Tag Archive | "2015-06"

Edin Bajrić

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Edin Bajrić


Bildender Künstler
Sternzeichen: Krebs

In Edins Leben dreht sich alles um Kunst; er ist Diplom Künstler & Meisterschüler, langjähriges Mitglied der Initiative „KUNST UND WARUM e.V.“, Mitbegründer und Kurator des Kunstraumes „konnektor – Forum für Künste“, künstlerisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Hannover (Fakultät Architektur) und freier Projektleiter soziokultureller Kunstprojekte für Kinder und Jugendliche. Der 34-jährige Bosnier wohnt in Leinhausen mit seinem italienischen Freund, mit dem er bereits seit 13 Jahren zusammen ist.

Ich darf Edin in seinem Atelier in Hainholz besuchen, was wahrscheinlich daran liegt, dass er dort selbst so gerne ist und vielleicht ein bisschen daran, dass ich ihn von der IGS-Linden her kenne. Damals hat er ein Selbstportrait gemalt, das alle in absolute Bewunderung versetzte und vollkommen klar machte, dass er einmal ein richtiger Künstler wird. Inzwischen, ein Kunststudium und unzählige Kunststücke später, hat er es auf seinem Weg Richtung Lebensziel schon weit gebracht: Der kreative Kopf möchte irgendwann alleine von seiner Kunst leben. Das Größte ist es für ihn, im Atelier zu malen, zu fotografieren, Skulpturen zu formen. „Das nimmt einen wunderbar ein. Wenn ich mich konzentriere und alles andere anhalte. So sehr, dass alles andere zweitrangig wird.“, schwärmt der quirlige Sympath, der zwar dauernd Bewegung und Herausforderung braucht, aber auch mal entschleunigen möchte. Nachdem er elf Jahre in einem Altenheim gearbeitet hat, musste er diesen Job aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Nach nur sechs Monaten wurde ihm auch schon die Stelle an der Uni angeboten. Als 2008 der Fachbereich Bildende Kunst an der FH Hannover geschlossen wurde, schufen einige KünstlerInnen des letzten Abschlussjahrgangs die Initiative „KUNST UND WARUM e.V.“.

„Unter meinem Dach …“ ist das achte eigene Projekt des Vereins. Edins Arbeiten sind eng verknüpft mit seiner eigenen Biografie. 1993 musste er aufgrund des Jugoslawienkrieges aus Bosnien fliehen und verarbeitet seither die Erlebnisse seiner Flucht und das Suchen und Finden einer neuen Heimat mit künstlerischen Mitteln. Mit seiner bisher größten Arbeit „Meine Arche. Und, was nehmen wir mit?“, einem 5 x 4 x 3 Meter großen Holz-„Papierschiffchen“, stellte er 2014 Schülerinnen und Schülern die Frage, was sie auf so eine Reise mitnehmen würden. Nun findet das Projekt sozusagen eine Fortsetzung und fragt jetzt: Wenn wir irgendwo ankommen, in ein komplett neues Haus, was brauchen wir von dem Zuhause, was wir verlassen haben? „Es ist keine einfache Frage, sehr privat und persönlich – und es sind selbstverständliche Dinge, die plötzlich nicht mehr selbstverständlich sind.“

Im ersten Teil des Projekts erarbeiten rund 500 junge Teilnehmer ihre eigenen Antworten, die sie anhand von symbolischen Gegenständen, Fotografien und Zeichnungen ausdrücken. Diese werden in Gurkengläsern konserviert, die schließlich die anfangs leeren Wände der Häuser mit Inhalten befüllen. Bei den „Werkstatt-Einblicken“ kann man die Zwischenstände betrachten und so die Häuser – an denen alle zusammen arbeiten – nach und nach entstehen sehen. Schön, dass du bei uns in Hannover angekommen bist, hier mit so viel Freu(n)de(n) (d)ein Haus baust und mit uns deine Kunst teilst, Edin!

