Auch das Kinder- und Jugendkrankenhaus Auf Der Bult bietet vielfältige Möglichkeiten, sich ehrenamtlich zu engagieren: Die Bult-Lotsen helfen zum Beispiel den oft aufgeregten und gestressten Familien, sich im weitverzweigten Gebäude des Krankenhauses zu orientieren. Besuchspaten versuchen, Kindern und Jugendlichen, die nur wenig Besuch bekommen, diese Zeit ein bisschen angenehmer zu gestalten, durch zuhören, vorlesen, singen, spielen oder einfach nur „da sein“. Es sind relativ viele Freiwillige, die für diese oder andere Aufgaben zur Verfügung stehen. Häufig wird unterschätzt, wie viel Arbeit es macht, dieses Potenzial in geordnete Bahnen zu lenken. Im KKH Auf Der Bult tut das die Ehrenamtskoordinatorin Helga Weber – ehrenamtlich, versteht sich.
Im Herbst 2020 wurde Helga Weber gefragt, ob sie diese Aufgabe übernehmen würde. Zustande gekommen ist der Kontakt durch ihre frühere ehrenamtliche Tätigkeit im Vorstand der Bürgerstiftung Hannover. Die ehemalige Lehrerin war schnell bereit, stellte aber fest, dass es zu diesem Zeitpunkt wenig zu koordinieren gab. Aufgrund der eingeschränkten Möglichkeiten während der Corona-Pandemie und aus Altersgründen waren lediglich vier Engagierte übrig.
Helga Weber, die im Schulleitungsbereich und später im Kultusministerium tätig war, sah es als Chance, das Ganze neu aufzurollen und das Ehrenamt im KKH Auf Der Bult auf eine gut organisierte, neu strukturierte Basis zu stellen. Sie besuchte die verschiedenen Stationen und Einrichtungen und informierte sich zunächst einmal über die Abläufe in einem solchen Krankenhaus, das einem riesigen Organismus gleicht. Vor allem führte sie eine Abfrage unter den Profis, den Pflegenden, Ärzten und sozialen Diensten durch: Welche Art von Unterstützung durch Freiwillige wünschen sie sich? Wo können diese sinnvoll eingesetzt werden, wo würden sie vielleicht sogar stören oder ein Sicherheitsrisiko darstellen? Aus diesen Gesprächen heraus, die sehr dankbar angenommen wurden, entwickelte Weber eine Organisationsstruktur in Absprache mit der Klinikleitung. Zusätzlich überlegte Weber, wie sie die Altersstruktur der Ehrenamtlichen verändern und auch jüngere Freiwillige gewinnen könnte. Kontakte zum Studiengang „Soziale Arbeit“ der Hochschule Hannover, dessen Studierende nach dem vierten Semester eigenständig ein Projekt durchführen müssen, führten zu einer Kooperation. So wollten sich zwei Studentinnen um den Einsatz eines Kaffeewagens kümmern. Bedacht werden mussten Hygienevorschriften und bestehende Kooperationsverträge des Krankenhauses mit Cateringfirmen. Nun aber rollt die „AnsprechBar“ und versorgt gestresste Eltern sowie das Pflegepersonal – alle, die nicht kurz mal in die Cafeteria gehen können – mit Getränken. „Ein schöner Beitrag für das freundliche, zugewandte Klima, das ich hier im Krankenhaus erlebe“, freut sich Weber. Eine weitere Idee entstand für das Epilepsiezentrum, in dem sich Kinder und Jugendliche mehrere Tage stationär für ein Langzeit-EEG aufhalten müssen. In dieser Zeit tragen sie am Kopf Elektroden für die Messung der Hirnströme, dürfen sich aber frei bewegen. Hier sind jetzt zwei Studentinnen eingebunden, die sich um die Kinder kümmern und so eine echte Entlastung für das Team darstellen. Auch für schon länger bestehende Ehrenämter im Kinderkrankenhaus wie den Besuchsdienst und die Bult-Lotsen wurden neue Ehrenamtliche gebraucht. Ein dazu in der HAZ angekündigter Info-Abend brachte einen ganzen Schwung von Freiwilligen, sodass tatsächlich eine Warteliste angelegt werden musste. In Kennenlerngesprächen und einem anschließenden Coaching werden die zukünftigen Bult-Lotsen und Besuchsdienstler nun auf ihre Tätigkeit vorbereitet. „Die Hauptamtlichen sollen durch die Ehrenamtlichen unterstützt werden, zum Wohle der Kinder. Darum geht es, und das trage ich wie ein Mantra vor mir her“, betont Weber. „Es ist ein großartiges und ein gutes Zeichen für den Zustand unserer Gesellschaft, dass sich so viele Menschen bei uns gemeldet haben.“ In Zukunft sollen regelmäßige Treffen der ehrenamtlichen MitarbeiterInnen stattfinden. Gelegentlich werden auch ÄrztInnen oder Pflegende daran teilnehmen. „Der Kontakt zwischen Haupt- und Ehrenamt ist sehr wichtig in so einem Gefüge. Man kann ja nicht einfach auf die Stationen stürmen, sei es auch noch so gut gemeint.“
● Annika Bachem