Kordelporzellan bekannt ist, und andererseits ein paar größere Firmen wie Rosenthal, Fürstenberg, Lobmeyr und Nude Glass. Irgendwann kamen wir auf die Idee, auch noch Geschenke anzubieten. Und so kamen die Seifen und Düfte, aber auch die Schokolade ins Spiel.“ Womit der Beiname „edel & süß“ erklärt sein dürfte. Die Schokolade wird unter anderem von Goldhelm aus Erfurt und Zotter aus dem österreichischen Riegersburg bezogen, hinzukommt das feine Ohde-Marzipan aus Berlin und Kaffee eines hannoverschen Startups. Aber auch hochprozentige Genussmittel gehören zum „gloriosen“ Gedanken: Gin von kleinen Manufakturen, etwa Costoluto vom Tegernsee, Luchs-Gin aus Nordhausen und Kakuzo aus Berlin, können hier erstanden werden.
Vor der Pandemie hat Thomas seine Waren vor allem auf Messen entdeckt, etwa auf der Maison&Objet in Paris oder der Ambiente in Frankfurt, wo er besonders gern nach Nischenprodukten von (noch) eher unbekannten Herstellern und Künstlern Ausschau gehalten hat. Manchmal wird er auch auf Instagram fündig, oder Freunde und Bekannte stoßen ihn auf besondere Dinge, die sie auf Auslandsreisen entdeckt haben. So erklärt sich, wie das bunte Potpourri an schönen Dingen zusammenkommt. „Wir legen uns auf keine Produktart fest, wir wollen zum Beispiel kein Laden für reine Geschirrserien werden. Stattdessen gibt es bei uns Highlights – von allem das Beste!“, lacht Thomas.
Wie so vielen Läden setzt auch GLORIOSUS die Pandemie zu. Spontanes Shopping und Laufkundschaft, wie sie ehemals durch den Altstadtflohmarkt jeden Samstag in die Gegend kam, fehlen. Aus diesem Grund ist Thomas kreativ geworden und bietet zum Beispiel individuelle Shoppingtermine an: Nach vorheriger Absprache können Kundinnen und Kunden so den Laden ganz für sich alleine haben. „Im zweiten Lockdown haben wir diese Idee ausprobiert. Dann kamen Leute zu uns, die zum Beispiel für einen runden Geburtstag etwas Schönes gesucht haben oder Deko für eine Hochzeit brauchten. Die haben wir dann in kleinem Kreis hier empfangen und beraten. Und dann spielen auch unsere gewöhnlichen Öffnungszeiten keine Rolle. Wenn jemand nur sonntags Zeit hat, dann mache ich das möglich! “ Interessierte können sich also einfach mit ihrem Terminwunsch an Thomas wenden. Außerdem wurde 2021 mit ein paar wenigen Teilnehmenden eine Verkostung durchgeführt, bei der die verschiedenen Gins probiert werden konnten – eine Veranstaltung, die Thomas gerne in diesem Jahr wiederholen würde, wenn es die allgemeine Lage wieder zulässt. „Wenn dieser Spuk irgendwann endlich vorbei ist, wäre auch eine Eröffnungsfeier sehr schön. So richtig glorios!“

● Anja Dolatta

Gloriosus – edel & süß
Am Marstall 21, 30159 Hannover
Tel.: (0511) 940 408 31
E-Mail: edel@gloriosus.de
Öffnungszeiten: Di–Fr 11–18 Uhr, Sa 11–16 Uhr

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Smartsecur – Nachhaltige Verpackung für Haushaltsgeräte

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Smartsecur – Nachhaltige Verpackung für Haushaltsgeräte


Foto: kevinmuenkelEnde März werden die neuen Preisträger*innen des Gründungswettbewerbs „Startup Impuls“ bekanntgegeben. Was aus ihnen werden kann, zeigt das Beispiel von Patrick Tattermann: Er hat 2020 mit Smartsecur den Solo-Starter-Preis gewonnen und das Preisgeld für die Weiterentwicklung seines Produktes verwendet. Jetzt ist sein Transportschutz für Waschmaschinen, Spülmaschinen und Trockner fertig und an die ersten KundInnen ausgeliefert.

