Der Freundeskreis im Gespräch im Juni

Dieses Mal waren wir mit dem neuen Vorstandsteam des Freundeskreises im Gespräch: Konstanze Beckedorf und Hajo Rosenbrock. Die beiden haben uns von ihren Plänen für die Zukunft des Vereins und von möglichen Herausforderungen erzählt.

Sprechen wir zu Beginn kurz darüber, wie ihr zum Freundeskreis und letztlich in den Vorstand gekommen seid…

Konstanze Beckedorf + Hajo Rosenbrock (c) Amanda Reich

KB – Ich bin während meiner beruflichen Tätigkeit als Dezernentin bei der Landeshauptstadt zum Verein gekommen. Die Satzung des Freundeskreises enthält Regelungen, dass der Verein auch jemanden aus einem Dezernat der Landeshauptstadt in den Vorstand berufen kann. Und als ich damals das Kulturdezernat übernahm, bin ich Beisitzerin im Vorstand geworden und bin das bis heute.

HR – Der Turn-Klubb Hannover ist schon lange Mitglied im Freundeskreis. Zunächst war ich als Geschäftsführung und Vorstand der TKH nur über den Verein dabei; war hin und wieder bei einer Versammlung und bin dann auch ehrenamtlich im Kuratorium gelandet. Im Oktober gab es einen Wechsel bei uns im Kuratorium und ich wurde gefragt, ob ich es mir im Sinne des Generationenwechsels vorstellen könnte, Kuratoriumssprecher zu werden. Es war für mich eine Ehre, das mit Konstanze machen zu dürfen. Und so kam es dazu, dass wir gesagt haben, wenn der Verein das auch so möchte, führen wir die Vorstandsgeschäfte in diesem Jahr fort. Seitdem sind wir ganz intensiv drin. Aber auch schon bevor wir Vorstand geworden sind, haben wir, ich glaube die letzten vier Monate, jede Woche jeder individuell ein paar Stunden mehr ehrenamtlich gewirkt, als man das so vorher dachte.

Und jetzt wollt ihr eine neue Ordnung reinbringen?

HR – Wir sind sozusagen gerade dabei. Dieser Verein hat ja viele Mitglieder – die auch gerne unsere Veranstaltungen besuchen. Und wenn ein Verein dann ca. 1.000 Mitglieder hat, dann sind da natürlich viele zur Unterstützung mit dabei. Da Vorsitzender und Geschäftsstellenleitung wechselten, gibt es jetzt viel zu tun …

KB – Es hat ja auch jeder seine eigenen Vorstellungen. Wir haben eine Form der organisatorischen Abläufe vorgefunden – insbesondere in der Geschäftsstelle – und sind nun erstmal dabei, uns einen Überblick zu verschaffen. Hajo macht das ja auch noch neben seiner Hauptberuflichkeit. Und wir haben halt schon so ein paar Punkte gefunden, bei denen wir sagen: „Nein, das würden wir eben gerne auch in den Abläufen einfach ganz anders organisieren und regeln.“ Aber wenn wir mal nicht mehr in der Verantwortung sind, dann werden das Nachfolgende wieder anders machen.

HR – Aber so eine, so eine Geschäftsstelle ist ja nicht das Thema, das nach außen ins Schaufenster gehört. Der Verein muss sich im Moment wieder nach innen neu strukturieren, damit er nach außen so glänzen kann, wie er gerne geglänzt hat. Bis Corona hat er ja auch lange sehr gut geglänzt, aber dann gab es sicherlich eine kleine Delle. Jetzt gibt es wieder tolle, schöne Veranstaltungen – aber der Bereich muss weiter ausgebaut werden: Wir wollen ihn themenmäßig ganz unterschiedlich ausbauen, da können wir gleich einmal drauf blicken. Und wir wollen unsere Mitglieder mitnehmen – und die Stadt, so wie sie ist. Gestern Abend hatte ich zum Beispiel ein Telefonat mit Steffi Eichel darüber, dass wir einen Lauf für die Demokratie machen wollen. Und jetzt überlegen wir, ob wir Anfang Juni einen Termin finden, an dem wir das machen können. Das ist ein Thema, wo wir beide bestimmt nicht gesagt haben: „Ende des Jahres oder nächstes Jahr wollen wir unbedingt einen Lauf der Demokratie machen“. Genauso haben wir am 31.12. nicht gesagt: „Wir wollen hier Demonstrationen für 35.000 Menschen veranstalten …“ Sondern das ist einfach passiert. Wir planen natürlich auch, das Ehrenamt ins Schaufenster zu stellen: andere Leute darin zu ermutigen, sich für diese Stadt einzusetzen – gerne auch im bürgerschaftlichen Engagement. Wir wollen vielen Strömungen aus Hannover eine Stimme geben, so wie es der Freundeskreis eigentlich schon immer gemacht hat: Wir bringen gerne Menschen zusammen. Wir organisieren auch gerne Dinge. Und an der Stelle kann man mit dem Freundeskreis eine Menge planen, wo Menschen zusammenkommen, die es vielleicht auch brauchen, dass andere etwas für sie organisieren. Und das tun wir gerne.

