Tag Archive | "2018-03"

Aus der Haut fahren …

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Aus der Haut fahren …


Liebe Stadtkinder,

manchmal stößt man auf so viel Blödheit und Ignoranz, dass man ausrasten könnte, explodieren, aus der Haut fahren … und überhaupt. Das soll aber aus irgendeinem Grund eine Todsünde sein. Wieso? Jähzorn ist doch eigentlich eine ganz natürliche Reaktion, oder? Oder doch nicht? Der Chef hat sich dessen mal angenommen. Wie wir hoffen, ein bisschen selbst-, ganz sicher aber gesellschaftskritisch. Mehr dazu in unserer Märzausgabe!

 

*** Und sonst so? ***

… Illi schießt und trifft nicht: Helene Fischer, die Einzigwahre, die sowohl Kaffee, als auch Autos und Kräuterbutter verkaufen kann. Manche munkeln sogar, singen würde sie auch noch.

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… Anke Wittkopp war bei Vietal voll toll lecker und gesund essen. Das kann man sich mal schön auf der Zunge vorstellen!

… Sie weiß einfach, wo der Hase langläuft. Und wo er unterwegs Pause macht: Simone Niemann erleuchtet uns einmal mehr.

… Hartmut el Kurdi, unser versehrter Veteran ist trotz Schmerzen und verzögerter Rekonvaleszenz auch wieder am Start. Ein Mann nach unserem Geschmack!

… Diesen Monat stellen wir die zauberschönen Lampen aus Treibholz vor, die Claude Wingenfelder in ihrem kleinen Paradies an der Schlei bastelt und im Internet verkauft … Kreativ!

Und wie immer: Termine, Kulturtipps und ein dicker, fetter Veranstaltungskalender, alles in echt und auf Papier.

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Rebmann Maßkonfektion

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Rebmann Maßkonfektion


Ob mondänes Abendkleid, legeres Freizeitsakko oder ein perfekt sitzender Hochzeitsanzug, der auch im Alltag verwendet werden kann: Seit 1998 fertigt die Maßkonfektion Rebmann in Braunschweig individuelle Kleidungsstücke für die Dame und den Herrn. Nach der Geschäftsaufgabe des Herrenausstatters Erdmann 2009 eröffnete Rebmann eine zweite Filiale in Hannovers Altstadt. Im April siedelt die Maßkonfektion in ihre neuen Räume im Leibnizhaus über.

„Kleider machen Leute erfolgreich.“ – Davon ist Ulrich Dörflinger, Inhaber von Rebmann Maßkonfektion, überzeugt. Denn ein stilsicheres Auftreten vermittelt nicht bloß nach außen hin, sondern vor allem nach innen ein Gefühl von Souveränität und Selbstsicherheit. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass das fertige Kleidungsstück ein handgearbeitetes Unikat ist, das bis ins Detail nach den Vorstellungen und Wünschen des Kunden angefertigt wird. Ein Beratungsgespräch kann da leicht anderthalb Stunden dauern, schließlich müssen je nach Zweck und Körpertyp eine Vielzahl von Entscheidungen getroffen werden, ein Stoff aus rund 7.000 Mustern gewählt, Farb- und Stilaspekte diskutiert, Fragen über die Form des Revers oder der Taschen sowie die Zahl der Knöpfe geklärt werden. Vieles ergebe sich aber erst beim Anlegen der Probiergröße, an der die spezifischen Maße abgesteckt werden. „Vor dem Spiegel wird auch sichtbar, welche Veränderungen an dem ursprünglichen Konzept vorgenommen werden müssen“, erklärt Dörflinger. „Auf diese Weise nähern wir uns gemeinsam mit dem Kunden Stück für Stück der Endfassung an.“ Nach etwa vier bis sechs Wochen findet die erste Anprobe statt, bei der sich noch letzte Änderungen und Feinschliffarbeiten ergeben können.

