Die Besetzung ist klassisch: Schlagzeug, zwei Gitarren, Bass und Vocals. „Es ist bei uns aber nicht alles auf einen Frontmann zugeschnitten“, betont Sänger Niklas. „Simon singt ebenfalls und Lukas schreit auch manchmal mit, jeder bei uns hat die Möglichkeit. Wir sind eine Band und nicht eine Hauptperson mit ein paar Leuten dahinter.“ „Das müssen wir beim Soundcheck immer dazusagen“, so Lukas, „dass bei uns nicht einfach nur ein Mikro laut sein soll.“
Auch die Songs schreiben die vier gemeinsam bei den Bandproben im Keller des ehemaligen Conti-Gebäudes in der Vahrenwalder Straße. „Oft singe ich spontan was und dann bauen wir den Song drumherum und später setzen wir uns noch mal dran“, erklärt Niklas. „Meistens jammen wir erst einmal“, ergänzt Lukas. „Keiner von uns bringt fertige Songs von zu Hause mit. Es geht uns schon um das gemeinsame Musikmachen.“ Gegründet als Modell Bianka haben die vier sich 2017 während ihres Studiums in Hannover, nachdem sie sich vorher zum Teil schon aus anderen Band-Konstellationen kannten. Sobald sie fünf Songs zusammen hatten, wurde aufgetreten, oft selbst organisiert und überwiegend im norddeutschen Raum. Inzwischen sind sie bis auf Niklas, der den Masterstudiengang „Populäre Musik und Medien“ in Paderborn absolviert, berufstätig und räumlich recht weit verstreut. Daher treffen sie sich nicht mehr ganz so häufig, dafür gern in Form von ganzen Probenwochenenden, an denen tagsüber Musik gemacht und abends gemeinsam gekocht wird.
Im Dezember 2021 haben Modell Bianka ihr Debütalbum „Kummerland“ veröffentlicht – und mussten das Release-Konzert, wenig überraschend, aber dennoch frustrierend, um Monate auf den 9. April verschieben.
Mit einem Dasein als Profimusiker liebäugeln die vier nicht: „Ich habe mal ein halbes Jahr bei Warner Music gearbeitet und gesehen, wie diese Strukturen funktionieren. Wir hätten keine Lust, uns sagen zu lassen, wie der Sound sein soll, damit die Fans nicht enttäuscht werden“, so Niklas. „So, wie es ist, mit unserem eigenen Label, das wir gegründet haben, klappt es ganz gut.“ „Dank der Online-Distributoren ist vieles leichter geworden“, erklärt Lukas. „Aber beim Herstellungsprozess von ‚Kummerland‘ haben wir auch gleich die Ups und Downs des Vinyl-Pressings kennengelernt, als auf einmal das zum Artwork farblich passend bestellte Granulat doch nicht da war. Aber Vinyl war uns total wichtig und passt dazu, wie viele Gedanken wir uns um den Aufbau des Albums und den Spannungsbogen gemacht haben. Daher wünschen wir uns, dass möglichst viele unsere Musik auch so hören.“ „Wir machen das alles mit sehr viel Herzblut“, beschreibt Niklas. „Zum Beispiel gehen wir selber in die Läden und bringen unsere Platten vorbei. Wir verschicken die Alben oder auch schön gestaltete Tickets selber und schreiben eine persönliche Nachricht dazu.“ „Unser Release-Konzert sollte ja im Dezember sein und musste verschoben werden“, erzählt Lukas. „Da hatten zwei Leute aus Berlin schon Tickets und den Zug gebucht. Wir haben dann gesagt: ‚Kommt halt trotzdem‘ und ihnen hier ein bisschen die Szene gezeigt und später zusammen gejammt. Das hat total Spaß gemacht. Aber so etwas geht natürlich auch nur, wenn man klein ist.“
„Lovepunk“ nennen sie ihre gitarrenbetonte Musik, die gut nach vorne und sehr gut ins Ohr geht, niemals beliebig wirkt und tatsächlich mit jedem Song ausstrahlt, dass hier Herzblut drinsteckt. Mit „Rocken am Brocken“ haben die vier im Sommer ihr erstes größeres Festival gespielt. Viel größer soll es im Grunde auch nicht werden. Wichtiger als Kommerzialität ist den Musikern eine gute Vernetzung in Hannover und die Stärkung regionaler Strukturen. So stammt das Artwork von „Kummerland“ von einem Künstler aus dem Projektraum „Tanke“ in der Südstadt. Die Szene zu unterstützen, ganz unabhängig von der eigenen Band, liegt Modell Bianka am Herzen. So sind sie zum Beispiel an der Organisation des KiezKultur-Festivals beteiligt, das im Herbst stattfinden wird. Jetzt sind die vier glücklich, endlich ihr Release-Konzert in der Faust spielen zu können und hoffen dann auf eine kleine Tour im September.
Abschlussfrage: Warum „Modell Bianka“, was der Titel eines DEFA-Films von 1951 ist? „Das war ein langer, schwieriger Prozess und ich kann mir gar nicht vorstellen, wie das erst sein wird, wenn ich mal einem Kind einen Namen geben muss“, lacht Lukas. „Letztlich ist es einfach die perfekte Balance zwischen ‚sperrig genug, damit man ihn nicht vergisst, aber auch nicht so abgefahren, dass man ihn nicht korrekt wiedergeben kann‘.“
● Annika Bachem, Foto: Felix Albertin
Release-Konzert für „Kummerland“ am 09.04., Faust, Mephisto, Beginn 20 Uhr.