… seit 34 Jahren im Team vom AllerWeltsLaden
In den aktuellen Verhandlungen um TTIP zittert Europa um seine Standards in Sachen Verbraucherschutz. Gleichzeitig zwingt die EU ostafrikanischen Staaten mit erpresserischen Mitteln das Wirtschaftsabkommen EPA auf, welches durch Billigimporte die Existenz von Kleinbauern und Familienbetrieben bedroht. Vor dem Hintergrund solch skandalöser Praktiken auf der globalen Wirtschaftsbühne machen es sich Weltläden zur Aufgabe, die moralische Verantwortung des Kunden aufzuzeigen und den Fairen Handel zu unterstützen. Der AllerWeltsLaden in der Limmerstraße tut dies bereits seit 35 Jahren und denkt noch lange nicht ans Aufhören. Das Gespräch geführt habe ich mit Ina Lüdecke, die im Oktober 34 Jahre dabei ist.
Die Idee für einen Verein AllerWeltsLaden e.V. entstand ursprünglich im Rahmen einer Projektwoche an der IGS Linden. „Danach wollten einige SchülerInnen und LehrerInnen ihr erwachtes Interesse an den Problemen in den sogenannten Entwicklungsländern auch außerhalb des Lehrplans weiterverfolgen und aktive Hilfe für gemeinnützige Projekte leisten“, erzählt Ina. „Es sind zwar nur noch wenige Mitglieder aus der Gründungszeit dabei, doch diese sind sozusagen mit dem Laden zusammen älter geworden und mit der Philosophie verwachsen.“ Durch den Verkauf fair gehandelter Waren aus verschiedenen Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas engagiert sich der AllerWeltsLaden dafür, die ProduzentInnen – Kooperativen, Genossenschaften und Zusammenschlüsse von KleinproduzentInnen – bei ihren eigenen Anstrengungen zur Verbesserung ihrer Lebenssituation zu unterstützen. Nach mittlerweile vier Umzügen hat der größtenteils ehrenamtlich betriebene Laden seit 2003 in der Limmerstraße 44 einen festen Platz gefunden.
Das Sortiment umfasst alle möglichen Produkte von Lebensmitteln über Haushaltsartikel bis hin zu Kunstgegenständen – garantiert aus fairem Handel: „Wir beziehen unsere Produkte von Importfirmen, die sich auf fairen Handel spezialisieren und mit den Nicht-Regierungs-Organisationen vor Ort in Verbindung stehen. Die Auswahl der Projekte, die durch unseren Verkauf unterstützt werden sollen, erfolgt dann nach bestimmten Kriterien. In diesem Projektpartnerausschuss sitzen auch Vertreter der Weltläden, die über die Kooperationen mitentscheiden.“ Auch der Faire Handel unterliegt gewissen Moden und Trends. „Im Moment wird das Thema Recycling bzw. Upcycling verstärkt von unseren Kunden nachgefragt und von uns entsprechend angeboten. Ansonsten haben wir eine ausgewogene Mischung aus kontinuierlich angebotenen Produktreihen und innovativen Neuheiten.“
Neben dem Verkauf der Produkte hat das Team des AllerWeltsLadens aber auch Informationen zu Herkunft, Inhaltsstoffen und Produktionsbedingungen immer parat, z.B. in Form von aufgedruckten Info-Zetteln direkt auf den Verpackungen, als Flyer oder auch mündlich beim Nachfragen am Verkaufstresen. Ein besonderes Informationsangebot bildet zusätzlich die im Laden integrierte Leihbücherei, die während der Ladenöffnungszeiten jedem zugänglich ist. „Wir halten Bücher zu Themengebieten wie Entwicklungspolitik, Welthandel, Weltwirtschaft, aber auch Flucht, Asyl und Migration bereit. Außerdem haben wir Romane, die von Autoren aus Afrika, Asien und Lateinamerika geschrieben wurden und über die dortigen Lebensbedingungen, Kultur und auch Probleme berichten.“ Der Bestand kann neuerdings auch in einem Onlinekatalog eingesehen werden, der mit der Website des AllerWeltsLadens verlinkt ist.
Das Informationsangebot geht aber auch über den Verkauf hinaus, z.B. finden Lesungen statt oder es werden im Rahmen der Fairen Woche ProduzentInnen-Besuche organisiert, bei denen Interessierte aus erster Hand mehr über die Betriebe und Produkte erfahren können. Im Jubiläumsjahr sind einige besondere Veranstaltungen geplant. „Am 18. Juni wird es vor dem Laden ab 12 Uhr ein kleines Fest mit Cocktails, einem Quiz und einer Geo-Caching-Tour zum Fairen Handel geben. Außerdem erwarten wir dazu die chilenische Musikerin Veronica Gonzales. Im Herbst organisieren wir eine Lesung der ruandischen Autorin Ether Mujawayo, die mittlerweile in Deutschland als Psychotherapeutin tätig ist und mit traumatisierten Flüchtlingen arbeitet. Und zur Fairen Woche haben wir am 17. September die Produzentenvertreterin Mona Bouazza von ‚Fair Trade Libanon‘ zu Gast. Es wird eine kleine Präsentation und Diskussionsrunde mit Probierhäppchen geben.“
Kurz nachgefragt …
Absolute Verkaufslieblinge?
Bei den Lebensmitteln Schokolade und Kaffee, ansonsten Tücher, Musikinstrumente und bunte Schalen aus Recyclingpapier.
Was macht am meisten Spaß?
Die Abwechslung bei den Aufgaben im Laden, die Vielfalt der Produkte. Auch die Kundschaft ist im Vergleich zu „normalen“ Läden viel freundlicher, interessierter und entspannter.
Die bisher tollste Aktion?
Im letzten Jahr haben wir die Preda-Akbay Theatergruppe von den Philippinen in den Ballhof einladen können. Preda verkauft Mangoprodukte, arbeitet aber auch an Alternativen zur philippinischen Sexindustrie und betreibt ein Trauma-Zentrum. Die Theatergruppe hat diese für uns so fern gelegenen Probleme auf eine authentische und berührende Weise auf die Bühne gebracht.
Wünsche für die Zukunft?
Dass der Faire Handel noch mehr ins Bewusstsein der Leute kommt und auch der Fair-Handels-Anteil am Konsum immer weiter steigt.
Limmerstraße 44, Tel. (0511) 210 88 87
30451 Hannover, www.allerweltsladen.de
Öffnungszeiten: Mo–Fr 10–14 Uhr und
14.30–18.30 Uhr, Sa 10–16 Uhr
Interview und Foto: Anja Dolatta