Obwohl Maßkonfektion zuerst deutlich zeit- und kostenintensiver erscheint, sieht Dörflinger darin eine nachhaltigere Alternative zu kurzlebiger Stangenware. „Aufgrund der Hochwertigkeit von Material und Verarbeitung halten die Kleidungsstücke einfach länger. Außerdem sind sie sozusagen ‚auf den Leib geschneidert‘, sie bieten daher einen viel höheren Tragekomfort. Es ist nicht selten so, dass Kunden, die einmal maßgeschneiderte Kleidung ‚probiert‘ haben, immer wieder kommen. Manche bringen auch Teile ihrer bisherigen Garderobe und möchten sie bei uns ändern oder anpassen lassen.“

Das Repertoire von Rebmann Maßkonfek­tion umfasst Kleidung für nahezu alle Anlässe. Neben Business-Anzügen und -Kostümen können auch Freizeithemden und -blusen, Strickpullover, Jacken und Mäntel nach Maß in Auftrag gegeben werden. Dabei ist man jedoch nicht auf klassische Schnitte und Formen beschränkt, denn auch aktuelle modische Trends, die auf Instagram gesichtet wurden, können in die Konzeption des Kleidungsstücks einfließen. Ein besonderes Highlight ist der maßgefertigte Hochzeitsanzug, der auf das Kleid der Braut abgestimmt wird. Abgerundet wird das Angebot durch Herren- und Damen-Lederjacken der süddeutschen Manufaktur Heinz Bauer sowie feine Herrenschuhe der Marken Ambiorix und Allen Edmonds – natürlich alles nach Maß.

Ab dem 1. April ist Rebmann Maßkonfektion in seinen neuen Räumen im Leibnizhaus zu finden.    Anja Dolatta

Rebmann Maßkonfektion
Ab 1. April im Leibnizhaus
Am Holzmarkt 4
Tel. (0511) 54 54 22 80

www.rebmann-fashion.de

Öffnungszeiten:
Mo bis Fr 11-19 Uhr, Sa 10-17 Uhr

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Lena Kußmann

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Lena Kußmann


Anstiftende Tante bei „Das wundersame Aktionsbündnis der Tante Trottoir“
(rechts im Bild)

Wenn man schon gar keine Nachrichten mehr gucken will, weil einem die dramatischen News schon fast wie sehr böser, aber banaler Alltag vorkommen und man sich denkt „Ach du liebe Güte, es wird alles immer schlimmer“ und „Herrjemine, wo soll das denn noch hinführen?!“ – dann gibt es nur eins: Aufstehen vom Kaffeetisch, raus aus der Hilflosigkeit und mitmischen bei Das wundersame Aktionsbündnis der Tante Trottoir. Es gibt nämlich niemanden, der was ändern kann, außer man selbst! In diesem Sinne initiieren die Tanten Weltverbesserungen aller Art – kreative Aktionen im öffentlichen Raum, die darauf aus sind, auf brisante Themen aufmerksam zu machen und dabei zu berühren, zu verzaubern, zu ver-rücken oder auch zu ent-rüsten. Lena Kußmann, Jahrgang 1979, Schauspielerin, Regisseurin, eine von drei künstlerischen LeiterInnen des Theaters an der Glocksee und eine der drei Gründungs-Tanten des Bündnisses, berichtet von den Aktionen im Bereich zwischen Kunst und gesellschaftspolitischer Arbeit.

 

Ein wundersames Aktionsbündnis – wie gründet man denn so etwas?
Seinen Ursprung hat Das wundersame Aktionsbündnis der Tante Trottoir in einem Format, das wir 2015 am Theater an der Glocksee gemacht haben, Wildwechsel, wo wir unter Zeitdruck neue Projekte ausprobiert haben. Einen Teil des Budgets wollte ich dafür nutzen, künstlerische Aktionen im öffentlichen Raum umzusetzen. Zu brisanten Themen. Und ich habe mir dann zwei Kolleginnen gesucht, Astrid Köhler und Lisa Grosche. Astrid lebt in Berlin und Lisa in Hamburg, beide sind Schauspielerinnen, aber auch Drehbuchautorinnen, Pädagoginnen und Regisseurinnen, also ähnlich wie ich, ganz breit aufgestellt. Wir haben uns leiten lassen, sowohl von den Dingen um uns herum –  Alltagsgeschehen in Hannover und weltpolitisches Geschehen –  als auch von den Dingen, die aus uns selbst heraus kamen, die uns beschäftigt haben. Im Mai 2015 sind damals direkt vier Aktionen entstanden – unsere erste war die Demo der Verwirrten …

