Tag Archive | "2016-08"

Salon Herbert Royal

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Salon Herbert Royal


Sechs Journalisten der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, namentlich: Kristian Teetz, Imre Grimm, Bruno Brauer, Uwe Janssen, Dirk Schmaler und Volker Wiedersheim. Sie haben den Salon Herbert Royal gegründet, Hannovers lustigstes Satire-Sextett (gut, auch das einzige), das vier Mal jährlich alles, was nicht schwimmen kann, durch den Kakao zieht. Bis auf vier von ihnen sind alle Waldorfschüler, dafür sind aber zwei Friesen dabei und zumindest die Hälfte von den sechs Herberts ist noch unter fünfzig. Schmaler, Wiedersheim und Janssen standen mehr Rede und Antwort, als es überhaupt Fragen gab.

Was ist das Konzept des Salon Herbert Royal?
Janssen: Uns gibt es seit 2011 in dieser Besetzung. Wir haben zwar vorher schon Glossenlesungen gemacht, aber dann überlegt, ob wir nicht ein Satireprogramm über Hannover machen können, weil es das so noch nicht gab, jedenfalls nicht regelmäßig. Das TaK wollte es dann mit uns versuchen. Anfangs monatlich, jetzt machen wir das in vier mehrtägigen Blöcken pro Jahr. Wir bilanzieren dann – weil wir ja alle Nachrichtenleute sind – was ist in Hannover passiert, Lustiges, Tragisches und alles andere.
Schmaler: Das Besondere ist, dass wir eigentlich jedes Mal eine neue Show machen. Fertig machen, absolvieren und nach zwei, drei Abenden wieder wegschmeißen. Wir machen Lieder, Texte, manchmal anderen Quatsch. Aber wie bei der Zeitung: Wenn‘s gedruckt ist, kommt‘s weg. Und einmal im Jahr fassen wir das Beste daraus zusammen, dann aber auch mit Band.

Ist Lustigsein für euch der Ausgleich zur nicht so lustigen Tagespresse?
Wiedersheim: Als wir angefangen haben, hat noch kein Mensch über „Lügenpresse“ oder dergleichen gesprochen. Nein, es ist kein Ausgleich, sondern eher: Wenn du diese Stadt beobachtest, ihre Veränderungen und alle kleinen Verästelungen, Verwaltungen, Bürgertum… Da ist so viel Sinnvolles, aber auch so viel urkomischer Wahnsinn, der sich da abspielt. Das rauscht jedoch an den Medien so ein bisschen vorbei. Und wir gucken dann: Das ist zwar nicht groß oder wichtig oder ernst genug für die Zeitung, aber unterhaltsam ist es, unglaublich erfreulicher Quatsch!
Schmaler: Und anders als im Journalismus, wo man ja auch immer alle Seiten betrachten muss und nicht jeden veräppeln kann, hat man so dann auch die Chance, Dinge bewusst einseitig und überspitzt zu betrachten.
Wiedersheim: Hannover bietet ja auch genug Stoff. Die größte Liebesgeschichte aller Zeiten zwischen Christian Wulff und Bettina Körner! Oder, wenn Carsten Maschmeyer ein neues Buch rausbringt: „Die Millionärsformel“. Der König der Drückerkolonnen zeigt, wie‘s geht. Na, danke! Das ist doch Futter für uns!

Wenn man bis nachmittags alles, was in der Stadt passiert, hochseriös und bitterernst abhandeln muss, ist es doch bestimmt ganz schön, nach Feierabend alles durch den Kakao ziehen zu dürfen?
Janssen: Klar. Wir schreiben ja tagsüber auch Glossen, aber das dann eher mit angezogener Handbremse. Geschrieben ist das immer was anderes als auf der Bühne. Hannoveraner haben da schon auch Bock drauf, dass sich jemand mit ihrer Stadt beschäftigt.
Schmaler: Wir sind ja Hannoveraner. Und zu sagen: Hannover ist die schönste Stadt der Welt, um sich dann direkt über all die kleinen und großen Idiotien dieser Stadt lustig zu machen, ist schon ganz witzig. Doch, das hat schon ‘ne gewisse Komik.
Wiedersheim: Klar, damit kriegst du die Leute. Hannoveraner sind ja eher etwas zurückhaltend, aber wenn du sagst: Hannover ist fantastisch, aber auch wahnsinnig, dann lachen sie. Sie wollen sich gerne über ihre Stadt lustig machen, sich aber nicht schlecht dabei fühlen.

