Irgendwie haben die üblichen guten Wünsche zum neuen Jahr einen faden Beigeschmack bekommen in den letzten zwei, drei Jahren. Schon immer waren diese guten Wünsche meistens nur so eine dahingesagte Floskel, mittlerweile ist die Abwesenheit von „gut“ aber derart offensichtlich, dass die „guten Wüsche“ beinahe einen zynischen Unterton bekommen. Nichts ist gut. Und so, wie es aussieht, wird auch nichts mehr gut werden. Was soll man also mit den „guten Wünschen“ anfangen? „Alles Gute zum neuen Jahr“ ist realitätsfernes Geschwätz. „Alles Schlechte zum neuen Jahr“ ist dagegen eine wahrscheinlich ziemlich zutreffende Prognose.
Wir sind anscheinend doch nur Lemminge. Wir rennen und rennen blindlings immer weiter, um am Ende gemeinsam in den Abgrund zu stürzen. Wir verdrängen oder leugnen die Realität, wir glauben lieber an Märchen. Wir blenden aus, dass sich die Wissenschaft leider nicht irrt. Sie hat sich immer mal wieder geirrt, das ist eine Grundlage der Wissenschaft. Man irrt sich zu mehr Erkenntnis. Aber diesmal irrt sie nicht. Die Prognosen der Klimaforscher bestätigen sich mit schöner Regelmäßigkeit. Es gab nur einen Irrtum – wir werden schneller als erwartet die Rechnung bekommen. Und die Weltklimakonferenz in Dubai endet mit einem ambitionslosen Appell an die Staaten dieser Welt: Verabschiedet euch doch bitte demnächst von den fossilen Brennstoffen. Hurra! Ein riesengroßer, historischer Erfolg! Nicht!
Was hat man dort aufgeschrieben? Die erneuerbaren Energien sollen bis 2030 verdreifacht werden, der Fonds für Klimaschäden soll sich füllen, auch die Methanemissionen sollen sinken, die Landwirtschaft und der Lebensmittelsektor sollen beim Klimaschutz stärker berücksichtigt werden, die Netto-Null-Emission soll bis 2050 erreicht werden und man hat noch einmal das 1,5-Grad-Ziel bekräftigt. Wobei wirklich allen Beteiligten klar ist, dass das nicht mehr realistisch ist.
Unterm Strich muss man konstatieren: Auch diese Weltklimakonferenz ist krachend gescheitert. Man belässt es bei der freiwilligen Selbstkontrolle, bei vagen Formulierungen, bei guten Absichten auf dem Papier und man verschiebt ein bisschen Geld in einen Fonds, mit dem dann demnächst jene Staaten ein Trostpflaster bekommen können, die der Klimawandel zugrunde richtet. Man darf gespannt sein, in welchen Taschen dieses Geld versickern wird.
Von einem echten Umdenken weit und breit keine Spur. Keine Diskussion über einen ausgeuferten Kapitalismus, keine Diskussionen über die heilige Kuh des Kapitalismus, über das Wachstum, das immer weitergehen muss, weil der Kapitalismus nicht mehr funktioniert, wenn das Wachstum endet. Keine Diskussionen über die oft unheilvollen Mechanismen der Globalisierung. Klar, am Rande wird darüber gesprochen, Aktivist*innen warnen und mahnen, Wissenschaftler unterstützen die Argumente der Demonstrierenden mit reichlich Fakten – und viele Politiker*innen nicken zugewandt, außer es geht in Richtung Kapitalismuskritik. Da hört der Spaß sofort auf. Denn solche Diskussionen führen ja zu nichts, sie sind weltfremd, nicht realistisch. Man muss ja auch auf dem Teppich bleiben.
Und so sehen wir nach diesem Gipfel wieder in die entsetzen Gesichter junger Klimaaktivist*innen, die in einigen Jahren ausbaden werden, was die Teilnehmer*innen ihnen eingebrockt haben. Und fast bekommt man Lust, sich irgendwo ein bisschen festzukleben. Es muss ja nicht gleich eine Straße sein. Wobei, wenn man sich festklebt, egal wo, und links und rechts kleben sich noch ein paar mehr fest, dann ist man in Bayern inzwischen eine kriminelle Vereinigung und wird entsprechend verfolgt und bestraft. Also bitte aufpassen. Aber klar, die Klima-Kleber werden trotzdem weitermachen, auch in Bayern. Weil nach Dubai nur Frust und Fassungslosigkeit bleiben. Was keine Überraschung ist, sondern wirklich allen bereits Monate zuvor klar war. Vielleicht wäre es für das Klima besser gewesen, diese Konferenz einfach komplett abzusagen. Schade ist, dass wir im Stadtkind diesen Satz schon bei allen Artikeln zu vorherigen Klimakonferenzen so ähnlich aufgeschrieben haben. Wozu all die Flugkilometer, wenn am Ende sowieso nichts dabei rauskommt? Es ist leider, wie es ist: Es passiert seit Jahren nichts. Im Gegenteil, es wird immer noch schlimmer. Das Rad dreht sich eher in die andere Richtung, trotz aller Appelle und frommen Wünsche. Wir werden keine Klimaziele erreichen, wir werden zwei Grad erreichen, vielleicht drei Grad, vielleicht mehr. Wir lassen uns nicht aufhalten, wir machen über eher kurz als lang große Teile unseres Planeten unbewohnbar, mit allen schrecklichen Konsequenzen. Und dann hört man die Einlassungen diverser Politiker*innen zu den „mutmachenden“ Ergebnissen von Dubai und es verschlägt einem fast die Sprache. Was soll man dazu auch sagen? Alles Schlechte zum neuen Jahr!
POL