Tag Archive | "2020-03"

Marianne Tiedemann

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Marianne Tiedemann


Lange Foto: Frank Rohnebevor Nachhaltigkeit zu einem großen Thema wurde, gehörte sie für Marianne Tiedemann bereits zum Selbstverständlichen. Fasziniert von Naturfasern, legte sie großen Wert auf möglichst unverfälschte und langlebige Materialien, die sie zum Weben, Spinnen und Stricken verwendete. Als sich in den späten 70ern dann die Gelegenheit ergab, ein Geschäft für Webstühle zu eröffnen, griff die ehemalige Erzieherin sofort zu. Mittlerweile hat sich daraus ein Laden für Naturtextilien und Handarbeitsbedarf entwickelt, der seit 1983 auf der Podbielskistraße beheimatet ist. Inzwischen eine kleine Institution in Hannover …
„Angefangen hat es in einem Hinterhof – mit acht Webstühlen, zehn Spinnrädern und einer Werkstatt für Pflanzenfärberei“, erzählt Marianne Tiedemann. An diesem ersten Standort bot sie vor allem Webkurse an. Die Entscheidung, sich drei Jahre später ganz ihrer Leidenschaft zu widmen, traf sie dann relativ spontan. Sie bekam das Angebot für die schönen und hellen Räume in der Podbielskistraße und sagte sofort zu. Inzwischen ist Marianne Tiedemann nun seit bald vierzig Jahren im Ökotextilbereich tätig.
Zwar hat sich das Geschäftsmodell seit dem Umzug weiterent-
wickelt, das Kursangebot verschwand in den neuen Räumen, dafür wurde der Textilfachhandel zur Hauptsache – einen Webstuhl besitzt Marianne Tiedemann aber noch immer, und das Schmuckstück bildet heute den Mittelpunkt ihres Ladens. Natürlich wird er regelmäßig genutzt, um sehr feine Tücher und vor allem Schals zu weben, von denen sie immer rund hundert Stück in ihrem Schrank zur Auswahl präsentiert –
alles Unikate. Die Farbgebung und die Muster variieren je nach Stimmung und Jahreszeit, in denen sie erstellt werden. „Viel Arbeit steckt vor allem in der Einrichtung des Webstuhls und der Planung der Farbkomposition, das kann durchaus mal zwei Tage in Anspruch nehmen“, erklärt Marianne Tiedemann. „Das Weben eines einfachen Schals dauert dann im Anschluss aber gar nicht so lange, wie die meisten wohl vermuten würden.“
Die handgewebten Schals aus Seide, Kamelhaar, Kaschmir und weiteren edlen Naturfasern bilden zwar das Herzstück ihres Sortiments, sind aber noch längst nicht alles, was Marianne Tiedemann anzubieten hat. In ihrem Laden findet sich außerdem eine große Auswahl an Kleidung von Ökotextilmarken wie Lana, Privatsache oder der Schweizer Firma Alkena, die vor allem für ihre Seidenunterwäsche bekannt ist. Zu ihren Lieblings-
stücken gehören ihre nordfriesischen Schaf- und Lammfelle sowie die gefilzten Hausschuhe von der dänischen Firma glerups. Auch hier steht für Marianne Tiedemann im Vordergrund, dass die Materialien in schonenden Verfahren bearbeitet wurden. „Wenn Naturfasern mit chemischen Zusätzen oder Kunstfasern versehen werden, verlieren sie viele ihrer natürlichen Eigenschaften. Gerade die machen aber den ganz besonderen Reiz aus, auf den meine KundInnen großen Wert legen. Deshalb finden sie bei mir nur Materialien, die nach möglichst traditioneller Machart hergestellt wurden.“
Das gilt ebenso für das sehr große Sortiment an Garnen und Wolle für StrickerInnen. Die KundInnen finden keine kurzlebigen Modegarne, sondern bewährte Produkte von Lang, Schulana oder dem japanischen Hersteller Ito, ergänzt wird dieses Angebot unter anderem mit sehr schönen Bambusstricknadeln. Neben vielen englischen Traditionsmarken gibt es außerdem die eine oder andere Rarität, etwa neuseeländische Garne aus Possumhaar. Und das ist noch längst nicht alles, das große Angebot an hochwertigen Knöpfen zum Beispiel aus Perlmutt, Kokosnussschale, Horn und Steinnuss hat sich unter Kennern in ganz Hannover längst herumgesprochen.
Wer an Handarbeit mit nachhaltigen und einfach schönen und zeitlosen Materialien interessieFoto: Frank Rohnert ist, der darf sich in der Podbielskistraße bei der Materialauswahl und auch bei der Planung von Handarbeitsprojekten über die profunde, umfassende und vor allem sehr individuelle Beratung von Marianne Tiedemann freuen. Ein wirklich besonderer Laden und ein echter Tipp!  AD

