Felix Landerer

Choreograf
Sternzeichen: Waage

Schon während seiner Tänzerlaufbahn merkte Felix Landerer, dass er eigentlich lieber seine eigenen Ideen verwirklichen wollte und entwickelte erste Stücke für die Staatsoper Hannover und das Balé Teatro in Curitiba, Brasilien. 2006 wagte er ganz den Sprung in die Selbstständigkeit, choreografierte für Theater in ganz Europa und gründete 2010 die Landerer&Company in Hannover.

Schon während seiner Tänzerlaufbahn merkte Felix Landerer, dass er eigentlich lieber seine eigenen Ideen verwirklichen wollte und entwickelte erste Stücke für die Staatsoper Hannover und das Balé Teatro in Curitiba, Brasilien. 2006 wagte er ganz den Sprung in die Selbstständigkeit, choreografierte für Theater in ganz Europa und gründete 2010 die Landerer&Company in Hannover.

Ich treffe Felix in der Mittagspause zwischen den Proben. Zuvor habe ich schon ein wenig in den Entwicklungsprozess ihres neuen Stücks „Revolte!“ reinschauen können – die Proben dazu sind gerade in der heißen Phase vor der Premiere am 11. März angekommen. Für die Erarbeitung des Stücks haben Landerer&Company im Januar von der Stadt einen neuen Produktionsraum bekommen, und zwar die Kunsthalle auf dem Faustgelände. Die ist extra für das Ensemble hergerichtet worden und steht ihnen für sechs Monate im Jahr als Proberaum zur Verfügung. „Es ist ein lang bekanntes Problem, dass Hannover nur wenige Räume mit professionellen Probebedingungen für Tanzkompagnien bietet“, erklärt Felix. „Dass wir einen Ort bekommen, war meine Bedingung, damit wir weiter in Hannover bleiben.“

Kaum Probeorte oder ansässige Tänzer – im offiziellen Tanzjahr 2016 klingt das aber gar nicht nach der viel gerühmten „Tanzstadt“ Hannover. Felix ist mit diesem Titel auch nicht ganz einverstanden: „Natürlich gibt es die etablierten Veranstaltungen wie den Internationalen Choreografenwettbewerb und Christiane Winters Tanztheater International, für die Hannover steht. Aber das sind gerade mal 14 Tage im Jahr, wo abseits vom Opernhaus Tanz auf internationalem Niveau passiert.“ Was fehlt, seien stabile Bedingungen und ein ganzjähriges Engagement der Stadt, um eine wirklich lebendige Szene zu schaffen. „Das Interesse ist auf jeden Fall da, aber es braucht auch ein ‚sichtbares‘ Bekenntnis – zum Beispiel könnte man endlich das viel beschworene Tanzhaus bauen, von dem schon so viele Jahre die Rede ist. Aber in dem Fall bleibt‘s wohl nur beim Gerede“, unkt der gebürtige Hannoveraner.

Trotzdem ist Felix gern in Hannover, wo er mit seinen Lieblingstänzern arbeiten und ohne Vorgaben oder Zeitstress seine „eigenen Gehirnkonstrukte schmieden“ kann. Aber nicht nur hier, auch international ist der Name Landerer eine feste Marke, etwa für das Scapino-Ballett in Rotterdam, für das er seit 2011 als Hauschoreograph tätig ist. 6 Monate pro Jahr nimmt er außerdem auch Aufträge von Außen an – meistens für 20- bis 40-minütige Stücke, die Teil eines Theaterabends werden. „Für die Proben habe ich dann zwischen 5 und 9 Wochen Zeit, da ist effektives Arbeiten gefragt. Und man muss sich natürlich auf das ‚Material‘ des jeweiligen Ensembles einlassen.“

Dafür sind die Erfahrungen als Solotänzer, die Felix nicht zuletzt 2011 in seinem preisgekrönten Stück „Suits“ unter Beweis stellte, ein starkes Plus. Der Wechsel vom Tänzer zum Choreografen ging von da an fließend über die Bühne. Mit dem Credo „Ausprobieren und offen sein“ hat er sich über die Jahre ein eigenes Bewegungs- und Erzählvokabular zusammengetestet, doch selbst das ist nicht in Stein gemeißelt. „Nach mittlerweile ungefähr 40 Stücken habe ich zwar herausgearbeitet, was ich nicht mag, worauf ich verzichten will – weil es zu illustrativ ist, zu einfach, zu kompliziert – aber wenn ich merke, dass ich mit bestimmten Mitteln nicht weiterkomme, muss ich eben neue Wege beschreiten.“

Das Tanztheater als genreübergreifende Kunstform, in der sich zum Beispiel Multimediakomponenten, Gesang oder Pantomime zum Tanz gesellen können, bietet natürlich viele neue Wege. So hat die Truppe von Landerer&Company für die aktuelle Produktion „Revolte!“ den Schauspieler Christof Linder mit ins Boot geholt. „Mit Christof soll das gesprochene Wort in das Stück einziehen. Er soll als Erzähler eine Brücke zum Zuschauer schlagen und ihn auf Fragen stoßen, allen voran: Warum sitze ich hier um ein Stück namens ‚Revolte‘ anzuschauen?“ Von hochexplosiven Gruppentanzszenen bis hin zu empfindsamen Wutausbrüchen gegen den eigenen Körper werden die Tänzer nichts unversucht lassen, um das kaltblütige Publikum in Wallung bringen. Die wichtigste Zutat um erfolgreich aufzurütteln bildet für Felix dabei die eigene Verbindung zum Thema. „Es ist die Frage danach, was in mir vorgeht, wenn ich über Revolution nachdenke. Dann denke ich nicht an den Arabischen Frühling oder die Französische Revolution, ich denke an die ‚Resonanzen‘, die diese Ereignisse in mir erzeugen. Es geht mir darum, ein Thema ‚durch mich gefiltert‘ zu präsentieren. Über die Authentizität soll der Zuschauer dazu kommen, an sich selbst die Frage zu richten: Was muss passieren, damit ich auf die Straße gehe?“

Ab dem 11. März wird das rebellische Stück in der Orangerie Herrenhausen wüten – und mit ihm dann hoffentlich auch das Publikum.

Kurz nachgefragt

Kreatives Vorbild?
Videokünstler wie Chris Cunningham oder Jonathan Glazer, „physische“ Regisseure wie Stanley Kubrick.

Inspirationsquellen?
MUSIK, Film, Skulpturen, aber auch Objekte in Bewegung, im Fall, beim Drehen, beim Explodieren…

Hobbys?
Etwas mit meinen Freunden unternehmen, essen, Filme schauen, Blödsinn reden (ist unglaublich befreiend)

Dein Gedanke am Tag der Premiere?
Entweder: „Es kann nichts schief gehen.“ oder: „Es wird alles schief gehen.“

Dein Tipp für angehende Choreografen?
Probiert alles aus und verschließt euch nicht für neue Ideen, seid immer neugierig!

Interview: Anja Dolatta


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