Was erstmal wie der paranoide Angsttraum einer Legehenne klingt, ist in Wahrheit der Name einer ziemlich musikalischen Nestgemeinschaft: Dandoo, Eric, Jörn und Fernando sind vier gar nicht faule Eier. Nach Jahren des Brütens und der Stallhockerei, in der schon ein paar vielversprechende Singles das Licht der Welt erblickten, haben die Jungs im Februar nun endlich ihr erstes Album aus der Nestwärme hinausgeschickt. Mit „Get Laid“ beweisen die schrägen Vögel von Egg Bites Chicken hörbar, dass sie neben leicht verrückten Songs abseits von der Mainstream-Masche vor allem eins garantieren: jede Menge gevögelter Wortspiele.
Das Lege- beziehungsweise Gründungsdatum der Band liegt ein wenig im Dunkeln. Offiziell heißt es, es sei 2008 gewesen, so um Ostern herum. Unter den Bandmitgliedern ist man sich aber eher uneinig, ob es nicht vorvorgestern oder doch Freitag letzter Woche war. Auf diese Art von Genauigkeit muss man sich einlassen, wenn man etwas über die Entstehung ihrer Songs erfahren möchte. Denn so wird einem auch die Arbeitsteilung bei der „Brutpflege“ ihrer Musikstücke erklärt: „Jörn kritisiert sie, Fernando produziert sie, Eric schlägt drauf rum und Dandoo macht die Texte.“ Bei der Live-Performance wird die Sache dann ein bisschen durchsichtiger: Jörn-Jören Jörensön ist der Bassist der Rock-Formation, weigert sich aber strikt, seinem Instrument allzu tiefe Töne zu entlocken. Fernando A. Fach (Ex Viva) spielt die Gitarre und den Blickfang mit seiner braunen Lockenpracht. Eric Maurice Gauthier (Ex Terry Hoax) verfolgt als Schlagzeuger ehrgeizig das Ziel, während einer Performance seine Drums zu schrotten. Und Dandoo Rosenberg macht den Singvogel.
Dass die vier Nestflüchter kein ätherisches Frühlingsgezwitscher produzieren, ist offensichtlich. Ihren Stil beschreiben sie als einen ziemlich verwegenen Cocktail aus „drei Teilen Nirvana, Drogen und The Doors, viel Eierlikör, einer Prise Zappa und dazu einem Schuss – Wahnsinn.“ Mit dieser explosiven Mischung haben die Vier schon 2009 mit ihren Singles „Cry“ und „Minor Drinking“ einen Nerv getroffen und in Deutschland und Frankreich für Furore gesorgt. Mit „Minor Drinking“ schafften sie es in kurzer Zeit in die D.A.T.20 Charts und hielten sich mehrere Wochen in der Dauer-Playlist französischer Radiosender. Danach folgte im schnellen Nacheinander die Kür zur Band des Monats durch Deltaradio, NDR2 und Radio Fritz. Unter all dem Rückenwind starteten die nunmehr flüggen Hühner zu ihrem Debütauftritt im Sommer 2011 auf dem Open Flair Festival in Eschwege. Ihre Single „Cuba Libre“ mauserte sich daraufhin zum Sommerhit mit der melancholisch-ironischen Frage „Where is my Cuba Libre, Where is my Revolución?“ Kurz danach zeigte die Band ihren rebellischen Kampfgeist und der Schweizer Gesetzgebung einen dicken Vogel: Gegen das neue Rauchverbotsgesetz konterten die Jungs mit der zynischen Single „To Smoke is not Allowed“ und fanden beim schweizerischen Volk mit dem Slogan „The World’s on Fire but to Smoke is not Allowed“ mächtigen Anklang. Dabei geht es den Jungs – rauchfrei bis auf Dandoo – vor allem um die Bevormundung durch den Staat in einer persönlichen Entscheidungssache. Es geht eben auch darum, den Zuhörer – neben der Versorgung mit Ulk und tanzbarem Sound – ein wenig aufzuscheuchen.
Am 26.02.16 ist nun endlich ihr erstes Album rausgekommen und hat im Béi Chéz Heinz sein Release-Konzert gefeiert. In 15 Tracks, zu denen auch die früheren Singles gehören, wird hier mit viel Sarkasmus und schwarzem Humor auf Gesellschaft und Normen gepfeffert. Mit größtenteils rockig-punkigen, aber auch ein paar ruhigeren Stücken regt die Platte mal zum Nachdenken, mal zum Abtanzen an. Damit im Gepäck geht’s jetzt auf die große Tour mit neuem Management, Booking-Agentur und einer groß angelegten Promotion-Kampagne. Die ersten Stopps sind Peine, Kiel, Hamburg, Hameln und im August kehrt die Truppe zum Fährmannsfest nach Hannover rück. Danach geht’s weiter durch Europa.
Es ist also davon auszugehen, dass Egg Bites Chicken noch lang nicht ihren letzten Piep von sich gegeben haben und auch in Zukunft noch ordentlich den Schnabel aufreißen werden. Die richtige Einstellung zum Ganzen haben sie jedenfalls: „Vielleicht sind wir scheiße, das weiß ja jetzt noch niemand. Aber das glauben wir eigentlich nicht.“
Anja Dolatta
Foto: © Natasa Trifunovic / ebcFoto: © Natasa Trifunovic / ebc
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