The Jazz Defenders: King Phoenix
Der zweite Streich der Bristoler Jazz-Combo um Bandleader George Cooper bewegt sich zwischen klassischem, Bläser-getragenen Jazz der 60er-Jahre, breit orchestrierten Filmmusik-artig anmutenden Tracks und Bossa-Nova-Rhythmen. Gegründet aus der tiefen Liebe zu Blue Note Records heraus, transportieren die fünf, allesamt eigenständige Session-Musiker, diesen Sound mühelos.
Wet Leg: Wet Leg
Ein Debütalbum mit reichlich Vorschusslorbeeren, was die Zahl der Views der Single „Chaise Longue“ in den gängigen Portalen angeht, die dem britischen Duo ausverkaufte Hallen und Festivalzelte einbrachte. Rhian Teasdale und Hester Chambers haben mit und nach der Gründung der Band 2019 also alles richtig gemacht. „Ich wollte lustige Songs schreiben“, so Teasdale, „aber dann sickerte auch das Traurige durch.“
November Ultra: Bedroom Walls
Aufgewachsen mit spanischen und portugiesischen Eltern in Frankreich, fing sie schon als Jugendliche mit dem Songwriting an und wurde 2018 als Sängerin und Songwriterin des Indie-Trios Agua Roja entdeckt. Seit 2020 verfolgt sie ihren eigenen Weg, gilt bald als „Bedroom Pop Sensation“ und schlägt vor allem virtuell auf den gängigen Foren ein wie eine Bombe – nur watteweich und fluffig.
Theodore: The Voyage
Der griechische Komponist, Musiker und Multiinstrumentalist Theodore Polychronopoulos kombiniert elektronische und klassische Kompositionen und landet dabei irgendwo zwischen Ambient Post Rock und düsterem 80er Synth-Wave. „The Voyage“ ist ein atmosphärisch frei schwebendes Konzeptalbum rund um das Thema Weltraum, das in unseren dystopischen Zeiten eine optimistische Fluchthilfe sein soll.
Daniel Rossen: You Belong There
Er ist einer der Songwriter, Gitarristen und Sänger der US-amerikanischen Indie-Band Grizzly Bear und wollte nach 20 Jahren endlich einmal nur wie er selbst klingen. Der Multiinstrumentalist nahm Kontrabass, Cello, Holzblasinstrumente und natürlich die Gitarre mit an seinen neuen Rückzugsort, ein Haus in der Wüste von Santa Fe, um dort dieses vertrackte, hektisch-schöne und bezaubernd besungene Solodebüt aufzunehmen.
Playgrounded: The Death Of Death
Ein neues Album der griechischen, überwiegend im niederländischen Haarlem lebenden Progressive-Metal-Band um Sänger Stavros Markonis, der zudem ein preisgekrönter Filmkomponist ist. Elektronisch-düstere, basslastige Spannungsbögen werden immer wieder durch mehrstimmigen, melancholisch-melodiösen Klargesang aufgehellt, unterlegt von klickernd frickeligen Elektro-Rhythmen und brachialen Drums.
Samavayo: Payan
Das seit 2013 in dieser Form bestehende Berliner Stoner-Rock-Trio des iranischstämmigen Sängers Behrang Alavi und der Brüder Andreas und Stephan Voland hat sich für „Payan“, sein viertes Album mit einer illustren Schar an Studio-Gästen verstärkt: Igor Sydorenko (Stoned Jesus), Tommi Holappa (Greenleaf, Dozer), Nick DiSalvo (Elder) und Willi Paschen (Coogans Bluff) steuern hier den einen oder anderen ungewohnten Solo-Part bei. Hörbar sind nach wie vor Einflüsse von Kyuss, Led Zeppelin, Black Sabbath, den frühen Scorpions, Tool oder Queens of the Stone Age mit einer guten Prise Orient. Mehr als eine Prise ist es in „Talagh“, einem Cover eines 60er-Jahre-Popsongs der populären iranischen Sängerin Googoosh, das nicht nur das riesengroße Potential iranischer Musik zeigt, sondern vor allem das der Band, einen modernen, mitreißenden, heavy-düsteren Prügelsong daraus zu machen.
The Jeremy Days: Beauty In Broken
Mit ihrer 2019er, noch ironisch „The Unlikely Return“-betitelten Tour haben sie laut „Hier!“ gerufen und vor allem hochsympathisch ausgestrahlt, dass sie noch oder wieder einen Riesenspaß daran haben, gemeinsam nahezu in Originalbesetzung auf der Bühne zu stehen. Dabei wollten sie es wohl nicht belassen und schenken ihren Getreuen mit „Beauty In Broken“ 27 Jahre nach ihrer letzten Veröffentlichung wieder ein „Brand New Toy“. Das Schöne daran: Es gelingt den Hamburgern sehr entspannt, ein lupenreines Jeremy-Days-Album abzuliefern, ohne sich selbst zu kopieren. Jeremy Days 2022 ist hymnischer, intelligenter, phrasenarmer Gitarrenpop, getragen von Dirk Darmstaedters Lloyd-Cole-artiger Stimme, deren Wiedererkennungswert genauso hoch ist wie früher. Gar nicht so unlikely, dass hier bald wieder getourt wird, und very likely wird das richtig gut.
● Annika Bachem