Julia Goehrmann und Gerhard Weber

Leitungsduo der Musical Factory Hannover

Hannover fehlt es an Musicals, fanden Julia Goehrmann (47) und Gerhard Weber (67). Mit ihrer neu gegründeten Musical Factory Hannover, kurz MFH, wollen die Schauspielerin und der frühere Landesbühnen-Intendant diese Lücke schließen und ab Ende September kleinere Off-Broadway-Produktionen auf die Bühne bringen.  

Wir treffen uns für unser Gespräch am Möbelhaus SofaLoft in der Südstadt. Es ist kurz vor zehn. Der Besuchereingang ist noch geschlossen. Julia Goehr­mann lächelt: „Ich hätte auch einen Schlüssel für den Mitarbeitereingang.“ Sie ist als Geschäftsführerin der Musical Factory aktuell nämlich fast täglich im SofaLoft. Nicht zum Möbelshoppen. Sondern weil die MFH-Eröffnungsproduktion, die Musical-Komödie „Non(n)sens“, hier am 28. September Premiere feiert. Dafür muss alles vorbereitet und geprobt werden.

Heute braucht Goehrmann ihren Schlüssel nicht rauszuholen. Sylvia Sobbek, die SofaLoft-Geschäftsführerin, schließt uns auf. Und wir machen es uns in der Café-Lounge bequem. „Das SofaLoft ist ein großartiger Ort für die erste MFH-Produktion“, schwärmt Gerhard Weber, der künstlerische Leiter der Musical Factory. Und zwar nicht nur, weil das Möbelhaus für ihn als (gebürtigen und wieder heimgekehrten) Südstädter nur vier Fahrradminuten entfernt ist. Das SofaLoft hat sich in den letzten Jahren als gefragter Veranstaltungsort für Kulturevents etabliert. Weber findet außerdem: „Als ehemaliges Fabrikgebäude passt es zu unserem Namen Musical Factory.“ Und Goehrmann strahlt: „Wir wurden hier mit unserer Idee einer Musical-Produktion mit offenen Armen empfangen.“ Das ist inzwischen schon ein bisschen her. Die erste Idee sei vor etwa anderthalb Jahren spontan bei einem gemeinsamen Abendessen entstanden, erzählt das Duo, das sich von der früheren Landesbühne Hannover kennt – hier war Goehrmann zu Webers Intendanz-Zeit (1998-2004) als Schauspielerin tätig.

In Hannover gebe es für kleinere Musical-Produktionen mit Kammerspielcharakter eine echte Marktlücke. „Das fehlt hier!“, waren sich Goehrmann und Weber einig, nahmen sich der Sache an und scharten ein Team aus professionellen Schauspielerinnen, Technikern und Musikern (unter anderem den bekannten Organisten Axel LaDeur) für die Auftaktproduktion um sich. Mit der amerikanischen Komödie „Non(n)sens“ von Dan Goggin starten sie mit einem der weltweit meistgespielten Musicals auf kleinen Bühnen. „Wir haben überlegt: Was lief bisher noch nicht in Hannover? Und – bei welchem Stück gibt es viel zu lachen?“ erläutert Regisseur Weber ihre Auswahlüberlegungen. In dem temporeichen Musical „Non(n)sens“, das 1985 in New York uraufgeführt wurde, landen fünf Nonnen unverhofft auf der Bühne und werden zu Protagonisten einer turbulenten Show. „Das Stück ist nicht nur sehr witzig, sondern musikalisch auch richtig gut!“, erzählt Goehrmann begeistert. Sie selbst steht bei den (mindestens) 48 geplanten Vorstellungen auch als Nonne mit auf der Bühne. „Nicht ganz einfach, das mit der Tätigkeit als Geschäftsführerin zu vereinbaren. Ein echter Spagat“, gibt sie zu, fühlt sich aber in diesem Fall sowohl auf als auch hinter der Bühne wohl.

„Ich wollte schon als Kind Schauspielerin und Sängerin werden“, erzählt Goehrmann, die ihr Schauspielstudium 1994 in Hamburg abschloss, „und auch wenn das Spielen für mich immer im Vordergrund stand, habe ich damals auch schon manchmal davon geträumt, mal ein eigenes Theater zu haben.“ Das eigene Theater in Form eines festen Hauses ist die Musical Factory noch nicht – und soll sie auch erst einmal nicht (sofort) werden. „Wir fühlen uns sehr wohl hier im SofaLoft“, sagt Goehrmann, „Wir wollen in kleinem Rahmen anfangen und streben auch nicht an, eine riesige Maschinerie aufzubauen, sondern weiterhin kleinere Off-Broadway-Musicals zu zeigen. Gerade die Intimität eines Raumes mit nur 200 bis 300 Sitzplätzen und den unmittelbaren Kontakt zwischen Bühne und Publikum finden wir reizvoll.“ Bis zu zwei Produktionen im Jahr soll es geben, jeweils mit einer Laufzeit von acht Wochen und möglichen Verlängerungen. Doch erst einmal ist die Musical Factory auf den Erfolg der ersten Produktion angewiesen. „Das ist kein Selbstläufer“, weiß Weber. Und auch Goehrmann ist realistisch: „Wir müssen die Menschen aktiv für unser Projekt begeistern – und auch unser Bankkonto im Blick behalten.“ Eines merkt man aber ganz deutlich: Die beiden brennen für ihre Musical Factory.

Interview und Text: Janina Martens

NON(N)SENS – Musical von Dan Goggin, Premiere am 28.09., Vorstelllungen bis 19.11.


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