Was findet ihr privat lustig und was gar nicht?
Janssen: Volker. Volker ist nicht lustig. Aber Teetz‘ Frisur schon.
Schmaler: Absolut.
Wiedersheim: Auch wenn‘s pathetisch klingt: Die Wirklichkeit ist manchmal komisch. Zum Totlachen fast! Fips Asmussen ist nicht komisch. Das ist bei uns der Maßstab: Alles, was nach Fips Asmussen klingt, ist direkt raus. Und Mario Barth, der ist auch nicht witzig.

Ist Jan Böhmermann lustig?
Wiedersheim: Nee. Lustig nicht. Aber subversiv. Und auch das Subversive löst ja Lachimpulse aus, was auch ganz gut so ist. Aber lustig ist er jetzt nicht unbedingt.
Janssen: Der ist böse. Böhmermann ist – wie jeder gute Kabarettist – böse. Der hat Wut in sich. Der ist getrieben von irgendwas. Aber er ist gut. Das Schmähgedicht war eine bewusste Provokation. Die sollte gar nicht lustig sein, sondern übertrieben, denke ich. Das hat geklappt!
Wiedersheim: Es ist natürlich grauenvoll, wenn du nachts irgendeine Sendung im ZDF machst und plötzlich brauchst du Polizeischutz. Und zu allem Überfluss singt Didi Hallervorden dann noch ein Lied über dich. Auch nicht lustig, übrigens.

Interview: UM

Am 4. September kann man Salon Herbert Royal auf der Gilde-Parkbühne erleben.

Das STADTKIND verlost 5×2 Tickets für Salon Herbert Royal auf der Gilde-Parkbühne am 4. September. Einfach bis zum 29. August eine Mail an gewinnen@stadtkind-hannover.de mit dem Stichwort „Salon Herbert Royal“ schicken. Viel Glück!

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Wie man Populismus erkennt

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Wie man Populismus erkennt


Aus der Rubrik „Stadtkinder wissen“:

Wir leben in schlimmen Zeiten. Wirklich schlimmen Zeiten. Wir sehen uns Fantastilliarden von Problemen ausgesetzt. Die Zukunft ist ungewiss. Wir haben Angst. Und unsere Volksvertreter hören uns nicht zu. Sie interessieren sich nicht für unsere Sorgen! Sie belügen uns!! Und sie gehören nicht zu uns!!! Sie gehören einer korrupten Elite an, alle etablierten Parteien in unserer „gewählten“ Regierung gehören einem illegitimen Kartell an, das sich gegen die rechtmäßigen Interessen unseres – des wahren – Volkes verschworen hat …

Vielleicht könnte man zur Abrundung noch ein „Das wird man doch wohl noch sagen dürfen!“ anhängen und der Populismus-Cocktail ist fertig für den direkten Genuss. Hier ein paar der Zutaten, an denen man sich leicht verschlucken kann:

1. Pauschalkritik. Alle unsere Institutionen sind von vorne bis hinten schlecht. Ein Glück, sonst müsste man ja differenzieren, einzelne Vertreter oder Personen für ihren ehrlichen Einsatz hervorheben. „Lügenpresse“ geht doch viel leichter über die Lippen. 2. Gefühl schlägt Fakten. Jeder zweite Muslim hat einen Sprengstoffgürtel im Kleiderschrank, 10 Millionen Deutsche verlieren jährlich ihren Arbeitsplatz an einen Migranten, alle Männer sind Schweine, Veganer essen Kinder zwischen Dinkelbrothälften. Solches Wissen sucht man nicht in Büchern. So etwas wird im Bauch geboren, genauer gesagt in der Darmgegend. 3. Keine Nebensätze. Die Wahrheit passt auf einen Bierdeckel. Abstufungen, Unterscheidungen und Abwägungen nicht. Ausrufezeichen nicht vergessen! 4. Antipluralismus. Auf jedes Problem gibt es genau eine Lösung (unsere), auf jede Frage genau eine Antwort (unsere). Die Interessen DES Volkes sind eindimensional und eindeutig, warum sie durch Kompromisse und Koalitionen verwässern? 5. So wie wir denkt die schweigende Mehrheit. Es ist im Grunde wie bei diesen allgemein in den Raum geworfenen Fragen, ob sich die gesamte Belegschaft nicht dazu verpflichten möchte, monatlich 25 Prozent ihres Lohns zur Errettung und Re-Etablierung angegriffener Rollen- und Rassenklischees zu spenden. Wenn man da nicht sofort klar und deutlich „NEIN“ sagt oder sich „Not in my Name“ auf die Stirn tätowiert, wird man einfach unter die mysteriöse Masse gemischt, die allem zustimmt. Wer also bei der Analyse seines Polit-Cocktails auf diese Zutaten stößt, sollte ihn schnellstmöglich an die Kanalisation weiterreichen. Wachsam sein!