Podbielskistraße 5 30163 Hannover Tel. (0511) 62 12 90
Öffnungszeiten: Mo–Fr 9.30–13 Uhr und 15–18 Uhr Sa 9.30–13 Uhr

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Hurra, der März ist da

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Hurra, der März ist da


Und auch das neue Stadtkind!

Über Macht und Machtmissbrauch schreibt Lars Kompa im Titel, ein komplexes Thema, das fast alle Lebensbereiche prägt und das nicht mit platten „Die da oben und wir hier unten“-Formeln zu greifen ist. Mehr dazu ab Seite 48.

Wir haben im letzten Monat wieder viele interessante Menschen getroffen: Den Lichtkünstler Franz Betz und Anke Pauli von der Artothek Hannover e.V., die beiden Geschäftsführerinnen des Bildungsvereins, Beate Gonitzki & Christina Bötel, Gisela Hänel, die sich für die Teilhabe Schwerhöriger engagiert, die Schauspielerinnen Alrun Hofert und Irene Kugler, um nur einige zu nennen.

Wir berichten über die Neotanzoffensive 2020, wir beleidigen Karnevalisten, hacken ein bisschen auf Andreas Scheuer rum und wissen wieder ganz genau, waswannwo los ist!

Fabi & Marcel würdigen in ihrer 96-Kolumne Ex-Torwart, Vereinlegende, Pokalheld und leider jetzt auch Ex-Torwarttrainer Jörg Sievers. Wir mögen die liebevolle, aber nie unkritische Hingabe, mit der sie sich diesem Verein widmen, der es einem ja nicht immer leicht macht. Aber es muss ja auch nicht immer alles leicht sein, wäre ja langweilig.

Viel Spaß!

Eure Stadtkinder*

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Ulrike Draesner   erhält den Preis der LiteraTour Nord 2020

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Ulrike Draesner erhält den Preis der LiteraTour Nord 2020


 Foto: Dominik ButzmannJedes Jahr gehen von Oktober bis Februar sechs AutorInnen auf große Lesereise durch Norddeutschland. Bei ihren Stationen in sechs Städten stellen sie in verschiedenen Literaturhäusern und Buchhandlungen ihre Neuerscheinungen vor. Am Ende stimmen die VeranstalterInnen, ModeratorInnen sowie das Publikum darüber ab, wer den Preis der LiteraTour Nord erhält. In diesem Jahr heißt die Siegerin Ulrike Draesner, die die Jury mit ihrer Novelle
„Kanalschwimmer“ überzeugen konnte.

