Grandbrothers: All The Unknown
Das in Düsseldorf ansässige Duo aus dem Pianisten Erol Sarp und dem Produzenten und Audio-Softwareentwickler Lukas Vogel fusioniert Klaviermusik mit Electronica. Mit Hilfe einer von Vogel gebauten Mechanik werden Klänge eines Konzertflügels umgeformt und mit verfremdenden Bleeps und Beats verschmolzen. Es entsteht ein fließender Kosmos von clubtauglicher Klaviermusik.
tomeque: hallo welt
Der selbsternannte Synther-Songwriter aus St. Pauli verbindet auf seinem Debütalbum seinen in diversen Rockbands verbrachten Lebensweg mit zunehmend elektronischen Einflüssen und einer neuen Leidenschaft für Discobeats und Remixe, was einen reizvollen Kontrast ergibt. Melancholischer Höhepunkt ist das mit schwerer Zunge leidenschaftlich vorgetragene „Gute Nacht St. Pauli“.
Louis Philippe & The Night Mail: Thunderclouds
Der in London lebende Franzose Philippe Auclair scheint ein Doppelleben zu führen: Hauptberuflich Sportjournalist für BBC World Service und France Sport, bereichert er im Nebenerwerb die Musikwelt unter dem Alias Louis Philippe mit exaltierten Popsongs. Zusammen mit der Band The Night Mail entstanden nun 13 leicht verschrobene Pop-Songperlen mit Elementen aus Jazz und Chanson.
Blackbird Mantra: High And Dry
Vielleicht ist es das Geklingel ihrer Gitarren, was an den hypnotisch-repetitiven Gesang einer Amsel erinnert. Fesselnd ist der Sound der Hamburger Psych-Rock-Band allemal, auch wenn sie ihn locker aus dem Ärmel zu schütteln scheinen. Nach ihrer EP „Riverside Bar“ ein sehr gelungenes Debütalbum für FreundInnen von hoch komplexer, tief entspannter Gitarrenmusik.
Son Lux: Tomorrows II
Der zweite von insgesamt drei Teilen, die erst nach Erscheinen des letzten Albums im Frühjahr physisch erhältlich sein werden. Ursprünglich das Soloprojekt des amerikanischen Musikers und Komponisten Ryan Lott, bewegt sich der Sound der Band zwischen sehr entspanntem Electronica und verkopftem Hiphop mit gehauchtem Falsettgesang à la Portishead. Phasenweise herzzerreißend schön.
Make Boys Cry: Glass Cannon
Make Boys Cry ist eine Pianistin, Komponistin und Produzentin, die in Leipzig und Berlin lebt und arbeitet. Ihr erstes Album erkundet verschiedene Spielarten der Neo-Klassik. Mal verbinden die Produktionen im Stile eines Nils Frahm minimalistisches Klavierspiel mit elektronischen Flächen, mal entwickeln die Stücke eine filmische Opulenz, die an Yann Tiersen erinnert.
Sigur Rós: Odin’s Raven Magic
Die treue Fangemeinde der einordnungs-resistenten isländischen Band hat lange darauf gewartet: „Odin’s Raven Magic“, eine Zusammenarbeit zwischen Sigur Rós, der isländischen Musiklegende Hilmar Örn Hilmarsson, Steindór Andersen (Fischer und einer der angesehensten Interpreten von traditionellen epischen Überlieferungen), und Maria Huld Markan Sigfúsdóttir von der Band amiina, gibt es nun auch als Aufnahme, fast zwanzig Jahre nach der Uraufführung im Londoner Barbican Centre. Der Bildhauer Páll Guðmundsson hatte eigens für die Aufführung eine einzigartige, fünf Oktaven umfassende steinerne Marimba gebaut, die den Sound des Albums entscheidend prägt. Das orchestrale Werk geht zurück auf ein recht apokalyptisches Kapitel der „Edda“, einem in altisländischer Sprache verfassten literarischen Kanon mit Götter- und Heldensagen des 13. Jahrhunderts.
Doug Carn, Adrian Younge, Ali Shaheed Muhammad: Jazz Is Dead 005
Ursprünglich als eine Konzertreihe geplant, haben der Produzent und Multiinstrumentalist Adrian Younge und Ali Shaheed Muhammad, Gründer und Mastermind der Alternative Hiphop-Band A Tribe Called Quest, „Jazz Is Dead“ zu einem Label ausgebaut. Und natürlich geht hier es nicht darum, den Jazz zu Grabe zu tragen, sondern ihn in einem neuen Kontext zu präsentieren. Das fünfte Album ist eine Zusammenarbeit mit dem heute 72-jährigen Meister der Hammond-Orgel und Multiinstrumentalisten Doug Carn, der vor allem für seine bei dem legendären 70er-Jahre-Label „Black Jazz Records“ erschienenen Alben bekannt ist. Als brillanter und kreativ unruhiger Spiritual-Jazzer ist Doug Carn dennoch unter den Helden des 70er Progressive-Funk-Jazz immer ein bisschen unter dem Radar geflogen, umso dankenswerter erscheint jetzt das JID-Spotlight. ● Annika Bachem