Auf kleinen Bühnen wird es eng, wenn Forward ihr Equipment aufbauen. Rein zahlenmäßig fast eine Bigband, hat die achtköpfige Gruppe aus Hannover sich dem Indie-Pop verschrieben. Im September 2021 erschien ihre Debüt-EP „Overthinking My Mind At Large“, die sie gerade noch mit einem Release-Konzert im Musikzentrum präsentieren konnten, bevor die C-Lage wieder alles viel schwieriger machte. Keine leichte Zeit für junge Bands – davon ist aber den Jungs von FORWARD wenig anzumerken, die sich die Laune nicht verderben lassen. Auf die Frage nach der Größe ihres Übungsraums lachen sie: „Wir haben alle gerne Körperkontakt.“
Die meisten der FORWARD-Musiker haben dieselbe Schule in der Wedemark besucht und sich auch dort kennengelernt, wie Sänger Tim berichtet: „Arne habe ich quasi in der Krabbelgruppe getroffen und schon in der Grundschule mit ihm Musik gemacht. Auf dem Gymnasium ist die Band immer weiter gewachsen, bis wir zu siebt waren, der Achte kam vor zwei Jahren aus Hannover dazu.“ Jetzt können sie auf ein breites Instrumentarium zugreifen: Neben der „klassischen“ Aufstellung von Gesang, Gitarre, Bass, Synthie und Schlagzeug sind zwei Saxofone, eine Trompete und eine zweite Gitarre dabei.
Nachdem die Musik ihre Schulzeit geprägt hatte, beschlossen die Freunde, nach dem Abitur weiterzumachen und die Band ambitioniert zu betreiben. Dass einzelne Mitglieder zum Studieren zeitweise in andere Städte zogen, hat den Zusammenhalt der Band nicht gefährdet. Zurzeit haben wieder alle ihren Lebensmittelpunkt in Hannover und sind hier gut vernetzt. So studieren zum Beispiel die beiden Saxofonisten an der HMTMH, der Trompeter absolviert eine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann und der Bassist arbeitet bei Sennheiser. „Wir machen ganz unterschiedliche Dinge, die alle etwas beitragen“, erzählt Gitarrist Arne, der Physik studiert. „Einige sind versierte Bühnentechniker, das kann echt hilfreich sein.“ „Und es ist sehr erfrischend, dass jeder von uns eine andere Perspektive mitbringt“, ergänzt Tim. „Gerade, wenn man Musik studiert, fängt man schnell an, verkopft Musik zu machen, was wir so gar nicht wollen.“
Der Stil der Band klingt auch weniger akademisch als vielmehr sehr lässig: 80er-Jahre Pop mit Retro-Synthesizern, funky Bass und knackigen Bläsersätzen. Ein entspannter Sound, der neben aller technischen Finesse zeigt, dass die Bandmitglieder eine Leidenschaft für Musik pflegen, die sich nicht in der Gegenwart erschöpft. „Im Moment inspirieren uns die Beatles ganz stark, bei der EP waren es eher die 80er“, erzählt Arne.
Nur, wie schreibt man denn Songs mit so vielen Leuten? „Theoretisch dürfte jeder mal ran“, so Arne, „aber meistens sind das Ruben, unser Saxofonist, Tim und ich, weil wir schon am längsten zusammenarbeiten. Oft hat einer von uns eine Grundidee und macht zu Hause eine Art Demo fertig. Später kann jeder seinen Senf dazugeben. Das kann etwas mühsam sein, aber für uns ist es eine Art Qualitätssicherung. Und manchmal geht es auch ganz schnell, wie bei unserer Single ‚Overdrive‘. Uns ist es wichtig, dass nicht nur drei Leute die Entscheidungen treffen.“
Wie bei so vielen Bands hatte der Entschluss, ins Studio zu gehen, mit der Pandemie zu tun. „Wir haben uns immer eher als Live-Band gesehen“, erklärt Tim. „Dann haben wir die Zeit genutzt, uns ein paar der Songs, die uns live begleitet haben, vorzunehmen. Es sind Songs, die wir in der Umbruchphase zwischen Abitur und Studium oder Ausbildung geschrieben haben. Sie handeln alle inhaltlich davon.“ Für die Aufnahmen ging es in ein Leipziger Studio. „Wir wollten das als Arbeitsurlaub angehen, alle zusammen wohnen und tagsüber ins Studio“, beschreibt Tim die Entstehung von „Overthinking My Mind At Large“. „Dass wir das Release-Konzert im Musikzentrum noch hingekriegt haben, war großes Glück! Im Sommer hatten wir ein paar Konzerte unter unterschiedlichsten Auflagen. Ein Open-Air als Support für Jeremias in Potsdam war sogar ohne jede Beschränkung möglich, das war natürlich am schönsten.“
Jetzt hoffen FORWARD, 2022 so viel wie möglich live spielen zu können. Schwierig für junge Bands ist es, dass durch viele Ausfälle die Festivals ihre Line-ups häufig komplett auf dieses Jahr verschoben haben und daher wenig Platz für Neues da ist. „Klar bekommt man auch digital Feedback und es tut sehr gut, wenn neben den eigenen Eltern auch andere Leute was schreiben“, lacht Tim. „Aber wenn man live auftritt, merkt man erst richtig, wofür man das eigentlich macht.“
● Annika Bachem
Mehr Infos unter
www.forward-band.de