Das war die Demo mit den „frischen Meinungen“… Erzähl doch noch mal kurz!
Das war eindeutig auf diese ganzen aufkeimenden Demo-Bewegungen zu der Zeit bezogen: Da hatten Pegida und Hogesa ihren Start und alles drängte zu diversen Demos sehr unklarer Natur unter sonderbarsten Namen. Man wusste aber gar nicht so richtig, warum. Und daraus ist die Demo der Verwirrten entstanden, aus dem Wunsch heraus, das im öffentlichen Raum als Kunstaktion zu reflektieren. Die unpolitischen Sprüche auf unseren Bannern und Plakaten waren alle inspiriert von der Frage: Wo wollen wir denn jetzt eigentlich hin mit unserer politischen Ausrichtung? Im Zuge dessen hatten wir auch einen Bauchladen dabei mit Meinungen in S, M, L und Extrem. Ich habe dann meinetwegen gerufen: „Meinungen, frische Meinungen! Haben Sie denn schon eine Meinung?“ Und wie man es dann so macht, wenn man angequatscht wird in der Stadt, sagt man meistens „Nein!“ und geht weiter. Das haben viele gemacht, haben dann aber zwei Schritte später gemerkt, was sie gesagt haben, und sind doch noch mal zurückgekommen. Daraus sind echt witzige Dialoge entstanden.

Euer neuestes Projekt heißt „Tante Trust“. Was hat es damit auf sich?
Uns hat das Thema Vertrauen/Misstrauen total beschäftigt. Vor allen Dingen in Zeiten, in denen es auch in Deutschland schon Terroranschläge gab und das Misstrauen gegenüber Menschen, die vielleicht anders aussehen, schon in das Unterbewusstsein eingesickert ist. Da wollten wir mal schauen: Können wir nicht einfach mal andere Phantasien kitzeln? In dem Video, das wir dazu gedreht haben, spielen wir mit dem Klischee vom bärtigen, murmelnden, arabisch anmutenden Mann in der Bahn, was für viele ja bereits ausreicht, um in diese Muster zurückzufallen: Angst zu haben, dass das vielleicht ein Terrorist sein könnte, der sich in die Luft sprengt – obwohl das von allen Möglichkeiten auf der Welt die allerunwahrscheinlichste ist. Dass es auch tausend andere Gründe geben kann, warum der Mensch nervös ist – zum Beispiel einen ganz schönen und reizenden Grund. Daran wollten wir gerne erinnern, als Gegengewicht. Wir haben noch ein paar Ideen für Aktionen auf Lager, die alle solche Situationen anschauen und die Phantasie dafür öffnen, was es außer der Horrorvorstellung noch für Millionen andere Möglichkeiten gibt, wie solche Situationen weitergehen können. Damit man sich, wenn man das nächste Mal in einer ähnlichen Situation ist, vielleicht daran erinnert und darüber lachen muss – auch über sich selber ein bisschen.

Sind alle Tante-Trottoir-Aktionen gesellschaftspolitisch motiviert?
Wir fangen auch oft mit einem poetischen Ansatz an. Ein Beispiel dafür ist Wake up, Rosie. Eine poetische Installation auf der Dornröschenbrücke. Auf die Brücke in Linden-Nord haben wir 2016 ein großes Himmelbett gestellt, dazu gab es ein riesiges Banner mit dem Schriftzug „Wake up, Rosie“ und ganz viele rote Rosen. Das war wieder sehr spannend für uns, weil die Leute natürlich versucht haben, das zu interpretieren. Von „Ach ja, im Märchen gab‘s doch auch die Rosenhecke, wahrscheinlich hat das was mit den Grenzen zu tun und den Flüchtlingen, die im Stacheldraht hängenbleiben…“ bis zu „Wir sollen wieder aufwachen – oder sollen wir uns lieber mal ausruhen und schlafen?!“ Im Himmelbett gab es die Möglichkeit, auf so kleinen Papierstreifen seine Gedanken zu hinterlassen oder auch direkt ins Gespräch zu kommen. Diese Einladung haben die Leute genutzt und saßen da, haben Bier getrunken und sich unterhalten – bis leider irgendwer nachts das Bett komplett kaputtgemacht hat.

Sind eure Aktionen denn grundsätzlich immer für den Moment gedacht, oder macht ihr aus den „Ergebnissen“ jeweils noch was Neues?
Manchmal gibt es Teile von der einen Aktion, die in die nächste münden. Wir hatten z.B. eine Kaffeekränzchen-Aktion im Sudanesenprotestcamp am Weißekreuzplatz, wo wir diese Hemmschwelle, einfach da mal reinzugehen und mit den Leuten ins Gespräch zu kommen, abbauen wollten. Dort haben wir ein paar Sudanesen kennengelernt, die bei unserer nächsten Aktion, Tante Titanik, beteiligt waren, als wir auf den Balkonen des Ihme-Zentrums und mit einem Megaphon über den Fluss hinweg den Film „Titanic“ improvisiert haben. Das „Herz des Ozeans“, diesen Riesendiamanten, den hatten wir auch, ein riesiges Styropor-Herz. Mit dem hat sich einer aus dem Staub gemacht und wollte mit dem Schlauchboot über die Ihme türmen. Unsere drei neuen sudanesischen Bekannten haben dann gerufen, da sei es gefährlich und er solle sich lieber hinsetzen und so, aber er schrie nur immer „Lasst mich in Ruhe, das Boot ist voll!“ Und ist vor lauter Aufregung über Bord gegangen. Die drei haben ihn dann baywatchmäßig mit der Boje aus der Ihme gerettet. Was natürlich auch wieder ein Augenzwinkern in Richtung Situation im Mittelmeer war – so greifen manchmal die Aktionen oder die Erfahrungen, die wir machen, ineinander oder werden weiterentwickelt.