Der mit 15.000 Euro dotierte Preis, der von der VGH-Stiftung ausgelobt wurde, ist zugleich eine Würdigung des bisherigen Schaffens von Ulrike Draesner –
und das umfasst mehr als zwanzig Bücher, darunter einige Lyrikbände, Essays und Poetik-Schriften. Den Ausschlag gab aber das neuste Werk der Autorin, eine schmale Novelle, die nicht von Ungefähr im mare Verlag erschienen ist: „Kanalschwimmer“ erzählt die Geschichte des 60-jährigen Charles, der kurz vor seinem Ruhestand sein ganzes Dasein infrage stellt – „zu sicher“ habe er bislang gelebt, so seine plötzliche Einsicht. Als ihm seine Frau Maude eröffnet, dass ein anderer Mann fortan das Haus mit ihnen teilen soll, setzt er ihrem Wunsch einen eigenen entgegen, und zwar seinen lang gehegten und stets verschobenen Lebenstraum, einmal den Ärmelkanal zu durchschwimmen. Das Wasser – anziehend, aber gefahrvoll – verändert Charles‘ Sicht auf seine Vergangenheit und ruft Erinnerungen an gescheiterte Utopien und verlorene Leidenschaften wach.
In der Begründung der Jury heißt es: „Die lange Nacht im Wasser zwischen Dover und Calais des Protagonisten Charles wird für den Leser und die Leserin zur Begleitung einer spannenden sportlichen Herausforderung. Charles‘ Leben und Erleben tauchen, Schwimmzug um Schwimmzug, als Dimensionen des allgemeinen Menschseins aus der Erinnerungstiefe auf: Entstehen und Vergehen, Schönheit und Fassungslosigkeit.“ Besonders faszinierend fanden die Jurymitglieder die aktuellen Bezüge, die Ulrike Draesner en passant in ihrem Werk einbindet – so etwa zum Thema Brexit, der Umweltzerstörung und Vermüllung der Ozeane und dem Schicksal von Flüchtlingen, die den Meerweg zu wählen gezwungen sind.
Ulrike Draesner, 1962 in München geboren, studierte u. a. Anglistik, Germanistik und Philosophie. Sie schlug zunächst eine wissenschaftliche Laufbahn ein, bevor sie sich ab 1993 ganz dem Schreiben widmete. Für ihre Werke, deren lyrischer Stil oft Anleihen an die Bildhauerei, Aktionskunst oder Musik enthält, wurde sie vielfach ausgezeichnet, zum Beispiel mit dem Joachim-Ringelnatz-Preis und den Nicolas-Born-Literaturpreis. Sie ist die 28. Preisträgerin bei der LiteraTour Nord, die seit 1992 jährlich herausragende AutorInnen der Gegenwartsliteratur ehrt.
Neben der Preisträgerin lasen in diesem Jahr außerdem Norbert Scheuer („Winterbienen“), Isabel Fargo Cole („Das Gift der Biene“), Albrecht Selge („Fliegen“), Karen Köhler („Miroloi“) und Daniela Krien („Die Liebe im Ernstfall“). Anja Dolatta

Die öffentliche Preisverleihung findet am 26. März um 19 Uhr in den Räumen der VGH Versicherungen, Warmbüchenkamp 8
statt. Vergeben wird die Auszeichnung von Friedrich von
Lenthe, dem Vorsitzenden der VGH-Stiftung, die Laudatio hält die Literaturkritikerin und Deutschlandradio-Redakteurin Wiebke Poromba. Anschließend wird Ulrike Draesner aus einem bisher unveröffentlichten Text lesen.

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Randgruppenbeleidigung: Humor-Tote

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Randgruppenbeleidigung: Humor-Tote