Patrick Tattermann ist seit fast 20 Jahren in der Transport- und Montagebranche für Haushalts- und Elektrogroßgeräte tätig, davon seit über zehn Jahren selbstständig. Mit seiner Idee will er nicht nur den Verpackungsmüll deutlich reduzieren, sondern auch den Transportschutz für Haushaltsgeräte verbessern. 18,91 Millionen Tonnen Verpackungsmüll sind 2019 angefallen, das macht pro Kopf rund 227 Kilo. Mit dem Smart-Wash-Bumper könnte sich das ändern, denn der Transportschutz ist wiederverwendbar, bietet Geräteschutz und vereinfacht die Tragefunktion bei Treppen und Co. Den Prototyp hat Smartsecur zusammen mit der Leibniz Universität Hannover entwickelt, jetzt vertreibt Patrick Tattermann das Produkt vom Lindener Hafen aus. Hier hat er im Sommer für seine beiden Unternehmen Büro und Lagerflächen angemietet und bereits neue Arbeitsplätze geschaffen.
Patrick berichtet über die Besonderheiten seines Produktes: „Ich arbeite seit vielen Jahren in der Transportbranche und habe selbst schon etliche Haushaltsgeräte in Wohnungen geschleppt. Bei Neugeräten fällt jedes Mal eine Menge Verpackungsmüll an, den wir wieder mitnehmen müssen. Und die Geräte durch Treppenhäuser oder enge Räume zu tragen, macht einfach keinen Spaß. Mit dem Smart-Wash-Bumper habe ich einen Rundumschutz entwickelt, der mit seiner integrierten Tragefunktion für ein besseres Handling und auch für weniger Verletzungen und Haltungsschäden sorgt. Das verbessert automatisch auch den Arbeitsschutz. Dabei basiert das Prinzip auf einer Hülle, die wir über das Gerät stülpen. Die Seiten sind mit Holz verstärkt, es gibt Schlauchhalterungen, Tragegurte und sogar integrierte Auftragsmappen, damit nichts verlorengehen kann.“
Zur Zielgruppe gehören Küchenstudios, Elektromärkte, Umzugsunternehmen, aber auch Autoverleiher, die Fahrzeuge für private Umzüge anbieten. Hier kann der Bumper gleich mit verliehen werden, damit die Haushaltsgeräte beim Umziehen keinen Schaden nehmen. Patrick und sein Team haben eine einfache Anleitung entwickelt, die man sich über einen QR-Code runterladen kann.
Nachdem er den Preis von hannoverimpuls gewonnen hatte, ist eine ganze Menge passiert, erinnert sich Patrick: „Wir haben das Produkt fertig entwickelt, Patente angemeldet, Kreditgeber gesucht und gefunden, neue Räume bezogen, die wir richtig cool eingerichtet haben, und ich habe die ersten Mitarbeiter gewinnen können. Im November haben wir dann nicht nur das 10-jährige Jubiläum meines Transportunternehmens gefeiert, sondern gleichzeitig auch den Startschuss für den Bumper gegeben.“
Anderen Gründenden weiß er Rat zu geben: „Verlasst euch nicht nur auf eure Idee. Schafft euch eine solide Basis als Grundlage, von der aus ihr agieren könnt. Marschiert nicht planlos drauflos. Und glaubt nicht, dass die Menschen sofort auf eure Idee anspringen. Es braucht Zeit, Beharrlichkeit und den 100-prozentigen Glauben an eure Idee. Wenn ihr auch nur ein Fünkchen zweifelt, dann lasst es. Entwickelt eure Idee nicht tot. Die Weiterentwicklung kommt von ganz alleine. Machen, mit Sinn und Verstand. Die Teilnahme am Gründungswettbewerb hat mir richtig gut geholfen. Mein Mentor von hannoverimpuls begleitet mich bis heute. Den Businessplan, den ich für den Bankkredit erstellen musste, hätte ich allein so nicht hinbekommen.

Foto: Kevin Muenkel

 

smartsecur GmbH
Lagerstr. 1
30453 Hannover
Tel. (0511) 33098630
www.smartsecur.eu
hello@smartsecur.eu

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Über Kultur – Ein Gespräch mit Sonja Anders

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Über Kultur – Ein Gespräch mit Sonja Anders


Gestartet bist du als Intendantin des Schauspiel Hannover zur Spielzeit 2019/20 – und dann kam Anfang 2020 auch schon Corona und der Ausnahmezustand in Dauerschleife. Die Kultur ist einer der großen Verlierer der Pandemie, oder?
Dazu müssen wir zunächst klären, über welche Kultur wir sprechen. Es gibt ja einige Kulturen, denen geht es ausgesprochen gut. Beispielsweise der digitalen Kultur, der Spielekultur, der Fernsehkultur, der Streaming-Kultur. Ich glaube, auch die Öffentlich-Rechtlichen haben eher zugelegt während der Pandemie. Der Tatort hat gewonnen. Und der Essenskultur zu Hause geht es ebenfalls gut (lacht). Alle Präsenzkulturen haben dagegen sehr hart zu kämpfen. Momentan, jetzt im Februar, sind wir ja noch mittendrin. Aber auch, wenn demnächst wieder mehr möglich ist, wird es noch dauern, bis das Publikum in vollem Umfang zurückkehrt. Es wird im Augenblick schon besser, die Zahlen bei uns erholen sich, aber wir werden Geduld haben müssen. Mit der Zeit vor Corona ist das alles noch überhaupt nicht zu vergleichen.

Ich kann die Entwicklungen innerhalb der Kultur immer ganz direkt an unserem Veranstaltungskalender ablesen. Momentan ist es nur ein Bruchteil dessen, was wir mal hatten in Hannover und Region. Und ich höre von den Kulturschaffenden, dass die Veranstaltungen, die stattfinden, oft noch nicht besonders gut besucht werden.
Es gab dazu neulich eine Untersuchung, die gezeigt hat, dass die Menschen wirklich Angst haben. Das müssen wir akzeptieren und damit umgehen. Aber es gibt natürlich auch einen Teil, der diese Angst so ein bisschen vorschiebt, um das während Corona gelernte Konsumverhalten zu rechtfertigen. Also lieber zu Hause zu bleiben und Netflix zu gucken, statt sich nach draußen zu begeben, um sich mit vielleicht schwierigeren, komplizierteren Kunst- und Kulturformen auseinanderzusetzen. Da sind nun wir gefragt, diese Menschen zurückzuerobern. Was wir ganz sicher schaffen werden, ich bin da sehr optimistisch. Denn der Mensch will ja eigentlich gefordert sein. Ich glaube fest daran, dass wir nicht nur das Einfachste wollen. Aber für das Komplexe, das Vertiefende, Unbequeme, braucht es eine Lebenswelt, die den nötigen Raum bietet. Für viele Menschen hat Corona diese Räume jedoch extrem reduziert, viele sind gestresst, unter Druck, haben Ängste, auch um die Existenz. Da bleibt nicht viel Raum für die Künste. Dabei ist das, was wir gerade wirklich brauchen, Gesellschaft oder ein Miteinander. Um uns auszutauschen, um uns zu besprechen, besser zu verstehen, uns gegenseitig zu versichern. Das ist übrigens das Tolle an den analogen Künsten. Man ist nicht allein. Man genießt die Kultur in Gesellschaft, und im Theater noch einmal anders als im Kino, bei uns ist es noch direkter, noch persönlicher. Und da ist zum Beispiel selbst die Pause ist ein wichtiger Teil der Veranstaltung, ist ein Raum für Austausch. Kultur schafft Orte der Begegnung, Diskussion und Verständigung. Das macht einfach Spaß. Und ich glaube, genau daran müssen wir die Leute erinnern.

