Wenn diese November-Ausgabe erscheint, dann fällt etwa zeitgleich am 28. Oktober die Entscheidung darüber, ob Hannover Kulturhauptstadt wird. Wir drücken natürlich die Daumen. Aber was, wenn Hannover doch das Nachsehen hat? Müssen wir dann alle erstmal ein paar Wochen in Sack und Asche gehen? Wir glauben nicht. Hannover ist aus unserer Sicht nämlich schon jetzt eine Hauptstadt der Kultur. Wir hatten noch vor ein paar Monaten in den Vor-Corona-Zeiten eine kulturelle Veranstaltungsdichte in der Stadt und Region, von der andere Gegenden in Deutschland nur träumen können. Und dass trotz schmaler Kulturtöpfe. Was ganz viel mit dem Herzblut der Kulturschaffenden zu tun hat. Man stellt noch mit dem schmalsten Budget oft Großartiges auf die Beine. Auf dieser Basis gedeiht unsere Kultur und sie entwickelt sich sogar ausgesprochen dynamisch und positiv. Beispielsweise in der Kunst sind in den letzten Jahren sehr viele neue und spannende Projekträume entstanden. Die Stadt hat sich in diesem Bereich entschlossen, mit der Gießkanne zu arbeiten, man hat mit 85.000 Euro vergleichsweise sehr, sehr wenig Geld in die Hand genommen, und dieses Geld einfach mal an einige Kulturschaffende im Bereich Kunst weitergegeben – mit ganz viel Vertrauen und Zuversicht, dass daraus etwas Positives wächst. Die Saat ist ganz wunderbar aufgegangen. Hannover hat heute eine starke und sehr lebendige junge Kunstszene. Das Gießkannenprinzip scheint also gar nicht so schlecht zu funktionieren, vielleicht sollte das Beispiel bei der Kulturförderung Schule machen.
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass hinter den spannenden und erfolgreichen Projekten in der Stadt sehr oft kleine, schlagkräftige Teams stecken, man kollaboriert, man vernetzt sich, man unterstützt einander. Das scheint ein Erfolgsrezept zu sein, man kann die Fähigkeiten bündeln. Einer kann vielleicht gut organisieren, der andere kennt sich mit Anträgen und der Bürokratie aus. Die allerdings ist auch in Hannover ein Problem. Unsere Verwaltung hat ein paar eklatante Schwächen, das muss man einfach so konstatieren, es wäre höchste Zeit, mal ein paar fragwürdige Abläufe und Hierarchien zu beseitigen. Es wäre darüber hinaus aus meiner Sicht sogar höchste Zeit für einen vollständigen Paradigmenwechsel hin zu einer „Ermöglichungskultur“. Man sollte dringend lockerer werden im Rathaus und die eine oder andere Verordnung gerade in diesen speziellen Zeiten mal in der Schublade vergessen. An vielen Stellen würde das motivieren. Einen Amtsschimmel, der durch die Stadt reitet und Kult-Kioske schließt, brauchen wir jedenfalls nicht. Das ist mehr als kontraproduktiv. Schluss damit! Verwaltungen sollten ganz grundsätzlich zuerst auf die Menschen sehen, für die sie arbeiten und von denen sie bezahlt werden, und erst danach auf die Paragrafen. Vielleicht trauen sich dann auch wieder mehr Menschen, Ideen zu haben in Hannover. Und aus meiner Sicht dürfen die ruhig ein bisschen größenwahnsinnig sein. Mehr dazu im Heft ab Seite 54.