Das Erste, was einem auffällt: Martin Huch macht es einem extrem schwer, ihn nicht zu mögen. Ein wahnsinnig offener, sympathischer Mann – kein Wunder also, dass sich die schönsten Frauen für ihn ausziehen und Film- und Rockstars sich vor seiner Kamera entspannen. Auch wenn das Ergebnis atemberaubende Fotos sind, ist Martin Huch eigentlich kein Fotograf, sondern Musiker. Also lässt er in die Jahre gekommene Musiker nicht nur aussehen wie Sexsymbole, sondern auch noch gut klingen. Aktuell begleitet er Fury in the Slaughterhouse auf ihrer Geburtstagstournee zum 30jährigen Bestehen. Zuvor hat er mit Größen wie Carl Carlton, Reinhard Mey und Heinz-Rudolf Kunze gearbeitet, um nur ein paar zu nennen. Martin spielt Gitarre. Aber nicht nur diese Dinger mit dem Loch in der Mitte, die man sich um den Hals hängt – kann ja jeder. Seine Leidenschaft gilt den Lapsteel-, bzw. Pedal Steel-Gitarren, was er in der Zusammenarbeit mit den Furys voll und ganz zelebrieren darf.
Wie bist du an diese „Horizontalgitarren“ geraten?
Ich komme ja von der „normalen“ Gitarre und habe sowas wie Country-Musik total gehasst. Dann hörte ich aber Aufnahmen von einer amerikanischen Band, „Steely Dan“, die eigentlich eher fusionartiges Zeug gemacht haben. Aber auf ihren ersten Platten hatten sie eben auch Countryelemente, vor allem dieses Instrument Pedal Steel. Mich hat der Sound fasziniert, weshalb ich mich damit beschäftigt habe. In Deutschland sind solche Instrumente sehr schwer zu kriegen, aber ich habe Second Hand eins ergattert und erst mal dran herumgeschraubt. Als dann die ersten angenehmen Töne herauskamen, nahm das Schicksal seinen Lauf. Dank David Lindley, den ich in den 70ern live sah und der Lap-Steel spielte, fand ich dann meine zweite Leidenschaft.
Welches ist dein Lieblingsstück in der Sammlung und warum?
Es ist ja leider so, dass die meisten alten Instrumente zwar wunderschön anzusehen sind, aber oft suboptimal klingen. Durch meinen Job, ich arbeite u.a. ja freiberuflich für Duesenberg Guitars in Hannover, habe ich für die Company dann zwei Lap Steel-Modelle selbst designt. Ein weiteres, das ich mit Fury auf der Bühne spiele, ist eine vierhälsige Lap Steel, die man wie eine Trommel drehen kann, mit vier verschiedenen Tunings und Mensuren. Das ist ein Unikat, gibt‘s nur einmal auf der Welt. Hab ich mir ausgedacht und dann von einem Freund bauen lassen…
… und dir damit einen gewissen Ruf erarbeitet.
Mein Glück ist, dass ich eine gewisse Nische für mich gefunden habe. Gute Gitarristen gibt es in Deutschland tausende, aber ernstzunehmende Steel-Gitarristen gibt‘s vielleicht zehn – eher weniger.
Wie kam das mit der Fotografie?
Eines Tages sollte ich für Duesenberg, die ein Gitarrenmodell für Dave Stewart designt hatten, eine Werbeanzeige gestalten. Da der Künstler aber nicht in Deutschland war, hat ein Kollege in LA ihn nach meinen Vorgaben abgelichtet und ich habe daraus ein digitales Composing erstellt. In dem Fall also kein Fotografenjob, sondern eher der eines Digitalkünstlers. Als wir dem Künstler das fertige Bild zur Freigabe schickten, klingelte mein Handy, Dave Stewart war dran und sagte: „Das ist keine Duesenberg-Anzeige, das ist mein nächstes Plattencover.“ Und so geschah es dann auch. Ich persönlich fand das Bild ja eher mittelmäßig, aber ihm gefiel es anscheinend. Kurze Zeit später rief er mich wieder an, ich sollte für ein Projekt, das er gerade mit Joss Stone ausarbeitete, ein Frontcover erstellen. Die beiden haben sich anscheinend später überworfen, weshalb die Platte nie erschien, aber fürstlich bezahlt worden bin ich trotzdem. In den letzten Jahren habe ich allerdings den Photoshop-Exzessen etwas den Rücken gekehrt und bin mehr und mehr zur klassischen Fotografie zurückgekehrt. Sie ist und bleibt: The real thing!