Kultur fühlt sich live natürlich völlig anders an als via Stream oder Fernsehen. Ich vergleiche das immer mit Texten, die ich am Computer oder mit der Hand schreibe – es entsteht jeweils etwas völlig anderes. Vielleicht, weil man sich analog der Sache konzentrierter zuwendet. Und wenn man Kultur erlebt, ist es ähnlich, dann bleibt das Handy tatsächlich mal aus, dann widmet man sich im besten Falle ganz und gar der Kultur. Es gibt Untersuchungen, dass Kinder mit einem Buch oder dem Smartphone jeweils völlig anders lernen, und mit einem Buch lernen sie sozusagen nachhaltiger. Ich glaube, das kann man auch auf Kulturerlebnisse anwenden, oder?
Ja, das glaube ich auch, es ist ein anderes und gemeinschaftlicheres Erleben im direkten Kontakt mit Künstlerinnen und Künstlern. Das macht den Reiz aus. Dass man miteinander kommuniziert, zum Beispiel beim Applaus. Und nicht erst beim Schlussapplaus. Das ist mir gerade erst wieder aufgefallen. Wir hatten ja wegen einiger Krankheitsfälle ein paar improvisierte Reinschmeißer, da begeben sich Künstlerinnen und Künstler auf unsicheres Terrain. Bei „Hedwig and the Angry Inch“, ohne den Hauptdarsteller, haben die beiden Dramaturg*innen alle Musiker*innen befragt, aus welcher Richtung sie kommen, die haben Punk und Country erläutert und dann auch die Songs präsentiert. Es gab am Schluss tosenden Applaus, so eine ganz besondere Euphorie. In solchen Momenten wird honoriert, dass da jemand etwas wagt, einen ganz speziellen und einmaligen Live-Moment. Das erzeugen alle gemeinsam, das Publikum und das Ensemble. An diesen Zauber glaube ich sehr. Und dann wirkt Kultur sicher ähnlich nachhaltig wie ein schönes Buch bei Kindern. Diese Form der Kommunikation macht was mit uns, sie erzeugt Gemeinschaft. Aber man muss sich natürlich darauf einlassen. Solche Erlebnisse sind nicht einfach so zu haben, du kannst nicht einfach konsumieren wie zu Hause im Sessel und umschalten, wenn es dir zwischendurch mal nicht gefällt. Du musst dich dem widmen, dich auseinandersetzen. Darum gehe ich zum Beispiel auch so gerne ins Kino. Da kommst du aus der Nummer nicht raus, du guckst den Film vom Anfang bis zum Ende.

Du hast eben gesagt, die Kultur muss die Menschen zurückerobern. Ich habe tatsächlich das Gefühl, dass viele Leute die Kultur während der Pandemie ein bisschen verlernt haben.
Vielleicht ist das so wie beim Sporttreiben. Sport löst ja eine Menge aus im Körper, Glücksgefühle, Adrenalin. Ein Theaterbesuch kann ganz ähnlich wirken. Und wenn man das eine ganze Weile nicht mehr erlebt, dann vergisst man diese Erfahrung. Die Menschen haben vielleicht vergessen, was das Tolle am Theater ist, dass man live dabei ist, sich gemeinsam auf ein Thema einlässt. Und das ist nun die Aufgabe des Theaters, genau daran wieder zu erinnern.

Wir haben eben von den besonderen Live-Momenten gesprochen. Wir erleben ja in der Musik seit Jahren so einen anderen Trend zum Perfekten. Da ist alles durchgeplant und blankgeputzt, selbst die großen Shows auf der Bühne sind bis ins Kleinste durchchoreografiert, da ist jeder Schritt und jede Bewegung festgelegt. Während es die „Kellererlebnisse“ nur noch in Nischen gibt, in Hannover glücklicherweise beispielsweise noch im Jazz Club. Früher gab es mal in fast jeder Kneipe Livemusik. Das ist vorbei, weil irgendwann das Publikum ausgeblieben ist. Vielleicht, weil man sich zu sehr an das Perfekte gewöhnt hat?
Das ist ganz sicher ein Grund. Unsere Gegenwart ist längst durchkommerzialisiert – und in Teilen eben auch die Kultur. Spotify ist die Hölle für die Musikwelt. Songs sind hier nicht Kunst, sondern werden schlicht zu Produkten, zu Klicks. Die Leute hören Musik auf dem Handy, glattpoliert und eingängig. Früher hatten Schallplatten und dann CDs einen nahezu individuellen Wert. Jetzt reicht eine Pauschale und alles ist beliebig verfügbar. Aus meiner Sicht entwertet das zu einem gewissen Grad die Musik. Und bei Filmen empfinde ich es ähnlich. Ich klinge jetzt wahrscheinlich fürchterlich wertekonservativ. Was aber definitiv verlorengeht durch diese Online-Verfügbarkeit, das ist ganz sicher das Risiko der Unwissenheit. Der Auftritt einer Band ist ja ein Experiment, und früher ist man einfach losgezogen, manchmal ohne zu wissen, was einen wohl erwartet. Die Bands auf der Bühne hatten keine Angst vor der Improvisation. Heute, bei größeren Shows, weiß man ganz genau, wie sich das anhören wird. Ich finde das nicht so spannend. Ich mag es, wenn es live ein bisschen kratzt. Wenn nicht alles perfekt ist.