Was meinst du, was bewirken die Aktionen bei den Menschen, die damit in Berührung kommen? Und bei euch?
Wir haben gemerkt, dass uns diese Arbeit in der Zeit, in der wir leben, ganz viel Mut macht und uns wieder ermächtigt, ein aktiver Teil von der Gesellschaft zu sein. Mich regen Leute immer auf, die sagen, „Die da oben – wir da unten, was soll man denn schon tun?“. Weil man darüber vergisst, dass man Teil von dem Ganzen ist. Ich glaube, dass es immer eine Möglichkeit gibt, zu agieren, einzugreifen und irgendetwas dazu beizutragen, das Miteinander in eine gute Richtung zu bewegen. Und das ist auch der Haupt-Motor von den Tanten.

Es heißt nicht umsonst Das wundersame Aktionsbündnis der Tante Trottoir – ihr heckt die Aktionen nicht nur zu dritt aus, sondern bietet auch Möglichkeiten, mitzumachen…
Weil wir gemerkt haben, dass uns diese Arbeit so guttut, wollten wir das auch für andere Leute zugänglich machen. Wir drei Tanten sind die Initiatorinnen, aber jede Aktion bedingt ein neues Bündnis und auch andere Herangehensweisen. Es gibt immer ein Publikum, diejenigen, die der Aktion begegnen. Und dann gibt es die Akteure. Die lernen bei so einer Aktion, dass es eigentlich ziemlich einfach ist, auf andere Menschen zuzugehen – und an den Schrauben von ungeschriebenen Gesetzen zu drehen. Zu probieren – was passiert denn, wenn ich ein bisschen neben der Spur laufe? Das macht Spaß, diese ungeschriebenen Alltagsgesetze zu verrücken, damit zu spielen. Und dadurch fallen sie überhaupt erst auf.

Und woher kommt der Drang, das im öffentlichen Raum zu tun? Du könntest die Themen der Aktionen ja auch im Theater als Stück inszenieren.
Diese Anstrengung, die es kostet, dem heutigen Weltgeschehen ins Auge zu sehen und standzuhalten, kann dazu führen, dass man sich ganz davor zurückzieht. Uns geht es darum, eine Aktivität und ein Miteinander in der Gesellschaft zu stiften, die sicheren inneren Kreise zu öffnen: Unsicherheit auch zu erleben und auszuhalten und dann zu erfahren, was daraus werden kann in der künstlerischen, performativen Aktion, von der man vorher nicht weiß, wie sie wird, wie es einem dabei geht. Gerade in Zeiten, in denen es nur noch um Sicherheit geht. Sicherheit ist nicht nur gut, die schottet eben auch ab.

Anke Wittkopp

Die neuesten Entwicklungen, Workshop-Termine und
Videos zu den Aktionen gibt’s auf Facebook und unter www.tantetrottoir.de.

 

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Liebeslos

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Liebeslos


In Springe kennt man ihn als Baumarkt-Chef. Doch der Manager und promovierte Betriebswirt Martin Creutzig ist nicht nur als Geschäftsmann engagiert. In seiner privaten Zeit schreibt er unter dem Pseudonym Max Ford Liebesromane. In seinem ersten Buch „Liebeslos“, erschienen im Oktober 2017, erzählt der 58-Jährige die Geschichte des Spätzünders John, der seine Sexualität erst im Alter von 40 Jahren entdeckt.

Wenn er schreibt – ausnahmslos abends und nachts – sitzt er an einem alten englischen Partnerdesk-Schreibtisch. In seinem Arbeitszimmer mit Gartenblick denkt er sich seine Erzählungen aus, die stets um Herzensangelegenheiten kreisen. Max Ford – sein Alter Ego – hilft ihm dabei auf die Sprünge: „Ford darf denken und schreiben, was Martin Creutzig vielleicht nie denken oder tun würde“, sagt der Autor, dem sein Pseudonym gut gefällt, weil es „in Englisch und Deutsch funktioniert“.

