Joe Electric

„Ohne Message macht Musik für mich keinen Sinn“ – Für Joachim „Joe“ Bloeck, Singer-Songwriter der Rockband Joe Electric und waschechtes „Urgestein“ der hannoverschen Underground-Szene, ist ein Song ohne Aussage einfach nur langweilig. Nach gut 35 Jahren Konzerterfahrung mit mehreren Bands, Soloprojekten und Ausflügen in andere Stilrichtungen hat er sich stets lieber von Herausforderungen als vom Kommerz locken lassen. Mit Bassist Dirk Lankenau und Schlagzeuger Tobias Horn hatte er schon in der Mandra Gora Lightshow Society zusammengespielt, seit vier Jahren ist das Trio als Joe Electric vor allem regional auf Konzerten zu erleben.  

„Ich finde, jeder Song muss eine eigene Geschichte haben“, erklärt Joe. „Klar gibt es Musik, die klingt nett und zu der kann man einfach gut tanzen – aber wenn das Konzert zu Ende ist, hat man nichts von der Band oder der Musik in Erinnerung behalten. Man kann dieses ‚I Love You, You Love Me‘ halt nicht immer wieder neu besingen – nicht 35 Jahre lang.“

Für Joe Electric spielt die Massentauglichkeit ihrer Musik keine große Rolle. In ihrer Underground-Mentalität stehen Kompromisslosigkeit und Unabhängigkeit an vorderster Stelle, sich auf ein einheitliches Image oder feste Themen zu beschränken, ist nicht in ihrem Sinn. Stattdessen feuern sie mit ihren Songs mitunter gegen die Gesellschaft, so etwa in „Zombie Nation Germany“. „Text und Musik fliegen einem einfach zu. Manchmal sind die Ideen sogar etwas surreal und nicht unbedingt autobiografisch. Wenn dann eine Aussage dahintersteht, kann auch ein Außenstehender etwas damit anfangen.“

Seine ausgiebige musikalische Jugend hat Joe mit der hannoverschen Punkrockband Kuschelweich absolviert und damit heutigen Künstlern des Genres den Weg bereitet. In den 80ern tourte er mit ihnen als Support von Siouxsie and the Banshees durch Deutschland, Frankreich und Spanien. Doch schon bald probierte er sich auch auf anderen Gebieten aus: In den 90ern nahm Joe ein Pop-Album mit Tunematics auf. Zu der Zeit lernte er auch Dirk kennen, der damals zu der Rockband Stormage gehörte. Es folgte eine Phase der Soloauftritte, für die er sich auch mal einen Geiger oder Trompeter mit auf die Bühne nahm und mit jazzigeren Sounds herumexperimentierte. „Für mich war das wie ein Sprung ins kalte Wasser, so ganz allein auf der Bühne zu stehen. Aber mittlerweile hat auch das sich für mich ausgereizt und ich wollte unbedingt wieder als Band auftreten.“

Aber nicht erst seit der Gründung von Joe Electric im Jahr 2012 arbeiten Joe, Dirk und Tobias zusammen – zuvor haben sie in derselben Konstellation bereits bei dem altbekannten Psychedelic-Projekt Mandra Gora Lightshow Society von 2005 bis 2010 die Rhythmgroup gebildet. „Als man mich damals fragte, ob ich da als Sänger mitmachen wollte, habe ich sofort ein paar Konzepte für Songs hingeschickt. Die Realität sah dann später so aus, dass wir nur endlos gejammt und improvisiert haben, was für einen Songwriter natürlich eher langweilig ist. Außerdem geht es ziemlich an die Substanz, wenn man deutschlandweit tourt und jede Woche auf der Autobahn klebt.“ Deshalb haben die drei im letzten Jahr nur in der Region gespielt, dabei aber keine Top-Location ausgelassen: Lux, Kulturpalast, Stangeriede Stage. Nebenher liefen die Aufnahmen zu dem Mini-Album „We Are Not Alone“ – wobei dies nicht in einem professionellen Studio geschah. „Zum einen ist das unnötig teuer, zum anderen steckt hinter unserer Musik ja letztlich kein Mainstream-Gedanke oder ein fettes Label.“

Außerdem steht für Joe fest: Im Live-Spiel liegt die eigentliche Essenz des Musikmachens – besonders, wenn man ohne Schnörkel oder Showgehabe mit seiner puren Leidenschaft überzeugen kann. „Ein besonderes Erlebnis war da ein Auftritt im Kulturpalast. Wir haben einen Song gespielt, den ich einem kürzlich verstorbenen Freund gewidmet hatte. Das hat die Leute ehrlich ergriffen. So etwas kann man für die heimische Stereoanlage nicht produzieren.“

Bis heute ist Joe dem Underground treu geblieben. „Ich hatte nie Bock, Volksmusik zu machen – mich zu fragen, was die Leute hören wollen, und mich dann irgendwie anbiedern. Wenn man sich auf eine Rolle festnageln lässt, kann man damit vielleicht Geld verdienen, aber ich habe mir lieber immer Freiräume aufgemacht. So konnte ich mal deutsch singen, mal englisch, verschiedene Styles ausprobieren und musste mich niemals zum Weitermachen zwingen, wenn etwas langweilig geworden war.“ In diesem Jahr ist noch zwischen Oktober und Dezember ein Auftritt im Kulturpalast geplant.

Anja Dolatta

Weitere Infos unter www.joebloeck.de

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