Ist das nicht auch der Reiz des Theaters, das Unperfekte?
Theater besteht nur aus Fehlern.

Und ich finde, genau das macht Spaß. Wenn Fehler passieren, das sind ja die einmaligen Momente. In der Musik ist es ganz ähnlich.
Ja, Perfektion ist langweilig. Und gute Kunst ist selten perfekt, sondern vielmehr zutiefst menschlich. Ich bin überzeugt, dass wir Menschen genau das brauchen. Dieses Nichtperfekte, im Grunde dieses Agieren im Fallen, das wir an uns selbst ununterbrochen wahrnehmen. Ich glaube, da findet dann ein interessanter und spannender Abgleich statt. Während ein Abgleich an einer perfekten Oberfläche einen nicht wirklich weiterbringt, beziehungsweise eher frustriert. Der Mensch ist nicht perfekt, kein Körper, kein Gedanke, kein Zusammenhang. Wir sind alle fehlerhaft. Man könnte es auch religiös ausdrücken: Wir sind alle verloren. Wir sind verlorene Seelen. Und deshalb kämpfen wir so viel mit uns und mit anderen Menschen. Die Kultur kann das spiegeln, ohne Oberflächenpolitur. Das ist dann vielleicht ganz heilsam. Ich jedenfalls bevorzuge das Unperfekte, im Film und im Theater. Es gibt natürlich Inszenierungen, die das Menschliche in schöne Schablonen drücken, aber für mich ist das nicht die Aufgabe eines öffentlich geförderten Theaters.

Wie würdest du denn diesen Auftrag definieren?
Ich finde, unser Auftrag hat sich in den vergangenen zehn Jahren noch einmal stark verändert, zuletzt noch verstärkt durch die Pandemie. Auf der einen Seite sollte die Kunst als Reibungsfeld bestehen bleiben, da ist unser Auftrag zu forschen und zu fördern, neue Blickwinkel, Perspektiven, neue Ansätze zu unterstützen. Hinzu kommt aber verstärkt, das Theater als offenen Ort zu begreifen. Da geht es um Begegnungsformate, Interaktion, Partizipation. Und ich glaube, da müssen wir noch rapide zulegen, wenn wir die Städte beleben und für die Bevölkerung relevant bleiben wollen. Dazu brauchen wir auch eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Politik. Ich beschäftige mich momentan viel mit der Frage, was für ein Ort wir tagsüber sind. Und ob wir unsere Potenziale für die Stadt voll entfaltet haben. Ich habe ja bereits zu Beginn meiner Zeit hier am Schauspiel den Plan gehabt, die Kantine zu öffnen. Und wir haben dafür einen kleinen Umbau vorgenommen. Weil ich überzeugt bin, dass sich die Kulturorte öffnen müssen. Für das Theaterpublikum, aber eben auch für Leute, die einfach nur einen Kaffee trinken wollen. Auch das schafft Berührungspunkte. Und wir müssen darüber hinaus noch viel mehr mit Initiativen der Stadt kooperieren und unser Haus zur Verfügung stellen. Ein schönes Beispiel für diesen Ansatz sind die Universen, die kuratiert bei uns Murat Dikenci, mit zunehmendem Erfolg. Da kommen inzwischen sehr viele zu den Konzerten und Workshops. Dies ist ein Ansatz, die Stadt in ihrer Diversität zu uns einzuladen und unser Zusammenleben zu thematisieren. Ob das dann Theater ist, was entsteht, oder Konzert oder etwas ganz anderes, ist nicht wichtig. Entscheidend ist, dass wir in den Dialog kommen. Es ist essentiell für die Städte, dass die Kultur lebendig und sichtbar ist. Diese sogenannten weichen Standortfaktoren werden immer wichtiger. Wir brauchen viel mehr Räume, die frei von Kommerz sind, wir brauchen Plätze, an denen sich Kultur entfalten kann. Dann wird Hannover für Künstler*innen noch attraktiver. Und die ganze City profitiert davon.

Und manchmal reichen schon kleine Impulse, um die Kultur nachhaltig zu fördern. Ich denke da an die Projektraumförderung, die in der Kunstszene in Hannover für sehr viel frischen Wind gesorgt hat. Ich würde mir solche Förderungen auch für andere Sparten wünschen, beispielsweise für die Musik. Förderung für Auftrittsorte …
Wir haben ja im Ballhof Café, das von jungen Menschen eigenständig betrieben wird, schon länger regelmäßig kleine Konzerte, das geht in diese Richtung. Und wir haben dort das „House of Many“ als Treffpunkt, für Theater und mehr.

Es braucht manchmal gar nicht viel Geld, um die richtigen Impulse zu setzen, oder?
Nein, es braucht vor allem Ideen und den Willen. Und ich glaube, Hannover muss stellenweise ein bisschen größer winken. Ich war gerade in Groningen, da gibt es mitten in der Stadt ein großes Gebäude, das Forum: Bibliothek, Kino, Restaurant, Café und offener Raum in einem. Es hat viele Freiflächen, die zum Arbeiten, Besprechen, Denken, Liegen zugänglich sind – mitten in der Stadt. Die haben dafür einige Millionen angefasst, nicht gleich eine Milliarde wie bei der Elbphilharmonie. Das Forum in Groningen ist aus meiner Sicht ein wunderschöner Leuchtturm, ein anderer Leuchtturm, nämlich einer für die Menschen ganz direkt. So etwas gibt es in Hannover noch nicht. Und ich würde mir sehr wünschen, dass wir uns an solchen Beispielen orientieren.