„Liebeslos“ ist in der Zeit von Juni bis September 2016 entstanden und bietet die klassischen Ingredienzen eines Liebesromans. Dazu gehören in diesem Fall ein Mann zwischen zwei Frauen, ein wenig Drama, ein paar Drogen und prickelnde Sex- und Erotikszenen à la „Fifty Shades of Grey“. Im Mittelpunkt steht der IT-Leiter John, der bei einer Silvesterparty in Hemmingen Caro aus Hamburg kennenlernt. John ist noch Jungfrau, Caro hingegen ist eine erfahrene und attraktive Frau, narzisstisch obendrauf. Die Hamburgerin wurde beruflich nach Hannover versetzt und hasst die niedersächsische Stadt. Creutzig legt ihr folgende Worte in den Mund: „Hannover war ein sonnenloser Ort. Die Leute waren doof und stur, alle, ausnahmslos.“

Das erste Date von John und Caro endet  im Desaster. John zieht daraus seine Konsequenzen: Er baut sich ein neues Leben in Venezuela auf, wo er sich während der Wirtschaftskrise in Carmen verliebt. Als Caro auf der anderen Seite des großen Teiches wiederum herausfindet, dass ihr neuer Partner, Markus, bisexuell ist, gerät sie in eine Krise, aus der sie geläutert hervorgeht. Und dann begegnen sich John und Caro ein zweites Mal …

Die Helden seiner Geschichte seien frei erfunden, sagt Creutzig, der verheiratet ist und einen 40-jährigen Sohn hat. Allerdings habe die Figur der Carmen Ähnlichkeit mit einer jungen Venezolanerin, die er vor vielen Jahren in Südamerika kennengelernt habe. „Von ihr habe ich viel über das Land erfahren. Ihre Großeltern waren Indios und lebten noch im Dschungel.“

Der gebürtige Springer, der jahrelang auch als Dozent an verschiedenen Berufsakademien tätig war, ließ sich in seiner Jugend von Büchern wie J. D. Salingers „Der Fänger im Roggen“ inspirieren. „Vor Kurzem habe ich Die Tage, die ich mit Gott verbrachte von Axel Hacke gelesen, ein sehr schönes Buch.“

Die Reaktionen, die er für „Liebeslos“ erntet, seien positiv, sagt Creutzig. „Kritik gab es recht wenig – und vernichtende Kritik gar nicht. Einer meiner Leser hat das Buch in einer Nacht verschlungen.“

Zurzeit arbeitet der 58-Jährige an weiteren Manuskripten. „Als Nächstes kommt noch in diesem Jahr ein Krimi, der wesentlich in Hannover spielt. Es ist ein Krimi ohne Tote, dennoch spannend, und die Liebe fehlt auch nicht. Ein weiteres Projekt versetzt ein Paar in das Jahr 1968. Denken Sie einfach an die 68er! Von Paarbeziehungen werde ich wohl nie meine Finger lassen können, denn sie sind so wichtig.“

Lesungen in der Region Hannover stehen noch nicht auf dem Programm. „Mir ist das Schreiben auch wichtiger als das Vorlesen, aber ich freue mich über Einladungen“, sagt Creutzig, dessen Debütroman glücklich endet.  „Kundige Leser haben mir das als Bruch vorgeworfen, aber ich wollte ein gutes Ende. Manches Mal gibt es das ja tatsächlich im Leben!“

Simone Niemann

 

 

 

