Ein Romandebüt
Zugegeben, ein Debüt ist es nicht so ganz – bereits einige Zeit vor „Das stille Leben des Karl Rosenbaum“ hat der Autor Frank Domnick seinen hannoverschen Regionalkrimi „Schattenspiel“ im eher privaten Kreis unter die Leute gebracht. Zum Vortasten, zum Einsammeln konstruktiver Kritik. In seiner ersten Romanveröffentlichung geht es nun um die Begegnung zweier sehr unterschiedlicher Menschen: Karl Rosenbaum ist ein mürrischer, abweisender Mann am Ende seines Lebens, Stefan Koczinski ein aufgeschlossener Jüngling, der den älteren Mann gegen seinen Willen immer wieder in Gespräche verwickelt. Beide Figuren verbindet ein Geheimnis – das aber erst gegen Ende gelüftet wird.
„Man schreibt gerne über das, was man kennt und was man weiß“, sagt der hannoversche Autor Frank Domnick über sein in Hannover angesiedeltes Romandebüt – und fügt hinzu: „Es ist aber nicht vordergründig ein Hannover-Roman.“ Entstanden ist das Resümee eines stillen Lebens. Ermuntert und unterstützt hat ihn dabei der Schreibcoach Rainer Wekwerth.
Die Freude an der Literatur treibt Frank Domnick zwar schon seit Studentenzeiten um, aber es blieb zunächst bei Gedichtkalendern für den Bekanntenkreis sowie bei fingierten Geschäftsbriefen und Kurzgeschichten während seiner „ersten“ Karriere als Speditionskaufmann. Wirklich gebrannt hat Domnick, der immer schon Opernsänger werden wollte und auch begeistert im Schulchor gesungen hatte, aber für die Musik: Bereits neben der Ausbildung zum Speditionskaufmann hat er als Laiensänger im Chor am Bielefelder Theater mitgesungen, in den späten 80er-Jahren einen Operngesangsstudienplatz ergattert und es tatsächlich bis zum diplomierten Opernsänger gebracht. Seitdem steht er als Sänger und Darsteller für den Staatsopernchor Hannover auf der Bühne, leitet aber auch Opernhausführungen. Seine Bühnenerfahrung dürfte ihm nun auch bei seinen Autorenlesungen zugute kommen. Und letztlich hat ihn die Bühnenkunst wohl auch zur ernsthaften Schreiberei gebracht. Denn der Auftritt auf der Bühne produziert doch eher recht flüchtige Erfahrungen, die lediglich in der Erinnerung weiterleben. So reifte der Wunsch, ein vergleichsweise beständiges Werk zu produzieren: ein eigenes Buch.
Domnicks Figur Karl Rosenbaum braucht die Oper und das Theater, um in ihrem einsamen Leben wahrhaftige Gefühle ausleben zu können. Rosenbaum arbeitete aber bis zu seiner Pension in einem vergleichsweise bodenständigen Beruf als Goldschmied und Uhrmacher. Es ist der Besuch einer Luigi-Nono-Oper, die bei der Hauptfigur ein ungeahntes Aufgewühltsein auslöst und zu einem Zusammenbruch führt. Was folgt, ist die Rekapitulation des eigenen Lebenswegs zurück bis in die Kriegszeiten. Je stärker sich auch der junge Stefan Koczinski in Rosenbaums Leben drängt, desto mehr entfaltet sich vor den LeserInnen die Gedankenwelt des abgekapselten Sonderlings Rosenbaum – und seine von Entbehrungen durchzogene Vergangenheit. Diese Lebensgeschichte mit einem optimistischen Schluss zu beenden, der aber nicht in simplen Kitsch verfällt, war Domnick ein wichtiges Anliegen. „Das stille Leben des Karl Rosenbaum“ strebt keinem Heile-Welt-Szenario entgegen, trifft aber einen versöhnlichen Tonfall, der sich durch den gesamten Roman zieht, trotz aller Widrigkeiten des Lebens: die Kriege, die Krankheiten, die Verluste… und die Frage, für welche Dinge man zu kämpfen bereit ist. Auch Rosenbaum, der wie jedermann ein Produkt seiner Biografie ist, wird schließlich lernen, für seine Wünsche zu kämpfen.
Text: CK, Foto: Thomas Huppertz
Das stille Leben des Karl Rosenbaum
von Frank Domnick
BoD-Books on Demand, Norderstedt
316 Seiten
Taschenbuch
11,99 Euro