Die Krise dauert nun bereits ein halbes Jahr und alle ahnen inzwischen, dass sie noch längst nicht vorbei ist. Dass sie nicht vorbei sein wird, ehe uns und allen anderen ein Impfstoff in ausreichenden Mengen zur Verfügung steht.
Wagen wir mal kurz eine kleine Zusammenfassung des Ist-Zustandes. Allen ist inzwischen klar, dass es mit „Höher, Schneller, Weiter!“ vorbei sein muss, dass ständiges, andauerndes Wachstum ein Irrweg ist. Wir haben unseren Globus auf diesem Weg bereits ein gutes Stück gegen die Wand gefahren und sind auch jetzt noch weitgehend ungebremst dabei, den Karren immer tiefer in den Dreck zu ziehen. Dass das so ist, wissen längst alle. Die Wissenschaft ist sich einig, wenn wir so weitermachen, wird es böse enden. Trotzdem machen wir weiter. Alle, in allen Ländern. Die ärmeren Länder versuchen aufzuholen, die reichen Länder versuchen ihre Pfründe zu sichern. Wir in Deutschland heucheln zwar ein bisschen Nachdenklichkeit und wählen neuerdings gerne ein bisschen grün, sind aber trotzdem ganz vorne mit dabei.
Nötig wäre eine echte Zäsur, eine Phase der Besinnung und Neuorientierung. Es ist jetzt eigentlich die Zeit, ein paar sehr große Fragen zu stellen. Was braucht ein Mensch zum Leben, was sind seine Grundbedürfnisse? Und wie können wir den Kapitalismus so modellieren und eingrenzen, dass am Ende tatsächlich alle Menschen profitieren und nicht ein paar wenige auf Kosten der meisten anderen Menschen leben.
Und siehe da, inzwischen fordern das sogar Politikerinnen und Politiker eher konservativer Parteien. Doch man muss hier wirklich Goethe zitieren: Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt Glaube. Denn was ist es wert, wenn beispielsweise unser Bundesentwicklungsminister Gerd Müller von der CSU die Corona-Krise als Weckruf für die Menschen bezeichnet, und fordert, dass der „Immer-Weiter-Scheller-Mehr-Kapitalismus“ der letzten 30 Jahre aufhören muss, während unser Wirtschaftsminister Peter Altmaier mit Hochdruck daran arbeitet, dass möglichst schnell alles wieder so wird wie es vor Corona war?