Werkstatt-Einblicke
Temporäre Atelierwerkstatt, Schulenburger Landstr. 150
Am 31. Mai und 07. Juni, 12–18 Uhr, Eintritt frei

Kunstausstellung
NORD/LB art gallery, Friedrichswall 10 und in der Aegidienkirche
Vom 10. Juli bis 16. August, Di bis So 12-18 Uhr, Eintritt frei

www.unter-meinem-dach.com
www.edinbajric.de

 

Kurz nachgefragt

Ist Hannover künstlerfreundlich?
Ich empfinde es so. Denn ich treffe viele Künstler aus anderen Städten, wo das Kuchenstück sehr klein ist, von dem alle etwas haben möchten. Es gibt hier viele Fördermöglichkeiten, aber es könnten noch mehr sein.

Deine Hobbys außer Kunst?
Pflanzen mag ich, und ich bin viel mit dem Fahrrad unterwegs, das sehe ich mehr als Passion. Mit meiner sehr sehr guten Freundin Silke kochen oder essen gehen.

Frohnatur oder Miesepeter?
Frohnatur, ich kann aber auch muffig sein – wenn ich zu viel zu tun habe oder mich konzentrieren muss, ist die frohe Natur mal nicht da. Aber ansonsten stecke ich gerne an und lass mich gerne anstecken von guter Laune.

Dein größtes Talent?
Was die Kunst angeht, sehe ich mein Talent nicht in irgendeiner Technik, sondern in der Praxis. Ich mache es einfach, auch wenn ich es dann zerstöre – ich brauche erst mal was zum Sehen.

Dein größtes Manko?
Hilfe anzunehmen. Und bei Manchem den Kopf zu lange in den Sand zu stecken.

Woher nimmst du deine Ideen?
Vieles kommt aus meiner Biografie, meinem Lebensweg. Und dann gibt es den Mensch. Entweder, dass ich mit Menschen zusammen arbeite, oder dass der Mensch da ist in meiner fotografischen Arbeit oder den Videos.

Was hältst du von Refugee-Welcome-Projekten?
Ich finde alles gut, was die Menschen, die sonst nicht zueinander finden würden, zusammenbringt. Aber es gibt direktere Wege, zum Beispiel Freundschaften. Von Beginn an und zu Menschen, die hier leben, die neugierig sind auf die neue Kultur, die die Flüchtlinge mitbringen.

Anke Wittkopp

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Wisecräcker

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Wisecräcker


Seit 1997 mischen die Wisecräcker die deutsche und internationale Ska-Punk-Szene mit fetten Gitarrenriffs und furiosem Partyblechgebläse auf – und es ist noch lange kein Ende in Sicht. „Wisecräcker waren noch nie so gut wie auf ihrer neuen ‚Modo de Odio‘-EP“, so die Selbsteinschätzung der sieben Offbeat-Verrückten. Man darf ihnen das ruhig glauben – Wisecräcker (= Klugscheißer) haben schließlich immer Recht. Während andere sich nach fast 20-jähriger Bandgeschichte und vier Alben langsam zurücklehnen würden, drehen sie noch mal richtig auf. Ende März ist ihr sechs Song starkes Mini-Album erschienen. Mit dem „Hassmodus“ und neuen Krachern im Gepäck, starten sie in die Festival-Saison.