Wer behauptet, beim Karneval ginge es um das „schöne Gemeinschaftsgefühl“, die „tolle Musik“ und die „althergebrachten Traditionen“, der hat gleich schon mal den besten Witz der Saison gerissen. Und den einzigen auf weiter Flur. Denn das scheint ein ungeschriebenes Gesetz der fünften Jahreszeit zu sein: Es herrscht Lachzwang bei gleichzeitigem Pointenverbot. Auf diese Weise soll wohl verhindert werden, dass irgendjemand durch einen richtigen Kracherwitz vorzeitig aus seiner Schunkel-Trance erwacht und dann mit seiner leisen Kritik am gebotenen Humorprogramm allen anderen Jecken den „Spaß“ verdirbt. Die vertragen nämlich nur ganz leichte Kost, weil sie als waschechte Klischee-Deutsche das ganze Jahr über zum Lachen in den Keller gehen – außer eben an diesen fünf Tagen, an denen sie sich bis zur Besinnungslosigkeit amüsieren wollen. Zumindest haben sie sich das so im Kalender aufgeschrieben.
Um bei diesen humoristisch Minderbemittelten die verhärteten Mundwinkel zu lockern, braucht es ein System aus ausgeklügelt albernen Hilfestellungen – allen voran die Kostümierungspflicht. Denn wie könnte noch ein Auge trocken bleiben bei dem Anblick einer flotten Biene, die in ihrem Maja-Strampelanzug aus Kunstfell durch die Straßen torkelt und dabei den Geruch einer verschwitzten Altherren-Fußballmannschaft verströmt? Oder bei der Begegnung mit einem Mittfünfziger, der seine weibliche Seite entdeckt hat und das mit einer Vulva-Gesichtsmaske feiert, die schwer an das Monster von Stranger Things erinnert? Sowas muss man doch mit Kamellen abschießen! Am besten sind natürlich jene Urgesteine, die mit Indianerfedern, Schläfenlocken oder schwarz bemalten Gesichtern ihren Beitrag zur Traditionspflege leisten. Dazu noch ein paar Opas, die ihre alten Wehrmachtsuniformen auftragen – selbstredend selbstironisch. Man möchte brüllen!
Um diese Peinlichkeitsparaden aushalten zu können, ohne einen dauerhaften Gehirnschaden davonzutragen, braucht es jahrelanges Training, oder doch eher Konditionierung, die in Karnevalshochburgen wie Köln oder Mainz zum ganz normalen Bildungsprogramm gehört. In speziellen Vereinen werden bereits unschuldige Kinder darauf getrimmt, die Signaltöne und Hinweisworte, die einen sogenannten „Ulk-Moment“ markieren, zuverlässig zu erkennen und die korrekte Reaktion folgen zu lassen. Erst, wenn sie diese Dressur erfolgreich durchlaufen und ein Mindestalter von 18 Jahren erreicht haben, sind sie bereit für das Zelt – und für den Alkohol, ohne dessen betäubende Wirkung selbst hartgesottene Karnevalisten keine fünf Minuten des Programms aushalten würden. So aber läuft alles wie am Schnürchen nach dem Schema X: Ein Moderator in Pailetten-Jäckchen liest vor, wer als nächstes in die Bütt steigt, was das schwer atmende Publikum mit bräsigem Applaus quittiert. Dann Auftritt zweier Nappel, von denen einer als dümmlicher Dödel verkleidet ist und der andere zwar relativ normal aussieht, dafür aber eine Gitarre umhängen hat, was viele vorsorglich noch einen Vodka Bull bestellen lässt. Es folgt ein längeres Gespräch der beiden, das dank ihres starken Dialekts größtenteils ein sinnloses Genuschel bleibt – bis sie nach etwa zehnminütiger Hinarbeit endlich zu dem Höhepunkt ihrer nervenzersetzenden Geschichte kommen, für die sie dann auch extra deutlich sprechen. „Du willst mich wohl auf den Arm nehmen“, sagt der eine. „Nein“, sagt der andere und kostet das Herauszögern des Unvermeidlichen noch mal aus, „dafür bist du mir zu schwer!“ Zehn Sekunden Stille, dann signalisiert das Orchester den Witz mit einem Tusch und der ganze Saal bricht reflexartig in das antrainierte Gelächter aus. Der schallende Schlachtruf der Humor-Toten. Unfassbar!
 Anja Dolatta

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Neu in der Stadt im März

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Neu in der Stadt im März


Plasma Service Europe
Zwei von drei Menschen brauchen wenigstens einmal im Leben ein Blut- oder Plasmaprodukt. Manche sind sogar auf regelmäßige Spenden angewiesen, weil sie zum Beispiel an einer Immunerkrankung leiden. Um den Freiwilligen eine sichere Umgebung zum Spenden zu schaffen, hat im Januar der Plasma Service Europe ein neues Zentrum in Hannover eröffnet. Hier können Erwachsene zwischen 18 und 68 Jahren bis zu 60 Mal im Jahr Plasma spenden, das für die Herstellung von lebenswichtigen Medikamenten für Unfallopfer und chronisch Kranke verwendet wird. Bevor es mit der Spende losgeht, können sich Interessierte umfassend informieren und machen einen kostenlosen Gesundheitscheck. Der Plasma Service Europe wurde im Jahr 2001 gegründet und ist in Deutschland mittlerweile in insgesamt neun Städten vertreten. Neben Hannover können Freiwillige zum Beispiel auch in Dortmund, Köln, Rostock und Magdeburg spenden. Schillerstraße 23, 30159 Hannover, Tel. (0511) 374 832 0, Öffnungszeiten: Mo/Di/Do/Fr 11–19 Uhr, Mi 9–17 Uhr, facebook.com/plasmaservice.hannover und www.plasmaservice.de.

