Leon Amelung

Wheelmap-Botschafter

Ohne den Beitrag von ehrenamtlich Engagierten wäre unsere Gesellschaft um einiges ärmer. Zu ihnen gehört der Sozialhelden e.V., ein Berliner Verein, der sich dafür einsetzt, Menschen für gesellschaftliche Probleme und Missstände zu sensibilisieren und Handlungsoptionen aufzeigen, anstatt Mitleid zu erregen. Eins ihrer Projekte ist die Wheelmap, eine weltweite Online-Karte, die zeigt, ob Orte rollstuhlgerecht und für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind.

Leon AmelungLeon Amelung ist in Hannover geboren und aufgewachsen. Er studiert hier Germanistik und Geschichte und steht kurz vor dem Bachelor-Abschluss, woran er den Master anschließen möchte. Er ist von Geburt an gehbehindert und seit etwa fünf Jahren auf den Rollstuhl angewiesen.

Über Soziale Medien stößt Leon 2018 auf die Wheelmap-Initiative der Sozialhelden. Er hat Lust, sich für Inklusion und Barrierefreiheit zu engagieren und stellt sich als Wheelmap-Botschafter zur Verfügung. Das 2010 gestartete Projekt ist eine online oder über eine App verfügbare Karte, in die jeder Orte wie Schwimmbäder, Cafés oder Läden hinsichtlich ihrer Barrierefreiheit bewerten kann. Das ermöglicht mobilitätseingeschränkten Menschen, sich freier in ihrem Umfeld zu bewegen und neue Orte zu besuchen, ohne das Risiko einzugehen, dort auf Hindernisse zu stoßen.

Das Markieren der Orte in der Karte macht Leon eher nebenbei. Er registriert, ob Cafés behindertengerechte Toiletten haben, oder Läden und Verkehrsmittel für ihn problemlos nutzbar sind und trägt diese Informationen in die Karte ein. Manchmal geht er auch gezielt los, wenn ihn etwas besonders interessiert.

Weltweit gibt es in der Wheelmap über eine Millionen Einträge und täglich kommen etwa 300 neue hinzu. So stricken viele Engagierte daran, dass das Netz der Informationen immer dichter wird. Häufig sind das einfach Menschen, die die Wheelmap nutzen, und so auch ein Interesse daran haben, dass sie immer detaillierter wird. Auch für Menschen mit Rollator oder Familien mit Kinderwagen hilft die Karte, Wege und Unternehmungen zu planen. „Hannover ist, was Barrierefreiheit angeht, schon ganz gut aufgestellt“, so Leon.

Als Wheelmap-Botschafter spricht er oft Leute auf der Straße an, die das Projekt häufig noch gar nicht kennen und sich über diese Initiative sehr freuen. Denn – was Nichtbehinderte sich oft nicht klar machen – einfach Ausprobieren geht nicht. „Es ist sehr frustrierend, wenn man etwas plant, und dann funktioniert das nicht.“ Leon Amelung stieß auch schon auf hohe, für ihn unüberwindliche Türschwellen, nachdem er sich zuvor extra telefonisch erkundigt hatte, ob das Geschäft für Rollstühle zugänglich sei, was ihm zugesichert wurde. „Das ist Unwissenheit“, so Amelung, „eine Stufe über 7 Zentimeter Höhe ist für Rollstuhlfahrer zu hoch, da kommen sie nicht drüber. Elektrische Rollstühle kann man oft auch über niedrigere Schwellen nicht manövrieren.“

Die Wheelmap funktioniert mit einem Ampel­system: Grün bedeutet voll rollstuhlgerecht, keine Stufen, alle Räume können genutzt werden. Gelb bedeutet, die Stufen sind unter 7 Zentimeter hoch, die wichtigsten Räume sind erreichbar. Rot bedeutet, es sind höhere Stufen oder Treppen und keine Rampen vorhanden. Zusätzlich ist immer angegeben, ob eine rollstuhlgerechte Toilette vorhanden ist, beziehungsweise, wie weit die nächste entfernt ist.

Leon Amelung schreibt Behörden an, damit sie die Wheelmap auf ihren Internetseiten verlinken. Er ist im Gespräch mit Interessenvertretungen, und zum Beispiel mit der Behindertenbeauftragten der Stadt Hannover. Er stellt Kontakt zur Landeschulbehörde her und erreicht, dass die „Wheelmap macht Schule“-Materialien an interessierte Schulen geschickt werden, die sich mit Inklusion beschäftigen.

Auch eine weitere Idee der Sozialhelden liegt Leon am Herzen: die Wheelramp. Das ist eine tragbare, klappbare Alurampe, die es ermöglicht, ein bis zwei Stufen auch mit dem Elektrorollstuhl zu überwinden. Eine Wheelramp kostet etwa 180 Euro und ist steuerlich voll absetzbar. Als Wheelmap-Botschafter macht Leon Amelung oft in Läden oder Cafés darauf aufmerksam, erlebt aber leider häufig, dass zwar gesagt wird „Oh ja, interessant, gebe ich weiter“, dann aber nichts passiert. „Oft komme ich an die Leute, die das entscheiden, nicht heran.“ Öffentliche Gebäude sind in der Regel sehr gut zugänglich, aber die Privatwirtschaft hinkt da erheblich hinterher.

Super findet er in Hannover zum Beispiel die Silberpfeil-Stadtbahnen der Üstra. Wenn er Bus fährt, versucht er Üstra-Busse zu nutzen, die elektrische Rampen haben. „In den Regio-Bussen muss der Fahrer aussteigen, das nervt. Natürlich ist es schön, wenn Leute hilfsbereit sind, aber wenn man die Hilfe gar nicht braucht, fühlt sich das noch viel besser an.“

www.wheelmap.org, www.wheelramp.de

Text: Annika Bachem


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