Anja Dolatta

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Lister Fuß

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Lister Fuß


Gerade in der Sandalenzeit sind gepflegte und schöne Füße ein absolutes Muss – denn wer würde schon gern in blickdichten Turnschuhen durch die Sanddünen seines Urlaubsparadieses staksen, weil sich ihm die Flip Flops wegen ein paar hässlicher Hühneraugen oder eingewachsener Nägel verbieten? Wer vor dem Flug noch fix eine kleine Generalüberholung seiner Füße benötigt, kann sich im „Lister Fuß“ verwöhnen lassen – und überdies auch gleich zur Haarentfernung und French Maniküre dableiben. Der gemütliche Laden hat im März seine Eröffnung in der Edenstraße gefeiert.

Als ausgebildete Kosmetikerin in der Fußpflege ist Manijeh Farahmand ihrer Lister Kundschaft schon gut bekannt. Zuvor hat sie nämlich 13 Jahre lang in der Nähe des Lister Platzes in einem Kosmetikstudio gearbeitet, das auch Fußpflege und Nageldesign unter seinem Dach vereinte. Als sich Anfang dieses Jahres die Möglichkeit ergab, in der List zusammen mit ihrer Schwester Tahereh einen eigenen Laden zu eröffnen, haben die beiden sofort die Chance ergriffen. „Zusammen mit meiner Nichte Negin, die bei uns auf Vereinbarung auch Nageldesign und Maniküre macht, haben wir einen richtigen kleinen ‚Familienbetrieb‘ auf die Beine stellen können“, erklärt Manijeh.

Anders als der Name erst einmal vermuten lässt, bietet das Fußpflegestudio der Schwestern Farahmand somit einiges mehr als die bloße Beseitigung von Fußproblemen. Diese stehen freilich im Zentrum der Pflegeangebote, z.B. mit der Entfernung von Hornhaut und Hühneraugen. Aber auch verschiedene entspannende Fußbäder und -massagen gehören dazu, wie die Reflexzonen-Massage oder die Aroma-Behandlung. Abgerundet wird die Fußpflege schließlich mit einer Pediküre und dem Lackieren der Fußnägel mit French Pedicure oder Shellac.

In Sachen Verschönerung und Hautpflege erstreckt sich die Vielfalt der Leistungen aber auch über andere Körpergegenden. „Wir bieten zum einen Waxing für verschiedene Körperzonen an, zum Beispiel unter den Achseln, an den Armen und Beinen oder in der Bikini-Zone“, erklärt Tahereh. „Besonders beliebt aber ist die Haarentfernung mithilfe der Fadentechnik, das ist eine aus dem persisch-arabischen Raum stammende Technik zur Entfernung von feinsten Härchen. Dabei werden die sehr hellen und mit der Pinzette nicht mehr greifbaren Haare über den Augenbrauen, der Oberlippe und auf der Kinnpartie mithilfe eines dünnen Fadens entfernt. Ein großer Vorteil an dieser Behandlung ist, dass sie lange anhält. Danach hat man drei, vier Wochen seine Ruhe.“ Nach Anwendung der Fadentechnik, die in ihrer Heimat, dem Iran, oftmals von Müttern an ihre Töchter weitergegeben wird, ist die Haut zudem besonders sauber und glatt, Foundations und Make-up haften gleich viel besser. Wegen der besonders hellen Sonnenbeleuchtung ist diese gründliche Form der Gesichtshaarentfernung daher gerade in den Sommermonaten sehr begehrt. „Besonders junge Leute kennen die Fadentechnik und fragen oft danach, aber auch ältere Herrschaften probieren es gerne einmal aus und sind dann sofort begeistert. Außerdem sorgt diese Technik für eine gute Durchblutung der Haut, es fühlt sich wie eine kleine Massage an.“ Wer schön sein will, muss also nicht unbedingt leiden!

Anja Dolatta

Edenstraße 38
30161 Hannover
Tel. (0511) 70 81 61 89

Öffnungszeiten: Di bis Fr 10-18 Uhr, Sa nach Vereinbarung

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Bodhi Chay

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Bodhi Chay


Was klingt wie eine Wellness-Oase, ist ein kleiner Imbiss in der Nähe des Schwarzen Bären in Linden, der sich ein Zenmeister-Zitat zum Credo erkoren hat: „Wir müssen das Leben schützen und anderen Glück schenken“. Hier gibt es ausschließlich vegane und vegetarische Gerichte aus der vietnamesischen Küche, der verwendete Tofu ist nicht genmanipuliert und aromatische Gewürze und frische Kräuter ersetzen Farbstoffe und Glutamat. Also doch Wellness – für einen glücklichen Magen.

