Schwierige Zeiten – für alle

Schwierige Zeiten – für alle

Liebe Leserinnen und Leser,

Schwierige Zeiten – für alle. Das war für mich eine Erkenntnis der letzten Tage. Man hat in dieser Krise keine Exklusivrechte, man hat nicht als einziger Sorgen und Existenzängste, viele haben ähnliche und oft noch weitaus größere Nöte. Man kann jetzt nur hoffen, dass wir nicht nur alle gemeinsam Corona gesund überstehen, sondern dass wir auch wirtschaftlich einigermaßen durch diese Krise kommen, dass die versprochenen Hilfen tatsächlich rechtzeitig fließen.
Und man kann hoffen, dass wir alle aus dieser Krise lernen. Das Virus zeigt uns, mehr als alle Naturkatastrophen zuvor, wie fragil unsere Welt – zumal unsere weitgehend heile Welt hier in Deutschland – in Wirklichkeit ist. Und wie dankbar wir eigentlich sein müssen für die relativ ruhigen Jahre und Jahrzehnte, die wir vor Corona erleben durften.
Das Virus wird unsere Welt ganz grundlegend und nachhaltig verändern, auch wenn wir hier in Deutschland sehr wahrscheinlich vergleichsweise gut durch die Krise kommen werden. Wir werden in unserer globalisierten, engen Welt die Folgen noch Jahre spüren. Zumal es in anderen Staaten alles andere als gut läuft, beispielsweise in den USA, wo ein Präsident in den so wichtigen vergangenen Wochen auf ganzer Linie versagt hat, was ohne Zweifel zehntausende Menschen das Leben kosten wird. Auch so eine Lehre aus der Krise: In jenen demokratischen Ländern, in denen es die Populisten an die Spitze geschafft haben, läuft das Krisenmanagement besonders mies. Alle, die hierzulande in letzter Zeit ihr Kreuz in ähnlicher Richtung gesetzt haben, sollten über diese Tatsache mal ernsthaft und in Ruhe nachdenken. Zeit genug müsste jetzt zur Verfügung stehen.
Ich finde ganz generell, dass wir uns als Land, als Gesellschaft, bisher ziemlich gut schlagen. Natürlich gibt es die Unverbesserlichen, die Corona für Fake halten, die Partys feiern. Und es gibt jene, die rücksichtslos und egoistisch hamstern. Aber das sind Ausnahmen, die Idiotenquote bewegt sich absolut im erträglichen Rahmen. Die meisten Menschen bei uns gehen inzwischen sehr verantwortungsvoll mit der Krise um. Das hätte durchaus mal ein bisschen Applaus verdient. Überhaupt haben in diesen Tagen viele Menschen Applaus verdient. Wobei wir natürlich nicht am offenen Fenster applaudieren oder auf dem Balkon singen – wir sind ja in Deutschland, Pathos ist nicht so unser Ding. Aber ich glaube, dass all jene, die derzeit in den Krankenhäusern und in den Supermärkten arbeiten, alle die mithelfen, das Leben in Deutschland am Laufen zu halten, die nicht resignieren, sondern sich mit aller Kraft gegen die Folgen der Pandemie stemmen, sich darüber bewusst sind, dass wir alle ihnen jeden Tag mehrmals applaudieren.
Ich finde übrigens auch, dass unsere Politik in dieser Krise keine so schlechte Figur macht. Ich bin mit dem Krisenmanagement im Großen und Ganzen einverstanden und halte gar nichts davon, jetzt auf Teufel komm raus irgendwas zu kritisieren, weil man ja unbedingt immer irgendwas kritisieren muss. Die Gretchenfrage, die sich alle Kritiker mal stellen sollten: Würde ich es besser machen? Ich glaube, in so einer Krise kann niemand für sich in Anspruch nehmen, die absolute Wahrheit und den einzigen richtigen Weg zu kennen. Wir müssen uns da alle irgendwie durchtasten. Und dabei bitte nicht überdrehen. Nicht auf der einen und nicht auf der anderen Seite. Niemand hat beispielsweise die Absicht, unsere Freiheitsrechte dauerhaft zu beschneiden, solche Vermutungen gehören aus meiner Sicht ganz schlicht zu den zahllosen kursierenden Verschwörungstheorien.
Nun aber zu dieser Ausgabe. Das war ein ganz schönes Stück Arbeit. Wie plant man ein Stadtmagazin, das zu großen Teilen natürlich auch ein Kultur- und Veranstaltungsmagazin ist, ohne Kultur und Veranstaltungen? Es sind ja nicht nur vereinzelte Veranstaltungen ausgefallen. Alles ist ausgefallen. Ganz plötzlich. Wir haben uns entschlossen, unseren Veranstaltungskalender in dieser Ausgabe mit dem 20. April beginnen zu lassen, obwohl wir wissen, dass auch von den auf diesen Seiten genannten Terminen wahrscheinlich kaum etwas übrigbleiben wird. Aber so ein bisschen Optimismus hat ja noch niemandem geschadet. Wir haben darüber hinaus auch ein paar unserer üblichen Kulturseiten erhalten, um zumindest schon mal anzukündigen, was demnächst dann hoffentlich nachgeholt wird. Und dann haben wir uns überlegt, dass es in diesen Zeiten möglicherweise ganz schön sein könnte, ein Stadtkind mit ganz viel Lesestoff zu haben. Also haben wir für Lesestoff gesorgt und aus den ersten Jahren Stadtkind in dieser Ausgabe viele Geschichten versammelt, neu aufbereitet und überarbeitet, gelogen und wahr, versteht sich. Wir hoffen, mit unserer kleinen Sammlung ein schöner Zeitvertreib zu sein in dieser schweren Zeit.
Ach ja, wer den Stadtkind Verlag unterstützen will, denn natürlich sind auch bei uns die Umsätze radikal eingebrochen, der bestellt am besten ein Abo. Kostet nur 22 Euro im Jahr und hilft ganz direkt!

Gesund bleiben und viel Spaß mit dieser Ausgabe!


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