Liebe Stadtkinder,
anscheinend sind wir allesamt zunehmend ein Fall für den Psychiater. Wir haben Angst, schreckliche Angst. Und ständig kommen neue Ängste hinzu. Wir haben Angst vor der Zukunft, vor dem Alter, vor Altersarmut, vor Krankheiten, vor Krieg, vor Donald Trump, vor Wladimir Putin, vor „dem Staat“, wir haben Angst vor zu viel oder zu wenig Arbeit, vor dem sozialen Abstieg, wir haben Angst vor den Nazis, vor Ausländern, der Islamisierung des Abendlandes, wir haben Angst um unsere Seele und/oder unser Karma, Angst vor dem Klimawandel und vor den Finanzmärkten. Wir haben Angst zu versagen, Angst davor, dass wir keine Karriere machen, Angst davor, niemals die Richtige oder den Richtigen zu finden, wir haben Angst davor, Kinder in die Welt zu setzen und wir haben Angst davor, keine Kinder in die Welt zu setzen. Und natürlich haben wir auch noch Bindungsängste und nicht zuletzt Angst davor, dass Hannover 96 absteigt.
Wenn man so hört und liest, was uns da alles jeden Tag ängstigt, kann einem wirklich angst und bange werden. Was ziemlich fatal ist, denn Angst lähmt bekanntlich den gesunden Menschenverstand. Und wir wollen unseren hoffentlich gesunden Menschenverstand doch eigentlich ganz gerne gebrauchen.
Als „Die achte Todsünde“, haben wir die Angst in unserer Februar-Ausgabe bezeichnet. Wenn man Todsünden wie Neid, Geiz oder Jähzorn als menschliche Schwächen definiert, dann ist die Angst ganz sicher ein Treiber dieser „Sünden“. Die Angst ist oft der Ausgangspunkt, der Ursprung. Wer Angst hat, der ist anfällig für Hass und einfache Wahrheiten, weil der Ängstliche auf der Flucht ist oder im Angriffsmodus. Für rationales Denken, Abwägen oder gar für Mitmenschlichkeit bleibt dann kein Platz.
Wir sehen sehr klar, was mit Gesellschaften passiert, in denen die Angst um sich greift, auch weil sie von manchen Seiten bewusst geschürt wird. Die USA sind ein Paradebeispiel für eine solche Fehlentwicklung. Und Steve Bannon plant bereits seinen nächsten Coup in Europa. Trumps ehemaliger Chefstratege wünscht sich einen Rechtsruck bei der kommenden Europawahl. Leider sieht es momentan so aus, dass die europäischen Wähler ihm diesen Gefallen tun werden. Seine Technik ist ganz einfach. Er zersetzt den Zusammenhalt mit Themen, die Angst machen. Und die Zuwanderung ist natürlich eines seiner bevorzugten Spielfelder. Begibt man sich in die Bannon-Blase, so bekommt man sehr schnell den Eindruck, dass sich Horden von Kriminellen aufgemacht haben, Europa zu erobern. Handfeste Lügen, Halbwahrheiten, Verdrehungen, Unterschlagung von Fakten, das sind die bevorzugten Mittel zum Zweck. Macht den Leuten Angst, sie sollen sich bedroht fühlen. Dann folgen sie bereitwillig dem, der ihnen Sicherheit verspricht. Und Wohlstand. Eine einfache Gleichung. Trump war und ist damit in Amerika erfolgreich. Und in Europa scheint die Gleichung ebenfalls mehr und mehr aufzugehen. Wie können wir uns davor schützen? Das Gegenmittel heißt Solidarität, heißt Zusammenhalt, heißt Mitmenschlichkeit und Zuversicht. Wer sich ganz alleine fühlt, der ist anfälliger für all die oben beschriebenen Ängste. Aber schon zu zweit ist man meist bedeutend mutiger. Und mutig, ohne Angst, kann man dann auch wieder klarer, rationaler denken und die richtigen Entscheidungen treffen. Hoffentlich … Mehr zum Thema Angst ab Seite 48 im Februar-Stadtkind. Kaufen!
Ansonsten, auch im Februar-Stadtkind: Wie gewohnt jede Menge tiefgründige Beiträge!
Wir stellen ab sofort einen Newcomer vor, einen Menschen, der von weit her nach Hannover gekommen ist, seine Beweggründe, Erlebnisse und Ziele für die Zukunft. Im Februar ist das Iliass Oumghar. Weiterhin werden Katalogschönheiten durchbeleidigt und es gibt wieder einen Tipp zum Schluss machen, falls der/die Liebste grade nervt. Als Vorlage zum Abschreiben, praktischer geht’s nicht. Illi schießt und trifft nicht Heidi Klum und dann wissen wir auch noch, warum LSD fit und munter macht.
Hartmut El Kurdi schreibt über vom Ehrgeiz zerfressene Strebertypen und packende Musikmomente. Der offene Brief geht – wie sollte es anders sein – an Franck Ribéry, unseren Goldjungen. Stanlee The Nicht Ganz Dichter stellt ein Poem über den Brexit vor: Spiel mit das Lied vom Brexit. Martin Kontzog macht sich in seiner Elternratgeber-Kolumne Gedanken darüber, was wäre, wenn Eltern wie DJs wären; Simone Niemann denkt über den Willen und seine Wege nach, Anne Andersch berichtet über Be(r)ichtenswertes, Annika Bachem nimmt das schamanistische Treiben in der Nordstadt unter die Lupe und Anke Wittkopp spricht mit Ulrike Willberg, Regisseurin der Agentur für Weltverbesserungspläne.
Zusätzlich gibt es einen Beileger zum Thema Beruf – Karriere – Perspektiven, denn Bildung ist und bleibt eines der wichtigsten Themen unserer Zeit. Wir haben in unserem Beileger wieder eine Übersicht zu verschiedenen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten in und um Hannover gesammelt.
Außerdem natürlich Termine, Kulturtipps und ein dicker, fetter Veranstaltungskalender.
Also, ab zum Kiosk!