Mit schriller Deko und Fliesen an den Wänden ist das Ladeninnere eher gewöhnungsbedürftig gestaltet. Doch ein Blick hinter die Kühltheke verrät: Hier wird mit Liebe und mit Sorgfalt gekocht. Und ohne Hektik. Wir bestellen drinnen und warten draußen an einer der drei Bierzeltgarnituren. Apropos Bier – Alkohol wird hier nicht verkauft, denn, so steht es auf der Flyer-Speisekarte: „Berauschende Mittel vernichten den Keim der Weisheit“. Dafür gibt es verschiedene frisch gepresste Säfte, asiatische Dosen-Getränke, Lassi mit Sojamilch und Tee mit Zitronengras, frischem Ingwer und Agavendicksaft (auch auf Honig wird hier verzichtet, die Desserts wie gebackene Ananas oder Apfel werden mit Agavendicksaft serviert). Täglich zwischen 11.30 Uhr und 15 Uhr ist ein Mittagsmenü für 4 bis 7 Euro zu haben.

Canh Chua, eine süß-saure Suppe nach traditionellem südvietnamesischem Rezept mit frischem Tofu wartet mit reichlich Gemüse und sehr gesundem Extra auf: neben Tomaten, Bambus, Champignons und exotischen Kräutern ist auch Tamarinde enthalten, die einen hohen Eisengehalt und eine antiseptische Wirkung hat. Nur pikant, wie angekündigt, ist sie leider nicht, aber lecker und sättigend. Dazu probieren wir gebackene Gemüse-Bällchen in Puffer-Form, die unnötigerweise mit Pommes Frites serviert werden – auch wenn die beiliegende Mayo vegan ist, hier wäre eine kleine Salatbeilage viel passender. Die „Bällchen“ aus Bohnen, Mais, Alphasprossen und Brokkoli halten eine perfekte Balance zwischen knusprig und saftig und sind eine tolle vegane Alternative zur Falafelrolle aus den Dönerbuden um den Schwarzen Bären herum. Noch mehr begeistern uns allerdings die vietnamesischen Pfannkuchen: Der Teig ist mittig fluffig und an den Rändern kross, auf ihm präsentiert sich eine frische Vielfalt an Gemüse und Salat, die mit Tofu und Seitan angereichert ist. Das Fleischimitat aus Weizeneiweiß ist großzügig mariniert und schmeckt richtig nach was – wiederum mit Koriander und anderen kräftigen Kräutern verfeinert sowie mit etwas hausgemachter Sauce getoppt ist der Snack eine absolute Empfehlung. Von den beiden Hauptgerichten bleibt Ca Bung Bodhi – gedünstete Aubergine mit Tofu und grüner Banane an Reis – hinter unseren Erwartungen hinsichtlich der Geschmacks-Exotik zurück. Com Tron Thap Cam – eine Pfanne aus rotem Wildreis mit karamellisiertem Tofu, Seitanschnitzeln und Gemüse sowie vielen Sprossen – erfreut zuerst mit bunten Farbkontrasten das Auge und punktet danach mit Bissfestigkeit, Saftigkeit und Geschmack. Eine durch den roten Reis cholesterinsenkende, knackige Spezialität des Hauses, auf die wir definitiv zurückkommen werden. Und auch der Rest der Speisekarte ist auf jeden Fall weitere „Testessen“ wert – auch wenn wir die Magen-glücklich-Macher in Zukunft eher abholen werden, freuen wir uns prächtig über diese vegane, sehr liebevolle Küchenkunst.

Anke Wittkopp

Deisterstraße 20, 30449 Hannover
Tel. (0511) 213 52 38
Öffnungszeiten: Mo 11-17 Uhr, Di bis Fr 11-22 Uhr, Sa und So 13-22 Uhr

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Manchmal ist die Geschirrrückgabe einfach nicht zu finden

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Manchmal ist die Geschirrrückgabe einfach nicht zu finden


… von Thommi Baake

Wie nimmt man die Ereignisse der 70er Jahre wahr, wenn man das komplette Jahrzehnt auf dem Sofa verbringt? Mit welchen Problemen müssen sich die Drei ??? nach 50 Jahren Detektivarbeit rumschlagen? Und warum kann es gefährlich sein, dem Weihnachtsmann mit dummen Wortklaubereien zu kommen? In seinem neuen Kurzgeschichtenband spinnt Thommi Baake aus unscheinbaren Alltäglichkeiten unglaubliche Geschichten. Mit viel Fantasie und ohne Rücksicht auf Vernunft und langweilige Stringenz erschafft der Komiker aus Hannover eine schelmische Welt voll überraschender Wendungen.

