Xavier Naidoo
Wenn sich Personen, die aus irgendwelchen Gründen im Interesse der Öffentlichkeit stehen, mal wieder einen Klops geleistet haben, frag ich mich immer: Wo ist deren Management? Konnte das nicht irgendwie verhindert werden? Haben diese Leute keine Freunde, die denen mal zwischendurch die Stirn auf die Tischplatte kloppen? Ich stelle mir dann gerne vor, ich wäre eine solche Freundin. Und zwar eine Gute! Selbstverständlich, schließlich wäre ich – wie fast alle meiner Mitbürger – auch eine ausgezeichnete Kanzlerin und ein sensationeller Bundestrainer. Wäre ich also zum Beispiel mit Xavier Naidoo befreundet, könnte ein kürzlich stattgefundenes Telefongespräch sich ungefähr so angehört haben:
Naidoo?
Heil, I bims, 1 Reichsbürger!
Illi, lass den Scheiß! Was gibt‘s?
Mensch, Xaverle, da hast du dir aber einen erlaubt. Junge, Junge!
Ich weiß nicht, wovon du redest.
Von dem Bock, den du geschossen hast. Mit dem Lied.
Na hör mal! Ich schieße doch nicht auf Böcke! Und es ist mehr als infam zu behaupten, meine Lieder könnten jemanden töten!
Och, du, der Gedanke kam mir durchaus schon öfter…
… und à propos Bock; im alten Ägypten war die Ziege ein heiliges Tier!
Kannst du vielleicht ein Mal dein klerikales Gesülze lassen? Das ist hier eine ernste Angelegenheit, ich möchte mit dir nicht über deine imaginären Freunde reden! Was habt ihr euch denn dabei bloß gedacht, Menschenskind? Wenn ihr einen solchen Song bei der Plattenfirma abgebt, müsst ihr doch damit rechnen, dass der veröffentlicht wird!
Aber Illi, deswegen machen wir das doch!
Habt ihr keinen Bock auf Fans, oder was?
Wieso?
Liegt doch auf der Hand, Xavier: Vor ein paar Jahren diese Rechtsaußen-Geschichte, jetzt diese Kasperei mit den Marionetten, zwischendrin immer wieder irgendwelche Gottheiten und was weiß ich … kannst du nicht einfach säkulare Popmusik machen wie alle anderen auch?
Nein!
Und warum nicht, bitteschön?
Das ist meine Mission.
Ich hab befürchtet, dass du sowas sagst. Pass auf: Demagogie ist out. Niemand hat mehr Bock, Hetzern zuzuhören. Okay, außer vielleicht Gangsterrappern oder so was. Aber machen wir uns mal nichts vor: Dafür reicht‘s nicht. Außer, du möchtest vielleicht jemanden k.o. beten oder so.
Ich weiß nicht, was das soll. Wie könnte ich denn rechtsradikal sein? Ich habe arabische Wurzeln! Und Südafrikanische auch. Und Papa stammt aus Sri Lanka. Das schließt sich ja wohl aus mit rechtsradikal und so.
Komm, hör auf. Du bist ein ranziger Nord-Badenser und dein zweiter Vorname ist Kurt.
Ich bin schwarz! Na gut, okay, ich bin braun!
Aha! Siehste? Nazilein, ick hör dir trappsen. Braun ist er, der Junge. Kuck an.
Doch nicht so, wie du jetzt denkst. Ich bin da ganz falsch verstanden worden. Und das ist unfair. Erst der Eurovision Song Contest, wo ich nicht mit hin sollte. Und letztens wollten sie mich bei diesem Festival auch nicht mehr so richtig haben … da bei dir irgendwo, Braunschweig oder so.
Hannover. Ich wohne in Hannover. Und hier war auch das Festival. Menschenskind, du hast es aber auch mit braun, was?
Illi, ich hab dir doch schon gesagt, dass…
Kurt!
… ich nun wirklich kein..
Kurt! Kurt, Kurt, Kurt!
Jetzt ist aber Schluss! Wenn das so wäre, warum habe ich dann die Tauschkonzerte in Südafrika abgehalten?
Wo denn sonst? In Mannheim vielleicht? Das will doch nun wirklich keiner sehen! Oder gleich um die Ecke, in Mutterstadt? Wär doch lustig. Dann hättet ihr nicht diese hässlichen Blumen verteilt, sondern stattdessen lieber ein paar schöne Mutterkreuze!
Jetzt wirst du geschmacklos!
Stimmt. Entschuldigung. Aber obwohl… wo wir gerade dabei sind, kennste den schon: Lieber Brüder in Stammheim als Söhne in Mannheim!
Illi!
Ja, Kurt?
Ich muss langsam Schluss machen. Kommst du zu meinem nächsten Konzert?
Hab ich da gerade „Kundgebung“ gehört?
Konzert! Ich habe Konzert gesagt!
Du solltest das r mehr rollen, klingt authentischer.
Nu is aber gut! Ich muss wirklich los.
Dann aber fix. Der gute Deutsche ist pünktlich.
Schon klar. Mach‘s gut.
So. Oder ähnlich.
Illi Hinzberg