Die Vi(e)tal-Küchen-Philosophie des neuen Restaurants Vietal Kitchen zielt laut Karte auf einen entspannten Lifestyle ab, der zu bewusstem Genuss aufruft. Dazu beitragen sollen ostasiatische Gerichte mit einem hohen Rohkost-Anteil, schonende Zubereitungsprozesse und Superfoods. Der Clou allerdings ist die Kombination all dessen mit Elementen aus der französischen Kolonialzeit.
Die optisch interessante Fusion vietnamesisch-kolonialfranzösischer Charakteristika beginnt mit dem typischen Holzkarren, der einmal vor dem Lokal parkt und sich ein weiteres Mal als Acht-Personen-Tisch im Gastraum wiederfindet. Hier ist er mit Kochbüchern und Pflanzen dekoriert, die sich zudem üppig im Raum verteilen. Anmutig mintgrüne Lamellenfensterläden an den Wänden und kunstvoll verzierte Tische runden das Kolonialstil-Flair ab und schaffen eine entspannende Atmosphäre. Der Blick in die Karte lässt feststellen: Stilgerecht wird neben französischen und deutschen Weinen Champagner angeboten, der Schwerpunkt aber liegt auf Vital-Drinks wie Trinkkokosnuss, Kräutertees und hausgemachten Limonaden.
Witzig: Klassische Cocktails werden hier „asiatisiert“ vorgestellt; der „Mandarin Sour“ kommt z.B. mit Gin, Kumquat, Eiweiß, Mandarinenlikör und Limettensaft als sonniger Gruß aus den Tropen daher. Da die Speisekarte sämtliche Zutaten der Gerichte auflistet, fällt es schwer, sich unter den zahlreichen Kreationen stimmige Speisen vorzustellen, sodass wir uns von der freundlich-vital umherspringenden Bedienung ihre Lieblinge empfehlen lassen. Und spätestens nach der Vorspeise haben wir vollstes Vertrauen, dass man hier nur ins Schwarze treffen kann, denn die Harmonie der Vielfalt herrscht auf allen Ebenen. Die gedämpften Edamame-Sojabohnen etwa zeigen sich als perfekter Snack – erstmal hand- oder mundgeknackt, sind sie ein zartes, mundschmeichelndes Erlebnis. Höchstes Suchtpotenzial birgt auch die Buddha-Rolle. Ein hauchdünnes Reisblatt umhüllt Wurzelgemüse, sautierten Saitan, Koriander- und Sesamblätter – dieser eingerollte Kräuter/Gemüsegarten ist Frische und Geschmacksvielfalt pur.
Die Hauptgerichte lassen uns weiter ins Schwärmen geraten: Das in Szechuan-Peffer marinierte Thunfischfilet ist hervorragend zubereitet; außen aromatisiert durch das scharfe Anbraten, innen naturbelassen durch die perfekte Garzeit. Gegrillter Pak Choi, kurz blanchierter grüner Spargel und Avocadosalat überzeugen solo oder in den vielen möglichen Gabelkombinationen, die Pfeffer-Austernreduktion verbindet alles zu einer harmonischen Komposition. Zwei weitere Kniffe lassen den Genießer noch während des Essens zum Entdecker und Tüftler werden: Eine rote Chilischote, bringt, wenn man möchte, den Happen in südostasiatische Schärfebereiche, unbehandelte Pfefferbeeren am Zweig wirken, wenn dem Bissen hinzugefügt, durch ihre ätherischen Öle geschmacksverstärkend und verändern das bereits erfahrene Geschmacksgefüge nochmals. Experimentelle Küche zum Selbermachen! Der zweite Hauptgang (aus der bis 17 Uhr erhältlichen Mittagskarte) wird nach einer vorzüglich schmeckenden, kupfergoldenen Gemüsesuppe gereicht. Im Curry-Eintopf, den ein frisches Kräutersalatbouquet sowie knackige Kerne und Sprossen zieren, fügen sich asiatische Erdgemüse und ein weicher, in Curry-Zitronengras-Kokosmilch geschmorter Tofu zu einem samtig-süßen, cremigen Geschmacksnervenstreichler. Schließlich lassen wir uns noch zu einem „Hanoi Mule“ überreden und davon begeistern, wie Reiswodka, Ingwerlimonade, Gurken und Limetten einen fruchtig-vollmundigen Geschmack kreieren, der uns vollends beseelt.
Text und Fotos: Anke Wittkopp
Lister Meile 46
30161 Hannover
Tel. (0511) 38877888
Öffnungszeiten:
So-Do 11.30-23 Uhr,
Fr-Sa 11.30-23.30 Uhr