Von der einstigen Besetzung, die sich damals in einer Autowerkstatt zum ersten Mal zusammenfand, um einen zu dieser Zeit völlig neuen Sound irgendwo zwischen Melodic Punk-Rock, Ska und Heavy zu kreieren, ist nur Alex Mende (Gesang & Saxofon) geblieben. Trotz aller Umbrüche nicht geändert hat sich das Rezept für die perfekte Wisecräcker-Show. Hauptsache laut, schnell und mit ordentlich Party vor und auf der Buhne – daran halten sich Alex, Ron Oberbandscheid (Bass), Frank Stoffers (Gitarre & Gesang), Hannes Horneber (Schlagzeug), Andreas Segger (Posaune & Gesang), Gerrit Laschtowitz (Posaune & Gesang) und Sebastian Seth (Trompete, Tamburin & Akkordeon) bis heute. Mit ihren Songs, die sie nach Belieben auf Spanisch, Englisch oder Deutsch schreiben, und Texten, die brutal ehrlich sind, erreicht „Deutschlands internationalste Ska-Punk-Band“ die Massen weltweit. Bereits 1998, gleich nach Veröffentlichung ihrer allerersten EP „…De Puta Madre“, werden Kontakte nach Übersee geknüpft. Seitdem bespielen die Wisecräcker nicht nur Bühnen in ganz Europa, sondern touren auch regelmäßig durch die USA und durch Mexiko, wo sie zahlreiche Fans und Freunde haben.

„Die derzeitigen Unruhen um Präsident Enrique Peña Nieto, die Studentenmorde und die Machtkämpfe zwischen Mafia und korrupter Polizei waren Anlass für den Song ‚Modo de Odio‘ (= Hassmodus).“ Da sie ihrer Wut und Trauer noch in weiteren Songs Luft machen, steht der Titel nun auch für die ganze Platte. Die wurde ab April 2014 wie schon die Vorgängerscheiben zum Teil im eigenen Proberaum, aber hauptsächlich im Institut für Wohlklangforschung aufgenommen. „An den Reglern saß Arne Borchert (u.a. Bassist bei Noetics), der auch unser Live-Mischer und Ersatz-Bassist ist. Den letzten Schliff hat dann Willi Dammeier beim Mastern übernommen.“ Beim Gesang erhielten sie zudem Unterstützung aus Mexiko und Stockholm: von Panteón-Rococó-Frontmann Dr. Shenka, Bernardo Leos von den Los Kung-Fu Monkeys sowie Oscar Friberg von der Band Ska’n’Ska. Fast ein Jahr lang hat es gedauert, der EP ihren letzten Feinschliff zu verpassen. Herausgekommen sind sechs Ska-Punk-Reggae-Polka-Pop-Hits der Oberklasse. Nach dem Ende des unabhängigen Plattenlabels Übersee Records, dessen Gründung maßgeblich auf die Initiative von Alex zurückzuführen ist, ist „Modio de Odio“ nun auf dem Label Tonetoaster Records erschienen – dank einer erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne übrigens auch in kleiner Auflage auf farbigem Vinyl!

Textlich so ehrlich wie lange nicht mehr, ist es wohl das politischste Werk der Wisecräcker, in dem sie nicht nur die aktuelle politische Lage in Mexiko beleuchten, sondern unter anderem auch ihre traumatischen Erlebnisse bei ihrer missglückten Einreise in die USA verarbeiten, wegen derer sie im Jahr 2010 ihre von langer Hand geplante USA- und Mexikotournee absagen mussten. Im stillen Kämmerlein heulen kann jeder. Wisecräcker lassen ihren Unmut, verpackt in Tanznummern und Partykrachern, lieber lautstark von den Bühnen schallen.

Nahe Hannover kann man die sieben „Golden Girls des Ska-Punk“ am 7. August beim Heimatzoo Festival in Schwarmstedt sowie am 30. August in Lehrte beim Zytanien Open Air live erleben. Und auch sonst steht einiges auf ihrer Liste. „Wir planen gerade eine Spanien-Tour für den Oktober. Für Dezember 2015 ist ein Ska-Punk-Festival in der Faust mit mehreren Bands in Vorbereitung. Vielleicht gibt es zu Weihnachten noch eine Online-Single. Und ganz vielleicht geht es nächstes Jahr wieder nach Mexiko.“

Manuela Sender

Foto: © P.C. Dikran, 2014

Genaue Termine und weitere Infos finden sich unter www.wisecracker.de sowie www.facebook.com/wisecrackerband.

