Editorial 2024-08

Liebe Leser*innen,
in dieser Ausgabe habe ich mit Eva Bender gesprochen, unserer ziemlich frischgebackenen Dezernentin für Kultur & Bildung in Hannover.

Und ich muss zugeben, sie hat mich beeindruckt. Ich habe mich natürlich dafür interessiert, welche große Idee sie für die Bildung und die Kultur in unserer Stadt im Hinterkopf hat, wohin die Reise in den kommenden Jahren ganz grundsätzlich gehen soll.
Und Eva Bender hat sehr klare Antworten und nicht nur eine Idee, sondern viele, aus meiner Sicht gute Ansätze. Ich habe den Eindruck, da brennt jemand für den Job. Sehr interessiert, sehr direkt, sehr aufgeschlossen und offen, sehr schnell und sehr „down to earth“, so würde ich sie beschreiben. Sie hat einen klaren Kompass und mir scheint, sie ist wohltuend ungeduldig. Darf man einen Menschen nach nur einem Gespräch so sehr öffentlich loben? Mir völlig egal, mir hat das Gespräch Spaß gemacht und es hat mir vor allem Zuversicht gegeben.

Mir ist während des Gesprächs mit Eva Bender mal wieder sehr klar geworden, welchen Stellenwert Bildung und Kultur haben, oder besser eigentlich haben sollten. Wenn unsere Gesellschaft sich wappnen will gegen rechte Tendenzen oder sogar einen erneuten Zivilisationsbruch, dann sollten wir schleunigst aufrüsten – in den Kitas, den Kindergärten und den Schulen.
Und für diese große Aufgabe darf man aus meiner Sicht gerne die Schuldenbremse komplett schleifen lassen.

Ich finde es unfassbar ärgerlich, dass sich in der Bundespolitik eine Kleinstpartei gegen diesen Schritt noch immer wehrt und damit Deutschland langfristig das Wasser abgräbt. Ich muss inzwischen umschalten, wenn ich beim Zappen in Talkshows gerate, in denen die Lindners und die Dürrs dieser Welt sitzen. So viel geballter Unsachverstand macht mich wirklich fertig. Während führende Wirtschaftswissenschaftler weltweit beim Thema Schuldenbremse in Deutschland inzwischen nur noch mitleidig den Kopf schütteln, nehmen ein paar irrlichternde Politiker aus parteipolitischen Interessen Deutschland weiter in Geiselhaft.
Ganz ehrlich, ich hoffe, dass dieses Trauerspiel bald vorbei ist und die FDP danach bundespolitisch so schnell keine Rolle mehr spielt.

Was wir tun müssten, ist aus meiner Sicht völlig klar. Wir sollten im großen Stil investieren, nicht allein in die Infrastruktur und in unsere Verteidigung (ja, auch und ganz ausdrücklich in die Verteidigung), sondern gleichermaßen in Bildung und Kultur. Wir brauchen ein Sondervermögen Zukunft. Wie auch immer dieser Wumms dann genannt wird, er ist bitter nötig. Es fehlt in unserem Bildungssystem an allen Ecken und Kanten.
Und ja, Geld ist nicht alles, aber Geld hilft ungemein.
Und das gilt ebenso für die Kultur. Sie ist in Deutschland und auch in Hannover nach wie vor ziemlich an die Wand gespart. Weitere Kürzungen hat es bei uns glücklicherweise vorerst nicht gegeben, aber das macht die Situation nicht unbedingt besser. Ich bin überzeugt, dass wir sowohl bei der Bildung als auch bei der Kultur schleunigst umdenken müssen. Es geht nicht um Ausgaben, es geht wie gesagt um Investitionen. Und für Investitionen darf man sich gerne Geld leihen, auch in Hannover.

Und was ist eigentlich die Alternative? Ein rigider Sparkurs? Konsolidierung? Die schwarze Null? Was nützt uns eine schuldenfreie, aber völlig kaputtgesparte Stadt? Und ja, Schulden muss man irgendwann zurückzahlen. Das geht aber viel besser, wenn man sich in die Lage versetzt, im Wettbewerb zu bestehen. Und so ganz nebenbei dafür zu sorgen, dass es eben nicht unschön kippt in Deutschland. Denn eine gute Medizin gegen rechte Tendenzen ist auf jeden Fall eine umfassende und gute Bildung und eine Kulturlandschaft, die für Begegnungen sorgt, die Nachbarn zu Freunden macht. Ist das zu pathetisch? Mir völlig egal, Pathos macht mir Spaß und gibt mir Zuversicht.

Viel Spaß mit dieser Ausgabe!

● Lars Kompa
Herausgeber
Stadtkind


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