LIEBESLOS
Max Ford
331 Seiten
zu Klampen Verlag

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Ein letztes Wort im März …

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Ein letztes Wort im März …


Herr Weil, vorab zwei kleine Geschichten: In Hannover haben Südstädter jüngst gegen die Erweiterung einer Schule geklagt und zunächst Recht bekommen. Das hat einen ziemlichen Aufschrei gegeben, die Empörung über den offenkundigen Egoismus war groß. Und Geschichte Nummer zwei: Ich war vor Jahren sehr empört, als sich kein Kitaplatz für meine Tochter finden ließ. Das war damals ein ganz großes Thema für mich, ein Missstand, und ich war mehr als bereit, für mehr Kitaplätze auf die Barrikaden zu gehen. Dann gab es doch einen Platz, und das Thema war für mich gestorben. Ich war nicht mehr persönlich betroffen, ich war raus. Egoismus pur. Asche auf mein Haupt. Wir Menschen haben also verschiedene, oft ganz und gar egoistische Interessen. Und wenn ich mir die Parteien in Deutschland ansehe, dann beobachte ich, dass Parteien immer mehr zum Sammelbecken von Einzelinteressen verkommen und auch Politiker oft ganz persönliche Interessen verfolgen.
Das mag für manche Parteien oder Personen so sein, widerspricht aber weitgehend meinen Erfahrungen in der SPD. Eine Partei muss doch anders als Bürgerinitiativen das Gemeinwohl im Auge haben und nicht nur die Interessen Einzelner durchsetzen. Außerdem sollten Parteien nicht nur punktuell aktiv sein, sondern dauerhaft für ein Wertegerüst stehen, für eine gemeinsame Haltung und für zumindest ähnliche politische Positionen ihrer Mitglieder. Nicht falsch verstehen: Es ist absolut okay, wenn sich Bürgerinnen und Bürger im Einzelfall für ihre Interessen engagieren. Aber solche Initiativen enden oft spätestens dann, wenn die Interessen durchgesetzt sind. Dann erlischt die Flamme. Nach diesem Prinzip lässt sich aber kein Staat regieren. Bei einer Partei darf die Flamme nicht verlöschen.

Diese Interessen, die man in Bürgerinitiativen als Einzelinteressen vorfindet, landen aber auch immer wieder bei den Parteien.
Logisch.

Im Grunde sind die Parteien sogar ständig einem Dauerfeuer an Interessen ausgesetzt. Es gibt eine Armee von Lobbyisten. Es gibt außerdem Interessen, die sich unversöhnlich gegenüberstehen, aber jeweils nachvollziehbar sind. Man hat zum Beispiel die Arbeitsplätze in der Kohle und auf der anderen Seite den Umweltschutz. Man hat einerseits die Arbeitsplätze der Metaller in der Rüstungsindustrie und andererseits die Friedenspolitik. Die Parteien lavieren zwischen diesen Polen. Auch Ihre SPD laviert.
Wenn es schlecht läuft, ist es ein Lavieren mit faulen Kompromissen. Wenn es gut läuft, schaffen wir einen Ausgleich der Interessen. Die Kohle ist ein gutes Beispiel. Natürlich müssen wir raus aus der Kohle, aus Gründen des Klimaschutzes. Aber „raus“ heißt nicht „raus ohne Rücksicht auf Verluste“, sondern „so raus, dass auf legitime Interessen Betroffener Rücksicht genommen wird“. Darf man eine Region in Brandenburg wie die Lausitz einfach gegen die Wand laufen lassen? Nein. Denn das wäre unverantwortlich gegenüber den Menschen dort. Sie haben einen Anspruch darauf, dass man mit ihnen darüber redet, in welchen Schritten ein Ausstieg aus der Kohle vertretbar sein könnte und was parallel geschehen muss. Politik muss versuchen, verschiedene Interessen angemessen zu berücksichtigen.

Noch ein Spannungsfeld ist die Flüchtlingspolitik. Wir tragen in uns die Angst vor dem Fremden, das war einst eine Art Lebensversicherung. Heute müsste die Antwort auf irrationale Ängste eigentlich die Vernunft sein. Die Vernunft macht in Deutschland bei verhältnismäßig vielen Menschen momentan aber leider Pause. Man überlässt sich der Angst und fordert, dass möglichst wenig Fremde kommen sollten. Human wäre es, zu helfen und eine nachhaltige Integrationspolitik zu machen. Vernunft versus Angst. Für mich ist die Politik vor der Angst eingeknickt.
Das ist ein weiteres gutes Beispiel für das, worüber wir eben sprachen. Auf der einen Seite müssen wir Menschen in Not so gut wie möglich Zuflucht gewähren. Auf der anderen Seite gibt es, wenn wir ehrlich sind, Grenzen einer Integrationsfähigkeit. In Salzgitter zum Beispiel waren wir aus meiner Sicht an so einer Grenze. Ich würde sagen, eine gute Migrationspolitik muss sich auch dadurch auszeichnen, Realitäten zu erkennen, zu helfen, so gut es möglich ist – es muss aber auch darüber gesprochen werden, in welchen Konstellationen das leider nicht mehr möglich ist. Deshalb bin ich ein großer Freund von Kontingenten. Unberührt bleibt das Grundrecht auf politisches Asyl nach der Genfer Flüchtlingskonvention – das ist vor die Klammer gezogen. Und wir müssen darüber reden, wie viel Platz wir für Kontingente haben. Das hielte ich für sinnvoller als all die Ausgrenzungs- und Abschottungsdiskussionen, die derzeit geführt werden.

