Diese Selbsthilfegruppe ist anders: Hier gibt es keine klischeehaften Treffen in Klinikatmosphäre – im Gegenteil: „Wir wollen mit unseren Aktionen und Workshops Mut machen, den Krebs in den Hintergrund rücken und den Frauen schöne Momente bereiten“, erklärt Mareen Bongartz, Vorstandsmitglied des Pinke Zitronen e.V. Unter dem Motto „Lust auf Leben“ bietet der Verein Selbsthilfe 2.0 für junge Brustkrebspatientinnen.
2018 gegründet richtet sich Pinke Zitronen e.V. an junge Frauen mit Brustkrebs zu jedem Zeitpunkt der Erkrankung. „Eine Krebsdiagnose verändert dein Leben nachhaltig und wir fangen die Frauen jederzeit auf.“ Die insgesamt fünf Frauen aus dem Vorstand haben selbst in der Vergangenheit mit einer Krebsdiagnose umgehen müssen oder sind nach wie vor in Therapie. „Bei uns muss sich niemand verstellen, denn wir sitzen alle im gleichen Boot“, betont Bongartz.
Im selben Boot sitzen einige der Vereinsmitglieder wortwörtlich. Eines der sportlichen Angebote der Pinken Zitronen ist das Drachenbootfahren. Ansässig im Hannoverschen Kanu-Club von 1921 e.V. gibt es die Amateursportmannschaft, Pink Dragonistas, die in den vergangenen Jahren sowohl den deutschen Meistertitel geholt als auch Europa- und Weltmeisterschaften in der Pink Paddling Sparte gewonnen hat, und die Hannover Pinkx, eine Fun-Sport-Gruppe für Einsteigerinnen. „Drachenbootfahren ist nicht nur medizinisch gut für Brustkrebspatientinnen, weil es den Lymphfluss anregt, sondern hat auch eine tolle Symbolkraft“, schildert Bongartz, die selbst lange Zeit mit den Pink Dragonistas gepaddelt ist. Die Frauen beschäftigen sich mit den gleichen Thematiken, haben die gleichen Sorgen und Ängste und sitzen gemeinsam mit Gleichgesinnten im Drachenboot. „Du schaltest nicht nur alles andere aus, du empfindest auch ein extremes Gemeinschaftsgefühl und merkst, du bist nicht allein.“ Zusätzlich zu den zwei Paddel-Teams, gibt es die Lauf- und Walking-Gruppe Pink Runners und die YogaLemons. Außerdem wird die Möglichkeit geboten, an Tanzworkshops und am jährlichen Muddy Angel Run teilzunehmen. Abseits von ihren Sportangeboten gehen die Pinken Zitronen zusammen ins Upcycling-Bastelzimmer, ins Malcafé, zum Action-Painting, treffen sich zum Kochen oder Backen. Einmal im Monat kommen sie zum gemeinsamen Frühstück im Café Mezzo in der Oststadt zusammen.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Pinke Zitronen e.V. sind Enttabuisierung und Aufklärung. So sind die Pinken Zitronen bei Gesundheitsveranstaltungen oder allgemeinen öffentlichen Anlässen, wie Messen, stets präsent. Genauso wie die Unterstützung ihrer Mitglieder ist es für Pinke Zitronen e.V. sehr wichtig, „aufzuklären und dem Ganzen ein Gesicht zu geben“, so Bongartz, „wir wollen möglichst viele Menschen erreichen und über Brustkrebs informieren“.
Auch an die Kinder von Brustkrebspatientinnen wird bei den Pinken Zitronen gedacht. Die so genannten LemonKids sind Stärkungsgruppen, in denen Kinder und Jugendliche mit Gleichaltrigen und unter psychoonkologischer Betreuung zielgruppengerechte Workshops abhalten können. Zusätzlich gibt es gelegentliche Familienausflüge, um den Kindern eine Auszeit vom Alltag zu ermöglichen. „Wir waren schon zusammen im Wisentgehege und im Zoo, sind mit Hannover 96 und mit den Recken vernetzt“, berichtet Bongartz und erzählt, dass die Kinder beim Handball bereits Spalierstehen durften.
Regelmäßige Expertentalks über Zoom runden das Angebot des Pinke Zitronen e.V. ab. Hier halten Ärzt*innen Vorträge beispielsweise zur Entwicklung neuer Therapieformen, Anwält*innen klären Rechtsfragen und es wird auf tiefergehende Thematiken wie persönliche Anliegen der Frauen eingegangen. Darüber hinaus gibt es zwei WhatsApp-Gruppen: „Wir haben eine Info-Gruppe, in die wir vom Vorstand Termine und wichtige Infos schreiben, und wir haben eine ‚Sabbel-Gruppe‘, wo Frauen, die sich aktuell in Therapien befinden, reinkommen, wenn sie es möchten, um sich untereinander auszutauschen“, erklärt Bongartz. „Wir helfen, wo wir können, und jede kann sich aus unserem Angebot bei dem bedienen, was ihr guttut – alles kann, nichts muss“.
Laura Druselmann
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