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Paper – papierlose Büroorganisation

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Paper – papierlose Büroorganisation


Auch im Digitalzeitalter sind sie weiter Realität, die Unterlagen in Papierform. Gerade bei Vereinen oder gemeinnützigen Institutionen, die tendenziell ein schmales Budget für die Buchhaltung haben. Doch Rechnungen oder Einladungen an Hunderte von Mitglieder mühsam über Office-Anwendungen zu erstellen und per Brief zu verschicken, kostet Zeit und Nerven. Vier junge Gründer aus Hannover haben den Papierbergen in Vereinsheimen und -büros, aber auch in kleinen Unternehmen nun den Kampf angesagt. Dennis Bartels, Moritz Gutt, Enno Steppat und Kai Szybiak von inwendo bieten mit “paper” eine kostengünstige Lösung, um die Büroorganisation zu automatisieren.

Auch im Digitalzeitalter sind sie weiter Realität, die Unterlagen in Papierform. Gerade bei Vereinen oder gemeinnützigen Institutionen, die tendenziell ein schmales Budget für die Buchhaltung haben. Doch Rechnungen oder Einladungen an Hunderte von Mitglieder mühsam über Office-Anwendungen zu erstellen und per Brief zu verschicken, kostet Zeit und Nerven. Vier junge Gründer aus Hannover haben den Papierbergen in Vereinsheimen und -büros, aber auch in kleinen Unternehmen nun den Kampf angesagt. Dennis Bartels, Moritz Gutt, Enno Steppat und Kai Szybiak von inwendo bieten mit “paper” eine kostengünstige Lösung, um die Büroorganisation zu automatisieren.

Das webbasierte und somit auch mobil nutzbare System überzeugt mit Features wie dem Zugriff auf alle relevanten Personendaten per Mausklick, also zum Beispiel die kompletten Mitgliederdaten eines Vereins. Auch Mitgliederbeiträge und Rechnungen können selbstständig erstellt und verschickt werden, inklusive SEPA-konformen Exporten für Banken. Von der Ressourcenplanung über die effiziente Planung von Trainingszeiten und Buchung von Räumen oder Personen bis zur automatischen Abrechnung der Mitgliederbeiträge ist alles zu jeder Zeit und an jedem Ort möglich. Aktuell ist „paper“ auf dem Weg in die Testphase, nachdem diese (bestimmt!) erfolgreich durchlaufen wird, gibt es dann das Starterpaket für kleine Vereine und Gemeinden, die Version für größere Organisationen und die Premium-Version für Big Player. Ebenso erhältlich: Ein kostenloser Zugang für einen Monat, der sich für Mini-Organisationen mit bis zu 50 Mitgliedern und bis zu 200 zu verschickenden Rechnungen eignet – testen lässt sich das digitale Managementwerkzeug also allemal risikofrei.

Drei der vier technikaffinen Jungs sind von Anfang an dabei, als im Jahr 2013 die erste App-Idee aufkam und im Juli 2014 dann die Unternehmensgründung in die Tat umgesetzt wurde. Der Vierte, Kai Szybiak, ist seit Anfang diesen Jahres tatkräftig als Gesellschafter mit an Bord. Unterstützung gab es schon vorher durch hannoverimpuls. Eine Online-Beratung der Gründungswerkstatt Hannover half bei der Fokussierung auf wesentliche Aspekte der Gründung. Und auf der jüngsten CeBIT ermöglichte die hannoversche Wirtschaftsförderungsgesellschaft die Teilnahme am Hannover-Stand – eine Chance, die das junge Gründungsteam engagiert beim Schopfe packte. Über 2.500 Flyer haben die Vier voller Elan verteilt, 200 Kilometer zurückgelegt, unzählige Gespräche mit Vereinsmitgliedern, Ehrenamtlichen, Vereinsfunktionären und Vorständen geführt. Herr Barrera und das Team von hannoverimpuls versorgte die gefragten Programmierer während der Messe mit allem, was sie für einen gelungenen Auftritt und für das leibliche Wohl brauchten. Mit vollem Erfolg: „Wir haben unglaublich viel positives Feedback bekommen, das uns bestärkt hat, auf dem richtigen Weg zu sein“, freut sich Dennis Bartels. Sogar Oberbürgermeister Stefan Schostok und der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies schauten bei inwendo vorbei und ließen sich erklären, wie sich die Verwaltungsaufgaben von Vereinen und Ehrenamt durch das Tool vereinfachen lassen. Zur Zeit arbeiten die fleißigen Gründer im Workspace an ihrer dritten App-Idee sowie externen Entwicklungs- und Website-Aufträgen. Und die landen ganz sicher auch nicht in der Schublade.

