Musikalischer Leiter der Tonhalle Hannover
Sternzeichen: Waage
Andreas Burckhardt war einer der vier Studenten, die im Jahr 1985 den ersten Jazz-Studiengang an der Hochschule Hannover durchlaufen haben. Seitdem ist er für den Jazz unterwegs: Inzwischen als Saxophon- und Methodik-Dozent an der HMTMH, seit vielen Jahren als Dozent für die LAG Jazz und seit 2015 in kulturpolitischer Mission als deren 1. Vorsitzender. Mit der Tonhalle Hannover hat er 2013 das erste musikalische Trainingszentrum in Deutschland ins Leben gerufen und setzt hier ein neues pädagogisches Konzept des gemeinsamen Übens und Spielens unter professioneller Anleitung um. In der Tonhalle finden Jazzmusiker außerdem eine kleine, aber feine Bühne und die Szene einen Gastgeber, der für diese Musik brennt wie eh und je.
Ich bin zum ersten Mal in der Tonhalle und freue mich, dass ein Ukulele-Kurs zeitgleich zu unserem Gespräch stattfindet, sodass ich etwas vom Tonhallen-Geist mitbekomme. Andreas erzählt, dass hier außer den Saxophontrainings, die er leitet, zwei Combo- und Gesangstrainingskurse sowie eine Jazz-Session angeboten werden, und beschreibt mir die Grundidee des einzigartigen Musik-Übungsortes: „Ich nenne die Tonhalle ‚Musikalisches Trainingszentrum‘ und nicht ‚Musikschule‘, denn mein Konzept ist anders: Ich mache hier Gruppentraining, quasi wie im Fitnessstudio. Die Musiker kommen zu mir, damit ich sie 1 ½ Stunden musikalisch durchbewege. Wir machen hier also das, was keiner zu Hause freiwillig tut. Ich war lange Jahre Lehrer bei der Musikschule Hannover und 80 Prozent der Leute haben kaum geübt – dementsprechend geht es unglaublich langsam vorwärts. Dadurch bin ich auf die Idee mit dem musikalischen Training gekommen und habe das lange Jahre im FZH Linden gemacht. Und dann hat sich Ende 2012 ergeben, dass wir diese Räumlichkeiten mieten konnten. Das Konzept an sich setze ich seit 10 Jahren um und bin, glaube ich, deutschlandweit immer noch der einzige, der das tut. In der Musikpädagogik lebt scheinbar dieser Mythos, dass es nur so geht, dass man alleine zu Hause übt – ich stelle genau das Gegenteil fest. In der Gruppe können sich die Leute unfassbar verausgaben. Und ansonsten muss man sich auf die Wiederholungen einlassen, was auch in der Gruppe erstaunlich gut geht. Ich bin mehr denn je von diesem Konzept überzeugt und habe jetzt meine erste Lehrerfortbildung gemacht, damit das auch in den Köpfen der Musiklehrer ankommt.“
Auf die Tonhalle als Musikbühne angesprochen, berichtet der Vollblut-Jazzer, dass es zu Anfang gar nicht geplant war, einen Veranstaltungsort aus der Tonhalle zu machen: „Die Anfragen wurden immer mehr, selbst aus Österreich und der Schweiz kamen welche – Musiker sind bereit, für einen Appel und ein Ei wer weiß wie weit zu fahren, nur um aufzutreten. Das Potenzial an kreativen Leuten, gerade im Jazzbereich, ist unheimlich groß, da gibt es unfassbar viele – auch junge – Jazzmusiker, die richtig gut sind. Und die Schere klafft unheimlich auseinander zwischen Musikern, die spielen wollen, und Orten, wo sie spielen können.“ Die Tonhalle bietet mit ihren 60 Zuschauerplätzen einen perfekten Rahmen für ein Jazzkonzert, aber – und da sind wir beim nächsten Dilemma – die sind selten voll. „Wir hatten das große Glück, zwei Jahre lang die Spielstättenförderung von der Initiative Musik zu bekommen, damit konnten wir wenigstens ein paar Garantiegagen ausrufen, egal wie gut die Konzerte besucht waren. So viele Konzerte nur über den Eintritt zu finanzieren, das gibt das Publikum einfach nicht her. Da wir dieses Jahr keine Förderung bekommen, mussten wir drastisch reduzieren von 80 Konzerten im letzten Jahr auf vier Sonntags-Konzerte im Monat. Aber wir sind im Gespräch mit dem Kulturbüro Hannover wegen einer Förderung der Tonhallenkonzerte – hoffen wir, dass da was Gutes passiert.“ Bisher haben die Tonhallen-Mitglieder (inzwischen ganze 107 an der Zahl) alles allein gewuppt und das Ammenmärchen widerlegt, dass Kultur immer ein Minusgeschäft ist. Dass sich ein Musikort trägt, das würde der 59-jährige Jazzbotschafter gerne im großen Stil beweisen: „Meine Vision ist ein Fitnesscenter für Musik in Hannover. Wo man möglichst viele Instrumente lernen kann, wo es Übungsräume gibt, in denen man alleine üben kann, aber eben auch zusammen. Seit zwei Jahren sitzen wir an dem Konzept zum ‚House of Music‘, das Coworking von Profis mit dem Üben von Bands und Musikern verbindet. Ein offenes Haus, wo man jederzeit reinkommen kann, wo die Studenten tagsüber Sessions machen. Auch eine Kombination mit den bildenden Künsten wäre absolut in unserem Sinne. Nun ja, das steht alles ansatzweise in der Bewerbung zur Kulturhauptstadt mit drin… Aber: Ein wichtiger Punkt der Bewerbung ist die Bürgerbeteiligung, von daher ist momentan alles offen. Wenn die Politik uns unterstützen würde, würden sich die Kreativen und die Musiker jedenfalls auf so eine Möglichkeit stürzen wie sonstwas, denen richtig zuarbeiten, jede Menge selber auf die Beine stellen und eine tierische Energie mitbringen.“ Und dann würde man – wie im Jazz – eben aus dem, was da zusammenkäme, das Beste machen.
Anke Wittkopp
Jubiläums-Konzert der Tonhalle Hannover
Markus Stockhausen und Florian Weber – Inside Out
14. April, 19.30 Uhr
Markuskirche Hannover
Workshop
Arrangieren für Bläser – leicht gemacht
7. April, 10-17 Uhr
Tonhalle Hannover
Workshop für Saxophon und andere Blasinstrumente
2.-9. Juni
in der Toskana