Nach Hannover kam sie, um Popular Music an der hiesigen HMTMH zu studieren. Jetzt möchte sie gar nicht mehr weg, ist gut vernetzt und hat die Stadt als perfekte Basis entdeckt für ihre Gigs in ganz Deutschland. Gerade hat sie ihre zweite EP „It’s Different Now“ veröffentlicht, Videos gedreht, das Release-Konzert gespielt und einfach viel um die Ohren.
Achtsamkeit und Entschleunigung sind zwei Themen, die sich durch die Texte der sechs sehr entspannten Soul- und R‘n‘B-Popsongs ziehen. Vieles, was hier auftaucht, hat natürlich mit der Pandemie und der erzwungenen Ruhepause zu tun, mehr noch spiegelt es aber die Entwicklung ihrer Persönlichkeit und der Art, wie sie ihre Musik schreibt, wider. „It’s Different Now passt einfach als Klammer für alle Songs auf der EP, weil ich mich inzwischen einfach anders fühle und anders denke als noch bei der ersten EP von 2020“, erklärt die Musikerin beim Gespräch in ihrem Lindener Lieblingscafé.
Schon als Fünfjährige hat sie gesungen, ganz ohne Druck oder musikalische Früherziehung, einfach wie Kinder das eben so tun. Als dann bald Klavierunterricht dazukam, lag das vor allem daran, dass ihre Schwester keine Lust darauf hatte, sie aber schon. Mit elf Jahren fing sie an, eigene Stücke zu schreiben, mit 13 stand sie zum ersten Mal auf der Bühne. Als Jugendliche konnte sie mit einer Soul-Bigband sogar international auftreten. „Eigentlich habe ich immer Musik gemacht und nie etwas anderes“, lacht die 25-Jährige und freut sich, dass ihre Eltern sie auf diesem Weg immer ermutigt haben, „das mit der Musik“ einfach auszuprobieren. „Keine Ahnung, was ich sonst gemacht hätte, vielleicht hätte ich jetzt einen Buchladen?“ Aufgewachsen ist sie in Bad Segeberg und wollte von dort aus eigentlich immer ins nahe gelegene Hamburg, bis sie von der Möglichkeit erfuhr, in Hannover Popmusik zu studieren. „Ich habe einfach ausprobiert, ob ich die Aufnahmeprüfung schaffe und es hat geklappt. Ich bin super dankbar dafür und habe vom Studium total profitiert. Allein wegen der Strukturen und Leute, die ich kennengelernt habe. Meine Musik schreibe ich eher intuitiv, dafür brauche ich nicht unbedingt Musiktheorie. Aber wie man produziert, davon zum Beispiel hatte ich vor dem Studium keine Ahnung, das habe ich da erst gelernt“, erzählt Bogat, die in der letzten Zeit zu viel zu tun hatte, um ihre Bachelor-Arbeit zu schreiben. „Nächstes Semester ist das definitiv dran“, lacht die Musikerin, die sich gar nicht mehr wie eine Studentin fühlt und diesen Lebensabschnitt zum Abschluss bringen möchte.
Lange fühlte Bogat sich wohl in einer fünfköpfigen Soulband, bis sie vor drei Jahren realisierte, dass es Zeit war, sich auf ihre eigene Musik zu konzentrieren. „Die Freiheit, ganz intuitiv meine eigenen Ideen umsetzen zu können, habe ich einfach gebraucht.“ Für ihre ersten Schritte als Solomusikerin waren EPs genau das richtige Format. Langfristig möchte Joy Bogat aber auch gern ein Album herausbringen. Neue Songideen hat sie schon wieder, freut sich jetzt aber erst einmal auf die kommenden Live-Auftritte, besonders auf ihre Tour im nächsten März. „Seit der Pandemie habe ich bis Juni eigentlich nur Streams gespielt. Aber dann hatte ich schöne Anfragen und habe zum Beispiel auch in Düsseldorf und Magdeburg gespielt. Das war richtig toll und ich habe jetzt einfach total Bock!“ Für Gigs hat sie verschiedene Set-ups und steht entweder alleine oder auch mit Band auf der Bühne, unterstützt von Instrumentals auf dem Laptop. „Mein Traum wäre irgendwann eine große Live-Band mit Backing Vocals, aber das ist natürlich teuer“, so die Musikerin, die ihren Lebensunterhalt durch einen klug zusammengestellten Mix aus Auftritten, Studiomusik-Beiträgen und der Mitarbeit bei einer Produktion des Staatstheaters bestreitet. „Synchronsprechen würde ich auch noch gern“, lacht sie. Gerade wurde auch mit Hilfe von Fördergelder aus dem „Neustart Kultur“-Fonds das Video zu ihrem Song „Sometimes“ abgedreht, das zeigt, wie sie den Song performt – im Meer stehend, ganz allein unter einem wilden Ostseehimmel. „Dieses Bild hatte ich schon lange im Kopf und wollte das unbedingt so machen“, erzählt die Musikerin. „Witzigerweise war an diesem Tag total viel los am Strand und wir mussten ständig Leute bitten, nicht ins Bild zu schwimmen.“ Auf die Frage zum Schluss, ob Joy Bogat ein Künstlername sei, lacht sie: „Das ist mein echter Name. Meine Mutter mochte, dass er Freude und Glück bringt. Jetzt passt er einfach gut.“ ● Annika Bachem