 

inwendo
Dennis Bartels, Moritz Gutt,
Enno Steppat, Kai Szybiak
Schwarzer Bär 2, 30449 Hannover
Tel.: (0511) 16587001

hello@inwendo.de
www.inwendo.de

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Christian Friedrich Sölter

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Christian Friedrich Sölter


Seit vielen Jahren – um genauer zu sein: Jahrzehnten – mischt Christian Friedrich Sölter in der subkulturellen Szene Hannovers mit. Den Ruf als „Hannovers ungeschlagener Kurzgeschichten-Großmeister“ hat der 46-jährige Lindener bereits weg, doch er ist nicht nur literarisch unterwegs. Auch mit der Musik und als Programmchef des Béi Chéz Heinz verdient er sich seinen Lebensunterhalt. Ein echtes Multitalent, der die Balance zwischen schnodderig und charmant zu halten vermag und wie gemacht ist für die Bühne.

Christian Friedrich Sölter kennt sich aus mit der Subkultur. Als 1. Vorsitzender und Programmchef des Béi Chéz Heinz, Lindens berühmt-berüchtigtem Underground-Club, hat er mit einer Menge Konzerten, Lesungen und anderen Veranstaltungen fernab des Mainstreams zu tun. „Ein wichtiges Standbein, um mich als freier Künstler über Wasser zu halten“, erzählt Sölter. „Vor vielleicht 15 Jahren hatte ich mal so eine Phase, in der ich versucht habe, komplett vom Lesen und der Musik zu leben, aber da war der Monat finanziell schon am 12. vorbei.“ Der Vorteil: Er muss sich nicht verbiegen, um sein Geld zu verdienen, und kann genau das tun, wozu er Lust hat.

Mit dem Schreiben angefangen hat Sölter schon als Jugendlicher, im Alter von 17 Jahren stand er mit Politkabarett auf der Bühne. „Kurioserweise wurde aus diesem Projekt eine Band und ab diesem Zeitpunkt hatte ich mehr mit der Musik zu tun“, so Sölter. Nach besagter Band namens Kühlwalda folgten noch viele weitere. VEB Erdmöbel hieß eins seiner ersten Musikprojekte. Später stieg Sölter in Wunstorf bei der Hardcoreband Shreds And Laughter ein. Mit den Hippiehunters entdeckte er seine Leidenschaft für Ska, aus denen schließlich Hammerhai entstand, dessen Frontmann er noch heute ist und mit denen er sporadisch Auftritte hat. Aktuell ist außerdem seine Band Sultan (18.07., Die Große Welt), die sich dem 70er Jahre Hardrock-Cover verschrieben hat, sowie das Duo Sölter & Kirleis, mit dem er sich zusammen mit Holger Kirleis musikalisch auf ein ganz neues Feld gewagt hat: Chanson-Punk.

