Moderne Zeiten!

Aus der Rubrik „FUßBALL“

Warum ist das Stadtkind das beste Magazin überhaupt? Bestimmt wegen der guten Berichterstattung rund ums Geschehen in unserer Stadt und natürlich auch wegen der spitzfindigen Gesellschaftsbetrachtungen von Hartmut El Kurdi. Aber das wirklich Beste an Hannovers führendem Stadtmagazin ist das geduldige Hinterherlaufen des Chefredakteurs und Herausgebers hinter seinem ordentlich verpeilten 96-Kolumnisten.

Am Nachmittag des 21. März (einen Tag vor Druckbeginn) bekomme ich erst einen Anruf, dann eine SMS, dann eine E-Mail, dann noch einen Anruf, diesmal von der Firma, bei der ich arbeite. Dumm nur, dass ich gerade in Manchester weile. Dort erreicht mich aber nun meine Arbeitskollegin, die mich bittet, dringend Lars Kompa anzurufen. Das erledige ich natürlich sofort und bekomme dann (mit wohlgemerkt noch immer ganz sanfter Stimme) die absolut letzte Deadline mitgeteilt, den 22. März bis 10.00 Uhr. Okay, jetzt ist Action angesagt. Die ganze Kolumne als SMS ins Handy tippen? Keine Alternative für einen Mann in seinen besten Jahren. Ein Internetcafé suchen? Manchesters Business-Yuppies halten sich im Starbucks sitzend die Bäuche vor Lachen. Dann kommt mein mitreisender Neffe auf eine sensationelle Idee. Wir gehen in Manchesters größte, öffentliche Bibliothek und ich sehe den großen Computerraum, dann den Infoschalter. „I need a computer for maybe an hour to write something and send it away via e-mail…“, holpert es aus mir heraus. „It’s only for libary members”, sagt eine freundliche Frau und zeigt mir die dazugehörige Plastikkarte.

Jetzt bin ich also Member in Manchesters Hauptbibliothek mit dem gleich entrichteten Jahresbeitrag von 15 Pfund (da kommen wieder immense Kosten auf den Herausgeber zu, Anm. der Redaktion). Dazu gibt es noch die Information, dass ich keine Bücher aus der Bibliothek mitnehmen darf, weil ich ja Ausländer bin. Geschenkt. Und jetzt sitze ich hier also mit ca. 100 eifrigen Studenten und Wissbegierigen und bin froh, dass der Chefredakteur mich erst so spät erreicht hat. Denn am Vormittag war ich in Old Trafford, der Heimstätte von Manchester United, eigentlich ein Tempel für Fußballfans. Aber was ich sah, war der totale Ausverkauf unseres Lieblingssports. Der Fanshop war gefühlt halb so groß wie das sagenumwobene Stadion und allein der Kassenbereich hatte die Dimensionen des gesamten 96-Fanshops. Neben 80 Pfund teuren Trikots gab es alles, was auch nur Platz für ein Manu-Branding bietet. Und als wir den Konsumtempel ohne eines der in China gefertigten Produkte verließen, grinste der ekelerregende Christiano Ronaldo von einer überdimensionalen Ehemaligen-Galerie zu uns herunter. Das passt, dachte ich mir. Der Eintritt zum stadioneigenen Museum mit Stadionführung hätte für mich und meinen Neffen übrigens gut 50 Euro betragen. What the hell!

Wenn das die Zukunft unseres Fußballs ist, wie ihn Martin Kind und andere Investorenfreunde sie für uns gerne hätten, haben wir als 96-Fans die Pflicht, das zu verhindern. Klar, die Ultras reagieren oft nicht geschickt und manches geht an der Sache und\oder dem guten Geschmack völlig vorbei, im Kern sind die Anliegen aber wichtig und aus meiner Sicht auch völlig richtig.


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