Was muss man richtig machen, um jemanden wie Johnny Depp, Dave Grohl oder Robby Krieger ablichten zu dürfen?
Viel verdanke ich natürlich meinem Job, die Firma Duesenberg hat in den letzten Jahren international extrem an Bekannheit gewonnen. Und ich bin mittlerweile der Hausfotograf. Wenn man dann zu Konzerten eingeladen wird, bei denen die Künstler unsere Gitarren spielen, und man dann viele seiner Idole trifft, ist das schon spannend. Da sitzt Billy Gibbons neben mir auf dem Sofa, sieht meine Kamera und sagt: „Hey, was soll ich machen?“ – und dann macht man ein Shooting. Für Johnny Depp haben wir mal ein Signature-Modell gemacht, an dessen Design ich auch beteiligt war. Auf der NAMM-Show, der großen Musikmesse in Los Angeles, richtet Duesenberg immer eine Party aus, bei der es natürlich auch Musik von mehr oder weniger Prominenten Musikern und Duesenberg-Kunden gibt. Irgendwer kam dann auf die Schnapsidee, Johnny Depp einladen zu wollen. Und der sagte tatsächlich zu, er wolle mit „paar Kumpels“ vorbeikommen und spielen. Klar, Johnny, bring mit, wen immer du willst. Und dann stell dir unsere Gesichter vor: Soundcheck, Tür geht auf, Johnny Depp kommt rein. Da fällst du ja eh schon mal tot um. Die Kumpels stellten sich dann als Marylin Manson, Alice Cooper und Steven Tyler heraus, die auch echt auf unserer Party gespielt haben. Seither macht Johnny Depp das eigentlich jedes Jahr. Er spielt auch sehr gerne Lap Steel, obwohl er das nicht sonderlich gut kann. Eines Abends saßen wir nach dem Konzert in seiner Garderobe und er unterhielt sich mit unserer Chefetage über das Thema Lap Steel-Gitarren und hatte eine Frage. Die Chefs zeigten auf mich: „Frag den da, der hat das Ding entworfen!“ Und gegen ein bisschen Nachhilfe bekam ich dann ein paar schöne Fotos.
Wenn du zwischen Musik und Fotografie wählen solltest, könntest du? Und was wäre deine Wahl?
Musik. Ich bin Musiker. Klar ist das schön, andere Musiker zu fotografieren und Weltstars zu treffen. Es macht mich auch nicht gerade traurig, hübsche Mädels fotografieren zu dürfen, aber in erster Linie bin ich Musiker.
Du hast in ausverkauften Hallen gespielt und Menschen fotografiert, für die andere Fotografen ihre Großmutter verscherbeln würden. Womit kann man dich denn noch glücklich machen?
Ganz genau damit!
Kurz nachgefragt
Eine persönliche Lieblingsband … Buddy Miller (Country) aus Nashville, Gesang, Gitarre, Produktion – so würd ich‘s machen, wenn ich könnte.
Ein perfekter Sonntag ist … ein Familientag und das ist auch gut so. Unterm Sonnenschirm abhängen mit ‘nem Kopfhörer und einer Portion Erdbeeren mit Vanilleeis.
Mein Berufswunsch als Kind … war jedenfalls nicht Lokomotivführer. Erst mal nix und ab 14 dann Musiker.
www.martinhuch.de
www.duesenberg.de
Interview: UM
Fotos: Martin Huch; mit Wolfgang Niedecken: aus dem Archiv von Martin Huch