KB – Und wir haben eben beide unsere Netzwerke. Teilweise überschneiden sie sich, aber teilweise sind sie auch unterschiedlich: Ich war ja früher für Kultur, Soziales und Sport zuständig und habe natürlich aus dieser Funktion heraus unglaublich viele Leute in Hannover kennengelernt. Und Hajo über den Sport. Damit sind wir so breit aufgestellt, dass das für den Freundeskreis durchaus ein Gewinn sein kann.

HR – Und wir gehen auch mehr auf unsere Mitglieder zu als es in der Vergangenheit der Fall war, laden auch alle ein, mitzuarbeiten. Aber das Fundament muss gut gesetzt sein, damit die Zukunft auch unabhängig von uns beiden gut funktionieren kann.

KB – Und das merken wir jetzt auch. Die ersten Schritte sind getan. Hajo ist sehr kreativ, was neue Ideen und neue Projekte angeht. Ich zeige mich ein bisschen bei den Mitgliedern … und wir sind in den ersten Austausch mit den Mitgliedern gegangen, haben alle mit einem Mitgliederbrief informiert, der ein unglaublich positives Feedback bekommen hat. Und so ist genau der richtige Duktus. Es ist einfach erstmal wieder wichtig, dass die Menschen, die Mitglied im Verein sind, auch das Gefühl haben, dass sie gesehen werden – und dass ihre Mitgliedschaft durchaus wertgeschätzt wird. Also die Stimmung ist, glaube ich, ziemlich gut.

Das Feedback, das ihr bekommt, stellt euch also zufrieden?

HR – Ja, naja … Es gab ja eine sehr kontroverse Mitgliederversammlung. Es darf, soll und muss ja jeder unbedingt in Vereinsgremien seine Meinung sagen. Bloß: Themen aus der Vorvergangenheit mit Menschen zu besprechen, die damit gar nichts zu tun haben, war für mich ein bisschen befremdlich. Dinge, die jetzt nicht funktioniert haben, dort anzusprechen, das ist richtig. Aber nicht wahrnehmen zu wollen, dass Dinge jetzt gerade im Neuaufbau sind: das ist auch nicht vereinsfördernd. Also da war für mich persönlich die Mitgliederversammlung nicht unbedingt der motivationale Faktor nach vorne, dass ich mich jetzt hier ehrenamtlich total verdinge.

KB – Wir waren aber auch ein Stück weit selbst schuld, weil wir uns gegenüber den Mitgliedern positioniert haben. So fühlten wir uns dann sehr angesprochen, obwohl wir eigentlich wussten, dass wir gar nicht gemeint waren.

Aber umso schöner, wenn jetzt alles gut ist.

HR – Nun ist ja auch alles geklärt und der Übergang funktioniert dank der guten Zusammenarbeit mit Matthias Görn gut. Dennoch ist es viel Arbeit.

KB – Nein, es war auch in Ordnung, dass Kritik geäußert wurde. Und die Kritik, die geäußert wurde, die haben wir aufgenommen. Wir werden die Mitglieder, die diese Kritik geübt haben, aber auch in die Pflicht nehmen. Da kam durchaus der Wunsch: „Wir wollen mehr mit einbezogen werden, wir wollen uns aktiv beteiligen.“ Und das Angebot werden wir machen.

HR – Genau. Wir wollen, dass die Mitglieder eine größere Chance haben, sich zu beteiligen. Dazu werden wir auch ein Zukunftsforum – eine Zukunftswerkstatt oder ähnliches – im Laufe des Jahres bieten, bei dem Ideen, Wünsche und Kritik geäußert werden können. Haltung und Meinung unserer Mitglieder sind uns sehr wichtig.

Kommen wir zu den kreativen Ideen, die ihr angesprochen habt. Was können wir uns darunter vorstellen?