Mir fehlt oft eine grundsätzliche Ehrlichkeit. Wir sehen beispielsweise heute in den Kriminalstatistiken, dass Menschen mit Migrationshintergrund ganz weit vorne stehen. Nun kommt die AfD und sagt: Tja, „die Ausländer“ sind eben krimineller als „die Deutschen“. Die Gründe für die Probleme sind aber andere. Menschen werden kriminell, wenn sie sich chancenlos fühlen, abgehängt. Diese Statistiken belegen also erst mal das Versagen der Integrationspolitik in Deutschland seit vielen Jahren. Das begann damals mit Kohl, und es sind seither unfassbar viele Fehler gemacht worden.
Ich muss Ihnen da Recht geben, wir waren in der Integrationspolitik nie ehrlich miteinander und haben damit viele Entwicklungen begünstigt. Das beginnt mit der jahrzehntelangen Diskussion darüber, ob Deutschland überhaupt ein Einwanderungsland ist. Natürlich sind wir das. Oder nehmen wir die fatalen Aussagen im Hinblick auf die Bleibeperspektive. Es wird gesagt, wir wollen nur diejenigen fördern, die eine gute Chance haben hier bleiben zu dürfen. Rechtlich mag es dafür Argumente geben, faktisch aber verlassen viele Menschen dann aus ganz unterschiedlichen Gründen Deutschland doch nicht. Das ist die Realität. Das bedeutet aber, dass wir Familien haben, die in der zweiten oder dritten Generation nur geduldet sind. Und dann türmen sich irgendwann die Aktenberge, während man diesen Menschen jede Perspektive verweigert. Wir müssen ehrlich sein: Natürlich haben wir Leute hier, die letztlich doch bleiben dürfen, obwohl sie zunächst zum Verlassen des Landes aufgefordert worden sind.

Also ein realistischer, ehrlicher Blick, und in der Folge eine entsprechende Politik.
Ja. Wenn ich nach einer realistischen Analyse nüchtern sage, was geht und was nicht, dann habe ich bei den Bürgerinnen und Bürgern die Chance, gehört zu werden. Die meisten wissen, dass es eben nicht nur Schwarz oder Weiß gibt.

Wenn ich mit Ihnen spreche, habe ich immer wieder den Verdacht, dass Sie eine sehr klare Haltung und einen entsprechenden Kompass haben.
(Lacht) Das hoffe ich.

Wenn ich mir aber die Politik ansehe, auch Ihre SPD, dann finde ich leider viele Beispiele, die die üblichen Klischees bestätigen. Politiker sind Fähnchen im Wind, sie orientieren sich an aktuellen Umfragen, letztlich geht es ihnen um die eigene Karriere usw. Die Menschen nehmen ihnen die Haltung nicht mehr ab. Wer steht wofür? Man weiß es nicht…
Dafür gibt es in der Politik heute leider viele Negativbeispiele. Ich versuche immer, meine sozialdemokratische Grundhaltung mit einer realistischen Einschätzung der Machbarkeiten zu verbinden. Eine klare Haltung ist wichtig, sie allein hilft aber manchmal nicht, politische Probleme zu lösen.

Der SPD wird zurzeit unterstellt, dass der Kompass vollständig fehlt.
Ein Ausgangspunkt für diese Kritik ist, dass wir nach der Wahl eine Groko abgelehnt haben und jetzt vielleicht doch in eine solche Koalition einsteigen. Dazwischen ist aber viel passiert, Jamaika ist geplatzt. Und wenn jetzt keine Regierung zustande kommt, gibt es Neuwahlen. Ich finde, es gehört zur politischen Verantwortung, dass man sich mit der neuen Lage befasst und sie womöglich neu bewertet. Genauso, wie ich es nach den Bundestagswahlen richtig fand, dass die SPD in die Opposition geht, finde ich es nach dem Scheitern von Jamaika heute richtig, dass die SPD eine Regierungsbeteiligung anstrebt.

Ich habe die Vermutung, dass bei den Leuten der Eindruck entsteht, dass da irgendwie gemauschelt wird. Und am Ende ist dann immer die SPD schuld.
Ja, dazu tragen wir aber selber bei, denn wenn es irgendwo ein Haar in unserer Suppe gibt, suchen wir zuerst danach.

