Editorial 2023-07

Liebe Leser*innen,

in dieser Ausgabe habe ich mit Peter Holik übers Veranstalten gesprochen. Das Fährmannsfest Nummer 40 läuft in diesem Jahr vom 4. bis 6. August – der Mann hat also ein bisschen Erfahrung. Peter ist eine echte Kante. Meinungsstark ist wohl die passende Beschreibung. Er hält sich nicht zurück oder scheut Konfrontationen, er hat seinen ganz eigenen Kopf und es geht gerne voll auf die Zwölf. Das gefällt mir sehr. Ich bin nicht mit allem einverstanden, was er im Interview ab Seite 52 erzählt und fordert, aber ich kann dennoch eine Menge unterschreiben. Und ich finde, wir brauchen dringend solche Köpfe in der Stadt. Köpfe, an denen man sich auch mal reiben kann, die Widerworte geben. Einig sind wir uns allerdings ganz klar in einem Punkt: Kürzungen u. a. in der Kultur, wie sie die Stadt Hannover momentan plant, darf es nicht geben.

Am 14. Juni 2023 haben hunderte Menschen auf dem Trammplatz vor dem Rathaus gegen die Sparpläne der Stadt demonstriert. Die Kosten für Energie, Ausstattung und Personal steigen und gleichzeitig will die Stadt knapp 6 Millionen Euro in den sogenannten „Freiwilligen Leistungen“ kürzen. Freiwillige Leistungen sind Kultur, Bildung, Sport und Soziales. Mit dem Haushalt 2025/26 soll der Rotstift angesetzt werden, bis 2027 will man dann schrittweise die Gesamteinsparung erreichen. Diese Pläne sind aus meiner Sicht schlicht eine Katastrophe, viele Akteure in den betroffenen Bereichen wird es hart treffen. Denn wenn du jemandem in die Tasche greifst, der ohnehin schon von der Hand in den Mund gelebt hat, dann droht das Aus. Man kann die Schraube nicht endlos weiter anziehen und darauf vertrauen, dass all die „Verrückten“, die für viel zu wenig Geld gerne viel zu viel arbeiten, einfach immer weitermachen, egal wie schlecht die Bedingungen werden. Irgendwann ist ein Punkt erreicht, an dem es einfach nicht weitergehen kann. Und wenn jetzt viele Vereine und Initiativen lautstark protestieren, dann sind das keine Klagen auf hohem Niveau, die man nicht so ernst nehmen muss. Es ist insgesamt ein Hilferuf. Es droht tatsächlich ein Kahlschlag. Ich hoffe, dass sehr bald die gesamte Stadtgesellschaft erkennt, was da auf der Agenda steht, und sich mit den Kulturschaffenden und allen anderen Betroffenen solidarisiert.

Ich finde es ziemlich hirnrissig, in Zeiten, in denen die AfD in Umfragen bei knapp 20 Prozent liegt und in Thüringen nun erstmals mit einem Landrat ein kommunales Spitzenamt besetzt, in genau jenen Bereichen sparen zu wollen, die in unserer Stadt für den sozialen Kitt sorgen. All die Vereine, Initiativen und Projekträume mit ihren vielen engagierten und oft ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen brauchen nicht weniger, sondern mehr Geld. Sie sorgen für Zusammenhalt, für Freundschaft, für Begegnung. Sie sorgen für all das, was aus meiner Sicht Gesellschaften resilient macht gegen rechte Tendenzen. Es kann doch nicht sein, dass man in Hannover diesen völlig falschen Weg geht! Was soll ich mit einer Veloroute, wenn mir am Ende des Weges der Verein fehlt? Ich hoffe sehr auf einen Sinneswandel im Rathaus! Vielleicht nutzt man ja die Sommerpause, um noch ein bisschen drüber nachzudenken …

Viel Spaß mit dieser Ausgabe!

Lars Kompa
Herausgeber Stadtkind  


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