25 Tage, 320 Kilometer und nur ein einziges Paar Schuhe: Vor allem Letzteres war für Monika Tschosek schwer auszuhalten, denn die Choreografin und Entertainerin hat einen waschechten Schuhtick. Rund 200 Paare befinden sich aktuell in ihrem Besitz, von denen keines einen Absatz unter zehn Zentimetern hat. Für die Pilgerreise auf dem Jakobsweg hat sie ihre High Heels aber doch lieber gegen klobige Wanderstiefel eingetauscht – und diese Entscheidung keine Minute bereut. Seit Kurzem ist ihr „Pilgerbericht“, mit dem sie seit 2017 auf verschiedenen Bühnen auftritt, auch in Buchform erhältlich.
Es ist der erste Mai 2016: Gemeinsam mit einer Freundin bricht Monika Tschosek zu einer Reise auf, die ihr Leben verändern wird. Fast 20 Jahre lang hatte sie sich mit dem Gedanken getragen, eines Tages den Jakobsweg zu gehen – ein ambitioniertes Vorhaben für jemanden, der normalerweise auf Laufstegen und Bühnen unterwegs ist und für die schmucklose Funktionalität von Wandermode kaum ein Stirnrunzeln übrig hat. Deshalb beschließt die damals 57-Jährige für den Anfang nur den Teilabschnitt ab León anzugehen, der sie durch möglichst wegsames Gelände nach Santiago de Compostela und ans Kap Finisterre – „das Ende der Welt“ – führen wird. Trotz gründlicher Vorbereitung, zu der eine Shoppingtour in der Outdoor-Abteilung und eine Abschiedsparty mit viel Prosecco gehören, ahnt Monika Tschosek zu dem Zeitpunkt nicht, welche einschneidenden Erfahrungen sie auf ihrer Pilgerfahrt machen wird, die in erster Linie eine Reise in ihr Ich wird. „Ich war in der Mitte meines Lebens angekommen und wollte einfach wissen, was das Universum noch für mich bereithält“, sagt sie. „Auf dem Jakobsweg habe ich den Glauben an mich selbst wiedergefunden.“
Mit viel Selbstironie und Humor lässt Tschosek in ihrem ersten Buch ihre Erlebnisse auf Schusters Rappen Revue passieren. Denn die Suche nach innerer Ruhe und spiritueller Erkenntnis wird immer wieder durch skurrile Begegnungen unterbrochen – sei es mit anderen Pilgern oder Kriechtieren am Wegesrand. Der eigenwillige Reisebericht folgt dabei demselben Motto wie die Bühnenversion, mit der die Comedy-Preisträgerin seit zwei Jahren Erfolge feiert: Schräg aber geradeheraus. 1960 in Hannover geboren hat Monika Tschosek zunächst eine Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notargehilfin gemacht, bevor sie ihrer wahren Leidenschaft, dem Entertainment, gefolgt ist. 1985 gründete sie ihre eigene Showtruppe, mit der sie international auftrat, 1995 sogar am New Yorker Broadway. Als Choreografin arbeitet sie für diverse Dance-Ensembles und Modeschauen, unterrichtet als Tanzlehrerin und Motivationscoach Frauen ab 50 im Laufen auf High Heels und ist als Schauspielerin immer mal wieder im Fernsehen zu sehen.
Der pralle Terminkalender verhindert jedoch nicht, dass Tschosek mit Zweifeln und Lebensängsten zu kämpfen hat, denen sie dank ihrer Pilgerfahrt nun mit einem starken Selbstbewusstsein begegnen kann. „Das ist das Spannende: Die Veränderung des eigenen Wesens und der Seele beginnt, wenn man den Jakobsweg hinter sich gelassen hat.“
Wer die Autorin live mit ihrem Programm „High Heels auf dem Jakobsweg“ erleben möchte, hat am 23. Juni um 19 Uhr die Gelegenheit, wenn Monika Tschosek im Leibniz Theater auftritt. Das Ticket kostet 25,90 Euro, ermäßigt 21,90 Euro. Weitere Termine: 29. September und 24. November, jeweils um 18 Uhr. Infos unter www.surpriser1.de
Text: Anja Dolatta, Fotos: Monika Tschosek
„Ohne High Heels auf dem Jakobsweg.
Ein unterhaltsamer Pilgerbericht“
von Monika Tschosek
296 Seiten
BoD – Books on Demand, 2018
ISBN 978-3-7528-8093-9