„Gregory stand mitten auf einer Verkehrsinsel und hatte ein wenig die Orientierung verloren. Er stand fest im Leben, hatte aber diese Eigenart, dass ihm Dinge passierten, die sonst keinem Menschen widerfuhren. Er brauchte jemanden, eine Frau, die auf ihn aufpassen würde. Diese Gedanken breiteten sich gerade in seinem Hirn aus, als er eine wunderschöne, blonde Frau erblickte. Sofort war er ihr verfallen.“ Thommi Baake hat einen Sinn für verschrobene Charaktere in aberwitzigen Situationen. Und ein Herz für Verlierer, scheint’s. Denn auch wenn er von einer Katastrophe in die nächste stolpert findet Gregory Beck (seine Eltern waren Fans von Gregory Peck) am Ende doch einen Weg, seine große Liebe zu erobern: Man muss sich auf Ober- und Unterlippe beißen. Der Rest kommt wie von selbst. Auch das Vorhaben des knallharten russischen KGB-Agenten Sergej Sarow, den Amerikanern das Geheimrezept der Coca Cola – „obwohl „klebrig, viel zu siß“ – zu entreißen, wird durch eine Intervention Amors gestoppt. Denn als der überzeugte Kommunist auf einer Dorftombola die sich gut gehaltene Mutter des Sheriffs erblickt, ändern sich schlagartig seine Prioritäten: „Jetzt zählt nicht mehr Liebe zu Mütterchen Russland, sondern zu scheene imperialistische Frau dort auf Bihne!“

Auch in den anderen Geschichten gilt die Devise: skurill, skuriller, am skurillsten. So etwa in der lehrreichen Fabel vom kleinen Wolf-Wieland, der, nach dem Diebstahl einer Bee-Gees-Kassette von Schuldgefühlen geplagt, folgerichtig zu Beginn des Songs „Massachusetts“ Robin Gibbs schmetternde Anklage vernimmt: „Du hast unsere Musik geklaut im großen Einkaufsmarkt, das wirst du eines Tages büßen.“ Nachdem die Bee Gees so unverblümt zu ihm gesprochen hatten, mutet seine Entscheidung, als Choreograf einer baktschekischen Rebellen-Tanzgruppe zu enden, kaum mehr verwunderlich an. Und auch die Mahnungen des örtlichen Weihnachtsmannes, bloß wieder an ihn zu glauben, werden von einer schaurig-schönen Geschichte illustriert, in der die freie Stelle als Weihnachtsmann/frau von der zunächst vielversprechenden Sophie-Charlott angetreten wird. Aber hinter einer blendenden Bewerbungsmappe kann sich leicht ein psychopatischer Serienkidnapper verstecken…

Mit ihrem verrückten Humor und sprachspielerischen Wortwitz eignen sich die insgesamt 30 Geschichten prächtig für den kleinen Zwerchfell­anfall zwischendurch. Ergänzt wird der Kurzgeschichtenband von einer CD mit aberwitzigen Hörspielereien.

Paradiesvogel Thommi Baake wurde 1962 geboren und lebt, wenn er nicht gerade auf Tour ist, in Hannover. Seit 1988 ist er als Komiker auf Deutschlands Bühnen unterwegs und seit den 90ern auch immer wieder in diversen Fernsehrollen zu sehen, etwa in der Sesamstraße, Schloss Einstein, bei Polizeiruf 110 oder im hannoverschen Tatort. Bislang veröffentlichte der Autor, Schauspieler und Komiker drei Kurzgeschichtenbände für Kinder. Da es unfair ist, wenn immer nur die Kinder skurril-witzige Geschichten lesen dürfen, erscheint mit „Manchmal ist die Geschirrrückgabe einfach nicht zu finden“ endlich auch ein Buch für Erwachsene.

AD

Manchmal ist die Geschirrrückgabe einfach nicht zu finden
von Thommi Baake
Buch mit CD, 142 Seiten/76 Minuten
Periplenta, Edition MundWerk, 2016
ISBN: 978-3-95996-011-3
www.periplenta.com

Mehr Infos zum Autor unter: www.thommiswelt.de

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