Ähnlich vielseitig sieht auch Sölters Weg als Literat aus, denn neben dem Schreiben von Songtexten verfasst er seit jeher Kurzgeschichten, die er entweder auf Einzellesungen, ab und an auf Poetry Slams oder aber bei seiner eigenen Lesebühne „Die Überholspurpiraten“ (18.06., Faust-Warenannahme) zum Besten gibt. Letztere gibt es sogar zweimal. „Wir haben ja mittlerweile eine ‚Lesebühnen-Außenstelle‘ in Helmstedt – mit einer etwas anderen Besetzung. Mit dabei sind Henning Chadde, Dominik Bartels und meine Wenigkeit. Alle drei Monate treten wir im ‚Pferdestall‘ auf und es ist immer ausverkauft“, erzählt Sölter. „Hier in Hannover haben Henning und ich seit letztem Jahr einen neuen Mitstreiter, nämlich Andy Strauß, der mit seiner verrückten Art die Leute noch einmal ganz anders abholt als wir beiden langjährigen ‚Residents‘.“ Mittlerweile blicken die Überholspurpiraten auf 40 Veranstaltungen zurück. Neben „fangfrischen Kurzgeschichten“, „messerscharfen Beobachtungen zum aktuellen Tages-, Medien- und Kulturgeschehen“ und der „Dichterey auf Zuruf“ überraschen die drei literarischen Freibeuter ihre Gäste mit allerlei neckischen Spontan-Gimmicks. Am 18. Juni ist es wieder soweit, ab 20 Uhr werden in der Faust-Warenannahme die Anker gelichtet. Schon mit der Heavy-Listening-Literatur-Lounge Kasulkes Sprechstunde, die Sölter wiederum zusammen mit Henning Chadde zwischen 2005 und 2010 im Béi Chéz Heinz veranstaltete, sorgte er für frischen Wind in der Literaturszene Hannovers. Doch die Trends verändern sich, auch im Bereich der Literatur und der Lesungen. Was gestern noch hip war, ist heute bereits überholt. Und so ist vielleicht auch zu erklären, warum die literarische Hochphase, die noch vor etwa zehn Jahren vor allem Linden ergriffen hatte, ein wenig abgeflaut ist. Der Hype um Poetry Slams, damals noch relativ neu in Hannover, und selbst einige gut laufende Lesebühnen sind heute verschwunden. „Es ist ja immer der Odem des Neuen, der spannend ist. Gerade in der alternativen Subkultur muss man sich immer neu erfinden. Tatsächlich war es eine Zeit lang ziemlich schrill. Damals kam man manchmal sogar auf 30 bis 40 Konkurrenz-Lesungen an einem Abend in Hannover. Hipster-Blogs schreiben, das ist das, was die Leute gerade voll abholt. Ein bisschen Gender, ein bisschen politisch, aber nicht zu viel, ein biss­chen Lifestyle…“

Im November letzten Jahres erschien Sölters Kurzgeschichten-Band „Die Karawane der Papiertiger“ – eine gelungene Mischung aus alten und neuen Geschichten. Hier zeigt der erfahrene „Kurzgeschichten-Großmeister“ nicht nur seine witzig-lakonische Seite, die das Groteske des Alltags auf den Punkt bringt, sondern schlägt auch durchaus ernstere oder gar mysteriöse Töne an. Ohne dabei die für ihn typische Mixtur aus elaboriertem Sprachcode und einer charmanten Rotzigkeit zu verlieren. Auch zu der Lindener Anthologie „Ver[w]ortungen“ steuerte Sölter einen Text bei und schrieb ganz aktuell für Bodo Dringenbergs Anthologie „Ein Pils, ein Sekt, ein Todesfall“ seinen ersten Kurzkrimi.

Ob auf der Bühne oder im Buchformat – Christian Friedrich Sölter sollte man sich mal geben, denn der Mann versteht es, mit seiner liebenswerten, schnoddrigen Art und einer dicken Portion Leidenschaft bestens zu unterhalten.

Katja Merx

Foto: Sterni Harke

Die Karawane der Papiertiger
Blaulicht Verlag (www.blaulicht-verlag.de)
Taschenbuch, 176 Seiten, 9,90 Euro

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