Erwin Schütterle hat ja mal die Idee ins Spiel gebracht, das Karstadt-Gebäude für die Kultur zu nutzen. Viele in Hannover haben das von vornherein als verrückte Idee abgetan.
So verrückt finde ich diese Idee nicht. Außerdem sind verrückte Ideen doch gut. Und die Stadt investiert ja auch sehr viel in die Wirtschaft, in die Unternehmen. Den Standort kulturell zu stärken, zahlt aus meiner Sicht ganz unmittelbar auf dieses Konto ein. Die Stadt und das Land Niedersachsen könnten das gemeinsam stemmen. Andere Städte machen vor, wie es geht. Ich denke da zum Beispiel an den Umbau des St.Pauli-Bunkers in Hamburg. Unfassbar clever. Aus einem alten Punk-Rock-Bunker in St. Pauli wird ein ökologisches Vorzeigeprojekt, grün und wild und mit der Bürgerschaft gemeinsam entwickelt.

Hamburg hat eine Menge richtig gemacht in den vergangenen Jahren. Da könnte man sich durchaus ein bisschen was abgucken, oder?
Ja, man könnte …

Lass uns noch mal kurz über dieses „für die Menschen“ sprechen. Ich hatte zum Start deiner Spielzeit und auch zum Start der Oper-Spielzeit mit Laura Berman den Eindruck, dass ihr gemeinsam ganz stark die Öffnung eurer Häuser für möglichst viele in den Mittelpunkt stellt. Dann kam Corona dazwischen. Falls diese Zeit jetzt hoffentlich vorbei ist, steht dann wieder die Öffnung ganz oben auf dem Zettel?
Auf jeden Fall. Das stand auch während Corona ganz oben, in digitaler Hinsicht. Und ich glaube, das ist nach Corona sogar noch wichtiger. Wir möchten natürlich alle einladen, uns zu besuchen und mit uns zu interagieren. Und wir möchten darüber hinaus das Theater auch zu den Leuten bringen. Wir haben gerade wieder das Theater-Mobil am Start, fahren in die Stadtteile und die Region, um junge Menschen zu erreichen. Corona hat wirklich viel angerichtet, gerade bei den Jüngeren. Es gibt eine große Verunsicherung, und ein Teil der Jungen ist ängstlich und hat sich stark zurückgezogen. Ein anderer Teil versucht, den aufgestauten Druck auszuleben, und gerät hin und wieder in Konflikt mit den Regeln. Ich würde unsere Jugend nach Corona tatsächlich als beschädigt beschreiben. Und da hat das Theater jetzt eine noch wichtigere Aufgabe als zuvor. Bei den älteren Menschen wird es dagegen nach Corona aus meiner Sicht mehr um Gemeinschaft und Optimismus gehen. Da werden wir im Programm in diese Richtung denken und ein bisschen weniger düster agieren. Da braucht es jetzt ein bisschen Sonne.

Aber bei den Kindern und Jugendlichen braucht es vor allem Aufarbeitung …
Genau, das ist auch das, was wir von den Lehrkräften hören. Manche Kinder sind während Corona regelrecht abgetaucht. Und uns waren sehr lange die Hände gebunden, es gab ja das Gebot, Schulausflüge beispielsweise ins Theater zu vermeiden. Aus meiner Sicht ein fataler Fehler und ein echtes Problem. Denn Lehrkräfte und Schulklassen holen sich bei uns etwas ab, was im normalen Unterricht sonst kaum vorkommt. Wir hatten in der Zeit vor Corona etwa 200 Workshops im Jahr, das heißt, an fast jedem Schultag war bei uns eine Klasse im Haus. Und meistens sind solche Workshops dann mit einem Aufführungsbesuch verbunden. Das alles hat gefehlt während Corona und fehlt noch. Unsere künstlerische Vermittlung ist komplett blockiert – ohne einen echten Grund. Wobei ich denke, dass an den Schulen ohnehin ganz generell nicht umfassend genug unterrichtet wird. Vieles, was wirklich wichtig ist im Leben, kommt in den Schulen arg zu kurz.

Und das Theater kann da helfen?
Ganz sicher. So ein Ausflug allein ist ja schon toll. Und dann setzen sich die Kinder intensiv zwei, drei Stunden mit einem Thema auseinander, das sie hoffentlich irgendwie herausfordert. Das sind wichtige Erfahrungen, das sollte man nicht unterschätzen. Ich war während der gesamten Corona-Zeit sehr skeptisch, was den Umgang mit Kindern und Jugendlichen anging. Ich habe viel nicht verstanden. Bisher haben sich in Theatern keine Schulklassen angesteckt, unsere Regeln sind ja ziemlich streng. Da ist die Politik den Weg des geringsten Widerstands gegangen, weil klar war, dass weder Kinder, Eltern, Lehrkräften noch wir vom Theater dagegen groß protestieren würden. Man will ja nicht wie ein Coronaleugner wirken. Trotzdem, ich stehe zu meiner Kritik. Da war einfach vieles nicht durchdacht. Corona hat uns als Theater insgesamt kalt erwischt, für die Kinder- und Jugendtheater war diese Zeit aber die Hölle.

Das ist ja das Fatale an der gesamten Situation, dass man Kritik gar nicht mehr äußern mag, weil man damit gleich in so eine Ecke gestellt wird. Dabei gäbe es sehr viel zu kritisieren und aufzuarbeiten. Wir könnten eine Menge lernen.
Ich denke auch, dass Corona viele Schwachstellen aufgezeigt hat, in sozialer und politischer Hinsicht. Dazu gehört auch, dass wir uns fragen müssen, welchen Stellenwert eigentlich Kinder in unserer Gesellschaft genießen und wie sehr ihre Interessen von der Politik repräsentiert werden. Uns sind während der Pandemie Kinder im wahrsten Sinnen des Wortes verlorengegangen, wir haben die Defizite bei der Digitalisierung gesehen, wir haben gesehen, dass nicht alle Kinder gleichermaßen mit solchen Krisen umgehen können und dass wir uns darauf einstellen müssen. Ich glaube, wir müssen ganz generell miteinander in einen neuen Diskurs einsteigen, auch weil wir eine Menge Spaltungstendenzen in der Gesellschaft haben. Die Kultur kann da übrigens eine ganz gute Medizin sein.

