Tonträger im September

Thomsen: III
René Thomsen stellt im Hauptberuf mit seiner Firma Backline Rental Beschallungstechik und Instrumente auf die Bühnen Europas und ist, seit er einst in den 1980ern als Roadie anfing, aus der hiesigen Musikszene nicht mehr wegzudenken. Was er sonst so macht, mit den Jungs zum Beispiel, ist auf seinem dritten Album eindrucksvoll nachzuhören: Heavy Metal in bewährter Judas Priest-Manier.

 

 

 

Bayuk: Exactly The Amount Of Steps From My Bed To Your Door
Bands wie Bloc Party oder die düster-schöne Welt des Danger Mouse/Sparklehorse Albums „Dark Night Of The Soul“ blitzen hier auf. Es ist das zweite Album des Wahlberliners Magnus Hesse, der als einen seiner größten Einflussgeber den Regisseur David Lynch nennt. Dafür sind die Songs aber bei aller unterschwelligen Düsternis eigentlich zu schön.

 

 

 

Tora: A Force Majeure
Das dritte Album der australischen Elektroband, einer genre-fluiden Versammlung von Multi-Instrumentalisten, Songwritern, Produzenten und einem Goldkehlchen namens Jo Loewenthal als Leadsänger. Inspiriert von James Blake, Bon Iver oder Frank Ocean und der Tatsache, dass man Lockdown-bedingt zusammen in einem Amsterdamer Tonstudio isoliert war, liefern sie 11 strahlend frische Songs.

 

 

 

Slothrust: Parallel Timeline
Das Cover täuscht etwas anderes an, aber das fünfte der US-amerikanischen Band um Sängerin Leah Wellbaum ist in weiten Teilen ein waschechtes Rock-Album. Mit viel Raum für Improvisation operieren die ausgebildeten Musiker mit Hintergrund in Klassik, Jazz und Blues von schräg und wild bis fast kitschig. Beim genauen Hinsehen entdeckt man eine fette Motte unter dem Regenbogen.

 

 

 

 

John Carroll Kirby: Septet
Inspiriert von seinem für einen Auftritt zusammengetrommelten Septett, nahm der Jazzer mit dem untrüglichen Gespür für Groove live und innerhalb nur weniger Tage sein erstes eigenes Ensemble-Album auf – zusammen mit sechs Kollegen, klar. „P64 By My Side”, der schönste Track, ist benannt nach dem in Los Angeles heimischen Puma, der dafür bekannt ist, LA’s Autobahnen zu überqueren.

 

 

 

 

Villagers: Fever Dreams
Das 5. Studioalbum der irischen Band um Singer-Songwriter Conor J. O’Brian versammelt hypnotische, seltsam unscharf flirrende Popsongs mit Flaming Lips-Einschlag, unterlegt von locker hingetupften Bläsereinlagen. Mit „Circles In The Firing Line“ klingen etwas düstere, dissonante und sogar rockige Töne an, die sich aber bald wieder in der schräg-verträumten Grundstimmung verlieren.

 

 

 

 

Songs Of Boda: Garland
Was früher Country hieß, heißt heute Americana, zumindest sofern es einen künstlerischen Anspruch für sich reklamiert. Und dass man selbstverständlich auch als Schwede in diesem Genre zu Hause sein kann, zeigt der Songwriter Daniel Boda Skoglund aka Songs Of Boda auf das Allerschönste. Mit seinem Hintergrund als Musiker bei Daniel Norgren und Rambling Nicholas Heron setzt Skoglund 2015 mit seinem Debüt „Loophole“ zur Solokarriere an. Auf „Garland“, seinem vierten Album, sind es die mit „Millionen-Dollar-Harmonien“ sehr treffend bezeichneten Melodiebögen, die, mit charakteristisch knarzig-schräger Stimme vorgetragen, auf dem Grenzstreifen zwischen Kitsch und Klasse immer genau auf der richtigen Seite landen. Hier ist Platz für ein ausuferndes Saxofon oder eine wilde Basslinie und das „Erdige“ ist kein Dogma – die Rhythmusgruppe kann auch mal (scheinbar) vom Atari kommen.

 

 

A Kew’s Tag: Hephioz
Art-Rock meets Prog-Metal: Mit proggig-überdrehten Metalparts, frickeligen, virtuosen Gitarren und fordernden Rhythmen ist das dritte Album der Hannoveraner etwas für Leute, die Freude daran haben, sich nicht zu sehr einlullen zu lassen. Ihre Liebe zu (halb-)akustischen Gitarren zeigt sich schon im ansonsten unübersetzbaren, lautmalerischen Bandnamen, viel schöner aber im hymnischen Opener „T.R.U.T.H.“. Sie wandeln auf den Spuren skandinavischer Vorbilder wie Opeth und Haken oder, viel näher, The Hirsch Effekt. Aufgenommen im Magic Mile Studio, gemischt von Christoph Hessler (The Intersphere) und gemastert in Jens Bogrens Fascination Street Recording Studio (Opeth, Devin Townsend), erzählen A Kew’s Tag mit ihrem Konzeptalbum die der slawischen Mythologie entnommene Sage vom Feuervogel „Hephioz“.
 ● Annika Bachem


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