 

 MehrWertLaden
 Linden-Mitte
Viele Menschen würden gerne etwas für den Klimaschutz tun, wissen aber nicht, wo und wie sie Veränderungen in ihren Alltag bringen können. Das Nachbarschaftsprojekt „MehrWertLaden“ will deshalb mit verschiedenen Workshops und Seminaren Räume schaffen, in denen man mit Gleichgesinnten spielerisch einen dauerhaften, klimafreundlichen Lebensstil entwickelt. Nach dem offiziellen Startschuss im vergangenen Dezember im Rahmen des Traumzauber Wintermarktes am Lindener Küchengarten steht nun das Frühlingsprogramm fest: Ab dem 5. März beginnt das erste MehrWertSeminar, bei dem sich Interessierte zusammenfinden und über Themen wie Upcycling, Müllvermeidung und Zero Waste informieren können. Die insgesamt acht Treffen finden danach in etwa zweiwöchigem Rhythmus im Kellercafé des Theater am Küchengarten statt. Am Ende ist eine öffentliche Präsentation der Ergebnisse im Lindener Rathaus geplant. Obwohl es sich nicht wirklich um einen Laden handelt und die Veranstaltungen an wechselnden Orten in Linden-Mitte stattfinden, soll das Projekt ab April trotzdem eine eigene Adresse bekommen – und zwar einen mobilen Infostand, der an vielen Samstagen am Rand des Lindener Wochenmarkts haltmachen wird. Die Themen dieses MehrWertMobils sollen anschließend in anderen Formaten des im Aufbau befindlichen Netzwerks MehrWertClub vertieft werden. Weitere Angebote sind noch in Planung, darunter gemeinschaftsfördernde Aktivitäten wie Kochkurse, Spieleabende und Radtouren, Sharing-Events wie Kleidertauschpartys, Bibliothek der Dinge oder Lastenrad-Sharing sowie Aktionen zur Nachbarschaftshilfe. Die Teilnahme an den Veranstaltungen ist grundsätzlich frei. Weitere Informationen gibt es unter www.mehrwertladen.de. Anmeldung für das MehrWertSeminar über mehrwert@kulturdeswandels.de.

 

me and all
 hotels
Die Düsseldorfer Hotelkette Lindner eröffnet Anfang April einen neuen Standort seiner jungen Marke „me and all hotels“ in Hannover. Das ehemalige Allianz-Gebäude am Aegidientorplatz befindet sich noch im Umbau, insgesamt werden hier 165 Zimmer entstehen, die den Gästen dank Vintage-Look eine Reise in die Vergangenheit ermöglichen. Ein richtiger Hingucker sind dabei die meterhohen „worldrecords“ in jedem Zimmer, die der Fotokünstler Kai Schäfer gestaltet hat. Das elegante Interieur im urbanen Industrial-Style ist aber nicht die einzige Besonderheit: In dem Hotel werden regelmäßig die Local Heroes von Hannovers Kunst- und Kulturszene auftreten, und zwar mit öffentlichen Konzerten, Lesungen, Workshops und Afterwork-Partys. Außerdem wird es für Sport und Entspannung einen rund 80 Quadratmeter großen Fitnessbereich sowie eine 60 Quadratmeter große Sauna geben. Mit Francisco Sordo, einem gebürtigen Mexikaner, wird übrigens ein richtiger Globetrotter zum Hotelmanager – und ein leidenschaftlicher Motorradfahrer. Das Hotel ist ab dem 6. April buchbar. Aegidientorplatz 3, 30159 Hannover, Tel. (0511) 93 68 73 0, Infos unter meandallhotels.com.

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Ein letztes Wort im März

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Ein letztes Wort im März


… mit dem Mininisterpräsidenten Stefan Weil.

Herr Weil, sortieren Sie mal Thüringen für mich, was ist da passiert?
Da sind eigentlich alle passenden Begriffe schon gefallen: Dammbruch, Tabubruch, ein wirklich ein schlimmer Vorgang, ein riesiger Schaden für unsere Demokratie. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik haben zwei demokratische Parteien, die CDU und die FDP, gemeinsam mit einer rechten Partei, der AfD, einen Ministerpräsidenten gewählt. Dieser Vorgang hat aus guten Gründen große Aufregung ausgelöst. Man hat einer Partei Einfluss auf die Regierungsbildung eingeräumt, die gerade in Thüringen im Verdacht steht, rechtsextremistisch zu sein.

Was haben Sie gedacht, als diese Nachricht zum ersten Mal durch die Medien schwappte?
Das kann doch nicht wahr sein! Ich war fest davon überzeugt, dass Bodo Ramelow im dritten Wahlgang gewählt würde. Dass er es in den ersten beiden Wahlgängen nicht schaffen würde, das war abzusehen. Aber ich hätte mir nicht im Traum vorstellen können, dass ein FDP-Mann zum Ministerpräsidenten gewählt wird – der Kandidat einer Partei, die es bei der Wahl mit nur etwa 70 Stimmen über den Durst überhaupt in den Landtag geschafft hat. Was für eine Verhöhnung des Wählerwillens.