Findest du, dass wir in Hannover schon ausreichend miteinander im Gespräch sind?
Ehrlich gesagt sind wir aus meiner Sicht von einer wirklich lebendigen Stadtgesellschaft noch sehr weit entfernt. Und das fängt mit den Straßen an. Wir haben viele totkommerzialisierte Straßen, es gibt kaum Orte, wo man einfach nur verweilen kann, es gibt zu wenig Bänke, zu wenig Plätze und Flächen mit solchen Möglichkeiten. Was da ist, wird dann bei gutem Wetter stark frequentiert, wir sehen das ja am Opernplatz – und natürlich setzt man sich dann verbotenermaßen aufs Holocaust-Mahnmal. Darum begrüße ich sehr solche Initiativen wie die des Kulturdreiecks. Ich finde es richtig und wichtig, Orte zu schaffen, die belebt sind, ohne dass Kommerz eine Rolle spielt. Ich hoffe, dass die Idee des Kulturdreiecks jetzt auch konsequent verfolgt wird und es nicht nur bei der Idee bleibt.

Kannst du kurz erläutern, worum es beim Kulturdreieck geht?
Die Idee ist im Zuge des Innenstadtdialogs entstanden, den die Stadt im vergangenen Sommer kurz vor der Wahl initiiert hat. Da wurde unter anderem über Kulturmeilen diskutiert, von denen jetzt einige verwirklicht werden sollen. Und das Kulturdreieck hat da ganz gute Chancen. Die Eckpunkte sind die Oper, das Künstlerhaus und das Schauspielhaus. Es gibt den Plan, den Opernplatz und den Hof hier bei uns zu nutzen und auch die Sophienstraße zu beruhigen. Die Prinzenstraße muss darüber hinaus sowieso angefasst werden. Die ist in einem ganz desaströsen Zustand. Es gibt den Gedanken, dort die Aufenthaltsqualität zu befördern, für eine Begrünung zu sorgen. Ich finde, es ist generell ein guter Ansatz, Gegenwelten zu den reinen Verkehrsstraßen zu schaffen. Wir, also die drei Institutionen an den Eckpunkten, waren im Grunde Initiatorinnen dieser Entwicklung. Wir wollen unsere Häuser noch mehr öffnen. Ich habe ganz konkret vor, unser Foyer ab der nächsten Spielzeit zu öffnen. Zumindest mal temporär. In dem Sinne, dass wir vielleicht drei Tage die Woche öffnen, um den Raum als Ort zum Arbeiten oder Reden oder Chillen, aber auch für Vereine oder Initiative zur Verfügung zu stellen. Ich denke da an „start2dance“ oder den „Andersraum“. Und unser Hof ist ja sowieso ganz wunderbar, den wollen wir gemeinsam beleben. Der gehört ja der Stadt, und nicht dem Theater. Ich hoffe, dass die vielen Ideen nun auch umgesetzt werden.

Das ist etwas, was mich immer sehr zweifeln lässt, die fehlende Umsetzung. Ich habe schon viele Dialoge und Workshops kommen und gehen sehen, viele Einladungen an die Bürgerinnen und Bürger, mitzudenken und mitzumachen. Geredet und diskutiert wurde immer viel, aber passiert ist dann letztlich kaum etwas.
Meistens, weil man Geld in die Hand nehmen müsste.

Aber das weiß man ja schon vorher, oder? Mir waren diese Plattformen zur Beteiligung und Diskussion bisher zu sehr Feigenblatt. Nach dem Motto: Wir machen mal einen Bürger*innendialog – damit alle sehen, dass wir total ambitioniert sind. Sehr viel Show, wenig Zählbares …
Ich kann deine Skepsis sehr gut verstehen. Ich finde wie gesagt auch, dass Hannover viel auslässt. Das Ihme-Zentrum ist für mich ein Beispiel dafür. Das dümpelt seit Jahren vor sich hin. Für die Kultur wäre dieser Ort eine Riesenchance. Aber die ergreift niemand. Weil das natürlich mit Geld verbunden ist. Aber vielleicht auch, weil die Lobby für die Kultur nicht stark genug ist.

Ein Problem, das sich mit der Pandemie noch verstärkt hat.
Ja, das muss man ganz eindeutig so konstatieren. Und das, obwohl alle Städteentwickler feststellen, dass die Städte in Zukunft nicht mehr am Bruttosozialprodukt gemessen werden, sondern an der kulturellen Attraktivität. Da sind sie sich wirklich alle einig. Ob Leute hierherziehen, wird davon abhängen, ob Hannover insgesamt kulturell eine attraktive Stadt ist. Die Eilenriede und Herrenhausen werden nicht ausreichen, die City muss nachziehen. Die Kultur wird momentan als Standortfaktor stark unterschätzt. Und da geht es nicht allein um große Leuchttürme. Da geht es auch um die kleinen Pluspunkte. Gibt es bezahlbare Ateliers? Gibt es bezahlbare Bandprobenräume, gibt es genug Auftrittsmöglichkeiten? Gibt es ausreichend Förderungen für die kleinen Theater?