HR – Es gibt ja unterschiedliche Stufen. Erstmal gibt es die niedrig hängenden Früchte, die man relativ zügig umsetzen kann. Und dann gibt es natürlich mittel- und langfristige Dinge. Wir wollen einen Freundeskreis-Podcast machen – und haben mit Jan Egge Sedelies auch einen super Moderator gefunden; jemanden, der vom Fach mit dabei ist und bei uns gerne ehrenamtlich aktiv sein möchte. Dann gibt es ja unseren Stadtkulturpreis; aber wir wollen ein Format aufstellen, dass unabhängig davon Einblicke in die Stadt und die Menschen gibt – einfach eine Veranstaltung, bei der Hannoveraner*innen ihre Erfahrungen teilen. Wir denken an Köpfe, die man nicht so häufig in der Öffentlichkeit sieht. Vielleicht finden wir aber auch mal einen Schauspieler oder Musiker aus Hannover. Wir werden auch eine neue Homepage kriegen. Außerdem treffen sich die Freundeskreis-Mitglieder alle vier Wochen zum Frühstücken. Und wir haben uns gefragt: „Warum kann man das eigentlich nicht mal umdrehen und sagen, dass man auch mal alle vier bis acht Wochen abends was macht?“ Man könnte ja zum Beispiel bei Hannover Gin einmal durch den Keller bis nach oben gehen und eine Gin-Verkostung machen. Vielleicht gibt es auch mal eine Weinprobe. Also unterschiedliche Formate. Und – last but not least – als kurzfristige Sache: Wir denken über eine Freundeskreis-Party im Palo oder in der Baggi nach. Das betrifft eine ganz andere, vergleichsweise junge Zielgruppe. Es geht uns nicht darum, nur die bestehenden Pfade noch besser zu gehen, sondern auch mal rechts und links etwas auszuprobieren. Und wenn etwas nicht funktioniert, dann wird es sicherlich nicht wiederholt. Und wenn was richtig gut funktioniert, dann halt doch.

KB – Und dann darf man auch nicht vergessen, dass der Freundeskreis – das haben wir nicht zuletzt durch die Demo Ende Januar wieder gezeigt – für eine bestimmte Haltung zu den momentanen politischen und gesellschaftlichen Themen steht. Auch da werden wir natürlich weiterhin aktiv bleiben.

HR – Genau, das hatte ich vergessen: Was wir jetzt sofort umsetzen, ist eine Kampagne auf Social Media. Dort kann jeder sagen: „Ich wähle am 9. Juni Europa, weil …“ Und mit einem Testimonial wird ein Foto in eine Grafik von uns eingebettet, so dass wir ganz viele Gesichter – normale Gesichter, Vorbilder oder auch Politiker – zeigen und einfach Menschen darauf hinweisen, dass an dem Sonntag eine wichtige Wahl stattfindet. Ich glaube, zur EU-Wahl sind wir alle dazu aufgerufen, zumindest zu sagen: „Komm, geht wählen, schützt die Demokratie!“ Dieses demokratische Thema liegt uns beiden sehr am Herzen.

KB – Wir hatten am Samstag das Frühstück, von dem Hajo gerade sprach. Und da habe ich auch nochmals auf die Kampagne hingewiesen und habe gesagt, dass der Freundeskreis für eine bestimmte Haltung steht: für Demokratie, für Freiheit … Da hat man gemerkt, dass das auch einen unglaublichen Zuspruch findet. Und nochmals zum unterschiedlichen Altersspektrum: Den Freundeskreis gibt es seit mehr als 30 Jahren. Und es gibt Menschen, die von Anfang an Mitglied mit dabei sind. Aber genauso haben wir jüngere Mitglieder. Wir wollen die jüngere Generation jetzt gerne noch stärker ansprechen und neue Mitglieder dazugewinnen. Dafür brauchen wir auch ein entsprechendes Portfolio an Angeboten. Wer Lust hat, kann zum Frühstück kommen. Aber es ist eben so, dass das Frühstück eher eine Veranstaltung für die ältere Generation ist. Jüngere Generationen, die zum Beispiel Familien mit kleinen Kindern haben, die haben am Samstagmorgen um 9.30 Uhr schlichtweg keine Zeit zum Frühstück zu gehen. Das muss man mal ganz deutlich sagen. Aber die kommen vielleicht gerne zum Feierabend-Gin oder -Wein. Das so umzusetzen, dass sich alle gesehen und wertgeschätzt fühlen, dass sich alle damit identifizieren können: Das ist durchaus auch eine Herausforderung.

● CK/LD


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