Aus der Rubrik „Stadtkinder bewältigen den Alltag“:
Auf meinem Duschgel steht, dass es nachweislich die Stimmungslage hebt. Das ist toll, aber schreit nach Beweisen! Und was sehe ich da? Ein *Sternchen mit dem Verweis auf das „Institut für angewandte Psychophysiologie“. Das muss eine lustige Studie gewesen sein, mit lauter Frauen in Bademänteln, die von einfühlsamen Psychophysiologen befragt werden: „Na, Frau Schmidt, und jetzt so? Auf einer Skala von Eins bis Zehn?“ Wobei bereits eine kleine Verbesserung von Eins (= Weltuntergang) auf Zwei (= düster) ja schon ausreichen würde für den Hinweis auf der Packung. Was mich jetzt stutzig macht, ist, dass das nur auf der Sorte Zitrone steht. Für Wassermelone und Granatapfel konnte diese Wirkung also nicht nachgewiesen werden? Oder hat einfach das Budget für eine weitere Studie nicht gereicht?
Egal, bleiben wir bei Zitrone, denn ich finde es prima, dass man nach dem Betreten der Dusche mit leichtem Morgengrauen und mittlerem Weltschmerz da mindestens eine Stufe besser wieder rauskommt. Der nächste Tiefschlag lauert nämlich schon an der Kaffeemaschine, die theoretisch das Potential hätte, die Stimmung auf Zehn (=Bombe!) zu heben. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Auffangbehälter von Kapselmaschinen eine Brutstätte für Bakterien sind. Was für ein Skandal! So etwas sagt einem beim Kauf ja keiner! Nach länglicher Abhandlung über Art und Umfang des Bakterienbefalls schloss die Studie damit, eine Gesundheitsgefährdung ginge in der Regel nicht davon aus. Puh. Aber wir wollen nichts verharmlosen, daher an dieser Stelle der dringende Aufruf an Säuglinge, immungeschwächte Senioren und sonstige Gefahrensucher: Trinkt bitte nicht aus dem schleimigen Kapsel-Auffangbehälter, okay? Und danke für diese Studie.
Auf eine weitere, ebenso nobelpreisverdächtige Studie ist neulich meine Schwester im Internet gestoßen. Die Überschrift „Diese Obstsorten sind die schlimmsten“ oder so ähnlich schrie danach, angeklickt zu werden. Und was verbarg sich dahinter? Anstelle von Informationen von gesundheitlichen (oder gar psychophysiologischen) Auswirkungen verschiedener Obstsorten war es eine Untersuchung darüber, welches Obst am meisten nervt, weil es so schwer zu schälen ist. Jahrelang haben wir völlig unvorbereitet Obst eingekauft und uns dann gewundert, dass die Schale so schwer abgeht. Und jetzt kommt es: Das übelste Obst, sozusagen der Vollarsch unter den Früchten, ist der Granatapfel! Ich wette, auch beim Duschen strahlt das karmamäßig irgendwie ab, oder man erinnert sich dabei unbewusst an die Sauerei in der Küche. Daher vielleicht ein so schlimmes Testergebnis, dass es auf der Verpackung verschwiegen werden muss? Ich glaube, wir sind hier einem ganz großen Ding auf der Spur. Nur leider weiß ich die weitere Rangliste nicht mehr, bis auf Ananas, die war vorletzter. Meine Schwester ist tatsächlich der Meinung, mit dem Lesen dieser Studie Lebenszeit verschwendet zu haben, und verweigert die Auskunft darüber, wie die Wassermelone abgeschnitten hat. Das kleckert ja schon ein bisschen beim Zerschneiden und man kann sie sich nicht so im Ganzen reinschieben, wie manche Alphamännchen das mit Äpfeln tun. Die werden samt Kerngehäuse zermalmt, für mein Gefühl, um zu demonstrieren, dass zierliches Herumnagen um den Griepsch echt Zeitverschwendung ist. Ich muss dabei an Pferde denken, möchte ihnen mit flacher Hand einen weiteren Apfel reichen und „Ruhig, Brauner!“ rufen. Ich habe aber auch schon mal gesehen, wie ein Eisbär eine halbe, ungeschälte Wassermelone gefressen hat. Eisbären und Pferde lassen sich die Stimmung also bestimmt nicht vermiesen. Aber die duschen ja auch nicht und ich wette, es hat sie keiner befragt.
Annika Bachem