Neben der Geldfrage ist das alles auch eine Frage des Herzens, oder? Wenn man will, kann man auch mit wenig Budget viel erreichen.
Man muss zunächst mal feststellen, dass man grundsätzlich will. Und dann muss man diese Entscheidung durchhalten, im Zweifel auch gegen Widerstände. Wenn ich hier im Haus nur den Weg des geringsten Widerstandes gehen würde, dann hätte ich beispielsweise die „Universen“ nie hinbekommen. Das kostet zunächst nur Geld. Aber ich finde es eben wichtig, dass wir uns für viele unterschiedliche Communities öffnen.

Wir haben eben darüber gesprochen, dass die Kultur die Städte attraktiver macht. Was würdest du sagen, welche Rolle spielt die Kultur denn insgesamt für unsere Gesellschaft?
Kultur bedeutet Lebensqualität und Gemeinschaft, Offenheit, Vielseitigkeit. Das spiegelt sich auch in unserem Programm. Wir haben uns gesagt, dass nur eine pluralistische Gesellschaft zukünftig die Chance hat demokratisch und lebendig zu bleiben. Das war sozusagen unser Ausgangspunkt. Und dass unsere demokratischen Grundwerte nur in einer pluralistischen Gesellschaft bestehen können. Ausgrenzung, Abschottung führen in keine rosige Zukunft. Wenn sich unsere Gesellschaft auseinanderdividieren lässt, wird es schwierig. Im Theater haben wir die Chance, sehr unterschiedliche Menschen einzuladen. Und das haben wir von Beginn an forciert, im Ensemble und in der Regie. Wichtig war für uns der Dreisatz: Class / Race / Gender. Nicht zu vergessen Ability. Und wenn nun jemand sagt, dass sei sehr programmatisch, dann sage ich, Programmatik kann auch Spaß machen, kann humorvoll sein, kann einladend für alle sein. Und erfolgreich, wie man an der Einladung von „Mann seiner Klasse“, einem Stück über Armut, nach Berlin zum Theatertreffen sieht.

Ich glaube, dass manche Leute ein Problem haben, wenn so eine Programmatik zu pädagogisch, zu belehrend rüberkommt. Da regt sich dann gerne mal vehementer Widerspruch. Das Gendern ist so ein Beispiel, da ist die Diskussion ja sehr heiß geworden. Was ich nicht so wirklich nachvollziehen kann. Ich finde das gar nicht störend oder anstrengend.
Wir benutzen den Glottal-Laut des Genderns, so wie bei Besucher:innen zum Beispiel, in der Sprache eigentlich ständig, ohne dass es uns stört: Be:urteilen, ver:reißen, Spiegel:ei. Ist überall drin. Und kann sogar ganz schön klingen.

Wird aber trotzdem hochgejazzt zum Kulturkampf …
Ja, wir begeben uns mittlerweile alle sehr gerne in regelrechte Empörungsschleifen. Mir hat man gerade erst wieder vorgeworfen, dass ich angeblich „alte weiße Männer“ ausschließe. Ein großer Irrtum, zumal ich mich mein Leben lang sehr mit der Nachkriegsgesellschaft auseinandergesetzt habe, und weiß, dass diese „alten weißen Männer“ großen Anteil daran haben, dass wir den Weg in eine Demokratie gehen konnten. Dies Geschichten achte ich sehr. Mit den „alten weißen Männern“ ist ja auch nicht der einzelne Mensch gemeint, sondern eine Struktur, zu der übrigens auch „alte weiße Frauen“ gehören. Ich, zum Beispiel.

Man steht sehr schnell am Pranger …
Und es entstehen sehr schnell Missverständnis, weil der Diskurs so aufgeheizt ist. Zudem wird manches auch absichtlich missverstanden. Und was wir dann sehen, ist eine Lagerbildung. Man steht sich schließlich unversöhnlich gegenüber. Völlig unnötigerweise, wie ich finde. Teilweise steht man sich auch unversöhnlich gegenüber, obwohl man im Grunde auf der gleichen Seite steht. Da zerstören dann Animositäten und Empfindlichkeiten den Zusammenhalt. Was wiederum den eigentlichen Gegner stärkt. Und wer dieser Gegner ist, das sollte uns allen doch sehr klar sein. Unserer Demokratie droht momentan Gefahr von rechts. Das sehen wir auch in vielen anderen Ländern. Wenn sich hier bei uns die Linken zerlegen und wir uns in der Mitte spalten lassen, dann spielt das den Rechten voll in die Karten. Das heißt aber nicht, dass wir die Diskurse auslassen sollten. Wir sollten sie nur ganz anders führen. Und dafür ist das Theater ein guter Ort. Ich bin überzeugt, dass Kultur unsere Gesellschaft Widerstandsfähiger gegen rechte Tendenzen machen kann. Kultur macht Gesellschaften insgesamt resilienter.

Warum glaubst du, dass die Empörung regelmäßig solche Wellen schlägt?
Ich denke, dass es im Hintergrund meist um etwas ganz anderes geht. Beispielsweise bei der Genderdebatte. Das ist ja nun wirklich kein Thema, bei dem man sich hasserfüllt gegenüberstehen muss. Im Grunde geht es aber wohl um die Furcht, Privilegien zu verlieren. Was dabei aus dem Blick gerät, ist, dass wir unter Umständen viel gewinnen können, wenn wir auf das eine oder andere verzichten. Ich glaube, es muss eine zentrale Frage für das Theater sein, zu klären, was unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt befördert und was uns auf der anderen Seite spaltet, was uns auseinandertreibt. Und dabei ist es wohl zunächst wichtig, zu lernen, Differenzen auszuhalten. Dass man ruhig mal unterschiedlicher Meinung sein kann und trotzdem in Gemeinschaft bleibt. Das sollte unsere Aufgabe als Theater sein, das sollte generell eine Aufgabe der Kultur sein. Zu verbinden, die Leute zusammenzubringen. Mit Stücken und Themen, die durchaus für Kontroversen sorgen. Bei „Volksfeind“ streiten die Leute im Nachgang beispielsweise wahnsinnig.