War das alles ein abgekartetes Spiel, gab es vorher Absprachen? Was meinen Sie?
Zumindest sind Christdemokraten und Liberale sehenden Auges in eine Falle getappt. Das Vorgehen von AfD-Fraktionschef Höcke war allerdings nicht besonders raffiniert und man hätte seinen Plan im Vorfeld erkennen können und müssen. Und offenbar hat es ja auch warnende Stimmen gegeben. Spätestens nach Vorlage des Abstimmungsergebnisses hätte die Reißleine gezogen werden müssen. Niemand ist gezwungen, eine solche Wahl anzunehmen. CDU und FDP waren in Thüringen keine überraschten Nebendarsteller, sondern sie hatten eine tragende Rolle. Das liegt klar auf der Hand.

Bei der CDU ist mit diesem Vorgang die Zerrissenheit innerhalb der Partei sehr deutlich geworden. Es gibt starke, sehr konservative Kräfte, die mit der Entwicklung der Partei alles andere als zufrieden sind. Über diese Zerrissenheit haben wir schon vor Jahren gesprochen. Jetzt scheinen die Fliehkräfte entfesselt. Wohin wird künftig die Reise gehen mit der CDU?
Zunächst einmal ist festzustellen, dass es bei der CDU momentan eine sehr klare Beschlusslage gibt. Demnach soll es auf keinen Fall eine Zusammenarbeit mit der AfD geben. Das ist auch im Koalitionsausschuss in Berlin nochmal ausdrücklich und schriftlich bestätigt worden. Aber es ist wohl unbestreitbar, dass relevante Kräfte in der Union das durchaus anders sehen, vor allem in den ostdeutschen Landesverbänden. Und das ist Ausdruck einer Entwicklung, die wir schon im vergangenen Jahr bei den Landtagswahlen dort gesehen haben: Die AfD hat im Osten inzwischen eine ganz andere Verankerung in der Gesellschaft und in der Politik, als das zum Beispiel in Niedersachsen der Fall ist. Was aber nichts daran ändert, dass die Verbände vor Ort den Beschlüssen der Gesamtpartei verpflichtet sind und in den eigenen Reihen für Ordnung sorgen müssen. Das wird die CDU intern klären müssen, man kann so einen Zwiespalt in den eigenen Reihen nicht lange mitschleppen. Ich nehme den allermeisten CDU-Politikerinnen und -Politikern ab, dass es ihnen absolut gegen den Strich geht, sich eine Zusammenarbeit mit der AfD auch nur vorzustellen. Das gilt etwa ausdrücklich für die niedersächsische CDU. Aber dann muss man gemeinsam auch dafür sorgen, dass alle Teile der Partei sich entsprechend verhalten.

In Thüringen hat die CDU nun nicht nur geschlossen mit der AfD gestimmt, sondern sie sind auch dabei geblieben, es gab kein Zurückrudern, man hat sogar noch die eigene Parteivorsitzende auflaufen lassen. Das zeigt schon eine sehr klare Ausrichtung der CDU in Thüringen.
Der Eindruck drängt sich jedenfalls auf. Wobei ich, wie gesagt, die einzelnen Akteure dort nicht persönlich kenne. Aber es war deutlich zu sehen, dass man sich nur äußerst ungern von der eigenen Parteispitze an die Beschlusslage erinnern lassen wollte. Und man will sich augenscheinlich nach wie vor nicht an diese Beschlusslage halten. Das ist ein gravierender Vorgang. Leider ist überhaupt nicht gesagt, dass das der einzige Landesverband der Union ist, der sich künftig so aufstellen und verhalten könnte. Es ist alles in allem ein wirklich alarmierender Vorgang, der viele Leute in Deutschland aufgerüttelt und erschreckt hat.

