Wok‘n‘Joy

Erst Wok & Roll wie der Stand des (Gründer-)Vaters in der Markthalle, jetzt Wok & Joy – der vietnamesische Ableger in der Königstraße ist kein Imbiss, sondern ein Restaurant. Unter Bast-Lampen (die atmosphärisch auch den bambusbegrenzten Außenbereich aufwerten) strahlen dunkelgrau gestrichene Wände mit Schwarz-Weiß-Fotografien modernen Chic aus. Aus der offenen Küche kommen die landestypischen Köstlichkeiten, fast so zügig und günstig wie im Imbiss – Zeit für einen Geschmackstest im Schnell-Genuss-Restaurant.

Wir beginnen mit einer Champignonbrühe mit Tofu, Brokkoli, Koriander, Frühlingszwiebel und Zucchini. Der leicht seifige, dafür aber nicht ölige Gemüsefond souffliert den übersichtlichen Zutaten bestens, die geschmacklich gut arrangiert sind. Auch bei den gebackenen Weizenteigrollen (aka Frühlingsrollen) sind Geschmack und Knusprigkeit so, wie es sein sollte. Ein unbekanntes Versuchsobjekt, das frisch gedämpfte Hefebrötchen „Mr. Bao Bao“ weist eine dem deutschen Weizen-Brötchen-Inneren ähnliche Konsistenz von hoher Fluffigkeit auf, die eine saftige, schmackhafte Füllung umhüllt. Diese, so verrät uns der schüchterne, niedlich-beflissene Kellner, besteht aus zahlreichen Pilzsorten – ein heilsam-positiver Schock für die Pilzskeptikerin am Tisch und zweifellos der Gewinner unter den Vorspeisen! Der Merlot dazu schmeckt, wird aber abgehängt vom Sunny Sunset aus Zitronengras-Tee mit Limettensaft, Himbeeren und Chia-Samen: Eine süße, fruchtig-erfrischende Alternative unter mehreren Eistees und Shakes, die hier hausgemacht das übliche Blubberwasser ersetzen.

Beim Hauptgang zieht das Xao Xa Ot klar am Bun Nem Ha Noi vorbei. Der bunte Gemüsemix ist, mit frischem Zitronengras und Chili feurig-knackig gebraten, zu recht als scharf gekennzeichnet aber keineswegs aggressiv. Er löst exakt den richtigen Effekt auf der Zungenspitze aus, der von mildem Jasmin-Reis und lecker an Eierstich erinnernden Tofu sanft gelöscht wird. So bewegt ist das zweite Gericht leider nicht: Der Salat und die Frühlingsrollen auf Reisnudeln schmecken recht farblos, Dressing und Sojasauce sind zu dezent, um der Komposition eine ausdrückliche Note zu verleihen, trotzdem sich der Koch mit Röstzwiebeln, Sprossen und Erdnüssen nicht umsonst um kräftige Nuancen bemüht hat. Wahrscheinlich ist das Gericht erst mit der empfohlenen Unagi-(sprich: Aal) Sauce oder mit Rindfleischstreifen geschmacklich komplett. Aber auch fleischlos kann man satt und glücklich werden – vor allem, weil im Magen noch Platz für ein bis drei Desserts ist. Das Tiramisu schmeckt dem einen, die Mango-Minz-Creme der anderen besser, aber als klarer Liebling geht der Tarokuchen hervor. Warm auf einem Bananenblatt serviert, lässt er eine schleimige Konsistenz befürchten – weist aber stattdessen eine festem Grießbrei ähnliche Textur auf sowie eine vanillige, vollmundige Süße. Mit Mangosauce übergossen ergibt sich eine exotische Kreation, die wir zum Überraschungs-Sieger des Abends erklären. Kleines Manko: Dass die Hauptspeisen schon gebracht werden, bevor die Vorspeisen-Teller leer sind, hat einen drängelnden Effekt, der wahrscheinlich beim Mittagstisch (ab 11.30 Uhr und ab 6,30 Euro) angebracht, am Abend aber unnötig ist – zumal besagte Desserts und charakterstarker vietnamesischer Kaffee (mit Tassenfiltern und gezuckerter Kondensmilch zubereitet) zum Verweilen einladen.

Anke Wittkopp

Königstraße 24, 30175 Hannover
Tel. (0511) 34 08 34 18
Öffnungszeiten:
Mo-Fr 11.30-22 Uhr, Sa + So 14-22 Uhr


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