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Beta con Brio

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Beta con Brio


Als „Mit Schwung“, oft auch „mit Feuer“ wird die musikalische Vortragsanweisung „con brio“ übersetzt. „Beta“ ist eine Anspielung darauf, dass die Nachnamen des Trios alle mit einem „B“ anfangen. „Trio con Brio klang auch einfach zu cheesy“, lacht Pianist Jakob Bereznai, der an der HMTMH gerade den Masterstudiengang Lehramt absolviert. Ein Zoom-Gespräch mit ihm und dem Schlagzeuger des Trios, Matthias Bodensteiner.

Kennengelernt haben die drei sich 2018 an der Hochschule. „Jakob und ich hatten denselben Schlagzeuglehrer“, erzählt Drummer Matthias Bodensteiner, der inzwischen Komposition in Rotterdam studiert. „Wir hatten musikalisch viele Überschneidungen und haben erst einmal zu zweit angefangen. Dann habe ich Benny kennengelernt [den Cellisten Benjamin Brückmann] und fand es spannend, mal ein Cello als Alternative zum Kontrabass auszuprobieren. Das funktioniert ja im Bassbereich, hat aber auch für die Melodie in den Höhen viel zu bieten.“ Das Trio war komplett, auch wenn man musikalisch natürlich erst zusammenfinden musste. „Benny kommt aus der klassischen Richtung, was beim Cello natürlich naheliegend ist“, erklärt Jakob. „Matthias und ich haben in der Fachrichtung Jazz/Rock/Pop studiert. Vor dem Studium habe ich immer klassisch Klavier gespielt. Ich wollte aber mal was anderes machen und bin dann tief in dieses Jazz-Piano-Ding eingetaucht. Das war auch meine Idee für die Band, die eigentlich ein ganz klassisches Jazz-Trio sein sollte. Mit der Vorstellung bin ich zu Matthias gegangen, und er meinte: Ja, okay! Jetzt hat er es irgendwie hingekriegt, dass wir doch was ganz anders machen.“ Tatsächlich ist der Sound der Band genreüberschreitend zwischen Jazz, Klassik und Pop. Phasenweise klingen „Beta con Brio“ regelrecht nach Progressive Rock, nur, dass das Cello anstelle einer Gitarre die Melodie trägt. Wunderbar nachhören kann man das anhand von Live-Videos aus dem Studio unter dem Titel „Alpha Sessions“ auf YouTube. Matthias und Jakob schreiben Entwürfe, die oft schon sehr konkret sind, aber in den Proben zu dritt dann noch weiter bearbeitet werden. „Das wird auch erst einmal so bleiben, da wir durch unsere unterschiedlichen Wohnorte genau planen müssen, wann wir uns treffen. Früher haben wir mehr improvisiert, auch, um als Ensemble zusammenzufinden“, erklärt Matthias. „Das war wie eine Teambuilding-Session“, ergänzt Jakob. „Wir haben so gelernt, offen miteinander umzugehen und einander ehrliche Rückmeldungen zu geben. Die Stücke, die so entstehen, sind zwar feste Kompositionen, würden aber von einer anderen Band völlig anders klingen, weil jeder von uns so viel Individuelles mit hineingibt.“ Live sehen Beta con Brio sich am ehesten als Band, die vor sitzendem Publikum spielt, obwohl es auch groovige, rockige Partien in ihren Stücken gibt. „Orte, die sich als Jazz-Location verstehen, sind heute in der Regel sehr offen für andere Einflüsse. Im Jazz-Club in Hannover wird ja von Swing über Funk bis zu elektronischer Musik alles gespielt. In so einem Kontext würde ich uns verorten. Wir sind aber auch schon bei einem Festival aufgetreten, wo sonst eher Pop und Elektro gespielt wurde, und kamen da gut an“, so Jakob. „Wir haben versucht, für uns möglichst lange offen zu halten, wo es genau hingehen soll“, erklärt Matthias. „Auch in der Klassik-Szene öffnet sich vieles und es gibt immer mehr ‚diverse‘ Veranstaltungen, wo sehr unterschiedliche Ansätze Raum finden.“ Neben Beta con Brio sind die drei Musiker auch in anderen Konstellationen unterwegs. Aber sollte sich ein Gig anbahnen, wäre das Trio schnell startklar. „Material haben wir reichlich, wir müssten sogar ein bisschen aussortieren“, so Jakob. „Die Alpha-Sessions haben wir produziert, weil wir unabhängig von Konzerten an die Öffentlichkeit wollten, wir hatten genug von Konzertabsagen. Aber jetzt sind vier Videos draußen, dabei soll es erst einmal bleiben und wir hoffen, dass wir im Sommer wieder Konzerte spielen können.“ Ein bisschen herausfordernd ist die Instrumentierung des Trios live auf der Bühne dann schon. „Das muss ordentlich abgenommen werden, eine Standard-Einstellung beim Soundcheck funktioniert da nicht. Unplugged ist auch nicht unser Ding“, lacht Matthias. „Da wäre das Schlagzeug dann viel zu laut. Es ist eine interessante Frage, ob wir uns durch unser Zusammenspiel verändert haben und ich zum Beispiel weicher und leiser spiele als früher, oder wir uns aufeinander zubewegen. Aber die Ohren offen zu halten und sich aufeinander einzustellen, ist ja in jeder Formation ein Plus.“
    ● Annika Bachem

Mehr Infos unter linktr.ee/betaconbrio
www.instagram.com/betaconbrio

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