Vielleicht ist das nun aber auch ein heilsamer Schock. Über den Rechtsruck reden wir schon recht lange, dass Teile der Union sich jetzt so verhalten, zeigt deutlich die bedrohlichen Tendenzen.
Es ist wirklich beunruhigend. Wir haben noch ein sehr junges Jahr, und es hat im Januar bereits die Schüsse auf das Bundestagsbüro des SPD-Abgeordneten Karamba Diaby gegeben. In Niedersachsen ist es zum Eklat im Landtag in der Gedenkstunde zum 75. Jahr der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz gekommen: Ein AfD-Abgeordneter hat die Verfolgung der Juden und anderer Opfer mit keinem Wort erwähnt, sondern die AfD als Opfer dargestellt. Dann der gravierende Vorgang in Thüringen. Anfang Februar wurden  mehrere Mitglieder einer mutmaßlich rechten Terrorzelle verhaftet. Und schließlich der furchtbare Anschlag in Hanau bei dem neun Menschen mit Migrationshintergrund ermordet wurden. Es ist deutlich zu sehen, dass dieses Gift von rechts allmählich überall einsickert. Ich kann uns allen nur wünschen, dass die Politik und die Gesellschaft hellwach sind, um dieser Entwicklung deutlich entgegenzutreten. Wir müssen gemeinsam unsere Demokratie verteidigen.

Wie finden Sie denn eigentlich diese Gleichmacherei von links und rechts? Gehören Ramelow und Höcke in einen Topf?
Gerade an diesen Personen zeigt sich sehr deutlich, dass diese Gleichsetzung einfach falsch ist. Bodo Ramelow ist unbestritten ein kompetenter und seriöser Politiker. Strukturell, so würde ich mal behaupten, ist er ein Sozialdemokrat, ob er das nun hören mag, oder nicht. Einen solchen Politiker gleichzusetzen mit einem Herrn Höcke, den man von Gerichts wegen Faschist nennen darf, verbietet sich einfach von selbst. Ich stehe der Linken wirklich alles andere als unkritisch gegenüber, auch in der Linken gibt es Kräfte, denen man aus meiner Sicht mit einer gehörigen Portion Skepsis gegenübertreten muss. Trotzdem rechtfertigt das in keiner Weise die Gleichsetzung mit der AfD.

Bei der Union ist festgeschrieben, dass man weder mit der Linken noch mit der AfD arbeiten will. Ist so eine Festlegung gut für die Demokratie?
Ich finde schon, dass eine Festlegung richtig ist, soweit es um Kräfte geht, deren Politik man fundamental ablehnt. Eine SPD beispielsweise, die nicht klipp und klar sagt, dass es mit der AfD keine Zusammenarbeit gibt, wäre für viele Menschen zu Recht nicht wählbar. Das gleiche muss auch für die CDU gelten. Bei der Linken sieht man über die Jahrzehnte hinweg eine deutliche Entwicklung und Veränderungen. Das ist keine Partei, die ich besonders schätze, aber es ist auch keine extremistische oder extreme Partei, sondern eine linkssozialistische Partei. Die Kernfrage muss sein, wie es eine Partei mit der Verfassung hält. Und da sind deutliche Unterschiede erkennbar zwischen der AfD und der Linken.

Werfen wir mal kurz einen Blick auf die Junge Union, die steht weitaus mehr rechts als die CDU, habe ich den Eindruck. 

Ja, da gibt es zwischendurch durchaus sehr schrille Töne, auch im Zu-
sammenhang mit Thüringen. Es sind nicht allein nur ostdeutsche Landes-verbände, die über den rechten Tellerrand hinaus schielen. Die CDU muss das insgesamt in den Griff bekommen, was übrigens auch viele aus der Union fordern. Deutschland ist im Großen und Ganzen immer sehr gut gefahren mit zwei großen Volksparteien links und rechts von der Mitte. Die SPD muss im Bund dringend wieder Rückhalt bei den Wählerinnen und Wählern zurückgewinnen, und auch die CDU ist momentan dabei, diesen Rückhalt zu verlieren. Dies alles ist insgesamt nicht gut für unsere Demokratie. Wir tauschen eine recht stabile Situation gegen ganz viel Verunsicherung. Das sollten wir aus meiner Sicht dringend vermeiden. Darum, das mag aus meinem Munde vielleicht merkwürdig klingen, aber es ist so: ich wünsche mir eine stabile CDU mit einer klaren Abgrenzung zum rechten Rand. Und natürlich eine noch wesentlich stabilere und erfolgreichere SPD (lacht).      Interview: Lars Kompa

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