Interview: Lars Kompa

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Frühling

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Frühling


Aus der Rubrik „Stadtkinder bewältigen den Alltag“

Wer jetzt in der Fastenzeit ein gesünderer Mensch werden, oder zumindest erst mal anderen dabei zusehen möchte, wie sie gesündere Menschen werden, dem sei die Sendung „die Ernährungs-Docs“ ans Herz gelegt. Hier bewerben sich an unterschiedlichsten Krankheiten Leidende bei einem sehr telegenen Ärzteteam, das in einem schnittigen Hausboot logiert. Es ist ganz wunderbar, mit anzusehen, wie den Leuten geholfen wird, die oft am Anfang total verzweifelt sind, und solange man sich selbst gut fühlt, kann man sich das ganz entspannt ansehen.

Ich denke immer, guck mal, wenn ich all diese fürchterlichen Beschwerden bekomme, kann ich ja immer noch meine Ernährung umstellen – und hole mir noch ein Glas Rotwein. Der steckt ja voller Antioxidantien. Forscher der Universität Saarland haben laut „Focus“ sogar herausgefunden, dass es den negativen Gesundheitseffekt einer Zigarette mindert, wenn man vor dem Rauchen ein Glas Rotwein trinkt. Klar, natürlich sollte man besser beides lassen, aber wenn schon Zigarette, dann ein Glas Wein davor. Bingo! (höre ich den Rest der Rauchergemeinde leise krächzen), und mehr solche Studien bitte.

Bei den Ernährungs-Docs blieb das komischerweise bisher unerwähnt. Eine Dame wurde dort neulich von einer chronischen Entzündung geheilt, indem sie täglich eine Hauptmahlzeit durch einen Smoothie aus Brennnessel, Giersch, Vogelmiere, Curcuma und irgendwas anderem ersetzt hat. Und das monatelang. Ich würde gern wissen, wie viele Probanden die durch das Programm nudeln mussten, bevor das mal jemand durchgehalten hat. Außerdem fehlt mir dafür auch die frei stehende Villa mit dekorativ teilverwildertem Garten, wo ich morgens mit einem Körbchen über dem Arm meinen Frühtau-glänzenden Giersch sammeln gehen kann. Oder ich lasse den Balkon verwildern, Vogelmiere kriege ich da hin und Giersch wird durch Spinat ersetzt. Das wäre dann sogar noch bienenfreundlich. In einem Anfall von Bienenfreundlichkeit gepaart mit Bienenfleiß habe ich letzten Sommer Totholz aus dem Wald angeschleppt, zersägt, zerbohrt und ein Bienenhotel draus gebaut. Seither starre ich erwartungsvoll drauf und warte. Mein Hotel hat leider eine Auslastung von Null Prozent. Es sind dann so kleine Hummeln in ein schiefes, uraltes Ivar-Regal direkt daneben eingezogen, das nur deshalb nicht umfällt, weil es von einer Kletterpflanze gehalten wird. Das ist natürlich auch irgendwie Totholz, und die Bohrungen, wo man eigentlich diese kleinen Metallzapfen für die Regalböden reinstecken soll, waren wohl einladend, obwohl sie in Tiefe und Durchmesser überhaupt nicht den NABU-Vorgaben entsprechen. Das konnten die Bienchen natürlich nicht wissen, aber vielleicht kommen sie ja zur Besinnung und ziehen im Frühjahr um. Und ansonsten ist das mein Tipp für die absolut nachhaltige Weiterverwendung von Ivar-Regalen, raus damit und besiedeln lassen. Vielleicht schlägt ja auch noch eins aus.

Echtholz sollte es allerdings schon sein, ob Bienen diese gepress­ten Sägespänen mit Furnier mögen, möchte ich bezweifeln. Aber wer weiß, Insekten sind ja doch recht eigensinnig. Vor vielen Jahren habe ich mal Marienkäferlarven bestellt, um ökologisch vorbildlich eine Blattlaus-Plage zu bekämpfen. Allein schon das Gesicht des Nachbarn, der auf dem Höhepunkt der Anthrax-Hysterie das mit allerlei Warnhinweisen und der Aufschrift „Bio-Protect“ bedruckte Päckchen entgegengenommen hatte, war es wert. Die Tierchen wirkten zuerst etwas lahm, wurden aber deutlich agiler, als sie meinen Blattlaus-Vorrat entdeckt haben. Und dann taten sie genau was sie sollten und haben ein paar davon weggeputzt. Anschließend haben sie sich verpuppt und sind alle weggeflogen. Undankbar. Nächstes Mal baue ich ihnen ein Hotel.

Annika Bachem

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