Maryam Mohammadi von UFU e. V.

Der Verein „Unterstützerkreis Flüchtlingsunterkünfte Hannover e. V.“ – kurz UFU – hilft geflüchteten Menschen bei ihrem Start in Hannover. Gegründet 2013, hat sich hier ein großer Erfahrungsschatz in der Geflüchtetenarbeit angesammelt. Das zeigt sich in einer Vielzahl kluger und überaus sinnvoller Projekte, geleitet von engagierten Ehrenamtlichen. Eine von ihnen ist Maryam Mohammadi, die 2017 selbst aus Afghanistan fliehen musste und seit 2019 im Vorstand des UFU tätig ist.

„Wir haben von Anfang an versucht, uns möglichst breit aufzustellen“, berichtet Mit-Gründerin und Vorsitzende Renée Bergmann. „Anstatt in ein Heim zu gehen und dort zu helfen, haben wir Nachbarschaftskreise im ganzen Stadtgebiet aufgebaut, in denen Ehrenamtliche Geflüchteten in der Nähe ihres eigenen Wohnorts helfen, zum Beispiel bei Behördengängen.“ Als sich 2015 zahlreiche Menschen für Geflüchtete engagieren wollten, war es ein großes Glück, dass man auf das Know-how und die bereits geschaffenen Strukturen des Vereins zurückgreifen konnte. Über einen 2015 neu gegründeten Nachbarschaftskreis in Bemerode stieß der heutige Vorstand Frank Steinlein dazu. Damals schob er zunächst ein „Ordnerprojekt“ an: „Wenn Geflüchtete in einer Unterkunft ankommen, hat sich in der Regel ein Riesenhaufen Bescheide angesammelt. Allein schon sprachlich sind die meisten davon total überfordert, besonders, wenn verlangt wird, für Behördentermine einzelne Unterlagen vorzulegen. Wir sind also in die Unterkünfte gegangen und haben den Menschen geholfen, die Papiere strukturiert und übersichtlich abzulegen“, erklärt Steinlein. „Manche Familien bekommen jeden Tag Behördenbriefe, die sie nicht verstehen. Das macht natürlich Angst und Stress. Es ist also eine große Erleichterung, wenn da jemand Ordnung hineinbringt und Einzelheiten erklären kann“, ergänzt Renée Bergmann. Über dieses Projekt stieß auch Maryam Mohammadi zum Verein, der Frank Steinlein damals beim Übersetzen ihres Lebenslaufes half.
Maryam Mohammadi hat in Bochum studiert und einen Master in Wirtschaft und Management abgelegt, um anschließend in ihr Heimatland zurückzukehren. Von dort musste sie 2017 fliehen – und fand sich für drei Jahre in einer Geflüchtetenunterkunft wieder. Heute arbeitet sie hauptamtlich für den niedersächsischen Flüchtlingsrat. „Ich kenne die Situation der Menschen in den Heimen gut. Die Hoffnung, die man zunächst hat, und die Enttäuschung und Perspektivlosigkeit, wenn man erwartet hat, die Unterkunft nach ein paar Monaten zu verlassen, und dann zieht sich das jahrelang hin. Dort ist es eng, man teilt sich Bad und Küche mit Fremden, die oft einen völlig anderen kulturellen und sprachlichen Hintergrund haben. Sehr viele sind traumatisiert und haben psychische Probleme. Das alles führt natürlich zu Konflikten, die leicht eskalieren. So kamen wir auf den Gedanken, ein Berliner Peer-Mentoring Projekt, in dem Geflüchtete, die in Unterkünften leben, zu Streitschlichtern ausgebildet werden, zunächst als Modellprojekt in Hannover zu initiieren. Anfang 2021 liefen dazu erste Gespräche mit den Johannitern, die neben dem DRK Träger der meisten Geflüchtetenheime sind und sehr aufgeschlossen reagiert haben.“ Über die Heimleitungen von zwei Unterkünften fanden sich sofort Interessierte, die in den ersten Info-Veranstaltungen sehr aktiv und hoch motiviert waren. „In den Kursen trainieren die Freiwilligen, Vorurteile abzubauen und die Bereitschaft zu entwickeln, einander zuzuhören, unabhängig von Sprache und Kultur. Die Fähigkeit, die Perspektive wechseln zu können, ist das Wichtigste“, so Mohammadi. „Vorurteile gibt es ja nicht nur bei Deutschen gegenüber Ausländern, sondern auch bei den MigrantInnen verschiedener Nationalitäten untereinander. Hier ist interkulturelle Kompetenz gefragt, die natürlich erst einmal vermittelt werden muss. Wichtig ist, dass jeder zu Wort kommt und dass die Gespräche auf der gleichen Ebene stattfinden. Man findet gemeinsam heraus, wie es weitergeht. So ist es auch viel leichter, sich zu bewegen, weil man diesen Weg ja selbst erarbeitet hat. Es war beim Training toll zu sehen, wie zum Beispiel zwei afrikanische Teilnehmerinnen im Rollenspiel aufeinander zugehen konnten, die tatsächlich schon länger Streit miteinander hatten. Sie haben Verständnis füreinander entwickelt und sind Freundinnen geworden.“

  ● Annika Bachem

Für viele tolle und spannende Projekte ist UFU e. V. auf der Suche nach weiteren Freiwilligen. Wenn es das Pandemiegeschehen zulässt, trifft man sich zum UFU-Stammtisch mit Geflüchteten an jedem 2. Freitag des Monats um 18 Uhr im Café K.

www.uf-hannover.net


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